Armored Warriors REVIEW
Nach der Veröffentlichung von „Knights of the Round“ am 27. November 1991 beschloss Capcom für ihre Arcade-Brawler auf Lizenzen aus den Bereichen Manga, Comic und sogar Pen & Paper-RPG zurückzugreifen. Erst fünf Arcade-Brawler und beinahe 3 Jahre später faste man sich ein Herz und stellte endlich wieder etwas wirklich eigenes auf die Beine. Man legte sogar aufrechte Kreativität an den Tag, denn Armored Warriors bzw. „Poweres Gear: Strategic Variant Armor Equipment“ wie der japanische Originaltitel lautet, ist nicht nur ein weiterer Brawler, sondern kombiniert das Gameplay-Konzept mit dem eines Mech-Action-Games. Na das klingt doch sehr spannend!
Armored Warriors wurde erstmals am 24. Oktober 1994 veröffentlicht, hat es jedoch nie zu einer Konsolen-Version gebracht. Für den Heimgebrauch wurde es letztendlich am 18. September 2018 als Bestandteil des Capcom Beat ‚Em Bundles veröffentlicht. Dies ist auch die Version auf derer dieser Test basiert. Was der Mech-Brawler im Detail zu bieten hat, erfahrt ihr im folgendem Review.
Mech-Quartett gegen Cyborg-Armee
Wir schreiben das Jahr 2282. Die Menschheit hat längst begonnen den Weltraum zu erschließen und ist auf die außerirdische Spezies der Raia gestoßen. Vor 51 Jahren begann ein Krieg zwischen Menschen und Raia. Dieser dauerte 50 lange Jahre an, bevor endlich Frieden geschlossen werden konnte. Doch nun melden sich die Nachwehen des Konflikts: Azrael, ein Captain der Raia-Armee hat sich selbst sowie seine Handlanger zu Cyborgs umwandeln lassen und militärisches Equipment geraubt, um sowohl seinen eigenen Heimatplaneten Raia, als auch die Erde zu unterjochen. Raia entsendet einen Notruf zur Erde, und diese schickt daraufhin militärische Truppen, um die Cyborg-Armee zu stoppen und permanenten politischen Einfluss auf Raia zu gewinnen.
Besonders das Elite-Geschwader „Red Shield Unit“ soll sich im baldigen Einsatz hervortun. Dieses besteht aus vier Mech-Piloten: Jeff „Rush“ Perkins steuert den ausgewogenen Mech AEX-10M BLODIA. Der Raia-Botschafter Ray „Justice“ Turner übernimmt den auf Geschwindigkeit ausgelegten Raia-Mech SVA-6L REPTOS. AEX-10H GULDIN, der Mech des Schwarzenegger-Verschnitts Glenn „Grey“ Reed ist natürlich auf rohe Kraft ausgelegt. Zu Guter Letzt wäre da noch Sarah „Siren“ White. Ein Mensch-Raia-Mischling, welche die Kontrolle über den auf Beweglichkeit ausgelegten Mech AEX-12J FORDY übernimmt.
Auch wenn die Handlung von Armored Warriors eher in die Kategorie zweite Geige gehört, so merkt man doch, dass man hier ein etwas größeres Augenmerk auf diesen Aspekt gelegt hat, als in anderen Genrevertretern. Es gibt Missions-Besprechungen, kleinere Textbox-Dialoge innerhalb der Stages und ein befriedigendes Ending. Es gibt auch versteckte Epiloge für jeden Charakter. Die bekommt man aber nur zu Gesicht, wenn man das Spiel ohne Gebrauch eines Continues knackt, was aufgrund der Arcade-Münzenfresser-Natur des Spiels jedoch kaum möglich ist. Ärgerlich ist auch, dass die Textboxen zu schnell verschwinden.
Variables Ausrüstungssystem, flotte Spielgeschwindigkeit und jede Menge Action-Chaos
Spielt man das Spiel über das Capcom Beat’em Up Bundle kann man den Schwierigkeitsgrad in acht Stufen regulieren. Leider wird nicht erklärt, was der Grad genau beeinflusst und mir sind auch keine Unterschiede aufgefallen, aber da es sich um ein Arcade-Game handelt, ist der Schwierigkeitsgrad im allgemeinen recht hoch angesetzt. Man sollte also schon damit rechnen mehrere Continues zu verballern. Andererseits stellt euch die „Bundle“-Version jedoch ohnehin unendlich viele Continues zur Verfügung, weswegen der Schwierigkeitsgrad nur schwer zu messen ist. Eine weitere Einstellungsoption ist die Anzahl der Extraleben beim Spielstart und pro Continue. Es gibt acht Varianten. Maximal 5 Leben beim Start und max. 6 Leben bei einem Continue. Highscore-Extraleben können ebenfalls aktiviert werden (acht Varianten inklusive Deaktivierung). In der Beat’em Up Bundle-Version kann auch das Buttonlayout für den Controller festgelegt werden. Wer ein paar Steam-Freunde zur Hand hat, darf das Spiel übrigens auch im 3 Spieler Online-Coop zocken.
Wie bereits im Story-Abschnitt erklärt, stellt euch das Spiel vier Spielfiguren bzw. Mechs zur Verfügung. Diese unterscheiden sich in den Statistika Speed (Geschwindigkeit), Attack Power (Angriffskraft), Attack Range (Angriffsreichweite) und Bullets (Projektile). Die Statistik-Seiten werden jedoch nur im Testspiel angezeigt, welches abgespult wird, wenn man einige Sekunden im Titelbildschirm verweilt – merkwürdige Entscheidung.
Aber wie dem auch sei, das grundlegende Spielprinzip eines Brawlers ist schnell erklärt. Ihr bewegt euch unter Zeitdruck mit eurem Mech von links nach rechts und schrottet jede feindliche Einheit, die es wagt sich euch in den Weg zu stellen. Das Spiel bietet sieben Missionen, welche sich jeweils in 1 bis 4 Areas aufsplitten. Zum Schluss einer Mission erwartet euch natürlich ein dicker Bossgegner, manchmal gibt es aber auch kleinere Zwischenbosse nach Ende einer Area.
Die Bosse sind natürlich wesentlich gefährlicher als die Standard-Einheiten, jedoch sind auch die regulären Feind-Mechs nicht zu unterschätzen, da sie eigentlich immer in Überzahl aufzukreuzen, den Spieler gerne in die Zange nehmen, und dieselben Waffensysteme wie der Spieler nutzen. Selbstverständlich gibt euch das Spiel ein paar Techniken an die Hand, wie Sprungangriff inklusive Stampfattacken, einen Dash-Move und zwei Variationen der altbekannten Verzweiflungsmoves, deren Gebrauch selbstverständlich Lebensenergie kostet.
Beseitigte Gegner hinterlassen diverse Sammelgegenstände, wie Gold, Militärequipment, Ölkannen oder Werkzeug. Diese Items stocken entweder das Punktekonto auf, dienen zur Regeneration des eigenen Heilbalkens oder bringen etwas Extramunition für die Subwaffen. Neben diesen Sammelgegenständen hinterlassen viele feindliche Mechs aber auch ihre Körperteile in Form von Arm-Waffen, Schulter-Subwaffen oder sogar Beinteilen. Und hier liegt ein großer Reiz von Armored Warriors. Durch das erbeuten dieser feindlichen Mech-Körperteile, kann man sich bis zu einen gewissen Grad seinen eigenen Frankenstein-Mech zusammensetzen und natürlich experimentieren, welche Waffen und Teile am nützlichsten für die jeweilige Situation sind. Inklusive der Standard-Ausstattung bietet das Spiel sechs verschiedene Arm-Waffen, sieben Schulter-Subwaffen und vier Beinteile.
Dieses Ausrüstungssystem, welches als „Variant Armor Weapon System“ bezeichnet wird, ist im übrigend kein kleines Gimmick, wie die Waffen aus anderen Brawlern, sondern ein integraler Bestandteil der Spielerfahrung. Es macht schon einen Unterschied, ob man mit Laser-Blade, Elektroschocker oder Drill-Arm vorgeht. Die Sub-Schulterwaffen basieren zwar auf Munition, doch wird diese in Armored Warriors wesentlich großzüger zur Verfügung gestellt als von anderen Genrevertretern gewohnt. Die Beinteile beeinflussen sogar die Mobilität des Mechs und bringen Variationen für Sprung- und Stampfangriffe.
Eine weitere Besonderheit von Armored Warriors ist die hohe Spielgeschwindigkeit. Normalerweise sind Brawler ja relativ langsame Spiele, doch Capcoms Mech-Spektakel erhöht die Spielgeschwindigkeit um ein beträchtliches Maß. Dies sorgt nicht nur für flotte Mech-Action, sondern hilft auch dabei Armored Warriors ein ganz eigenes Feeling zu verpassen und sich von anderen Spielen dieser Art abzugrenzen. Jedoch zahlt man hierfür auch einen hohen Preis. Die hohe Geschwindigkeit in Kombination mit dem hohen Gegneraufkommen und der Größe der Mech-Sprites sorgt für jede Menge Unübersichtlichkeit und Chaos auf dem Bildschirm. Dadurch wird freilich auch der allgemeine Schwierigkeitsgrad in die Höhe gedrückt, was zumindest für 1CC-Recken eine Menge Frustmomente provozieren könnte. Und sobald man den Boss von Mission 5 gegenübersteht, switcht das Spiel sowieso in den Münzenfresser-Modus um, wenn ihr versteht was ich meine.
Abgesehen von den oben geschilderten Features ist Armored Warriors aber eine recht schnörkellose Angelegenheit. Zur Auflockerung gibt es noch zwei sogenannte „Shooting Areas.“ Levelabschnitte die auf Autoscrolling basieren und euch unbegrenzte Munition für die Subwaffe geben – die sind eine nette Abwechslung. Multiplayer-Spielern vorbehalten ist hingegen das Kombinations-Power-Up in Form eines Radio-Funkgeräts. Dieses erscheint nur, wenn man eine komplette Gruppe von blinkenden „Scope Ball“-Mechs zerdeppert. Sackt man dieses Power-Up ein, verschmelzen die Mechs der Coop-Spieler, Power Rangers-like, in einen Riesen-Roboter, der dann wirklich den halben Screen ausfüllt. Aber wie gesagt ist dieses Feature ausschließlich Multiplayer-Coop-Spielern vorbehalten.
Grafik und Sound
Wenn es etwas gibt, wo die Capcom Beat’em Ups mühelos überzeugen können, dann ist es die grafische Darstellung. Armored Warriors überzeugt mit riesigen, toll animierten Sprites für die Mechs. Das umfasst sogar Schadens- und Zerstörungsmodelle. Wenn z.B. ein gegnerischer Mech mit dem Laser-Blade erledigt wird, dann sieht man auch wie er in zwei Hälften zerteilt wird. Ehrensache, dass es auch viele fette Explosionen geschrotteter Kriegsmaschinerie gibt. Aufgrund der Mech-Kriegsthematik konzentriert sich die Farbpalette auf viele Grau- und Brauntöne und nutzt entsprechende Ortschaften wie zerbombte Straßenzüge, Fabriken, Schrottplatz usw. Zwischendrin gibt es zur Auflockerung aber auch mal kreativere Sachen, wie alte Tempelanlagen oder Meeresgrund, dennoch sollte man diesbezüglich nicht denselben Abwechslungsreichtum erwarten, wie von anderen Capcom-Brawlern. Aber das ist nicht so schlimm, denn der wahre Star sind sowieso die imposanten, cool designten Mech-Sprites.
Genauso imposant wie die Mechs, gestaltet sich der OST. Dieser bietet sehr fetzige, rockige Tracks, welche das Actionfest gekonnt untermauern. Das hier ist definitiv einer der besten Brawler-Soundtracks, die es gibt! Zusätzlich gibt es noch kleinere englische Sprachsamples und schöne metallische Soundeffekte für die Mech-Prügeleien. Akustisch kann das Game voll überzeugen!
Pro & Kontra
- gute Grafik mir riesigen, coolen Mechsprites und toller akustischer Präsentation
- eine hohe Spielgeschwindigkeit und das Equipment-System für die Mechs geben dem Spiel viel Eigenständigkeit
- gewohnt gut spielbarer Brawler-Klassiker von Capcom
- hoher Wiederspielwert durch variablen Schwierigkeitsgrad, 4 Spielfiguren und Online-Coop-Multiplayer
- die hohe Spielgeschwindigkeit und die riesigen Mech-Sprites sorgen für Unübersichtlichkeit und Chaos
- die Mech-Kriegs-Thematik sorgt für eine eintönige Farbpalette und teils dröge Ortschaften
- der allgemeine Schwierigkeitsgrad rutscht im letzten Viertel etwas zu sehr in Richtung Münzenfresser