Akibas Trip 2: Undead & Undressed REVIEW
Vergesst den Knoblauch, vergesst das Kruzifix!!! Denn nicht die altbewährten Hausmittelchen von Van Helsing und Co. sind die wirklich effektivsten Waffen im Kampf gegen Vampire, sondern das Herunterreißen sämtlicher Textilien vom Leib macht den Blutsaugern erst wirklich den garaus. Wie, ihr glaubt mir nicht? Na, dann solltet ihr mal einen Blick auf Akibas Trip 2: Undead & Undressed werfen, denn dort wird gezeigt, wie moderne Vampir-Bekämpfung aussieht. Zumindest in Japan.
Wer hat den Otaku geklaut?
Der in Tokyo liegende Distrikt Akihabara war und ist die Anlaufstelle für Technikfans und Geeks des ganzen Landes. Mittlerweile hat das Viertel darüber hinaus bereits weltweiten Ruhm als das Epizentrum schlechthin für Nerd-, Manga- und Videospielkultur erlangt. Doch die einst so beschaulichen Zeiten in dem sich aus unzähligen Maid-Cafés, Manga-Bibliotheken und Game-Läden zusammensetzenden Viertel scheinen der Vergangenheit anzugehören, denn es geht das Gerücht um, dass in letzter Zeit immer mehr Menschen – überwiegend Otakus – verschwinden. Und glaubt man den vielen Beiträgen auf den sozialen Netzwerken, dann sind daran Vampire schuld. Dass an dieser urbanen Legende mehr dran ist, als viele glauben, erfährt unser Protagonist gleich zu Spielbeginn am eigenen Leib. Gelockt von einem Jobangebot, welches mit seltenen Sammelfiguren als Bezahlung aufgepeppt wurde, sieht sich der junge Mann, dessen Name man vor Spielstart selbst festlegen kann, nämlich schon bald an einen eisernen Tisch gefesselt und mehreren „Synthister“ genannten Vampiren gegenüber. Diese wollen aus uns einen von ihnen machen, was den fiesen Blutsaugern auch beinahe gelingt. Doch in der buchstäblich letzten Sekunde erfolgt Rettung in Form der jungen Shizuku Tokikaze, die zwar auch ein Synthister ist, diese aber aus zunächst unbekannten Gründen bekämpft. Nach erfolgreicher Flucht ist das Schicksal unseres Helden natürlich schnell vorbestimmt und wir sehen uns schon bald selbst im Kampf gegen die unheimliche Bedrohung auf den Straßen Tokyos.
Dabei ist unser im Spielverlauf sehr wortkarger Held glücklicherweise nicht auf sich alleine gestellt, sondern kann auf die Hilfe seiner Freunde zählen. Als Hauptbasis für den Kampf gegen die Synthister dient – wie könnte es auch anders sein?!? – eine Videospiel-Bar, in welcher man sich einen Großteil seiner Hauptmissionen abholt oder sich die Partner für die Patrouillen-Gänge durch die Straßen von Akihabara aussucht. Denn Akibas Trip 2: Undead & Undressed ist ein einigermaßen offen gestaltetes Spiel, dessen Genre sich irgendwo zwischen Open-World und Action-Rollenspiel einsiedelt. Entsprechend besitzt der Spieler einige Freiheiten und muss nicht zwangsläufig nur der erstaunlich spannenden Hauptstory folgen.
Höschen-Klau in Geek-Town
Hier liegt aber auch ein wenig die Krux des von Acquire entwickelten Spieles verborgen, denn es ist weder etwas halbes noch etwas ganzes. Dies liegt weniger an dem eigentlichen Spielkonzept, welches bei all seiner Überdrehtheit in sich durchaus stimmig ist, sondern vielmehr an den technischen Unzulänglichkeiten, die dem wohl nicht ganz so hohen Budget geschuldet sein dürften. So ist das als Spielwelt fungierende Akihabara im Kern zwar sehr detailliert nachgestellt und hält sich nah an seinem realen Vorbild inklusive real existierender Läden wie Club Sega und Werbetafeln. Allerdings geht die Illusion einer offenen, sich wirklich organisch anfühlenden Welt sehr oft und sehr schnell verloren. So ist das virtuelle Akihabara in meist kleine und mittelgroße Areale abgetrennt, zwischen denen es immer wieder zu kurzen Ladezeiten kommt. Hinzu kommt, dass Figuren oft sehr spät im Bild aufpoppen. Das ist gerade aufgrund der Hardware-Leistung, die in der PlayStation 4 steckt, nicht ganz nachvollziehbar, zumal die optische Präsentation sowieso nicht unbedingt mit überwältigen Sinneseindrücken auftrumpfen kann. Immerhin wurden die Performance-Probleme der bereits im letzten Jahr veröffentlichten PlayStation 3 Version beseitigt, sodass das schräge Abenteuer in der Current-Gen Fassung flüssig zu genießen ist.
Bei einer so stark auf die japanische Popkultur mit all ihren unterschiedlichen Facetten ausgelegten Thematik, ist es natürlich nicht weiter verwunderlich, dass sich die Entwickler auf einen der Anime-Ästhetik verhafteten Cell-Shading Stil festgelegt haben. Diese funktioniert vor allem bei der liebevollen Charakter-Präsentation, und auch die gelegentlich etwas karg wirkende Spielwelt ist im Großen und Ganzen stimmungsvoll in Szene gesetzt. Ansprechend ist auch die sehr gelungene Vertonung. Egal ob man nun Purist ist oder als Japanisch-Versteher die Original-Tonspur wählt, oder sich für die durchaus gelungene englische Synchronfassung entscheidet: zu gefallen wissen beide Varianten und auch der überwiegend sich aus J-Pop Nummern nährende Soundtrack dürfte zumindest Freunden entsprechender Klänge gefallen.
Fummeleien der nervigen Art
Obwohl Spielidee, Handlung und Charaktere genau meinen Nerv treffen, habe ich mit der Zeit allerdings einige Ermüdungserscheinungen feststellen müssen. Dies hängt vor allem mit dem Kampfsystem zusammen, welches zunächst recht simpel aufgebaut ist. So gibt es drei Angriffstasten und eine Taste zum blocken, außerdem kann man beim halten einer Richtungstaste sowie drücken einer Angriffstaste einen nicht blockbaren Angriff ausführen. Clever: jede der drei Angriffstasten zielt je auf eine bestimmte Körperregion, also entweder Kopf, Ober- oder Unterkörper. Denn bevor man seinen Gegnern die Kleider vom Leib reißen und somit der für sie tödlichen Sonne freisetzen kann, müssen erst einmal die Textilien mit Schlägen und Tritten malträtiert werden. Jedes Kleidungsstück hat nämlich einen bestimmten Wert, welcher hier im Prinzip das Gesundheitssystem aus anderen Spielen ersetzt bzw. neu interpretiert. Erst wenn man eine zeitlang auf den Gegner eingeprügelt hat, kann man diesem auch die Kleider entreißen und ihn somit schließlich besiegen.
Das angenehm einfallsreiche Kampfsystem hat leider nur das Problem, dass die Steuerung unfassbar fummelig ist und nach einiger Zeit selbst an der größten Frustrationstoleranz zu nagen beginnt. So ist es nahezu unmöglich einen einzelnen Gegner gezielt anzuvisieren und diesen zu besiegen, bevor man sich den nächsten Kombattant annimmt. Somit gehen viele Angriffe häufig ins Leere oder treffen Passanten, worauf auch diese sich noch an den Rangeleien beteiligen. Dadurch arten die Kämpfe gegen zunächst zwei oder drei Vampire schnell in eine Massenschlägerei aus, die nur noch unübersichtlich und konfus ist. Auch das blocken oder ausweichen von gegnerischen Angriffen wirkt häufig wie ein Glücksspiel.
Etwas mehr Polishing hätte Akibas Trip 2: Undead & Undressed an dieser Stelle sehr gut gestanden. Denn das Grundrezept aus amüsanter Handlung, die gelungene Porträtierung der Charaktere sowie der liebevolle Umgang mit der japanischen Popkultur funktioniert richtig gut und spricht meinen japanophilen Geschmack zu jederzeit an. Auch das Design von Haupt- und Nebenmissionen ist gut gelungen und das virtuelle Akihabara ist ebenfalls spannend in Szene gesetzt, sodass gar ein gewisser Entdeckungsdrang aufkommt.