WWE 2K15 REVIEW
Mit WWE 2K15 kehrt das virtuelle Wrestling-Spektakel von Entwickler Yuke’s bereits zum zweiten Mal in Folge unter der Führung von Publisher 2K Games auf die Konsolen zurück, welche nach der Insolvenz von THQ der jährlich erscheinenden Wrestling-Reihe samt dessen Entwickler ein neues Zuhause gegeben haben. Zudem begeben sich John Cena, The Undertaker und Co. in diesem Jahr zum ersten Mal auch auf den neuen Konsolen in den Ring. Erhält die Reihe auf den aktuellen Plattformen von Sony und Microsoft neuen Aufschwung, oder bleibt doch alles beim Alten?
Uncanny valley strikes againl
Zumindest in technischer Hinsicht kommt recht schnell die Ernüchterung. Zwar wirken die Einmärsche der Ringer dank der Verknüpfung von realen Einspielern und Ingame-Grafik nun eine Spur authentischer, die Zuschauer um einiges vielfältiger und eben nicht wie nebeneinandergestellte Klone und auch die Animationen der WWE Superstars aufgrund von Motion-Capturing sind sehr glaubwürdig. Dafür krankt die Grafik aber an anderen, bereits bekannten Baustellen. Dazu zählt nicht zuletzt das Aussehen der Wrestler, die zwar allesamt erkennbar sind, aber weit davon entfernt sind wie lebensechte Menschen zu wirken. Vor allem die Mimik wirkt häufig geradezu grotesk und lädt zum Gelächter ein, ganz zu schweigen von den wie angeklebt aussehenden Haaren der Protagonisten. Uncanny valley lässt grüßen. Und auch hinsichtlich der Kollisionsabfrage hat sich leider wenig getan, denn diese neigt noch immer zu starken Ausfällen. Dies wird vor allem dann deutlich, wenn sich mehr als zwei Wrestler im Ring befinden, oder Gegenstände, wie Leitern, Tische etc. zum Einsatz kommen.
Nicht falsch verstehen: WWE 2K15 ist kein hässliches Spiel, wenn die grafischen Fehler nicht in Erscheinung treten und man sich im aktiven Kampf befindet, in welchen die Gesichtsanimationen sowieso keine Rolle spielen, dann macht das Spiel einen mehr als soliden Eindruck. Zudem läuft das Spiel angenehm flüssig und ohne irgendwelche Ruckler. Trotzdem wurde die Chance vertan, die Reihe ansprechend auf die neue Konsolengeneration zu bringen und die Hardware von Playstation 4 und Xbox One auszunutzen. Statt neuer Engine und exklusiv auf Current-Gen, läuft WWE 2K15 nämlich mit dem alten Grafik-Motor und erscheint auch für die Last-Gen. Das ist vom wirtschaftlichen Standpunkt her ja durchaus verständlich, schadet aber letztlich dem Spiel selbst, da Kompromisse zugunsten von Playstation 3 und Xbox 360 gemacht werden mussten.
Immerhin hat Yuke´s an der Atmosphäre-Schraube gedreht, wobei hier vor allem die verbesserten und nun mit einem umfangreicheren Rede-Repertoire ausgestatteten Kommentatoren einen großen Anteil dazu beitragen. Überhaupt wirken Musik, Kommentatoren und Sounddesign sehr atmosphärisch und schließe ich die Augen, dann könnte ich wirklich den Eindruck gewinnen im Fernsehen eine Ausgabe von Raw oder Smackdown zu sehen.
Alles, was das Herz begehrt? Na ja.
So ärgerlich die technischen Schwächen von WWE 2K15 auch sind, so gerne bin ich auch bereit über diese hinwegzusehen. Wenn der Umfang denn stimmt. Also habe ich mir gleich nach dem ersten Spielstart erst einmal im Exhibition-Modus die verfügbaren Match-Typen angesehen. Hell in the Cell? Ist dabei. Royal Rumble? Check. TLC-, Hardcore-, Tag Team- und Steel-Cage-Match – auch drin. Sieht doch ganz gut aus, habe ich mir zunächst gedacht. Wer genauer hinsieht, wird aber recht bald bemerken, dass Yuke´s – aus welchen Gründen auch immer – viele Match-Typen gestrichen hat. So gibt es zwar im 1vs1 den Hell in a Cell, in 2vs2 hingegen nicht. Der Special Referee Match-Typ ist nicht mehr dabei, I Quit wurde gestrichen, die Handicap Matches ebenso.
Einen ersichtlichen Grund gibt es dafür eigentlich nicht, denn warum etwas entfernen, was im direkten Vorgänger noch vorhanden war? Doch auch wenn einige Match-Typen dem Radiergummi zum Opfer gefallen sind, so gibt es nach wie vor eine mehr als solide Auswahl an verschiedenen Regelwerken und Szenarien, in denen man sich gegen die K.I., gegen Freund im lokalen Mehrspieler-Modus oder Online gegen Kontrahenten entgegenstellen kann. Doch nicht nur bei den Match-Arten wurde eingespart, auch der Roster präsentiert sich nun mit etwas mehr als 60 Athleten gegenüber seinen Vorgänger um einiges erleichtert. In WWE 2K14 konnte man nämlich noch zwischen rund 80 Wrestlern wählen. Auch ist die diesjährige Auswahl der Wrestler nicht mehr so wirklich aktuell. So fehlen einige derzeit aktive Ringer, während mittlerweile aus der WWE ausgeschiedene Wrestler wie CM Punk noch immer spielbar sind.
Zum Glück hat Yuke´s das Spiel aber nicht nur Umfang erleichtert, sondern auch ein bisschen neuen Content in die diesjährige Ausgabe der Reihe integriert. Richtig gut gefällt mir der 2K Showcase Modus, in welchen Spieler die Fehde zwischen John Cena und CM Punk, sowie die Fehde zwischen Triple H und Shawn Michaels aus den frühen 00er Jahren nacherleben können. Beide Storys werden mit Realszenen und einer die Geschehnisse zusammenfassenden Narrative zusammengehalten. Vor allem das Aufeinandertreffen zwischen Triple H und Shawn Michaels hat es mir angetan, da es mich direkt in jene Ära transportiert hat, in der mein Herz für Wrestling am stärksten geschlagen hat. Und ja, ich hatte sogar ein bisschen Gänsehaut. Bis man beide Szenarien durchgespielt hat, vergehen gut 10-12 Stunden, was recht ordentlich und kurzweilig ist, zumal man in beiden Fehden hin und wieder auch in die virtuelle Haut von anderen Ringern schlüpft und sich auch die Match-Typen variieren.
Der zweite neue Modus findet sich im Menü unter MyCAREER. In diesen gestaltet man zunächst einen eigenen Athleten. Hierfür bekommt man einen ziemlich umfangreichen Charaktereditor mit jeder Menge Möglichkeiten zur Verfügung gestellt, in welchen sich verschiedene Attribute, Aussehen, Physis, Geschlecht, Accessoires, Move-Set usw. bis ins kleinste Detail bestimmen lassen. Sobald man seinen eigenen Ringer fertiggestellt hat, geht es auch schon direkt in die NXT genannte Entwicklungsliga der WWE, in welcher der eigene Wrestler zunächst erste Erfahrungen im Ring sammelt. Nach und nach erklimmt man fortan immer weiter die Karriereleiter im Wrestling-Zirkus. Zumindest, wenn man sich dazu motiviert führt. Bei mir hat sich die Motivation doch in Grenzen gehalten. Zwar kann ich den Reiz verstehen mit einen selbst erstellten Ringer einen Story-Modus zu erleben, doch hätte ich mir darüber hinaus gewünscht, dass ich auch einen der realen Superstars wie John Cena, Rey Mysterio oder Sheamus in einem solchen Karriere-Modus an die Spitze der WWE spielen kann. Dies ist so leider nicht ohne weiteres möglich, lediglich in einzelnen Szenarien, die aber kaum bis gar keine Handlung erzählen.
Schere, Stein, Papier im Ringl
Auch spielerisch haben sich die Entwickler das ein oder andere neue Feature einfallen lassen bzw. alte Konzepte überarbeitet. Am wichtigsten ist sicherlich die Überarbeitung des Kettenwrestlings. Greift man seinen Kontrahenten (oder tut dieser selbiges), so erscheinen auf dem Bildschirm drei verschiedene Manöver, welche drei verschiedenen Knöpfen zugeordnet sind. Nun gilt es sich für ein Manöver zu entscheiden, wobei die Auslosung der Oberhand durch ein dem Schere, Stein, Papier Prinzip nachempfundenen Minispiel geschieht. In einem anderen Minispiel dieser Art muss man hingegen den Analogstick in einem runden Feld kreisen lassen, bis man die richtige Stelle findet und sich dadurch aus einem gegnerischen Griff befreien kann. Beide Prinzipien funktionierten gut und sind fair umgesetzt.
Leider gilt das nicht für das Kontersystem, welches eher Glück als Können vorauszusetzen scheint. Sobald man nämlich einen gegnerischen Angriff kontern kann, erscheint über der eigenen Figur der entsprechende, zu drückende Button, welcher zumindest immer der gleiche ist. Trotzdem scheine ich stets etwas falsch zu machen, denn entweder wird mir der Konter als zu früh oder zu spät ausgeführt angezeigt. Ob dies an einer schlechten Reaktionszeit meinerseits oder einer Eingabeverzögerung liegt, ist für mich nach mehreren Stunden Spielzeit nicht nachvollziehbar gewesen.
Ansonsten funktioniert das Gekloppe im virtuellen Ring aber recht gut und geht nach einer gewissen Eingewöhnungsphase auch leicht von der Hand. Vielleicht ein bisschen zu leicht, denn die K.I. erweist sich selbst auf den höheren Schwierigkeitsgraden selten als allzu ernst zu nehmender Gegner, nicht zuletzt, da die bereits erwähnten, immer wieder auftretenden Aussetzer auch vor den computergesteuerten Gegner nicht haltmachen.