Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes REVIEW
Dank der Spendenplattform Kickstarter konnte schon so manche Rollenspielserie wiederbelebt, oder zumindest in Form eines geistigen Nachfolgers reaktiviert werden. Nachdem westliche Rollenspiele wie Pillars of Eternity, Shadowrun Returns oder Wasteland 2 Beträge in Millionenhöhe einstreichen konnten, sahen wohl auch die Schöpfer der legendären JRPG-Reihe „Suikoden“ ihre Chance gekommen ihren Teil vom Spendenkuchen abzugreifen. Und so wurde am 27.07.2020 die Spendenaktion für Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes ins Leben gerufen. Die Kampagne war ein voller Erfolg. Das geforderte Minimalziel von 500.000 $ wurde locker übertroffen. Insgesamt konnten 4.5 Millionen $ eingesackt werden. Mit dieser enormen Summe konnte sogar das Stretchgoal für ein Prequel-Spiel erreicht werden, welches ca. 2 Jahre später unter dem Namen „Eiyuden Chronicle: Rising“ veröffentlicht wurde. Auf das Hauptspiel musste man jedoch etwas länger warten.
Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes wurde letztendlich am 23. April 2024 für alle gängigen Systeme herausgebracht. Was die PS4-Version des rundenbasierten JRPG taugt, soll folgender Test aufzeigen.
Der nächste Tyrann steht in den Startlöchern
Bereits Nowas erster Auftrag stellt eine Besonderheit dar, denn im Zuge von Friedensverhandlungen soll die Wache mit Offizieren des Galdeanischen Reichs zusammenarbeiten, um eine sogenannte Urzeit-Linse aus einer Ruine in einem monsterverseuchten Wald der Grum-Grafschaft zu bergen. Einer der Galdea-Offiziere ist der junge Adelige Seign Kesling. Durch die gemeinsame Erfahrung des lebensgefährlichen Dungeon-Crawl schließen die beiden Burschen Freundschaft und kehren mit eingesackter Urzeit-Linse als Sieger heim.
Ein halbes Jahr später wird Nowa, zumindest temporär, zum Kommandanten der Wache befördert. Im Zuge der nächsten paar Aufträge kristallisiert sich immer mehr heraus, dass Galdea die Grafschaft betrogen hat. Die Forschungsergebnisse bezüglich der Urzeit-Linse werden nicht herausgegeben und eine Banditenbande terrorisiert im Auftrag des galdeanischen Herzogs Dux Aldric die Grenzdörfer. Aldric beschuldigt die Wache für die Banditen-Aktivitäten, womit der Vorwand für die Invasion Grums gegeben ist. Da die anderen Liga-Länder keine Unterstützung zukommen lassen fällt Grum, und Gräfin Perielle beauftragt Nowa damit eine Widerstandsarmee hochzuziehen. Zum Glück hat Nowa in Zuge seiner Arbeit eine alte Burgruine im Niemandsland der Liga entdeckt. Dies soll der Stützpunkt werden, an dem Nowas Allianz wachsen soll, damit schlussendlich der Gegenschlag gegen Dux Aldric durchgeführt werden kann. Glücklicherweise bekommt er Unterstützung von unerwarteter Seite, denn Aldrics Machenschaften sind derart gravierend, dass er sogar in den eigenen Reihen für Unmut sorgt. Dennoch wird es alles andere als leicht werden den Tyrannen aufzuhalten.
Im Vergleich zum großen Vorbild fällt bei Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes im Verlauf der Handlung immer mehr auf, dass man hier eine weichgespülte Version einer Suikoden-Story erhält. Die Grausamkeiten welche ein Krieg und die Machenschaften eines größenwahnsinnigen Tyrannen mit sich bringen, werden vielleicht hier und da erwähnt, jedoch nie gezeigt oder konkreter zur Sprache gebracht. Die Tatsache, dass Dux Aldric und seine Schergen noch nicht einmal die Tiefe von Samstagmorgen-Cartoon-Bösewichten aufweisen, macht die Sache freilich auch nicht besser. Hier und da wird mal nebenbei eingestreut, dass die Bösen rassistische Tendenzen haben. Aber abgesehen von diesen eins, zwei Erwähnungen passiert dann halt nichts weiter zum Thema.
Aber auch auf der Heldenseite gibt es Macken. Die krampfhaft aufgebaute Freundschaft zwischen Nowa und Seign wirkt hohl und spielt ohnehin keine allzu große Rolle, da Seign auch von sich aus seine Schlüsse zieht. Später wird dann noch ein dritter „Hauptcharakter“ namens Marisa eingeführt, welche jedoch ziemlich überflüssig wirkt. Ich habe den Eindruck, dass dieses Dreigespann eine Art Versuch war das „Trinity Sight System“ aus Suikoden III zu emulieren. Allerdings wurde die Idee letztendlich fallengelassen und die Reste wiederverwertet.
Im generellen wirkt Hundred Heroes wie ein schwacher Abklatsch. Die Linsen z.B. dienen als Ersatz für die Runen aus Suikoden. Doch wo die Runen mysteriöse Dinge mit göttlichen Einfluss darstellen, sind die Linsen einfach nur Werkzeuge einer untergegangenen Kultur. Das Problem ist einfach, dass hier alles spürbar oberflächlicher und kinderfreundlicher umgesetzt wurde, als bei Suikoden. Und mit solch einer Herangehensweise hat man freilich keine Chance zum großen Vorbild aufzuschließen. Immerhin hat man sich den stummen Protagonisten verkniffen.
Altbekanntes unter neuem Namen und mit frischen Schwierigkeitsgrad-Optionen
Anders als die Suikoden-Games bietet Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes zwei Schwierigkeitsgrade (Normal und Schwierig). Darüber hinaus kann man noch fünf Nachteile aktivieren. Letztere sorgen z.B. dafür, dass man nach einem Kampf kein Geld verdient, oder dass man keine HP-Heilgegenstände im Kampf einsetzen darf. Ich habe das Spiel auf Schwierig durchgespielt und alle fünf Nachteile aktiviert. In der ersten Hälfte war das Spiel damit auch tatsächlich verdammt hart. Viele Bosse habe ich nur ganz knapp mit einem einzigen lebendigen Charakter überstanden. Und selbst das brachte ich nur zustande, weil ich viel Zeit mit Levelgrinding verbrachte. Aber im späteren Verlauf des Spiels normalisierte sich der Schwierigkeitsgrad und ich konnte Hundred Heroes ohne größere Hürden beenden. Für den Fall, dass man einen Abschluss-Speicherstand von „Eiyuden Chronicle: Rising“ auf der Festplatte drauf hat, kann man auch eine kleine Belohnung in Form einer Linse einsacken. Ist aber ehrlich gesagt nichts, was den Aufwand wert ist.
Aber wie dem auch sei. Die fundamentalen Spielelemente von Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes unterscheiden sich nicht großartig von anderen Genrevertretern. Man erkundet die Spielwelt, bekämpft Gegner in rundenbasierten Zufallskämpfen, um aufzuleveln und Baqua (die hiesige Geldwährung) zu verdienen, erwirbt durch Händler sowie Schatztruhen neue Ausrüstung und quatscht mit anderen Charakteren, um die Handlung voranzutreiben. Leider setzt das Spiel stur auf Speicherpunkte. Noch nicht mal auf der Weltkarte sind Speicherungen erlaubt. Aber dafür gestaltet sich die Steuerung als größtenteils unkompliziert (die Menüführung ist leider zu verschachtelt). Beim genaueren hinsehen, offenbart das Spiel aber zahlreiche Eigenheiten, die es von anderen Titeln unterscheidet. So gibt es z.B. Exp-Scaling, was bedeutet, dass der Output an Erfahrungspunkten für erledigte Gegner von der Stärke der Gegner und der Levelstufe der jeweiligen Spielfigur abhängt. Es macht also wenig Sinn gegen schwache Gegner zu kämpfen um aufzuleveln, da diese irgendwann kaum noch Exp abwerfen. Andererseits werden stark unterlevelte Charaktere auch gerne mal mehrere Dutzend Level-Ups hochgepusht, wenn diese den Kampf gegen Feinde überstehen, die normalerweise viel zu stark für sie wären. Pro Level-Up werden übrigens nur 1000 Exp benötigt. Dieses System dient natürlich ebenfalls dazu den Spieler zu motivieren, die insgesamt 71 spielbaren Charaktere auch mal im Kampf auszuprobieren, statt sich nur auf einige wenige favorisierte Spielfiguren zu beschränken.
Die aktive Truppe besteht aus sechs aktiven Mitgliedern. Darüber hinaus kann man auch noch einen Support-Charakter für Buffs und Boni anwählen und bekommt drei Slots für Story-relevante Charaktere, die man nicht in der aktiven Kampftruppe haben will. Es gibt ein paar Stellen im Spiel, wo man bis zu drei parallel agierende Teams bilden soll. Spätestens hier ist es natürlich vom Vorteil, wenn man seine Grinding- und Aufrüst-Bemühungen nicht nur auf sechs Leute beschränkt hat (nur so als kleiner Tipp am Rande).
Ein weiterer Vorteil neue Gruppenkonstellationen auszuprobieren sind die aus Suikoden bekannten Teamangriffe bzw. Helden-Kombos, wie sie hier genannt werden. Bestimmte Charaktere verstehen sich so gut miteinander, dass sie spezielle Angriffe/Techniken wirken können, wenn sie im selben Team zusammen kämpfen. Leider darf man derartige Attacken nur aktivieren, wenn man genügend SP im Kampf angesammelt hat. Letztere bauen sich im Kampfverlauf automatisch auf bis zu fünf Punkte auf, und werden benötigt um eben die Helden-Kombos und spezifische nicht-magische Linsentechniken einsetzen zu können. Magische Linsenzauber basieren hingegen auf dem guten alten MP-System.
Für den Komfort kann man eine Auto-Kampf-Option aktivieren, um schwache Gegner ohne große Menüklickerei wegmetzeln zu lassen. Und damit die Charaktere der Gruppe auch das machen was sie sollen, kann man für den Auto-Kampf auch K.I.-Muster einstellen – sehr vorbildlich. Einige der Bosse verfügen über spezielle Gimmicks, die man über einen entsprechenden Menübefehl handhaben kann. So kann man vor einer besonders mächtigen Attacke in Deckung gehen, oder an einer Kurbel drehen, um einen Kran zu bedienen usw. Wie der Name schon andeutet, ist dieses Feature eher Gimmick-lastig als wirklich spannend. Aber zumindest war man bemüht etwas Neues zu bieten. Die aus Suikoden bekannte Möglichkeit Gegner durch Geldbestechung zu vertreiben, bekommt man hier leider nur, wenn man den entsprechenden Support-Charakter rekrutiert und in die Gruppe nimmt. Um das Backtracking ertragbarer zu gestalten, erhält man nach dem ersten Spieldrittel Zugriff auf eine Teleporter-Magierin, welche dann auch als Schnellreise-System fungiert.
Das Linsen-System von Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes unterscheidet sich vom Runen-System aus Suikoden. Die Anzahl der Linsenslots variiert bei jedem Charakter. Die meisten Charaktere haben nur vier Slots, aber spezifische Charaktere wie Nowa oder mächtige Magier können bis zu sieben Slots aufweisen. Um die Slots freizuschalten, muss der Charakter jedoch erst einen bestimmten Level erreichen. Darüber hinaus sind einige Slots mit Charakter-spezifischen Linsen belegt, und können nicht geändert werden. Und selbst wenn man die Linse ändern darf, dann oftmals nur mit einer Linse der selben Kategorie, wie z.B. Magie, Statusverbesserung, Kampfskill usw. Die Flexibilität des Linsen-System ist also begrenzt, aber zumindest erhalten die Charaktere somit auch mehr Individualität im Kampf.
Die Nahkampfwaffen müssen auch hier durch Schmiede verbessert werden. Diese sind nämlich die einzige Möglichkeit die eigenen Waffen aufzuleveln, welche sich übrigens nicht auswechseln lassen. Die Schmiede lassen sich ihre Arbeit freilich wieder teuer bezahlen, was ordentlich ins Geld geht. Höhere Waffenlevel lassen sich aber erst später im Spiel erlangen. Der Maximallevel für eine Waffe beträgt übrigens 15. Andere Ausrüstungsstücke wie Rüstung, Helm und Zubehör werden jedoch traditionell gehandhabt und können frei belegt werden. Wobei Sachen wie schwere Rüstungen und Schilde nur auf spezifische Charaktere beschränkt sind.
Kriegsführung, Duellkämpfe und die Suche nach den 120 Helden
Abseits der genretypischen Rundenkämpfe bietet Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes noch zwei weitere Kampfvarianten, welche jedoch nur relativ sporadisch im Verlauf des Spiels auftreten. Zum einen hätten wir da die strategische Kriegsführung gegen feindliche Truppen. Hierbei handelt es sich um ein simpel gehaltenes Kriegsstrategiespiel. Auf einem Karoraster werden die eigenen und die feindlichen Truppenverbände positioniert. Man kann dann die eigenen Truppen in die anliegenden Felder vorrücken lassen und bei Feindkontakt werden die unsichtbaren Statistika der Truppen ausgewertet. Die eigenen Truppen verfügen aber auch über begrenzte Ladungen an Sonderfähigkeiten, die man vor dem Zug aktivieren kann, um seine Chancen zu verbessern. Außerdem werden die eigenen Truppen stärker, je mehr Heldencharaktere man rekrutiert hat. Wer will kann in späteren Gefechten auch die Kommandanten und Unterverbände auswechseln. Aber wirklich notwendig ist das nicht.
Die Strategie-Gefechte sind nicht wirklich schwer. Oftmals hat man eher den Eindruck, dass sie nur als Werkzeug dienen die Geschichte zu erzählen. Dementsprechend können sich diese Gefechte auch stark in die Länge ziehen, da jede Runde mit langen Gefechtsanimationen begleitet wird. Viele Runden werden obendrein von einer Zwischensequenz eingeleitet. Dies alles sorgt dafür, dass derartige Gefechte oftmals zu träge und langsam ablaufen und eher wie Augenwischerei herüberkommen. Schlecht sind sie aber nicht.
Die Duellkämpfe hat man aber verkackt. Man hat die Optionen Angriff und Konter. Es geht darum das Geschwafel des Kontrahenten zu interpretieren und dann die bessere dieser beiden Optionen zu wählen, um mehr Schaden auszuteilen als einzustecken. Währenddessen baut sich ein Energiebalken auf. Hat dieser einen bestimmten Punkt erreicht, darf man den Spezial-Befehl aktivieren, um massiven Schaden anzurichten und den Kampf in die nächste Phase zu rücken oder eben zu gewinnen. Anders als bei Suikoden sind die Duelle in Hundred Heroes massiv gescriptet. Die ersten beiden Duelle kann man z.B. gar nicht gewinnen, da die Gegner viel zu stark sind. Und auch die späteren Duelle fühlen sich nicht wirklich interessant an. Beim großen Vorbild hat man die Duelle jedenfalls wesentlich besser umgesetzt.
Und damit bleibt eigentlich nur noch über das große Spielelement zu berichten, welches ja auch schon das Vorbild Suikoden so cool gemacht hat. Die Rede ist natürlich von der Rekrutierung von bis zu 120 Charakteren. Ca. zwei Fünftel von denen erhält man automatisch im Storyverlauf, aber den Rest muss man schon eigenhändig aufspüren und rekrutieren. Und hierfür muss man auch oftmals eine kleinere oder größere Nebenaufgabe für den Helden erfüllen. So muss man einen seltenen Gegenstand finden und abliefern, oder gute Statistikwerte in einem bestimmten Bereich mitbringen. Einige Helden bitten auch zum Crawl in einem optionalen Dungeon samt Bossgegner.
Ab einem bestimmten Punkt in Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes gibt es dann zwei Handlungsstränge. Hat man zu diesem Zeitpunkt alle optionalen Helden rekrutiert, gibt es den positiven Strang, und wenn nicht, stirbt einer der Helden. Glücklicherweise lassen sich in Hundred Heroes fast alle Helden ganz gut aus eigener Kraft aufspüren. Man kann auch eine Wahrsagerin rekrutieren, welche dann dabei hilft die übrigen optionalen Helden zu finden.
Nicht alle der 120 Helden diesen dem Kampf. Einige von denen eröffnen lieber Shops, Minigame-Buden und weiteres in der eigenen Schloss- und Stadt-Siedlung. Diesen Aspekt sollte man nicht vernachlässigen, da die eigenen Shops gegen Ende des Spiels das beste Zeug anbieten und die Minigames nützliche Gegenstände zum Preis anbieten. Leider können die Minigames verdammt zeitintensiv werden, vor allem auch deswegen, da einige von denen an die Rekrutierung neuer Helden gekoppelt sind. Dafür sind sie aber auch recht spaßig. Da reicht die Bandbreite von einem launigen Kartenspiel über eine Kampfarena-Herausforderung bis hin zu überdrehten Beigoma-Kreiseln á la Beyblade.
Anders als bei Suikoden reicht es hier aber nicht mehr nur aus die Leute zu rekrutieren. Hier muss man auch die Stadt eigenhändig aufbauen, indem man Materialien an respawnenden Erntepunkten innerhalb der Dungeon-Areale einsammelt und im Schloss abliefert. Genügend Materialien und Steuergelder vorausgesetzt (letzteres erhält man automatisch mit der Zeit oder durch den Verkauf von Materialien), kann man dann weitere Gebäude aufbauen oder renovieren. Mit der Zeit wandelt sich die Ruine dann in eine florierende Stadt. Es erklärt sich von selbst, dass es enorm befriedigend ist diesen Prozess mitzuerleben und dieses mal sogar interaktiv mitzugestalten. Zumindest diesbezüglich stellt Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes eine klare Verbesserung gegenüber Suikoden dar.
Grafik und Sound
Wie schon das Prequel nutzt auch Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes die Unity Engine, um einen 2,5D-Stil mit Charaktersprites und 3D-Umgebungsgrafik umzusetzen. Beim Prequel lobte ich noch, dass diese Engine scheinbar doch dafür taugt hübsche Spiele zu zeugen. Bei Hundred Heroes zeigt sich Unity jedoch wieder von ihrer hässlichen Seite, zumindest wenn ich es auf die PS4-Version beziehe, die diesem Review zugrunde liegt.
Die Charaktersprites sind hübsch anzuschauen und gut animiert. Die 3D-Umgebung kann jedoch nicht so recht überzeugen und sieht hier schwächer aus als im Prequel. Hier und da gibt es Texturen, die dann doch zu matschig ausfallen, aber das ist gar nicht mal das Problem. Wirklich ärgerlich sind die sehr langen und vor allem auch häufigen Ladezeiten. Selbst wenn es nur darum geht einen einzelnen Raum mit einer Schatztruhe zu betreten, oder ein Karten-Minigame zu laden, gibt es wieder ne saftige Ladezeit. Angesichts dessen, dass die grafische Qualität bestenfalls zwischen der sechsten und siebten Konsolengeneration rumgurkt, sind derartige Ladezeiten auf einem Gerät der achten Generation nicht akzeptabel. Die Ladezeiten sind mit Abstand das größte Problem, unter dem Hundred Heroes leidet. Darüber hinaus hatte ich auch zwei Bluescreen-Crashs während der Strategie-Schlachten und einen Verkeilungsglitch bei den Zahnrädern im Vampirschloss. Bei zwei Ingame-Zwischensequenzen wurde obendrein versäumt ein Weiterklicken in die jeweilige Textbox einzubauen. Daher war ich gezwungen die Sequenzen komplett zu überspringen, um voranzukommen. Von japanischen Entwicklern bin ich eigentlich wesentlich mehr Sorgfalt gewohnt.
Der Soundtrack ist ganz in Ordnung. Die Melodien sind nett und sympathisch, bieten jedoch keinerlei Wiedererkennungswert oder Ohrwurmpotential. Lediglich der schöne Vocals-Song „Flags of Brave“ kann herausstechen. Dieser wird jedoch nur ein einziges mal im Spiel eingesetzt. Na zumindest kann man in der Stadt einen Soundtest freischalten. Die Soundeffekte sind Ok, die englische Sprachausgabe ist zwar erfreulich umfangreich, erinnert aber zu sehr an Billig-Animes, die nur dazu dienen irgendwelches Plastik-Spielzeug oder Sammelkarten zu verticken. Wer darauf keinen Bock hat, kann aber auch die japanische Original-Synchro anwählen.
Die deutsche Textübersetzung in Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes ist schlampig. Da kann es gerne mal passieren, dass falsche Geschlechter genannt werden oder eine Katze bellt und dergleichen. Einige der unwichtigen NPCs reden auch gerne mal reinstes Blech, so ähnlich wie man es von den Übersetzungen der guten alten SNES-Zeit gewohnt ist. Allerdings fehlt hier der spezielle Charme eines Claude M. Moyse. Bedenkt man, dass hier 4.5 Mille bei Kickstarter einkassiert wurden, ist die schlampige Lokalisation erschreckend.
Pro & Kontra
- eigenes Schloss mit Stadt welche man ausbauen kann
- umfangreiche Charakter-Rekrutierung (es gibt 120 Charaktere)
- viele unterhaltsame Minigames und zahlreiche Nebenaktivitäten
- grundsolides JRPG-Gameplay mit zwei Schwierigkeitsgraden und zuschaltbaren Modifizierungen
- Strategie-Abschnitte und Duell-Kämpfe sind nette Dreingaben, aber zu oberflächlich
- schwache Grafik auf Basis der Unity-Engine …
- … dennoch bekommt man lange und häufige Ladezeiten reingeknallt
- schlampige Lokalisation