Call of Duty: Black Ops 6 REVIEW
Viele Sicherheiten gibt es nicht mehr im Leben, nach dem jährlich erscheinenden Call of Duty kann man aber nach wie vor die Uhr drehen und sich gewiss sein: im Herbst steht ein neuer Ableger in den lokalen und digitalen Regalen. Diesmal sind wieder Treyarch dran und führen das in meinen Augen absolut fantastische Black Ops: Cold War aus 2020 fort. Dieses konnte bei mir nach vielen Jahren des Desinteresses mit der Marke wieder neue Liebe entfachen und wird selbst jetzt dank des sattelfesten Multiplayer-Modus immer mal wieder gespielt. Und auch die Kampagne habe ich mit ihren gelungen umgesetzten Einfällen in ziemlich guter Erinnerung. Gute Vorzeichen also, dass ich auch mit dem neuen Call of Duty: Black Ops 6 Spaß haben werde! Oder?
Raven Software meldet sich zum Dienst
Auch wenn vor allem der Name Treyarch mit Black Ops 6 in Verbindung gebracht und in der Werbung herangezogen wird, so gibt es ein weiteres Studio im mittlerweile zum Microsoft gehörenden Activision-Verbund, das Aufmerksamkeit verdient: Raven Software. Wer so alt ist, wie ich bringt das Studio gewiss noch mit Spielen wie Jedi Knight II, Quake 4, Hexen und Soldier of Fortune in Verbindung. Diese und andere Titel waren ihrerzeit nicht unbedingt immer die ganz großen Kracher, aber dennoch Spiele, die das gewisse Etwas mitbrachten und teilweise vollkommen zurecht als Klassiker gelten. Seit Raven zu Activision gehört, ist es mit der großen Kreativität leider vorbei gewesen und man ackerte vor allem als Zulieferer für Sledgehammer Games, Treyarch und Infinity Ward und deren jeweilige CoD Sub-Reihen. Wenn eine der Solo-Kampagnen in den vergangenen Jahren aber interessante Dinge machte, dann war Raven nicht weit. Und in diesem Jahr ist das wieder der Fall.
Es ist ein bisschen schwer zu durchschauen, wer wie viel und was am Konstrukt an diesem Konstrukt gemacht hat, aber so wie ich das verstehe, hat Raven Software die Kampagne von Black Ops 6 mehr oder weniger alleine gestemmt, während man sich bei Treyarch um den Multiplayer und die Zombies gekümmert hat. In der mit rund acht Stunden Spielzeit ziemlich üppig bemessenen Kampagne scheint mehr als je zuvor in den letzten Jahren das kreative Gespür von Raven durch und ich muss sagen: dieser Einzelspieler-Modus ist locker eine der besten Kampagnen, welche es jemals in einem Call of Duty gegeben hat. Subjektiv mag ich Cold War aufgrund des Szenarios noch etwas mehr, objektiv hat Black Ops 6 aber leicht die Nase vorn. Aber worum geht es eigentlich?
Das Ende der bestehenden Weltordnung
Der eiserne Vorhang ist gefallen und die USA stehen plötzlich als alleinige Weltmacht da. Das jedenfalls denken viele in Wahsington D.C. Die Wahrheit ist aber eine andere, denn wie uns ein Blick in die Geschichtsbücher lehrt, bedeutete das Ende des Kalten Krieges nicht das Ende der Konflikte. Nachdem Saddam Hussein das kleine Emirat Kuwait überfällt, interveniert Amerika mit seinen Verbündeten und befindet sich plötzlich wieder in einem offenen militärischen Konflikt. Soweit, so die reale Geschichte. Die Story-Schreiber nehmen diese Kulisse als Aufhänger und erzählen die in mittlerweile fünf Black Ops Teilen erzählte Rahmenhandlung um Schläferzellen, einen Staat im Staat und anderen Verschwörungstheorien. Das alles ist im Jahr 2024 mehr denn je ein heißes Eisen und gerade die Verbindung mit realer Geschichte birgt nun einmal immer die Gefahr, dass Fiktion als Realität aufgefasst wird. Gleichzeitig legt eine solche Erzählung aber auch ein gutes Fundament für eine interessante Erzählung.
Pantheon, eine internationale paramilitärische Organisation, tritt nach dem Ende des Kalten Krieges zunehmend auf Erscheinung. Ursprünglich ist die Organisation eine streng geheime Unterabteilung der CIA gewesen, bevor sie wegen ihres Biowaffenprogramms aufgelöst wurde. Mittlerweile strebt Pantheon nicht weniger einen Umsturz der Weltordnung an. Diese Erkenntnisse wiederum zwingen den Serienneuling Troy Marshall, Serienveteran Frank Woods sowie den spielbaren und meist stummen Protagonisten William „Case“ Calderon in den Untergrund, von wo aus sie versuchen das Komplott aufzudecken. Denn offiziell will man bei der CIA nichts von Pantheon wissen – und auch nicht von den Methoden, welche die Gruppe rund um Marshall nutzt.
Aufgezogen wird die Geschichte als Agenten-Thriller, in dessen Verlauf man verschiedene Schauplätze weltweit bereist und dort mal offen, mal verdeckt vorgeht. Man denke vor allem an die neueren Mission Impossible Filme, von denen die Story spürbar geprägt wurde. Die Geschichte weist durchaus interessante Fragen rund um Moral und Ethik auf, ist wie gehabt aber vor allem der Rahmen für die brachiale Action. Man merkt aber durchaus, dass sich Raven Software Mühe gibt und im Korsett, den Call of Duty nun einmal bildet, weitaus mehr versucht, als die anderen Teams.
Rätsel? Rätsel!
Das gilt für den Plot, vor allem aber für das Gameplay. Jede Mission hat einen anderen Aufhänger, der für spielmechanische Abwechslung sorgt. In einer frühen Mission etwa muss man eine Spendengala für den noch nicht Präsidenten Bill Clinton infiltrieren und eine bestimmte Information von einem zwielichtigen Politiker beschaffen. Das kann man auf drei unterschiedliche Arten machen. Man kann etwa die betrunkene und sichtlich genervte Ehefrau des besagten Politikers an der Bar in ein Gespräch verwickeln und versuchen, Infos zu erhalten. Oder man fragt beim bekannten Mafia-Handlanger nach, der ebenfalls auf der Party ist und offenbar ein eigenes Interesse an der Zielperson hat. Eine andere Mission schickt das Team in den Irak, wo gerade der Desert Storm Einsatz gegen die Truppen von Saddam Hussein stattfindet. Auch hier gibt es ein bestimmtes Ziel, plötzlich hat man aber eine kleine Open World mit zusätzlichen Nebenaufträgen. Zu diesen Nebenmissionen gehört etwa das Ausschalten von Flugabwehr. Macht man dies, erhält man als Bonus Luftunterstützung. Lässt man die Flugabwehr unberührt, dann bekommt man keinen Bonus, kann die Hauptmission dennoch abschließen.
Richtig angetan hat es mir das Safehouse. Das alte Herrenhaus, welches ursprünglich vom KGB benutzt wurde, ist visuell nicht nur schön gestaltet, sondern beherbergt eine Rätselkette. Ja, ihr lest richtig: Rätsel. In Call of Duty. Diese vollkommen optionale Beschäftigung hat mich ein bisschen an den Banned Footage DLC von Resident Evil 7 erinnert. In beiden muss man mit der Umgebung interagieren, genau hinhören, Botschaften entschlüsseln und kombinieren. Toll. Richtig toll! Lediglich die Belohnung ist etwas öde, aber was solls. Für die Dreiviertel-Stunde, in der ich mich durch das Haus gerätselt habe, hatte ich eine gute Zeit.
Außerdem kann man im Safehouse noch mit den Mitgliedern des eigenen Teams ins Gespräch kommen (mehr als die typischen Militär-Plattitüden gibt es hier aber leider selten zu hören, schade) und die eigene Rüstung, Waffen und Skills an entsprechenden Werkbänken verbessern. Das nötige Geld für die neuen Investitionen sammelt man in den Missionen. Auch in diesen gibt es immer mal kleine Rätsel, um Safes mit Geld zu knacken. Ansonsten liegen die Bündel Scheine aber auch hier und dort verstreut rum, ob es im Rahmen der Mission und des Schauplatzes Sinn ergibt oder nicht.
Auf Nummer sicher
Nach dem seltsamen Kuddelmuddel, welches die Kampagne vom letztjährigen Modern Warfare III gewesen ist, kehrt man in Black Ops 6 nicht nur zu alter Stärke zurück, sondern liefert eine der besten Einzelspieler-Parts in der Geschichte der Reihe ab. So freudig gestimmt hatte ich nach Abschluss der Story richtig Lust mich in den Multiplayer zu stürzen.
Die größte Neuerung verkauft man unter dem Begriff Omni-Movement. Dieses ermöglicht es, in jede Richtung zu sprinten, zu rutschen und zu tauchen, wodurch die Bewegung der Spielfigur flüssiger wird als je zuvor. In der Community sorgt das neue Feature für gemischte Gefühle, mir gefällt es aber ziemlich gut. Sicherlich auch, da dieses sehr schnelle Spielgefühl meinem eigenen Spielstil gelegen kommt. Ich liebe es einfach die Möglichkeit zu haben nach einem Sprint per Tastendruck schnell über den Boden zu rutschen und sogar Hechtsprünge auszuführen, nur um auf dem Boden liegen zu bleiben und mich in alle Richtungen drehen zu können.
Abseits von Omni-Movement geht Entwickler Treyarch auf Nummer sicher, zumindest ist das mein Eindruck nach mittlerweile rund 20 Stunden im Multiplayer. Zum Launch gab es 16 Maps, seit einigen Tagen ist auch wieder die beliebte Karte Nuketown am Start. Entweder liebt man die Map oder man hasst sie (meine Frau und ich gehören zu ersterer Kategorie!). Die anderen Karten lassen aktuell noch ein bisschen Wiedererkennungswert vermissen. Auch hier mag ich das Safehouse, welches im Multiplayer Payback heißt und eine gute Mischung aus Kompakt, aber gleichzeitig verschachtelt darstellt. Überhaupt sind die Maps in diesem Jahr nicht ganz so ausladend wie in vorherigen Serienteilen, was mir gut gefällt. Lediglich Vault (ein Palastkomplex von Saddam) und Vorkuta im russischen Winter sind etwas weitläufiger, als je nach Modus für zu lange Laufwege und wenig Gegnerkontakt sorgt.
Absolut irre, durchaus in gutem Sinne, ist der diesjährige Konfrontation-Moshpit. Hier wird auf den kleinsten Maps des Spiels Non-Stop-Action abgefeuert, bei der man nicht selten schon beim Spawn wieder ins Gras beißt. Wer die ohnehin erhöhte Spielgeschwindigkeit nicht mag, bleibt hier fern und nimmt sich die anderen Modi vor. Auch Team-Deathmatch, Abschussbefehl, Herrschaft und Co. geht es deutlich flotter als jemals zuvor zu, aber hier kann man durchaus auch mit etwas Rückhaltung Erfolg und vor allem Spaß haben.
Den Untoten kommt allmählich der Biss abhanden
Spaß haben kann man natürlich auch mit dem Zombie-Modus. So sehr ich den Modus früher auch gemocht habe, mittlerweile bin ich ihm überdrüssig und habe ihn – ich bin ehrlich – nur pflichtschuldig für einen Eindruck für diese Besprechung gespielt. Ich verstehe absolut, warum man gerade mit einer festen Gruppe eine gute Zeit haben kann und prinzipiell macht auch die neueste Inkarnation nicht viel falsch. Man kennt es: eine Hauptmission, mehrere Nebenmissionen, Wellen an Untoten, knackige Bossgegner. Mit dem an eine kleine US-amerikanische Stadt angelehnten Liberty Falls gibt es in diesem Jahr sogar eine Map, die mir richtig zusagt (Stephen King Vibes funktionieren halt bei mir). Aber mehr als für zwei, drei Runden konnte ich mich letztlich nicht aufraffen, zumal die zweite Map Terminus mit seinem dunklen Außenbereich und dem schablonenhaften Labor und Tunnelsystem ziemlich öde auf mich wirkte.
Was gibt es ansonsten noch zu sagen? Technisch ist Black Ops 6 über jeden Zweifel erhaben. Der große Wow-Faktor, als man vor einigen Jahren auf die neue Engine wechselte, ist zwar mittlerweile verflogen. Aber auf der PlayStation 5 macht das Ding nach wie vor einen mehr als soliden Eindruck. Im Singleplayer bekommt man gewohnt stimmig inszenierte Setpieces geboten, der Multiplayer läuft mit 60 Frames einwandfrei und die Netzwerkverbindung ist zum Start ebenfalls bombenfest gewesen. Das Sounddesign ist gewohnt stark, aber was anderes erwartet man ohnehin nicht.
Pro & Kontra
- tolle Kampagne mit Mut zur Abwechslung
- abwechslungsreiche Schauplätze
- gewohnt guter Multiplayer-Modus mit ausschließlich neuen Maps
- Omni-Movement sorgt für höhere Dynamik im Multiplayer
- audiovisuell toll inszeniert
- Zombie-Modus mehr oer weniger wie immer (entweder man mag ihn oder nicht)
- den Multiplayer-Maps fehlt es ein bisschen an Strahlwirkung