Breath of Fire REVIEW

Ursprünglich im Jahre 1993 für den Super Nintendo (SNES) veröffentlicht, blieb den Europäern das rundenbasierte Rollenspiel Breath of Fire (kurz: BoF) seinerzeit verwehrt. Glücklicherweise kam das Spiel, welches zwischenzeitlich drei Fortsetzungen nach sich gezogen hatte, dann doch noch für den europäischen Markt heraus, nämlich als Portierung für den Game Boy Advance (GBA). Somit konnten Rollenspieler anno 2001, acht Jahre nach dem Erstrelease von BoF, endlich eine eklige Lücke schließen.

Heutzutage umfasst die Serie immerhin sechs Teile und einige Mobile-Games-Ableger. Letztere sind nie außerhalb Japans erschienen und auch der im Februar 2016 veröffentlichte sechste Teil hat aufgrund seiner Online-Komponente, PC und Mobile-Plattformen sowie Touch-Steuerung keine westliche Veröffentlichung erhalten. Nichtsdestotrotz werfe ich in diesem Review einen Blick auf das JRPG Urgestein rund um die Abenteuer des blauhaarigen Drachenmenschen Ryu.

Eine böse Göttin sucht Stress, Krieg bricht aus und ein tapferer Jüngling darfs ausbaden

Es ist mal wieder soweit: Eigentlich wurde die böse Göttin Tyr (wird im Handbuch komischerweise „Milia“ genannt) vor langer Zeit von einer achtköpfigen Heldengruppe verkloppt und mittels sechs magischer Schlüssel in irgend einem Dungeon versiegelt. Zuvor hatte die Alte die beiden Drachenklans der Light Dragons und Dark Dragons gegeneinander aufgehetzt, indem sie den Siegern einen freien Wunsch versprochen hatte. Es versteht sich von selbst, dass kaum noch ein Stein auf dem anderen steht, wenn Drachen gegeneinander Krieg führen … Aber dies liegt ja wie gesagt schon eine ganze Weile zurück. Als Konsequenz aus den eben beschriebenen Ereignissen haben die Light Dragons ihre Drachenkräfte versiegelt, um fortan ein friedliches Leben als gewöhnliche Menschen zu führen. Die Dark Dragons hatten da wohl keinen Bock drauf, haben aber zumindest die Füße still gehalten und den Rest der Welt in Ruhe gelassen – zumindest bis jetzt.

Das Spiel beginnt mit dem feurigen Angriff des Dark Dragon-Klans auf das Dorf der nun harmlosen Light Dragons. Völlig unterlegen sehen sich die Dörfler der totalen Vernichtung gegenüber. Nur Ryu’s Schwester Sara besitzt noch über mächtige magische Fähigkeiten und nutzt diese um ihre Artgenossen, zu deren Schutz, temporär in Steinstatuen zu verwandeln und die Aggressoren, die von einem schmierigen Typen namens Jade angeführt werden, gehörig aufzumischen. Als der Versteinerungszauber erlischt besteht das Dorf nur noch aus ausgebrannten Ruinen und Sara ist verschollen – vermutlich getötet. Nun liegt es an Ryu in die Welt hinauszuziehen, den Dark Dragon-Klan und deren Imperator Zog zu bekämpfen sowie Sara zu rächen. Ryu muss sehr schnell feststellen, dass der Angriff auf sein Dorf nur die Spitze des Eisberges war. Um an die sechs Schlüssel zu gelangen, die die böse Göttin Tyr versiegelt halten, überziehen die Dark Dragons die gesamte Welt mit Krieg, Tyrannei und Zerstörung. Nur mit Ryu rechnen sie nicht …

Von so einem alten RPG kann man wohl keine besondere Story erwarten. Böse Götter, ein tyrannisches Imperium und natürlich eine tapfere Heldengruppe die sich mit der Zeit zusammenfindet und loszieht um den Schurken aufs Maul zu hauen, sind aus heutiger Sicht halt absolut nichts besonderes mehr. Damals hat es aber ziemlich gut funktioniert und wer weiß was ihn erwartet, kann auch heute noch Spaß aus solch einer klassischen Handlung gewinnen.

Die acht Hauptcharaktere wurden sehr liebenswürdig und abwechslungsreich umgesetzt. Jeder hat seinen persönlichen Grund Ryu’s Sache beizutreten und manch ein Charakter macht auch einige interessante Entwicklungen durch. Schon der erste Teil von BoF hat seine Affinität für Furries deutlich ausgedrückt. So besteht die Mehrheit der eigenen Truppe aus anthropomorphen Charakteren wie den Wolfsmenschen Bo oder Fischmensch Gobi. Selbst die eher „gewöhnlichen“ Charaktere haben alle eine Sondereigenschaft, die sie von einem gewöhnlichen Menschen deutlich unterscheidet. Und man ging sogar noch einen Schritt weiter, indem man diese Eigenschaften sogar ins Gameplay integrierte, was auch eine gute Überleitung ins nächste Testsegment ist.

Zwischen 08/15 RPG-Gameplay und innovativer Spielideen

Eins vorweg: Die SNES-Version hab ich nie gespielt und kann daher keine Vergleiche aufzeigen. Im Großen und Ganzen soll es sich bei der GBA-Version jedoch um eine 1 zu 1-Portierung handeln, die lediglich über kleinere optische Änderungen und eine neue Dash-Funktion (Spielfigur kann rennen) verfügt.

Da man es hier mit einem alten Retro-JRPG zu tun hat, sollte es nicht überraschen, dass ein Großteil der Spielschemata alten Formeln folgt. Ob nun das Stadt, Land, Dungeon-Schema, die rundenbasierten Kämpfe (inkl. Autofight-Modus) oder altbewährte Level-Up-, Equipment- und Skill-Systeme (abgesehen von Ryu’s Drachenverwandlungen werden neue Skills/Zauber schnöde per Level-Up erlernt): Wer mal ein JRPG gespielt hat, findet sich hier sofort zurecht. In dieser Hinsicht bietet Breath of Fire kaum etwas, welches den Titel von einem typischen Genrevertreter unterscheidet, weswegen ich mich in folgendem Text auf die Besonderheiten konzentrieren möchte.

Als erstes dürfte dem geneigten Spieler der konstante(!) Tag- und Nachtwechsel auffallen, der in der Spielwelt von BoF stattfindet. Hierbei handelt es sich übrigens nicht bloß um eine kleine optische Spielerei, nein, es hat auch Einfluss aufs Gameplay. Viele NPC’s schlafen bei Nacht, weswegen sie dann auch nicht für ein freundliches Schwätzchen zur Verfügung stehen. Andererseits ist es Nachts aber auch möglich an einer lästigen Wache vorbeizukommen, weil diese schlichtweg eingepennt ist. Bis heute gibt es nicht viele RPG’s, die einen Tag- und Nachtzyklus derart gelungen einsetzen – falls es überhaupt einen gibt. Aber auch an anderen Stellen bietet BoF clevere Einfälle: So gibt es ein sehr preisgünstiges Item, mit dessen Hilfe sich die lästigen Zufallskämpfe temporär „deaktivieren“ lassen. Eure Nerven werden dem Spiel für dieses Item noch sehr dankbar sein, glaubt mir.

Interessant ist weiterhin das gleichmäßige aufleveln der acht Charaktere. Die verdienten Exp. werden selbst auf inaktive Gruppenmitglieder verteilt, so dass man nicht gezwungen ist im Kampf auf Charaktere zurückzugreifen mit denen man nicht kämpfen will, nur um diese noch mal separat aufzuleveln. Dann gibt es da noch die „Personal Action’s“ der Hauptcharaktere. Sieben der Acht Helden verfügen über spezielle Sonderaktionen die sie an spezifischen Stellen zum Einsatz bringen können:

  • Prinzessin Nina kann sich gegen Ende des Spiels in einen großen Vogel verwandeln. In dieser Form ersetzt sie quasi das Luftschiff aus vergleichbaren JRPG’s.
  • Waldläufer Bo wird benötigt, um die Gruppe auf der Weltkarte durch Wälder zu manövrieren, die ansonsten unpassierbar sind. Manchmal erscheinen auf der Weltkarte auch Wildtiere, die Bo mithilfe seines Bogens jagen kann, um deren Fleisch in Form eines nützliche Heilitems zu erbeuten.
  • Karn’s Fähigkeiten als Dieb gestatten ihn Schlösser zu knacken sowie Fallen in Dungeons und Truhen aufzuspüren und zu deaktivieren. Ferner ist es ihm möglich mit anderen Gruppenmitgliedern zu verschmelzen, um besonders mächtige Hybridwesen zu formen, die sogar ihre eigenen „Personal Action’s“ mitbringen. Die hohe Kunst der Verschmelzung muss Karn aber erst einmal von gut versteckten Lehrmeistern erlernen.
  • Gobi der Händler kann auf Flohmärkten einen Stand eröffnen, um Waren einzukaufen als auch zu verkaufen. Manche Ausrüstungsstücke lassen sich nur auf diesem Wege erlangen! Ferner bekommt er später die Fähigkeit sich unter Wasser in einen großen Fisch zu verwandeln, damit er als eine Art U-Boot fungiert.
  • Ox der Schmied ist so groß und stark, dass er rissige Wände einreißen, schwere Objekte verschieben sowie Äpfel von spezifischen Bäumen herunterboxen kann.
  • Bleu die mächtige Magierin verfügt über keine Besonderheiten, ist dafür aber ein sexy Snakegirl.
  • Mogu der kleine Maulwurfsmensch buddelt auf Knopfdruck Löcher in trockene Erde um Items auszubuddeln und Geheimräume zu erschließen.
  • Ryu, den ich mir bewusst bis zum Schluss aufgehoben habe, angelt gerne. Wenn er mit Angelrute und Köder ausgerüstet wurde, kann er an spezifischen Stellen (hauptsächlich Brunnen auf der Weltkarte) die Leine auswerfen. Leider gab es im ersten Teil noch kein entsprechendes Minigame hierfür. Außerdem ist diese Option extremst unausgegoren. Ich habe es nie geschafft einen regulären Fisch zu fangen, egal welche Kombination von Angelrute, Angelplatz und Köder ich verwendet hatte. Idiotischerweise ist angeln die einzige Möglichkeit an Ryu’s beste Ausrüstungsstücke zu gelangen, was aber nur klappt, wenn man die beste Angelrute gefunden hat (die natürlich leicht zu verfehlen ist). Richtig schlimm ist jedoch die Tatsache, dass man diese Ausrüstungsstücke zwingend benötigt, um einen Großteil von Ryu’s Drachenverwandlungen für den Kampf zu erlernen! Und wirklich schlimm ist die Tatsache, dass man alle Drachenverwandlungen erlernen muss, um das gute Ending freischalten zu können (ansonsten gibt’s nur das sehr lahme schlechte Ende)! Das nenn ich aber mal eine verdammt unglückliche Verkettung von Umständen! Die finale Drachenverwandlung hätte man sich aber echt sparen können, diese ist nämlich dermaßen absurd überpowert, dass die Bosskämpfe zu witzlosen Selbstläufern verkommen! Teil 1 der BoF-Serie geht ohnehin sehr großzügig mit dem Schema der Drachenverwandlungen um. Einfach mithilfe einiger Magiepunkte in die gewünschte Form verwandeln und für den Rest des Gefechts darf man ohne weiteren Nachteil als Drache die Fetzen fliegen lassen.

Breath of Fire hat also auch seine Macken. Besonders störend ist das umständliche Mikromanagement. Das Inventar ist begrenzt und wenn es zu voll wird, muss man überschüssige Items und Ausrüstung entweder verkaufen, wegwerfen oder in einem Bankgeschäft zwischenlagern. Aber selbst auf der Bank ist der Lagerplatz begrenzt. Notorische Itemsammler werden hier also eine schwere Zeit haben. Darüber hinaus mangelt es auch beim Einkauf an Komfort. So werden gekaufte Heilitems nicht automatisch gestapelt, sondern müssen dann noch mal manuell im Inventarscreen per Sortier-Funktion geordnet und gestapelt werden. Ärgerlich auch, das Heil- und Gebrauchsitems nur bis zu neun Einheiten gestapelt werden. Manche Itemtypen wie Ausrüstungsstücke gleichen Typs werden sogar überhaupt nicht gestapelt und nehmen somit noch mehr Platz weg.

Ein weiterer Kritikpunkt sind die eigentlich simplen und auflockernden Item-Fetchrätselchen die hier und da anfallen. Manchmal kommt man nur weiter, wenn man Item X an Person Y weitergibt, damit diese euch Objekt Z überreicht, welches ihr benötigt um den Zugang zum nächsten Dungeon zu öffnen. Wer aufmerksam spielt und brav mit den NPC’s quatscht kommt dabei eigentlich immer gut voran. Nur vor dem finalen Dungeon muss man sich auf die Suche nach einem Gegenstand machen, den ich ohne Lösung wohl nie gefunden hätte, da mir das Spiel für die Suche nur sehr vage Informationen gegeben hat und ich auf planloses herumsuchen in der großen Spielwelt einfach keinen Bock hatte. Andere Spieler werden eventuell schon früher im Spiel auf dieses Problem stoßen.

Im Gesamtbild fallen solche Mängel aber nicht allzu stark auf. Breath of Fire bietet einige sehr coole Spielabschnitte, wie z.B. der Unterwasserabschnitt oder die Ausflüge in die Traumwelt. Auch einige der späteren Dungeons sind ordentlich aufgebaut und bieten nette Ideen wie Lichtschalter, Fallgruben und andere Dinge. Alles in allem hat sich das Spiel überraschend gut gehalten!

Grafik und Sound

Nicht nur das Gameplay sondern auch die Grafik hat sich gut gehalten. Breath of Fire verwendet die für damalige Zeit Rollenspiel-typische Top-Down-Grafik. Die kunterbunte Kolorierung und liebevoll gepixelte und animierte Sprites sorgen für gute Laune beim zocken. Vor allem die Monstersprites können Retrofans noch immer begeistern! Eine schöne Sache sind auch die Artwork-Sequenzen und -Standbilder, die leider viiiiel zu selten auftauchen. Weiterhin positiv zu erwähnen ist die abwechslungsreiche optische Gestaltung der Stadt- und Dungeongebiete. Nach einem Langweiler wie Alphadia Genesis weiß man so etwas wieder gebührend zu würdigen.

Der Soundtrack ist gut gelungen. Ich kann nicht behaupten, dass er ein Stück mit Ohrwurmcharakter enthält, aber er hat seinen eigenen unverwechselbaren Stil, der ihn deutlich von der typischen JRPG-Dudelmusik abgrenzt. Gibt also auch in diesem Bereich grünes Licht von mir.

Ein interessantes Feature der GBA-Version, welches ich leider nicht ausprobieren konnte, ist die Item-Tausch-Funktion via GBA-Link-Kabel. Zwei Spieler können damit Items untereinander austauschen, was dann sogar mit zusätzlichen Bonusitems belohnt werden kann. Ist natürlich wenig mehr als ein Gimmick und für den Abschluss des Spiels unnötig, aber dennoch eine ganz nette Idee.

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pros
  • sympathische Charaktere
  • Autofight-Modus
  • Tag- und Nachtwechsel mit Auswirkungen aufs Gameplay
  • Zufallskämpfe können mithilfe eines Items temporär deaktiviert werden
  • die Charaktere verfügen über zahlreiche individuelle Fähigkeiten (Personal Actions)
  • hat sich audiovisuell wirklich gut gehalten

thumbs-up-icon

Cons
  • umständliches Mikromanagement
  • vereinzelt auftretende Item-Fetchrätselchen können den Spielfluss ausbremsen
  • die Kopplung von Ryu's absolut uninteressanter Angel-Fähigkeit an seine Drachenkräfte und das Gute Ending hätte es echt nicht gebraucht
  • Ryu's Drachenkräfte wirken recht überpowert, vor allem die letzte Verwandlungsform vermurkst die finalen Bosskämpfe in Spaziergänge

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Spiel Bewertung
Singleplayer
79
79
Okay
-
Multiplayer

FAZIT

Breath of Fire ist ein würdiger Einstand für diese beliebte RPG-Serie. Sicherlich gibt es einige Probleme wie das nervige Mikromanagement oder das Ärgernis rund um Ryu's Angel-Fähigkeit und Drachenkräfte. Unterm Strich ist das Spiel aber erstaunlich gut gealtert und bereitet einem Fan von Retro-JRPG's selbst heute noch Vergnügen. Darüber hinaus überrascht der Titel trotz seines konservativen Grundgerüsts mit einigen originellen Spielelementen. Könnt ihr aus dem Effeff ein anderes JRPG mit konstantem, Gameplay beeinflussendem Tag- und Nacht-Zyklus nennen? Ich jedenfalls nicht! Wer diese Serie oder JRPG's im allgemeinen mag und den ersten Teil noch nicht gezockt hat, sollte dies nachholen.

- Von  Volker

Super Nintendo
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