Azure Saga: Pathfinder REVIEW
Bei Azure Saga: Pathfinder handelt es sich bereits um das dritte Spiel des indonesischen Indie-Entwicklers MassHive Media. Anders als bei den vorherigen Spielen wurde Azure Saga jedoch nicht für Mobile-Gerätschaften entworfen, sondern für PC-Steam, wo das Spiel am 13. März 2018 erstveröffentlicht wurde. Ein Jahr später wurde das Rollenspiel im japanischen Stil auch in die Download-Shops der Nintendo Switch verfrachtet. Der Port aufs iOS-System erfolgte hingegen erst am 23.09.2020, womit der Entwickler seine bisherige Stammplatform eher stiefmütterlich behandelte. Mich als Steam-Nutzer stört das freilich herzlich wenig.
Azure Saga erregte meine Aufmerksamkeit, da das Spiel seine Inspiration bis zu einem gewissen Grad aus der Star Ocean-Reihe bezieht. Das heißt im Klartext, dass hier Space Opera mit Mittelalter-Fantasy zusammenstößt und somit interessante Story-Konzepte ermöglicht. Ob das jedoch ausreicht, um aus Azure Saga: Pathfinder ein gutes Spiel zu machen, wollen wir in folgendem Review herausfinden.
Absturz ins Fantasy-Mittelalter-Krisengebiet
Protagonist des Spiels ist der jugendliche Synch. Dieser hatte vor Spielbeginn ein kleines Raumschiff gestohlen und befindet sich nun, zusammen mit seinem eigenhändig gebauten Droiden Noide, auf der Flucht vor den eigenen Leuten. Dabei wollte Synch doch eigentlich nur seinen Vater retten, der als Chefwissenschaftler gerade dabei war einen neuen Heimatplaneten für die Menschen des riesigen Archen-Raumschiffs N.E.B.U.L.A. klarzumachen. Doch irgendwas lief gehörig schief, was Synch zu seiner undurchdachten Verzweiflungstat trieb. Es kommt wie es kommen muss. Synch wird von den N.E.B.U.L.A.-Militärs abgeschossen und muss auf einem unbekannten Planeten notlanden. Nach dem Crash gehts erst mal auf unbestimmte Zeit in den automatisierten Cryogenschlaf, und als Synch und Noide endlich vom System freigegeben werden, staunen sie nicht schlecht, dass sie sich auf einem wunderschönen Planeten wiederfinden, welcher nicht nur von intelligenten Außerirdischen, sondern vor allem auch von Menschen bewohnt wird!
Doch es handelt sich um ein trügerisches Paradies, denn unsere beiden Bruchpiloten bauen recht bald Kontakt zur dominierenden Menschen-Fraktion des Planeten auf. Das Ere-Königreich gibt sich äußerst xenophobisch, was daran liegt, dass sich das Königreich sehr unbeliebt bei seinen Nachbarn gemacht hat und im Zuge dessen Konflikte gegen drei verfeindete Parteien führen muss. Da hätten wir zum einen die Ivry, die ortsansässige Alien-Spezies welche in Form von Humanoiden mit Hirschgeweih daherkommen. Eigentlich sind die Ivry sehr freundlich und friedlich, jedoch mögen sie es nicht, wenn Menschen ihre heiligen Ruinen-Stätten unsicher machen. Dann wären da die Nomaden, Menschen die keine Lust haben sich dem König von Ere unterzuordnen und es bevorzugen ein Leben als umherziehende Banditen zu führen. Zu guter Letzt wären da noch die Hollow. Das sind gruselige Horror-Gestalten die nichts außer Mord und Totschlag im Sinn haben und alles niedermetzeln, was sich bewegt.
Synch und Noide wollen eigentlich nur einige Materialien zur Reparatur ihres Raumschiffs aufklauben, müssen hierfür jedoch in Gebiete vordringen, die unter der Herrschaft des Ere-Königreichs stehen. Also müssen sie sich beim König von Ere einschleimen und gute Leistungen vorweisen, um nicht von ihren „Gastgebern“ hingerichtet zu werden. Doch auch Synch ist kein netter Kerl, er behält sich nämlich vor die Position dieses Planeten an seine eigenen Leute mitzuteilen, was eine Invasion zur Folge hätte, welche für die Bewohner dieses Planeten das Aus bedeuten würde.
Das was Azure Saga von anderen JRPGs unterscheidet ist also das bodenständige und oftmals unsympathische, aber eben auch glaubwürdige Verhalten der Charaktere. Hier spielt man eben keine naiven Strahlemänner, sondern schroffe Unsympathen, die erst mit der Zeit ein wenig Verständnis für andere Sichtweisen entwickeln. Der Droide Noide und die beiden Ivry-Gefährten, die später hinzukommen, gehören da witzigerweise zu den netten und liebenswürdigen Charakteren. Vor allem Noide wuchs mir stark ans Herz, da er einen ähnlich unschuldigen Charme hat wie Data aus Star Trek.
Die Story von Azure Saga ist für Sci-fi-JRPG-Verhältnisse überraschend bodenständig, aber dennoch interessant und gelungen. Allerdings darf man keinen Shakespear erwarten, da die Dialoge oftmals eher kurz und knapp gehalten sind sowie auf überzogenes Drama und umfangreiche Charakterstudien- und -entwicklungen verzichtet wurde. Durch diese Herangehensweise erzeugt Azure Saga jedoch seinen ganz eigenen Charme und beweist, dass man nicht immer gleich das Universum retten muss, um eine spannende Geschichte zu erzählen. Leider dauert es aber recht lange, ehe die Story in die Gänge kommt. Vor allem in der ersten Spielhälfte fühlt man sich zu sehr wie ein Botenjunge für ein xenophobisches, unsympathisches Königreich, was freilich wenig Spaß bereitet. Hat man diese Phase jedoch überstanden, wird man mit einer netten kleinen Sci-fi-Story belohnt.
Mehr Dungeon-Crawler statt vollwertiges JRPG
Direkt nach der Introsequenz finden sich Synch und Noide in ihrem ersten Dungeon-Gebiet wieder. Und diese sind auch der Kernbestandteil des Spiels, denn die zwei im Spiel enthaltenen Städtchen sind bemerkenswert mickrig und zweckmäßig, während die Weltkarte nur dazu dient die Ortschaften anzuwählen.
Die isometrischen Maps im Spiel sind leider auch sehr schematisch aufgebaut und sind eigentlich nur Karoraster, die durch Durchgänge miteinander verknüpft sind. Natürlich gibt es eine Automap, die bei der Orientierung hilft. Und diese ist auch bitter nötig, denn spätere Dungeon-Maps sind unangenehm groß und überschreiten gerne mal ihre Halbwertszeit. Die Tatsache, dass man innerhalb der Maps auch gerne mal Schlüsselgegenstände aufklauben muss, um Türen zu öffnen oder Questgeber-NPCs zu bespaßen, macht die Sache auch nicht besser. Vor allem auch nicht deswegen, da es das Spiel nicht gestattet Sidequest-Gegenstände aufzusammeln, solange man die entsprechende Quest noch nicht freigeschaltet hat – was soll das? Ebenso ärgerlich ist die Problematik, dass Synch ständig an Umgebungsobjekten innerhalb der Maps hängenbleibt. Da ist es gleich doppelt nervig durch die Maps zu navigieren. Und natürlich liegen neben Schatztruhen und blinkenden Gegenständen auch viele unsichtbare Gegenstände innerhalb der Maps verborgen, was dazu provoziert in jede Nische reinzulatschen und somit erst recht ständig irgendwo ferstzuhaken – ganz tolles Gamedesign MassHive Media!
Etwas positiver ist da schon der Einsatz einiger sporadisch auftretender Gimmicks und Rätsel. Da muss man auch mal einen Baumstamm beiseite schieben oder ein simples Schalterrätsel lösen. Nichts weltbewegendes, aber zumindest ein wenig Abwechslung während des monotonen Dungeon-Gekrieche. Leider gibt es aber auch hier das eine Rätsel bei dem es die Entwickler zu gut gemeint haben und welches nur zum ärgerlichen Griff zur Komplettlösung provoziert. Und laut Steam-Forum war bei weitem nicht jeder Spieler bereit diese Hürde zu stemmen und hat das Spiel an dieser Stelle abgebrochen. Verübeln kann ich es ihnen nicht, denn der Lösungshinweis ist erstens sehr kryptisch und zweitens unvollständig (man soll die anderen Brocken auf gut Glück im Irrgarten finden). Brechen kann man das Rätsel auch nicht, da gerade an dieser Spielstelle Freezes und Crashes bei Speicherversuchen auftreten (abgesehen davon gabs jedoch keine Bugs). Na immerhin gestattet das Spiel jedoch überhaupt die freie Speicherung an jedem Ort. Ist in dem Genre ja keine Selbstverständlichkeit.
Aber wechseln wir mal das Thema. Herzstück ist natürlich der Kampf. Dieser gestaltet sich ganz routiniert in 2D-Perspektive, rundenbasiert und ist abseits der Bossgegner natürlich zufallsbasiert. Das eigene Team wächst im Verlauf des Spiels auf 7 Leute heran. Von denen dürfen 3 am Kampf teilnehmen, wobei es jedoch gestattet ist die Charaktere vor jeder Kampfrunde auszuwechseln – vorausgesetzt der Charakter ist nicht kampfunfähig oder betäubt. Und das ist auch durchaus sinnvoll, denn jeder Charakter verfügt über individuelle Skills und Techniken. Bestimmte Angriffe richten mehr Schaden gegen bestmmte Gegnertypen an, verursachen negative Statuseffekte oder bieten Buffs und Heilung. Darüber hinaus können Kampfskills zu einer verheerenden Dreierkombo verschmelzen, sofern die richtigen Charaktere die richtigen Skills einsetzen. Ein Reiz im Spiel besteht natürlich auch darin die ganzen Dreierkombos (United-Skills) zu entdecken. Selbstverständlich dürfen auch Wutfähigkeiten nicht fehlen (werden hier Fury genannt), die man einsetzen darf, wenn der jeweilige Charakter einen entsprechenden Balken durch eingesteckte Treffer aufgebaut hat.
Das klingt jetzt alles wahnsinnig spannend, jedoch gibt es da zwei größere Probleme im Kampfsystem. Erstens ist die Menüführung der Kämpfe (und vor allem auch die Menüführung im allgemeinen) ziemlich träge und zu verschachtelt. Besonders ärgerlich ist z.B. die Tatsache, dass man nach Eingabe des letzten Kampfkommandos noch mal aufgefordert wird die Gesamt-Auswahl zu bestätigen. So etwas habe ich bis dato noch nie in einem derartigen Spiel erlebt, und zwar aus guten Grund. Schließlich kostet dieser ungewohnte Extraklick unnötig Zeit und raubt somit nur wertvolle Nerven des Spielers. Besonders lächerlich ist diese Aufforderung, wenn man die Autofight-Option anwählt (sorgt dafür, dass jeder Charakter Standard-Angriffe für die aktuelle Runde einsetzt). Ich mein, hallooo!? Das ist eine verdammte Autofight-Option, wieso werde ich aufgefordert diese zu bestätigen, wenn diese Option doch gerade dazu dient den Zug möglichst schnell abzuwickeln!!
Der zweite Makel ist jener, dass das Spiel ein Magiepunkte-System für die Skills verwendet. „Aber das ist doch Standard im Genre,“ werdet ihr jetzt denken. Und ja, das stimmt, allerdings wurde der Kampf von Azure Saga offensichtlich auf den exzessiven Einsatz von Skills ausgelegt und nicht auf den von Standard-Angriffen. Die Gegner im Spiel sind nämlich keine Fallobst-Schwächlinge, sondern stellen eine adequate Bedrohung dar, sofern man nicht hoffnungslos überlevelt ist. Deswegen sollte man schon zusehen mit gescheiten Kampfskills vorzugehen, vor allem auch deswegen, da ja die Entdeckung eines neuen United-Skills reizt. Nur dumm, dass das MP-System einen konstanten Einsatz von Skills unterbindet. Sicherlich kann man in die Siedlung zurücklatschen und im Hotel übernachten, oder sich mit MP-Heilitems eindecken (das Spiel ist jedoch nicht allzu großzügig beim Geld-Output), aber letztendlich ist das MP-System in diesem Spiel nur ein unnötiges Element, was nicht reinpasst und auch keinen Mehrwert bietet.
Tja, und damit sind dann auch die wichtigsten Dinge vom Tisch. Das Game ist eben mehr Dungeon-Crawler als alles andere. Die Siedlungen sind mickrig und dienen in erster Linie zum Handeln und der Exposition. Kleinere Nebenaktivitäten wie Sidequests, ein spaßbefreites Fischen-Minigame, ein bemerkenswert undurchdachtes und überflüssiges Crafting-System und die witzlose, da zu leichte Kampfarena rütteln auch nichts am Kernprinzip des Spiels. Immerhin gibts im späteren Spielverlauf optionale Dungeons und Bossgegner zu entdecken und vor allem die Bosse können angenehm fordern, auch wenn man es beim Endgegner übertrieben hat. Für den sollte man besser innerhalb der Bonusdungeons überleveln, ansonsten hat man schlechte Karten.
Grafik und Sound
Grafisch präsentiert sich Azure Saga auf den ersten Blick ganz nett. Das Artwork des Spiels ist sehr schön gelungen und orientiert sich an Squares modernen Final Fantasy-Episoden, was bedeutet, dass die Charaktere wie Supermodels aussehen. Das ist immerhin unverbrauchter als die mittlerweile ausgelutschten Anime-Visagen. Innerhalb des eigentlichen Spiels wandern die Spielfiguren jedoch als typische SD-Chibi-Sprites durch blockige Iso-Maps. Im Kampfscreen gibt es hingegen eine traditionelle 2D-Ansicht, in derer die Kontrahenten in einem merkwürdigen Puppenstil animiert wurden, was ziemlich merkwürdig aussieht und scheinbar ein Grafikstil ist, der sich vor allem in der Mobile-Szene etabliert hat. Ich selbst kenne diesen Puppen-Stil bereits aus „Vampires Fall: Origins“ und finde ihn ganz Ok, aber nicht wirklich erstrebenswert.
Das was mich jedoch wirklich stört ist das ständige Recycling innerhalb der Iso-Maps. Nicht nur dass die Ortschaften eher witzlos daherkommen und hauptsächlich typische Klischee-Landschaften in Form von Wäldern, Höhlen und verfallenen Fabriken vorsetzen, so werden die Grafik-Assets sehr häufig innerhalb eines Dungeons wiederverwurstet, so dass die Ortschaften keine richtige Stimmung aufbauen können, da alles völlig wahllos zusammenkonstruiert wurde. Grafisch wirkt Azure Saga wie ein zufallsgeneriertes Rogue-Spiel, auch wenn es keines ist, was diesen Makel umso schwerer wiegen lässt.
Außerdem werden viele Settings im Verlauf des Spiels zu häufig verwendet, so gurkt man im Spiel durch ca. 5 verschiedene Fabriken, die sich optisch halt nicht stark voneinander unterscheiden. Summa summarum hat mich die Grafik von Azure Saga eher gelangweilt. Das reine Artwork ist schick, aber der Rest nur Ok oder zu stark konstruiert.
Der Soundtrack wirkt da schon höherwertiger. Die Melodien sind schön und erzeugen oftmals auch eine entspannende Wirkung. Allerdings gibt es nichts was im Gedächtnis verweilen möchte oder das man sich außerhalb des Spiels anhören würde. Bei den Soundeffekten ist mir ebenfalls nichts nenneswert positiv oder negativ aufgefallen. Eine Sprachausgabe wird ebenso wenig angeboten wie deutsche Texte.
Pro & Kontra
- hübsches Artwork im Stil modernerer Final Fantasy-Episoden
- bodenständige aber dennoch interessante Sci-fi/Mittelalter-Fantasy-Handlung
- die Charaktere sind mal keine Goody Two Shoes-Klischees
- die stärkere Fokussierung auf Kampfskills und deren Verkettungsmöglichkeiten ist eine nette Idee
- sehr zähes Gameplay (Spielfiguren verhaken ständig an Umgebungsobjekten, träge Menüführung, überflüssige Doppelbestätigung von Kampfkommandos)
- fühlt sich eher an wie ein Dungeon-Crawler, als ein traditionelles JRPG an
- das Rätsel im Illfrig Wood-Dungeon ist zu trickreich und provoziert zum Griff zur Komplettlösung
- Crafting-System und Angeln-Minigame wirken wie behelfsmäßig angepappt und funktionieren entsprechend schlecht
- liebloses Map-Design. Hier wirkt das Spiel wie RNG-Rogue-Krempel, was es jedoch nicht ist