Warlock REVIEW
Videospiel-Filmumsetzungen waren in den 80er und 90er Jahren die Quelle für zahlreiche versaute Geburtstage und Weihnachtsfeiern. Vor allem der US-Publisher LJN zeichnete sich für eine unangenehm hohe Anzahl dieser unspielbaren Machwerke verantwortlich. Selbst heute noch steht das Kürzel LJN für grottige Videospiel-Filmumsetzungen, von denen man besser die Finger lässt. Was viele nicht wissen, ist, dass LJN bereits Anfang 1990 von Acclaim (ebenfalls US-Publisher qualitativ fragwürdiger Videospiele) aufgekauft wurde, und sämtliche „LJN“-Spiele, die ab diesem Zeitpunkt veröffentlicht wurden ja eigentlich aufs Konto von Acclaim gehen. Dieser geheime Publisher-Wechsel, der im Hintergrund stattfand, hatte jedoch keinen allzu großen Einfluss auf die Qualität der veröffentlichten Videospiele. Oder vielleicht doch? Denn auch wenn der 08/15-AVGN-Gucker dies vielleicht nicht wahrhaben möchte, so hat Acclaim unter dem LJN-Deckmantel dann doch zwei, drei Games veröffentlicht, die zumindest als brauchbar durchrutschen. Und das am 26.05.1995 veröffentlichte Warlock ist eines davon.
Einfach mal was halbwegs eigenes machen, statt stur die Filmvorlagen runterzurattern
Warlock basiert auf der gleichnamigen Horror-Abenteuer-Filmreihe, welche zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Videospiels bereits zwei Teile vorzuweisen hatte (einen dritten und letzten Teil gab es später auch noch). Anstatt nun jedoch die Handlung einer der beiden Filme runterzurattern, entschloss man sich stattdessen Storyelemente beider Filme zu entnehmen und zu einer eigenständigen Handlung speziell für das Videospiel zusammenzusetzen:
In jedem Millennium wird die Wiedergeburt von Satans Sohn durch eine Sonnenfinsternis angekündigt. Satans Sohn nimmt hierbei die Gestalt eines mächtigen Magiers an – dem Warlock. Der Warlock will die sechs heiligen Runensteine der Druiden sammeln, welche nicht nur kreuz und quer über die Welt, sondern auch in verschiedenen Zeitepochen verborgen liegen. Sind alle sechs Steine beisammen, gewähren sie ihrem Besitzer die Macht die Schöpfung der Erde rückgängig zu machen. Würde dies gelingen, hätte Satan endlich den Beweis, dass er die dickere Hose an hat als Gott. Aber da er selbst nicht direkt eingreifen darf, muss eben der Filius ran. Allerdings haben Satan und sein Warlock die Rechnung ohne die Eigentümer der Steine gemacht: Der Druidenzirkel schickt sein fähigstes Mitglied in die Welt hinaus, damit dieser die Runensteine vor dem blöden Warlock einsammelt. Anschließend soll die Macht der Steine dazu genutzt werden, Satans Sohn zu vernichten (zumindest fürs aktuelle Jahrtausend).
Und mehr als das braucht es ja auch gar nicht, um das Abenteuer zu rechtfertigen. Der wahre Reiz liegt eigentlich in anderen Dingen: Einerseits ist es interessant, dass man hier die Handlungen der Filmvorlagen neu erfindet, statt eben diese einfach nur nachzuplappern, und andererseits ist es verdammt cool, dass Julian Sands, der Schauspieler der den Warlock verkörpert, sein Gesicht für das Spiel zur Verfügung gestellt hat. Er lässt es sich auch nicht nehmen den Spieler in einer der coolsten Game Over-Screens überhaupt zu verhöhnen. Voiceacting inklusive (ich weiß leider nicht, ob der Sprachsample von Julian selbst stammt, oder nicht).
Frustig und anstrengend aber dafür auch fair und spielbar
Der Blick ins Optionsmenü fällt eher ernüchternd aus. Man kann Soundeinstellungen vornehmen, zwischen fünf verschiedenen Belegungen der vier Hauptbuttons auswählen und ein Passwort eingeben. Letztere wurden jedoch vorbildlich gehandhabt, da man lediglich fünf Buchstaben eingeben muss und man für jeden gewonnenen Level ein Passwort spendiert bekommt.
Bei Warlock handelt es sich um einen Action-Platformer. Man kämpft sich durch insgesamt 11 Level und muss meistens einfach nur den Ausgangspunkt erreichen. In sechs Levels muss man aber auch den jeweiligen Runenstein einsacken, welcher entweder kurz vorm Levelende bereit liegt oder aber abseits des Weges versteckt wurde. Solange man den Runenstein nicht eingesammelt hat, öffnet sich auch nicht der Levelausgang. Man sollte also nicht mit Scheuklappen durch die Level rennen, sondern auch nach Geheimgängen ausschau halten, welche auch oftmals zusätzliche Zauber für den Druiden parat halten. Ab und zu muss man sich auch mal einer Art Bosskampf stellen, wobei man aber nur in seltenen Fällen wirklich das Gefühl hat so etwas wie einen typischen Videospiel-Boss zu bekämpfen. Es fühlt sich in der Regel eher so an, als ob man einen Standard-Gegner bekämpfen würde, der über einen größeren Lebenspunkte-Pool verfügt. Manchmal realisiert man noch nicht einmal, dass man wohl gerade eben einen besonderen Zwischengegner oder Level-Endboss erledigt hat, so banal kommen die einem oftmals vor.
Der Druide verfügt über ein stattliches Arsenal an Zaubern. Zu seinen unverwüstlichen Angriffen gehören eine Art Energieblitz, welcher das Standard-Projektil darstellt und nicht nur Horizontal, sondern auch Diagonal nach oben abgefeuert werden kann. Als nächstes wäre da seine schwebende Orb-Waffe. Dieser ist etwas schwerfällig zu handhaben, indem man die zugewiesene Taste gedrückt halten muss und den Orb anschließend mit dem Steuerkreuz als eine Art Bumerang verwendet, der nicht nur für die Offensive taugt, sondern auch genutzt werden kann, um jene Zauber-Items einzusammeln, die ansonsten außer Reichweite wären. Und dann sind da noch die eben genannten Zauber-Items, von denen es immerhin sieben verschiedene Typen gibt.
Am wichtigsten ist da wohl die Wiederbelebung, welche einerseits als Extraleben fungiert, aber alternativ auch zur Regeneration der kompletten Lebensenergie genutzt werden kann. Mit den großzügig über das Spiel verteilten Heilzaubern kann man ebenfalls ein Stück verbrauchter Lebensenergie regenerieren. Als nächstes hätten wir zwei verschiedene Formen von Smartbomben, welche in Form von Totenschädel und Blitzorb daherkommen. Weiter gehts mit einer Art offensiven Schutzschild, der immerhin dazu taugt, dem Druiden die lästigen kleinen (Flug)Gegner vom Hals zu halten. Dann gibt es noch einen Erdbeben-Zauber, der aber eher dazu genutzt werden muss, verborgene Objekte zum Vorschein zu bringen, statt Gegner zu bekämpfen. Und zu Guter Letzt gibt es noch einen seltsamen Zeit-Zauber, der wohl eine Art Checkpoint aktiviert.
Netterweise erlaubt das Spiel die gesammelten Zauber mit in den nächsten Level zu nehmen, andererseits bekommt man sie abgeknöpft, wenn man ein Leben verliert. Auch die Passwörter sind nicht in der Lage die Zaubersammlung zu sichern. Alternativ bekommt man bei Passworteingabe jedoch zwei Wiederbelebungs-Zauber geschenkt, welche ausreichen den jeweiligen Level zu knacken.
Das heißt aber nicht, dass man Warlock als Spaziergang abhaken sollte. Das Spiel kann nämlich sehr knifflig werden. Einerseits wurden viele Gegner derart platziert, dass es quasi unmöglich ist Schaden zu vermeiden, und andererseits sind einige der Jump- und Rätselpassagen echt fies gestaltet, was oftmals den Verlust eines Lebens provoziert. An die Jumpeinlagen kann man sich ja noch gut gewöhnen. Man muss halt immer versuchen von der Kante abzuspringen, damit es klappt. Eine Lektion, die einem bereits im ersten Level eingebläut wird. Die Fallen- und Rätselpassagen driften hingegen gerne ins unfaire ab, da einem hier bei den ersten Versuchen einfach keine Zeit bleibt richtig zu reagieren oder die Lösung rechtzeitig zu finden.
Beim anschließenden Verlust eines Lebens, wird man dann zum Anfang des jeweiligen Levelabschnitts zurückgeworfen. Und ich denke es erübrigt sich zu sagen, dass die Levelabschnitte relativ umfangreich ausfallen können, und die fiese Falle gegen Ende des Abschnitts platziert wurde. Da ist Frust im wahrsten Sinne des Wortes vorprogrammiert. Wenigstens ist das Spiel oftmals fair genug in der Nähe derartiger Stellen ein Extraleben zu platzieren, so dass man zumindest davor bewahrt bleibt den kompletten Level von Vorne zu beginnen.
Und auch die zahlreichen Verletzungen durch Gegner, welche man häufig kaum vermeiden kann, werden durch einen relativ großzügigen Output von Heilzaubern erträglich gemacht. Im Gegensatz zu vielen anderen vergleichbaren Lizenzspielen bleibt Warlock also immer spielbar und schaffbar.
Die Frage ist nur, ob man überhaupt Spaß beim Spielen von Warlock verspüren wird. Die Steuerung an sich ist zwar simpel und sehr schnell erlernt, jedoch fühlt sich der Druide irgendwie träge an, was daran liegt, dass die Entwickler versucht haben das Feeling von Cinematic-Platformern einzubringen, ohne dabei jedoch auf die Eingängigkeit von typischen Action-Platformern verzichten zu wollen. Im Endeffekt ist jedoch nur eine halbgare Mischung dabei herausgekommen. Zu einem Cinematic-Platformer gehört eben mehr als die schwerfällig-realistischen Bewegungsabläufe der Spielfigur und ein wirklich guter Action-Platformer sollte sich so butterweich wie möglich spielen lassen. Warlocks seltsamer Mittelweg stellt niemanden so wirklich zufrieden und kostet dem Spiel unterm Strich nur sehr viel Spielspaß. Da fallen kleinere Macken wie die undurchsichtige Anzeige der Lebensenergie (ein Konterfei des Druiden, welches langsam zum Totenschädel zerfällt) oder Knockbacks gar nicht mehr so stark ins Gewicht.
Grafik und Sound
Großes Lob bekommt Warlock in der Regel für die ansprechende grafische Darstellung. Und tatsächlich ist der Ersteindruck absolut hervorragend. Die gemütliche Farm-/Dorflandschaft in der das Spiel beginnt wurde wirklich mit sehr viel Liebe zum Detail gepixelt. Obendrein gibt es einen ordentlichen Parallax-Scrolling-Effekt, sowie sehr gelungene Animationen der Spielfigur und Gegner-Modelle (da zeigen sich dann die Vorteile des Cinematic-Platformer-Einflusses). Dummerweise findet nur ca. die Hälfte des Spiels in den relativ ansehnlichen Außenlandschaften statt. Die andere Hälfte schickt euch durch optisch langweilige Höhlen und Schlossgemäuer, die weitaus weniger nett anzuschauen sind. Und vor allem die Schlossgemäuer im Mittelteil des Spiels ziehen sich ewig in die Länge. Und wenn ich wirklich ehrlich bin, können auch die späteren Außenlandschaften nicht mehr den Detailgrad der Einstiegsregion erreichen. Hat man also den ersten Level von Warlock gesehen, hat man auch bereits die hübscheste Ortschaft im Spiel bewundern dürfen. Und somit fällt dann auch die anfängliche Grafikpracht recht bald in sich zusammen. Dennoch sieht das Spiel unterm Strich immer noch ordentlich aus und zumindest verbreiten Grafik und Gegnerdesign einen gelungenen Grusel-Flair für die Halloween-Zeit.
Auch der Soundtrack trägt dazu bei die eben genannte Grusel- und Halloween-Stimmung aufzubauen. Die finsteren Orgelklänge schinden Anfangs ordentlich Eindruck. Aber auch hier fällt das Kartenhaus mit der Zeit zusammen, denn die gefühlt 3-4 im Spiel enthaltenen Musik-Tracks werden nicht nur über das ganze Spiel hinweg recycelt, sondern klingen sich obendrein auch noch sehr sehr ähnlich. Es dauert nicht lange bis einem der Soundtrack zum Hals heraushängt und nur noch anödet. Das ändert zwar nichts an der Qualität der Tracks, aber es war eben ein schwerer Fehler den Faktor „Abwechslung“ derart zu ignorieren.
Wirklich gelungen sind jedoch die Soundeffekte. Die magischen Projektile vermitteln eine gute akustische Kraft und der Bumerang-Orb gibt einen coolen Wrrr Wrrr-Sound á la Star Wars-Lichtschwert von sich. Auch die übrige Sounduntermalung ist nett, wobei die Akustik der Gegner meiner Meinung nach etwas zu dezent im Hintergrund gehalten wurde. Der coole Sprachsample vom Warlock im Game Over-Screen gleicht dieses Manko jedoch wieder aus.
Pro & Kontra
- vebreitet einen gelungenen Grusel-Flair
- keine dumpfe Nacherzählung der Filmvorlagen, sonden eine clevere Mischung aus Storyelementen der Filme
- bleibt überraschend fair dank großzügiger Vergabe von Heilzaubern und Passwörtern sowie gut platzierten Extraleben
- coole Soundeffekte und sogar ein Sprachsample im Game Over-Screen
- es ist eines jener Spiele, bei denen man viel Schaden einstecken muss, der sich nicht vermeiden lässt
- einige Fallen- und Rätselabschnitte sind zu fies und frustig ausgefallen
- leidet unter einer Identitätskrise, da man sich scheinbar nicht entscheiden konnte, ob es ein Action- oder Cinematic-Platformer werden sollte
- null Wiederspielwert