8-bit Adventures 2 REVIEW
8-bit Adventures: Remastered Edition gehört ohne weiteres zu den besten RPG-Maker-Spielen die auf Steam zu haben sind. Ich bin da wohl nicht der Einzige der dieser Meinung ist, denn zumindest war 8-bit Adventures erfolgreich genug, um den australischen Indie-Entwickler Joshua Hallaran (Critical Games) dazu zu animieren eine Fortsetzung zu produzieren. Der Entwicklungsprozess sollte jedoch satte 7 Jahre beanspruchen. Letztendlich erschien 8-bit Adventures 2 am 31. Januar 2023 auf Steam, wo es für 16,79 Euro verkauft wird (Konsolenversionen sollen folgen).
Joshua war freundlich genug mir einen Steam-Key für Testzwecke zur Verfügung zu stellen. Ich bin gespannt ob 8-bit Adventures 2 die gewohnte Qualität von Critical Games halten kann.
Glitches go home!
Zwei Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils erhält der blaue Krieger einen Notruf vom Computer, dem Herrscher über die Spielwelt. Ein neues Unheil bahnt sich an. Dieses kommt in Form eines Glitsches daher, welcher in der verzerrten Gestalt eines geisterhaften kleinen Jungen auftritt und den blauen Krieger abfängt.
Ein paar Wochen später macht sich die grüne Diebin auf den Weg ihren Liebsten, den blauen Krieger, aufzuspüren, der inzwischen als vermisst gilt. Charlie, eines der vier Waisenkinder, welche seinerzeit unter dem Schutz der Diebin standen, belauscht das Gespräch zwischen seiner Heldin und Königin Elena. Für Charlie ist klar, dass er alles tun wird, um seine große Heldin zu unterstützen. Selbst wenn das bedeutet aus dem Schloss zu türmen und als blinder Passagier mitzureisen. Noch weiß Charlie nicht, dass ihn, den drei altbekannten Helden des Vorgängers, sowie drei weiteren neuen Gefährten ein episches Abenteuer bevorsteht, bei dem es um nichts geringeres als die Rettung der Welt geht. Doch ganz so simpel ist die Sache dann doch nicht, denn der Glitch-Junge ist keinswegs eine durch und durch bösartige Kreatur. Und der Computer hat mehr Dreck am stecken als befürchtet. Werden unsere Helden die richtigen Entscheidungen treffen und ihre Welt ein weiteres mal retten können?
Wie schon im ersten Teil, ist die Handlung eine witzige Metapher auf Probleme mit denen sich Gamer herumschlagen müssen. Statt schädlichen Hausstaub werden dieses mal Glitches behandelt. Den Bewohnern der Spielwelt ist jedoch gar nicht bewusst, dass sie sich in einem Videospiel befinden. Für sie sind Dinge wie Staub und Glitches tödliche Bedrohungen, die abgewendet werden müssen. Und so wird das Abenteuer oftmals zu einer unerwartet ernsten Angelegenheit mit traurigen Momenten und vielschichtigen Situationen. Überraschend komplexe Charaktere, spannende Wendungen und abwechslungsreiche Situationen machen 8-bit Adventures 2 zu einem vollwertigen JRPG-Erlebnis. Die Grundidee, das man hier in einer Videospiel-Metapher unterwegs ist, überschattet also keineswegs die Qualität von Story und Charakteren.
Anders als im Vorgänger wird hier sogar ein stärkeres Augenmaß auf Handlung und Charaktere gelegt. Die Dialoge sind ausufernd und lang. Die Gespräche und Handlungssequenzen nehmen sehr viel Zeit in Anspruch, womit das Spiel im starken Kontrast zum flotten ersten Teil steht. Konnte man den ersten Teil noch in ca. 10 Stunden abschließen, so sollte man für Teil 2 bis zu 40 Stunden einplanen, wenn man alles sehen will.
Gerade Fans des ersten Teils, die mit einer gewissen Erwartungshaltung an 8-bit Adventures 2 herangehen, könnten von dieser neuen Ausrichtung sehr irritiert werden. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Dialogboxen nicht einfach wegklicken lassen, Man kann zwar den langsamen Schrifttext etwas beschleunigen, aber wirklich hilfreich ist das nicht.
Während man die Dialog- und Storylastigkeit des Spiels als Geschmackssache darlegen kann, stellen die trägen Dialogboxen ein massives Problem dar, welches Spielspaß kostet. Ich hoffe hier wird noch gepatcht, denn eigentlich sind Story und Charaktere wunderbar gelungen. Es ist viel Liebe und Elan in die Dialoge eingeflossen, das merkt man deutlich. Doch die Erwartungshaltung der Spieler des ersten Teils wurde leider nicht berücksichtigt.
Komplexe Skill- und Ausrüstungssysteme statt farbkodierten Schere, Stein, Papier
Das Wichtigste vorweg: Das coole Kampfsystem des ersten Teils, welches auf Schere, Stein, Papier sowie den Farben der Gegner basiert, wurde rausgeschmissen und gegen ein traditionelles ausgetauscht. Das ist zunächst einmal ernüchternd. Glücklicherweise bereitet der Kampf immer noch viel Freude, denn die Anzahl der Kampftechniken in Kombination mit der sehr gut ausbalancierten Stärke der (Boss)gegner funktioniert hervorragend. Zusätzlich zu den regulären Kampftechniken, welche man nach und nach via Level-Ups erlernt, gibt es noch einen Overdrive-Balken, der sich mit eingesteckten und ausgeteilten Schaden immer weiter aufbaut. Ist der Balken voll, darf einer der Charaktere eine mächtige Wuttechnik lostreten. Jede der sieben Spielfiguren bietet da seine eigene Overdrive-Technik. Doch das ist nicht alles im späteren Spielverlauf gibt es Teamattacken für zwei oder auch drei Charaktere (letztere muss man erst in der Spielwelt finden), welche besonders effektiv sind. Der Spieler bekommt also jeden Menge Werkzeuge an die Hand, zu denen auch die Verteidigung (heilt hier auch ein paar Lebenspunkte) und Gegenstände gehören. Im Gegensatz zu anderen JRPGs, sind die Gegner hier stark genug, dass man hier nicht nur ab und zu seinen Kopf gebrauchen, sondern auch seine Gegenstände nutzen muss, um zu überleben – gut so!
Die Zufallskämpfe des Vorgängers wurden abgeschafft. Die Gegner sind stets sichtbar innerhalb der Maps, stürmen i.d.R. jedoch sofort auf den Spieler zu, sobald sie ihn zu Gesicht bekommen. So ist es oftmals gar nicht möglich den Gegnern auszuweichen, vor allem nicht auf schmalen Pfaden. Dafür respawnen beseitigte Gegner aber erst, wenn man den Spielabschnitt verlässt oder einen Respawn bei einem Speicherpunkt beauftragt. Da man überall speichern darf, dienen die Speicherpunkte in erster Linie als Warnung vor Bosskämpfen (Kampftipps inklusive).
Ansonsten werden hier traditionelle Genre-Standards verfolgt. Die Spielwelt setzt sich aus Siedlungen, Dungeons und einer begehbaren Weltkarte zusammen. Es gibt Schatztruhen zum plündern, NPCs zum schwatzen, Händler mit neuer Ausrüstung und Gegenständen, sowie kleinere Sidequests für Extrabelohnungen. Gegen Ende des Spiels darf man freilich viele optionale Dungeons und Bosse in Angriff nehmen. Zu diesem Zeitpunkt hat man auch sein eigenes Luftschiff als Fortbewegungsmittel.
Zur weiteren Auflockerung gibt es hier und da auch ein paar Rätseleinlagen innerhalb der Dungeons sowie ein weiteres Ausrüstungssystem namens „Augments.“ Neben der regulären Ausrüstung in Form von Waffe, Armschutz, Helm, Rüstung und Zubehör, kann jeder Charakter bis zu fünf Augments anlegen (Die Augment-Slots werden erst mit höheren Charakter-Levels freigeschaltet). Hiermit kann man seine Angriffe mit negativen Statuseffekten belegen, diverse Statistika prozentual verbessern oder Auto-Buffs bei bestimmten Bedingungen aktivieren. Das Augment-System bringt also eine zusätzliche strategische Note in die Ausrüstung der Helden und ist entsprechend gerne gesehen. Freilich muss man die Augment-Items erst einmal auftreiben.
Erfreulich ist, dass zwei lästige Macken des Vorgängers beseitigt wurden. Dieses mal bekommt man eine Rennfunktion und viel mehr Speicherslots als im Vorgänger.;)
Grafik und Sound
Anders als beim Vorgänger wird hier nicht mehr versucht authentische 8-bit-Grafik zu emulieren. Ob das gut oder schlecht ist, muss jeder für sich entscheiden. Teil 2 ist wesentlich farbenfroher und detailverliebter als der grafisch bodenständige Vorgänger. Das Monsterdesign ist verdammt cool ausgefallen und es gibt eine erfreuliche Anzahl an Cutscenes á la Ninja Gaiden. Seinem Titelnamen wird das Spiel aber eben nicht mehr gerecht. Das Game wirkt ofmals eher wie ein 16-bit-Spiel.
Der Chiptune-Soundtrack passt wunderbar zu 8-bit Adventures 2. Die Melodien unterstützen das Spielgeschehen und wecken auch gerne mal Erinnerungen zu den alten Klassikern. Was mir gefehlt hat ist ein echter Ohrwurm, wie die Titelmelodie des ersten Teils, aber das ist Meckerei auf hohem Niveau. Unterm Strich ist die audiovisuelle Präsentation trotz aller Kritik sehr gefällig und bereitet eine Menge Freude.
Leider bin ich während meines Spieldurchlaufs wiederholt auf Tilebugs gestoßen. Es gab immer wieder Wandtiles und dergleichen die man durchlaufen konnte. Hier wäre eine größere Sorgfalt wünschenswert gewesen, auch wenn es nichts Spielentscheidendes ist.
Pro & Kontra
- gute Story mit liebenswerten Charakteren
- gelungener Soundtrack
- selbsterstellte Grafiken, also keine Maker-Tilesets und -Sprites
- gewohnt unkomplizierte Steuerung mit Controller-Support
- sehr gut ausbalancierter Schwierigkeitsgrad
- hoher Spielkomfort trotz Retro-Flairs (kaum Grinding erforderlich, man darf überall speichern, ...)
- man stößt hin und wieder auf Tilebugs
- wirkt nicht wirklich wie 8-bit-Grafik, sondern eher wie ein Mischmasch aus 8- und 16-bit
- das Farb-Kampfsystem wurde rausgekickt
- unangenehm Dialoglastig