Total War: WARHAMMER REVIEW
Und wieder einmal verschlägt es mich in die Welt von Warhammer. Im Gegensatz zu Warhammer: Regicide, das ich für euch ja auch schon testen durfte, führt uns das jetzige Spiel in die, eher im Fantasy-Mittelalter angesiedelte, ursprüngliche Welt von Warhammer. Doch diesmal steht das Wort „Warhammer“ nicht an erster Stelle! Es musste zwei Worten weichen, die Musik für meine Strategen-Ohren sind: TOTAL WAR.
Und das ist auch der Grund warum ich mich so wahnsinnig auf dieses Spiel gefreut habe. Während all die bisherigen Total War Spiele immer recht fest im historischen Kontext eingebunden waren, kann Creative Assembly hier der Fantasie mal freien Lauf lassen! Erinnert ihr euch an die Medieval 2 – Total War Mod „Third Age – Total War“? In der „Herr der Ringe“ Mod konnte man seine Armeen aus Elfen, Menschen und Orks noch mit Trollen, Spinnen, Ents und sogar dem Balrog verstärken. Genau das gibt es in Total War: Warhammer auch, nur dass es noch viel ausgereifter ist.
Vieles bleibt beim Alten – Und das ist auch gut so!
Denn am grundliegenden Aufbau des Spiels hat sich wenig geändert. Auf der wunderschönen Weltkarte baut ihr Runde um Runde eure Städte und Armeen aus, lasst Agenten die schmutzigen Arbeiten erledigen, versucht euch in Diplomatie und Marschiert mit euren Armeen, wenn euch die Diplomatie zu langweilig wird. Immerhin spielen wir hier ja Total War: Warhammer! Die Schlachten werden auch wie gewohnt in Echtzeit ausgetragen und ihr könnt euer Geschick beim Kommandieren der einzelnen Kontingente auf die Probe stellen. Das Belagern der Städte funktioniert auch nach demselben Prinzip, entweder ihr nehmt die Stadt im Sturm oder hungert sie aus. Die Grafik des Spiels überzeugt genauso wie die von Attila und viele Teile des Interfaces sind daran angelehnt. Man baut also die guten Dinge der Serie aus und wagt sich derweil auf neuen Grund.
Doch zu all den alten Spielmechaniken gesellt sich auch viel frischer Wind. So gibt es einzigartige Helden, die, anders als in Shogun 2, eine einzelne Einheit sind und besondere Fähigkeiten haben. Dazu gehört auch das Wirken von Zaubern die das Schlachtgeschehen beeinflussen. Außerdem kann zum Beispiel der Menschenkaiser Karl Franz (nein er ist kein Österreicher) auf seinem fliegenden Greifen seine Truppen aus der Luft unterstützen, wobei wir bei der nächsten Neuerung sind: Fliegende Einheiten. Fliegende Einheiten sind zwar recht selten, doch bringen sie eine ganz neue Dimension ins Spiel. Ein weiterer wunderschöner Anblick sind die neuen Mechaniken der großen Einheiten und Generäle, die mit einem Schlag mehrere Feinde von den Füßen reißen. Auf der Weltkarte beeinflussen magische Winde die Effektivität von Magiern in Schlachten. Weiterhin gibt es wieder die altbekannten Missionen und Dilemmas während der Runden, wo man sich für eine Lösung eines Problems entscheiden muss, und dabei sowohl positive als auch negative Auswirkungen erwarten muss. Generäle und Helden haben jetzt ähnliche Skilltrees, mit denen man sie spezialisieren kann. Ihr könnt euren Helden durch verschiedene Skillungen entweder zum Knallharten Kämpfer, Assassinen oder Unterstützer ausbilden. Gleiches funktioniert mit Generälen, ähnlich wie früher. Entweder ihr macht aus ihnen Kämpfer, die in der ersten Reihe der Schlacht stehen, oder lasst sie eure Armee von hinten unterstützen, oder ihr gebt ihnen Vorteile auf der Weltkarte, indem sie weiter Marschieren können oder die Region von negativen Einflüssen säubern.
Eine gespaltene Welt
In TOTAL WAR: Warhammer gibt es vier, mit bisherigem DLC fünf, spielbare Fraktionen. Die Menschen, die Zwerge, die Orks und die Untoten. Dazu gesellt sich mit dem DLC noch die Armee des Chaos. Dabei hat jede Fraktion ganz spezifische Mechaniken und eigene Vor- und Nachteile. Jede Fraktion bringt also ein ganz eigenes Spielgefühl mit sich, was den Wiederspielwert deutlich erhöht. Das ist meiner Meinung nach eine wichtige Neuerung gegenüber Rome 2 oder Attila, bei denen sich manche Völker teilweise nur durch die Haarfarben oder Bärte unterschieden haben aber bis auf einzelne Ausnahmen die gleichen Einheitentypen hatten. Doch was macht die Fraktionen in TOTAL WAR: Warhammer denn nun so besonders?
Das Reich der Menschen: Die Menschen können, ähnlich wie in „Attila“, Ämter an ihre Kommandanten verteilen und haben einen sehr ausgeglichenen Technologiebaum. Mit den Menschen ist es möglich sehr viel über Diplomatie zu erreichen und Föderationen zu bilden. Ihre Armeen sind sehr gut balanciert.
Die Zwerge: Die Zwerge können unterirdische Tunnelsysteme nutzen um ihre Armeen schneller über die Weltkarte zu schicken, was ein großer Vorteil bei der Kriegsführung ist. Diesen Vorteil machen sie aber wieder durch das Buch des Grolls wett. In diesem Buch sammelt das Zwergenvolk alle Niederlagen und hält diese einem vor die Nase um die Missgeschicke wieder geradezubiegen. Tut man das nicht, ob freiwillig oder unfreiwillig, sinkt die Öffentliche Ordnung und die Diplomatie mit anderen Zwergen geht dahin. Die Zwerge heben ihre Truppen eher nach dem Motto Klasse statt Masse aus, was in wenigen zähen Kriegern Ausdruck findet. Sie haben eine gute Wirtschaft und einen großen Technologiebaum.
Die Grünhäute: Die Orks verfallen durch siegreiche Schlachten in einen Kampfrausch, der ihnen die neuen Rekruten zuströmen lässt. Gewinnt man genug Schlachten, bildet sich eine KI-gesteuerte Waaagh-Armee, die ein ausgewiesenes Ziel angreift. Dafür ist ihnen das Handeln vergönnt. Wenn man zu passiv spielt rebellieren die Krieger und schwächen sich so gegenseitig. Sie haben einen sehr beschränkten Technologiebaum und bei ihren Armeen kann man eher von Masse statt Klasse sprechen. Außerdem können sie wie die Zwerge Tunnel nutzen.
Die Vampire: Die Untoten verderben den Boden in ihren Provinzen, was dazu führt, dass andere Fraktionen auf diesem Boden Verluste erleiden. Im Gegenzug verlieren die Untoten aber auf unverdorbenem Boden mit jedem Zug einen Teil ihrer Einheiten. Sie können die Toten erwecken um ihre Armeen zu verstärken, was besonders gut an Orten vergangener großer Schlachten funktioniert. Sie verfügen über sehr starke Magie aber haben dafür keine Fernkämpfer, was sie durch frühe Flugeinheiten ausgleichen.
Das Chaos – Ja Sigvald the Magnificent gehört auch dazu: Die Armee des Chaos lässt sich wohl am ehesten mit einer relativ „pferdlosen“ Hunnenhorde aus Attila vergleichen. Man besitzt keine Siedlungen und das Ziel ist es, einfach alles dem Erdboden gleich zu machen. Dabei verfügen sie über starke gepanzerte Einheiten und viele Monster. Dafür sind ihnen bei der Diplomatie durch die ganzen Anfeindungen mit den anderen Fraktionen die Hände gebunden. Sie können nur Frieden aushandeln und Vasallen erstellen, Handel ist ihnen nicht möglich.
Was mich hier etwas stört ist, dass die meisten Fraktionen nicht die ganze Karte erobern können, sondern an Siedlungen gewisser Fraktionen gebunden sind. So können die Menschen und Vampire nur Städte der Menschen und Untoten regieren. Die Zwerge und Grünhäute können nur über Territorium der Zwerge und Grünhäute herrschen.
Erste Schritte
Nachdem wir uns für eine der Fraktionen entschieden haben, was in meinem Fall die Zwerge waren, können wir uns noch entscheiden, welchen Oberbefehlshaber wir wollen, was unterschiedliche Boni haben wird. Nun folgt ein kleines Tutorial in dem die Zwerge und der Anführer vorgestellt werden und man wird durch seine erste Schlacht geführt. Man erhält einen guten Überblick über die Fähigkeiten des Anführers und erkennt wie stark dieser ist. Da prügelt unser Zwergenchef einfach mal Wellenweise Orks von sich weg, was ein bisschen an Sauron aus Herr der Ringe erinnert. Nach der Schlacht werden wir mit der Weltkarte vertraut gemacht und dürfen Schritt für Schritt unser altes Reich von den Grünhäuten zurückerobern. Für jede erfüllte Mission gibt es Gold oder sogar Artefakte, die unseren Anführer stärker machen.
Es gibt also durchaus gewisse RPG-Elemente in Total War: Warhammer. Der Vorteil der Zwerge unterirdische Tunnel zu nutzen kann aber auch zum Nachteil werden, wenn man im Untergrund abgefangen wird. So wird das in einer der Quest-Schlachten nachempfunden. Man wird im Tunnel von einer Horde Goblins überfallen. Zum Glück habe ich eine voll ausgebaute Armee und fege die Goblins einfach aus dem Tunnel. Als Belohnung für diese Schlacht erhalten wir einen Helm, der dem Träger zusätzliche Rüstung und Feuerresistenz verleiht.
Das Chaos erwacht
So erobere ich langsam den Südosten von den Grünhäuten zurück, lade andere Zwergenclans in meine Fraktion ein und vergrößere so mein Reich. Eigentlich läuft alles ganz gut, wäre da nicht das Chaos! Nach ein paar Runden „friedlicher“ Expansion sammeln sich die Krieger des Chaos und verderben allmählich meine Provinzen. Das einzige was dagegen hilft sind speziell ausgebildete Generäle oder Schreine, die ein Vermögen kosten. Langsam aber sicher nimmt die Verderbnis in meinen Ländereien zu und sorgt für schlechte Laune in der Bevölkerung. Nun habe ich also nicht nur mit den Grünhäuten an der Grenze zu kämpfen, sondern auch mit dem Feind in den eigenen Reihen, dem Chaos.
Mache ich nichts gegen die Verderbnis erheben sich Chaos Rebellen, die mir sehr schnell hinter der Front die Provinzen streitig machen. Das Buch des Grolls füllt sich mit Aufträgen in denen ich die Rebellen niederschlagen sollen oder verlorene Siedlungen zurückerobern soll. Und wenn das nicht genug wäre macht mir der Ork Grimgor Ironhide das Leben schwer, indem er meine Städte plündert.
Geld gewinnt Kriege – der Sitzkrieg
Ich entscheide mich wohl für das richtige und baue meine Wirtschaft aus, während ich die Orks in den Ecken der Karte zusammendränge und vernichte, während die Rebellen Zeit benötigen um sich zu sammeln und nach den Orks dran sind. Nun habe ich mein abgeschottetes Zwergenreich, das nur über ein paar Gebirgspässe zugänglich ist und baue dieses aus.
Mitlerweile hat das Chaos mehr Macht gewonnen und seine Krieger überschwemmen die Reiche der Menschen. Ich baue meine Wirtschaft einfach immer weiter aus und versuche Krampfhaft meine Grenzstädte mit professionellen Armeen zu verstärken, bevor die Chaoskrieger bei mir anklopfen. Bisher sind sie zum Glück noch mit den Regionen im Norden beschäftigt.
Während den KI-Zügen sehe ich, wie die Anhänger des Chaos eine Stadt nach der anderen dem Erdboden gleichmachen. Ich sehe Drachenähnliche Kreaturen über die Karte laufen und andere groteske Erscheinungen. Mittlerweile sichere ich jede Lücke zwischen den Bergen mit zwei Armeen um ihnen die Stirn zu bieten, doch sie greifen mich nicht an. Nur eine Art Chaospiraten aus dem Süden haben es geschafft für eine gewisse Zeit hinter meinen Fronten Unruhe zu stiften und wurden einige Runden später von mir vernichtet. Ich sitze in meinen Bergen und habe mit fast allen anderen Fraktionen Bündnisse und treibe Handel, was mein Einkommen pro Runde auf stattliche 20000 Gold hebt. Ich könnte also jede Runde eine weitere Armee ausheben, um der wachsenden Gefahr entgegenzutreten.
Ich beobachte Runde für Runde wie das Chaos langsam näher kommt und das Reich der Menschen immer kleiner wird. In ein paar Runden bin ich wohl dran, denke ich. Stattdessen erscheint plötzlich die Nachricht, dass das Chaos besiegt wurde. Moment…was?! Ich bin die stärkste Macht im Land und habe nur die Ausläufer des Chaos gespürt? Wie konnte das Chaos plötzlich von den stark geschwächten Menschen besiegt werden? Die kurze Kampagne ist vorbei…um die lange zu bestehen muss ich alle Zwergenstädte unter mir vereinen, die Norsca-Clans vom Festland fernhalten und das Buch des Grolls leer halten. Kein Problem bei meiner übermacht! So sieht es zumindest aus, wenn ihr bei leichter Schwierigkeit spielt. Gut um rein zu finden und zu lernen. Als nächstes werde ich auf jeden Fall die Gegenseite übernehmen und das Chaos regieren. Das wird vom Game nämlich als schwer bezeichnet! Doch so viel zum Singleplayer!
Geteilte Freude ist doppelte Freude
Im Multiplayer könnt ihr die Kampagne zu zweit miteinander oder gegeneinander spielen. Ich habe mich mal aus Gewohnheit wieder den Zwergen verschrieben, während mein Kollege die Vampire spielt. Vieles ändert sich nicht, aber die anderen Zwerge hassen mich, weil ich mit Vampiren gemeinsame Sache mache. Also führt das Ganze zu einem erhöhten Schwierigkeitsgrad. Der Rest ist das Gleiche. Interessant wird es erst richtig, wenn man gegeneinander spielt, dann kann der Gegenspieler die gegnerische KI in meinen Schlachten übernehmen und mir so in die Suppe spucken. So hat mein Kontrahent mir gleich in der ersten Schlacht als Kaiser gegen eine andere Menschenarmee alles versaut und ich habe kläglich verloren, was sich schwer auf meine ersten Expansionspläne auswirkte. Ansonsten kann man sich auch in ganz normalen Schlachten gegen andere Spieler messen, was aber schnell seinen Reiz verliert.
Aber die Teams von CA haben ja schon zwei Nachfolger angekündigt, die die Serie abrunden sollen und fehlende Elemente ergänzen sollen. In den Helden-Skilltrees gibt es noch Platz für mindestens vier zusätzliche Bäume und die Weltkarte kann problemlos erweitert werden. Die neuen Spiele sollen aber Standalones sein, was eventuell mehr Fokus auf einzelne Konflikte lenkt, wie der Kampf Mensch gegen Untote. Ich bin auf jeden Fall gespannt und genieße bis dahin das Grundspiel in vollen Zügen.