The Witch and the Hundred Knight 2 REVIEW

Es gibt diese Spiele, die plötzlich da sind und leider im Hintergrund bleiben, weil zeitnah ein AAA-Titel erscheint oder das Genre zu nischig ist. So geschehen bei The Witch and the Hundred Knight 2, denn God of War stand vor der Tür und stahl dem japanischem Action-RPG mit Visual Novel Elementen die Show. Nichtsdestotrotz konnte mich der Titel aus dem Hause Nippon Ichi Software bzw. NIS America trotz einiger Macken überzeugen. Warum hier ein Blick nicht umsonst ist, möchte ich nun näher erläutern.

Geschwisterliebe

Die offensichtlichste Frage ist, „Muss man den ersten Teil gespielt haben?“. Die Antwort lautet: Nein. Die Geschichte ist eigenständig und Vorwissen aus dem Vorgänger nicht vonnöten. Vielmehr sind die namensgebenden Hexen und die Figur des Hundred Knight das übergeordnete Thema. So erlebt man die Geschichte von der angehenden „Holy Valkyrie“ Amelie, die im Dienste der „Weißen Ritter“ steht sowie ihrer Schwester Milm, die sich eines Tages in die Hexe Chelka verwandelt. Amelie glaubt ihre Schwester dadurch verloren, doch für einige Momente verwandelt sich die Hexe in ihre alte Gestalt zurück. Amelie hat nun ein Vorhaben und möchte ihre Schwester zurückgewinnen. Um das zu schaffen, bedient sie sich der Hilfe des Hundred Knight, einer lebendig gewordene Plüschpuppe, die über immense Kraft verfügt und in dessen Rolle man schlüpft. Dass das Vorhaben nicht ganz ohne Gegenwehr geht, versteht sich nahezu von selbst.

Die Geschichte erlebt man in gezeichneten Standbildern, was an eine Visual Novel erinnert. Dabei sind die Hintergründe wie auch die Figuren sehr schön gezeichnet. Allerdings sollte man ein Verständnis für schrullige fremdschäm Momente mitbringen. Entsprechende Quality of life Features sind auch vorhanden, wie etwa Vorspulen oder das bequeme Überspringen ganzer Szenen. Ein anderes nettes Feature ist, dass nicht nur der Name der sprechenden Figur eingeblendet wird, sondern ein Pfeil gleichzeitig auf den Charakter zur besseren Orientierung zeigt. So behält man bei mehreren Figuren im Bild immer den Überblick.

Anders als bei richtigen Visual Novels, wird man hier nicht zum lesen verdonnert, denn alle Dialoge sind vollständig auf englisch vertont. Wahlweise kann man auch auf die japanische Sprachausgabe wechseln. Gute Englischkenntnisse sollte man mitbringen, da das Spiel nur in englisch verfügbar ist. Ab und zu gibt es Szenen, in denen man sich als Hundred Knight entscheiden muss, ob man einen Befehl ausführt, in Frage stellt oder gar verweigert. Diese Entscheidungen haben Auswirkungen auf das Ende, welches man zu sehen bekommt. Die Story entwickelt sich leider eher unspektakulär und zäh. Wenn man sich auf den typischen NIS America Humor einlassen kann, wird man dennoch unterhalten, mehr als befriedigend ist die Story aber leider nicht.

Harte Plüschfigur

Das eigentliche Hauptspiel von The Witch and the Hundred Knight 2 ist der Action-RPG Part, der mich sehr positiv überrascht hat. Während andere Genrevertreter offensichtliche Diablo Klone sind, hat man hier eine Mischung aus so vielen Elementen, dass es wieder eigenständig wirkt. Die Weltkarte gibt dem Spieler immer die Richtung vor, in die man sich begeben muss. Die einzelnen Abschnitte sind jedoch jedes Mal aufs neue zufallsgeneriert, wie es in einem Rougelike vorkommen kann. Innerhalb dieser Abschnitte stehen dem Spieler 100 Gigakalorien zur Verfügung, die langsam verbraucht werden. Dabei handelt es sich glücklicherweise nicht um ein nerviges Survival Element, sondern um eine interessante Gameplayerweiterung. Werden Gigakalorien verbraucht, heilt sich der Hundred Knight und durch spezielle Finishing Moves können sie wieder aufgefrischt werden.

Erledigte Gegner lassen zudem Gegenstände und Waffen fallen, die in vier Raritätetsstufen unterteilt sind und dementsprechend besser aufgerüstet werden können. Das Waffen sammeln und verbessern gehört zu den Stärken des Spiels. Einfach nur seine Lieblingswaffe hoch pushen macht aber keinen Sinn, da die Gegner anfällig gegen unterschiedliche Waffentypen sind. So hat man die Möglichkeit, gleich 5 Waffen anzulegen. Die Angriffe werden in der entsprechenden Reihenfolge ausgeführt, wie die Waffen angelegt sind. Dabei greift ein weiterer positiver Faktor ins Gameplay ein, denn es macht einfach Spaß herumzuexperimentieren, welche Reihenfolge mit welchen Waffen am Besten geeignet ist, um Gegner zu plätten. Gerade bei den knackigen Bosskämpfen ist das taktische Vorgehen mit einer guten Anordnung des Arsenals nicht unwichtig.

Technik

Während die erzählerischen Parts mit Standbildern dargeboten werden, bestehen die Level aus richtige 3D-Landschaften. Grafische Pracht sucht man hier dennoch vergeblich. In den Leveln ist alles sehr zweckmäßig gehalten, dafür gerät das Spiel nie ins Stocken und es wird immer ein flüssiges Spielerlebnis geboten. Das Leveldesign ist leider sehr repetitiv, was unter anderem dem Rougelieke Zufallsgenerator geschuldet ist. Die einzigen Unterschiede sind quasi nur die Farbgebung. Anfangs noch störend empfand ich die abgeschnittenen Kanten des Bildes, welches so aussieht, als würde man durch ein Auge gucken. Hinterfragen muss man diese Darstellen trotzdem, denn da man diesmal nicht von einer Hexe kontrolliert wird, macht diese optische Entscheidung wenig Sinn und schmälert das Sichtfeld. Apropos Sichtfeld schmälern, bei hohem Gegneraufkommen kann es sein, dass nur noch Zahlen zu sehen sind und man etwas den Überblick verliert. Zu wirklich unfairen Situationen hat das zum Glück nie geführt.

Etwas gewöhnungsbedürftig ist die Steuerung. Nachdem man den Angriff Button gedrückt hat, dauert es einen Moment, bis der Angriff ausgeführt wird. Diese Ausholanimation variiert je nachdem, ob man mit einem Schwert oder Hammer zuschlägt und wirkt arg langsam. Ich konnte mich hingegen schnell hineinfinden, was aber durch meine Erfahrung mit dem Gerne bedingt ist.

Die Musik passt immer zum entsprechendem Setting, sei es der farbenfrohe Wald oder die eisig Kalte Landschaft. Am Besten gefallen hat mir die Melodie der Homebase, die mir recht oft im Ohr hängengeblieben ist. Die englischen Sprecher machen einen guten Job. Wer es hingegen authentischer haben möchte, kann auf die japanische Lokalisation umschalten.

Ich fände es schön, wenn es einen dritten Teil geben würde, der einige Macken bereinigt. Die Story könnte mehr Tiefe und Lebendigkeit vertragen, die Figuren hingegen etwas mehr Charakter, um dadurch weniger hölzern zu wirken. Das Gameplay könnte für meinen Geschmack ein ticken schneller sein und die Level mehr Abwechslung in ihrer Struktur bieten. Richtig genial wäre des Weiteren ein Zweispieler CO-OP Modus, in dem man die Geschichte zusammen erleben kann.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
78
78
Okay
-
Multiplayer

FAZIT

The Witch and the Hundred Knight 2 gehört zu den Spielen, denen man eine Chance geben sollte. Es ist kein Titel mit einem Millionenbudget und auch nicht für Jedermann zugeschnitten. Im Kern aber macht das Spiel einfach Spaß und das ist es, worauf es letztlich ankommt. Das Kämpfen, Sammeln und Aufrüsten der Waffen entfaltet genau das richtige Suchtpotenzial, wie einige große Genrevertreter es seinerzeit vorgemacht haben. Action RPG Fans sollten also ruhig einmal hineinschauen, allerdings muss man ein Verständnis für japanisch schrullige Inszenierung mitbringen. Und wer mit technischem Durchschnitt zurecht kommt, wird mit The Witch and the Hundred Knight 2 nicht so viel verkehrt machen!

- Von  Stefan

Playstation 4

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