The Legend of Zelda: Breath of the Wild (Wii U) REVIEW
Für die jüngst erschienene Nintendo Switch ist es der Launch-Titel schlechthin, für die Wii U ist es das wohl fulminanteste Abschiedsgeschenk, welches eine Nintendo Konsole je erhalten hat: The Legend of Zelda: Breath of the Wild. Das Besitzer der Switch an dem Titel kaum herum kommen steht außer Frage. Doch wie sieht es mit der Version für die nun „alte“ Wii U aus? Lohnt sich der Kauf dennoch? Sind die technischen Unterschiede letztlich gar nicht so groß? Und ist das Abenteuer auf der angestaubten Hardware ähnlich atemberaubend, wie auf der Switch? Ja, ja und nochmals ja!
Hach!!!
In technischen Belangen hinkt Breath of the Wild auf der Wii U zwar der Switch Version etwas hinterher, allerdings nicht so stark, wie man es zunächst hätte annehmen können. Die Grafikqualität beider Versionen ist im Großen und Ganzen identisch. Auf der Wii U pendelt sich die Auflösung bei 720p ein, unschönes Kantenflimmern und Pop Ups treten stärker in Erscheinung. Die Qualität der Texturen lässt auf beiden Systemen zu wünschen übrig, Ruckler treten ebenfalls immer wieder auf. Auf der Wii U fallen diese noch etwas stärker aus, vor allem in einigen späteren Gebieten, in größeren Ortschaften und wenn im Kampf mehrere Gegner in Erscheinung treten und diverse Effekte auf dem Bildschirm zu sehen sind. Der spürbare Einbruch in der Bildwiederholrate lässt sich nicht von der Hand weisen und ist natürlich alles andere als schön, trübt den Spielfluss aber zumindest in meiner Wahrnehmung nur bedingt.
(Wunder)schön ist hingegen, was die Grafiker in Sachen visuelle Inszenierung und Leveldesign auffahren. Breath of the Wild ist trotz seiner technischen Schwächen ein visuell eindrucksvolles Spiel mit unzähligen Wow-Momenten. Wenn ich auf meinem Pferd dem Sonnenaufgang entgegen reite und sich vor mir ein weites Feld im satten Grün auftut während der Himmel allmählich seine Morgenröte in helles Sonnenlicht wechselt, dann ist das atemberaubend schön. Wenn ich einen verwunschen wirkenden Wald betrete, in welchen Jahrhunderte alte Ruinen stehen und ihre eigene kleine Geschichte erzählen, ich den Klang von Hirschen und zirpenden Insekten vernehme, dann will ich einfach nur inne halten und den Augenblick auf mich wirken lassen. Wenn sich am Horizont das von Ganon eingenommene Schloss Hyrule zeigt und die düsteren Schrecken offenbart, die dem Königreich vor nunmehr hundert Jahren einher gefallen sind, dann fühle ich mich gestärkt während meines Abenteuers noch stärker zu werden, um der Schreckensherrschaft ein Ende setzen zu können.
Breath of the Wild ist das bis dato schönste Spiel von Nintendo – und es ist darüber hinaus auch das mit Abstand größte. Zwar waren bisherige The Legend of Zelda Titel schon immer groß und boten eine (mit Einschränkungen) frei erkundbare Welt. Mit dem neusten Serienteil öffnet sich Nintendo aber endgültig dem Open World Schema nach westlichen Vorbild. Link kann die gesamte Welt bereisen, in sämtliche Gebäude eintreten, auf jeden Baum klettern, jeden Berg erklimmen und in jeden See schwimmen – und noch viel, viel mehr.
So schafft man eine offene Welt
Nintendo orientiert sich spürbar an anderen Spiele mit offener Welt. Vor allem die Ubisoft-Formel mit Türmen, die als Knotenpunkt dienen und mit ihrer Freischaltung nach und nach weitere Teile der zu Beginn ausgegrauten Karte enthüllen, scheint Pate gestanden zu haben. Die Entwickler versehen die etablierte Formel aber mit einem eigenen Touch und machen dabei vieles besser als die Konkurrenz. Während viele andere Spiele eine zwar optisch eindrucksvolle und große Welt kreieren, diese aber nur selten mit Leben und Authentizität füllen können, gelingt dies den Nintendo offenbar spielend leicht. Das Hyrule von Breath of the Wild wirkt an jeder Ecke organisch und lebendig. In jeder Ortschaft gehen die Bewohner ihrem Tageswerk nach, feindliche Monster jagen sich Wild und brutzeln es später über offenen Feuer, Reisende rennen bei Regenwetter zum nächsten Unterschlupf, Pferde grasen friedvoll in grünen Weiden. Außerdem gibt es einen optisch stimmig inszenierten Tag/Nacht Rhythmus sowie ein dynamisches Wettersystem. Bei starken Regen wird die Sicht beeinträchtigt, hört man in der Ferne Donner rollen, dann sollte man vorsichtshalber schon einmal metallene Schwerter und Schilde wegpacken, da diese Blitze anziehen. Befindet man sich weit oben auf einen der vielen Berge, so sind starke Schneestürme keine Seltenheit, bei denen fast kein weiterkommen möglich ist. In der Wüste hingegen wüten Sandstürme, brennende Hitze am Tag und klirrende Kälte in der Nacht.
Toll auch, wie vielfältig das aktuelle Hyrule ist. Ein riesiges Sandmeer erstreckt sich im Südwesten der Karte, weit im Norden hingegen brummt ein gigantischer Vulkan und regnerische Gebirgsgegenden. In der Mitte thront das majestätische Schloss Hyrule, welches von vielen in Schutt und Asche liegenden Ruinen umgeben ist und mir bei jedem Anblick aufs neue Gänsehaut beschert hat. In den verschneiten Gebieten gibt es Polarfüchse und Elche, während in den riesigen Wäldern Rehe, Wildschweine und andere Wildtiere leben.
Ein neues Abenteuer an jeder Ecke
Dabei ist dieses Hyrule aber sehr viel mehr als eine atemberaubend schöne Kulisse zum abtauchen. Die Entwickler nutzen die Welt auch als narratives Mittel. Jeder kleine Fleck dieser virtuellen Welt erzählt seine eigene kleine Geschichte. Spricht man mit den Bewohnern Hyrules, so hört man immer wieder Legenden und Sagen, denen man nachgehen kann und dabei immer wieder kleine und große Geheimnisse lüftet. Was hat es etwa mit den riesigen Walkknochen auf sich, die quer im Königreich liegen? Was verbirgt sich hinter einem versteinerten Tor tief in einen der verschneiten Gebirge? Was wartet am Ende des Nebel verhangenen Hyrule Waldes auf mich?
Die Entwickler haben hier eine ungemein interessante Welt geschaffen, die sich zweifelsohne zu der absoluten Königsriege des Genres zählen darf. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, das sich an jeder Ecke ein neues Abenteuer befindet. Ich kann gar nicht zählen, wie oft ich von meinem eigentlichen Ziel abgekommen bin, weil mich irgendein kleines Detail auf sich aufmerksam gemacht hat, ich in der Ferne einen neuen, interessanten Ort entdeckt habe. Selbst nach 50+ Stunden habe ich noch vollkommen neue Orte und Geheimnisse entdeckt und selbst nach dem Ende des eigentlichen Spieles gibt es noch vieles zu entdecken und zu machen.
Der Spieler ist endlich frei
Breath of the Wild hat in vielerlei Hinsicht das etablierte Konzept vorheriger The Legend of Zelda Teile abgeschüttelt. Die letzten Serienteile waren in ihrer Erzählstruktur stets sehr linear und nahmen den Spieler an die Hand, ohne ihn jemals völlig frei in die Welt zu entlassen. Damit ist endgültig Schluss. Anstatt eines stundenlangen Vorgeplänkels, unendlich vielen Textboxen und einem übertrieben langen Tutorial geht nun alles ganz schnell und man befindet sich sprichwörtliche eine Minute nach Spielstart in Links neuen Abenteuer.
Viel länger dauert es nämlich nicht, bis man erstmals die Kontrolle über den nach 100-jährigen Schlaf erwachten Helden übernimmt. Und von da an geht es auch Schlag auf Schlag weiter: die wichtigsten Fähigkeiten erhält man binnen kürzester Zeit, schnell noch einen Paragleiter geschnappt und schon darf man die Welt vollkommen frei und ohne Einschränkungen erkunden. Das dauert nicht länger als 1-2 Stunden und ist fast vollkommen befreit von überschwänglichen Erklärungen oder Limitierungen. Nintendo lässt uns endlich wieder spielen!
Breath of the Wild atmet die Essenz dessen, was Serienvater Shigeru Miyamoto 1986 mit dem Erstling geschaffen hat: es ist ein riesiges Abenteuer, in dem der Spieler der Held ist und seine eigene Geschichte erlebt. Vorbei ist die Zeit der vielen Erklärungen und der quengelnden Linearität. Dem Spieler steht vollkommen frei zu tun, was er will. Will man Ganons Herrschaft beenden, so kann man dies im Prinzip schon in der ersten Spielstunde tun. Zwar sind die Chancen auf einen Sieg schwindend gering, dennoch ist es prinzipiell möglich kurz nach dem Spielstart gegen den Endboss anzutreten und das Spiel zu beenden. Ebenso kann man sich in ein 50, 60, 70 und länger andauerndes Abenteuer stürzen, sich daran vergnügen Bäume mit einer Axt zu fällen und diese zu Brennholz zu verarbeiten und Wiesen mit dem Schwert abzugrasen um sich darin tummelnde Insekten zu fangen. Man kann den vielen kleinen Nebenaufgaben nachgehen, die zwar oft dem typischen „Sammel x, besige y, suche z“ Schema folgen, aber stets interessante kleine Geschichten erzählen, die den Spieler noch tiefer in die Welt eintauchen lassen. Oder man reitet einfach entspannt auf einem Pferd dem Horizont entgegen und wartet ab, welches neue Abenteuer sich dort auftut.
Der Ruf der Wildnis
Es ist enorm, was Nintendo hier geschaffen hat. Es sind vor allem die vielen kleinen Details, die mich selbst nach Dutzenden Spielstunden noch immer begeistern. Das reicht von kleinen Dingen, wie das Link beim Klettern abrutscht, wenn die Fläche durch Regen nass ist, bis hin zu banalen Ereignissen, wie das der Vulkan heißes Geröll in regelmäßigen Abständen ausspeit und ich mich lieber schnell in Sicherheit bringen sollte.
Viele dieser Kleinigkeiten sorgen stark für die immersive Kraft von Breath of the Wild. Um ein Pferd zu bekommen, muss ich dieses zunächst einmal fangen. Dazu schleiche ich mich vorsichtig von hinten heran, springe im richtigen Moment auf das Ross und versuche es anschließend zu zähmen. Das ist aber noch lange nicht das Ende, denn einige Pferde sind auch nach der Zähmung noch ziemlich bockig und werfen Link mitunter ab. Indem man das Pferd tätschelt und ihm ab und zu mal einen Apfel oder eine Karotte zum Essen hinwirft, wird die Zuneigung gestärkt und die Kontrolle beim Reiten verbessert.
Apropos Essen! Dieses nimmt eine sehr tragende Rolle ein und geht einher mit dem neuen Crafting System. Denn wer an Heiltränke und die Energie auffüllende Nahrung kommen will, der muss dieses sammeln, jagen und zubereiten. Hyrule ist glücklicherweise vollgestopft mit Ressourcen, sei es mit Fischen, Wildtieren, Gemüse, Obst, Pflanzen – sogar Insekten und Überreste zu Monstern lassen sich an einer Kochstelle zusammenbrauen. Dabei ist der Fantasie keine Grenzen gesetzt und man ist munter zum Experimentieren eingeladen. Warum nicht einfach mal eine Surf & Turf Variante nach Hyrule-Art mit frischen Hyrul-Barsch und gerade erlegten Hirsch probieren? Oder einen leckeren Pilzspieß mit den verschiedenen Varianten, die das Land zu bieten hat? Und was kommt dabei raus, wenn ich einen Frosch, und Augen und Zehnnägel von Monstern zusammen schmeiße?
Umständlich bis nervtötend
Breath of the Wild lässt den Spieler im besten Sinne freien Lauf und experimentieren, wie es kaum ein anderes Spiel macht. Zum richtigen Survival-Titel verkommt das neue The Legend of Zelda aber nicht, da brauchen kritische Serienveteranen keine Angst zu haben. Die vorhandenen Elemente fügen sich aber sehr gut in die Idee des Spieles ein und sorgen für frischen Wind. Leider sind nicht alle Spielsysteme bis zum Ende gedacht.
Vor allem die Menüführung gestaltet sich mitunter etwas umständlich. Will man beispielsweise ein paar Essen für die weitere Reise kochen, so muss man erst einmal in das Inventar gehen, dort jede gewünschte Zutat einzeln anklicken, aus dem entsprechenden Menü rausgehen und die Nahrungsmittel anschließend in einen Kochtopf werfen. Das macht beim ersten Mal ja noch Sinn, aber warum kann ich nicht einfach bereits entdeckte Rezepte per Schnellklick zubereiten?
Noch nervtötender ist für viele Spieler derweil der Umstand, das sämtliche Waffen und Schilde eine Halbwertszeit haben. Anders, als in vorherigen Teilen, hat Link nun nämlich nicht nur ein Waffen- und Rüstungsset, sondern findet überall in der Welt neue Gegenstände zum Kampf und für die Verteidigung. Und diese nutzen sich nach Gebrauch so stark ab, das man sie nach einigen Einsätzen nicht mehr verwenden kann. Selbst unter dem Survival-Aspekt wirkt diese Designentscheidung seltsam und nicht zu Ende gedacht. Zwar lassen sich im späteren Spielverlauf spezielle Gegenstände reparieren. Dies kostet aber so viele Ressourcen, das es sich eigentlich kaum lohnt diese zu investieren. Und wo sind Masterschwert und Masterschild? Diese lassen sind in Breath of the Wild komplett optional und lassen sich theoretisch verpassen. Das Glücksgefühl endlich Link´s legendäre Ausrüstung in den Händen zu halten, nachdem man viele Spielstunden zuvor die einzelnen Hinweise von NPCs und Texten zusammengefügt hat, ist dafür umso stärker. Brechen können Masterschwert und Masterschild übrigens auch, allerdings laden diese sich nach einigen Minuten wieder auf.
Dynamische Kämpfe & offenbar gestrichene Features
Auch die Steuerung mit dem Wii U Gamepad gestaltet sich schwierig, was aber letztlich in der Natur des Controllers selbst liegt. Dieser ist nun einmal recht klobig und gerade für schnellere Spiele nicht so richtig geeignet. Das merkt man vor allem in den teils flotten Kämpfen, die übrigens eine Spur dynamischer gestaltet wurden und tendenziell gut von der Hand gehen. Mit Schwert, Lanze, Axt oder Großhammer führt Link normale oder aufgeladene Angriffe aus, mit Pfeil und Bogen wird der Fernkampf vollführt. Mit dem Schild können viele Angriffe geblockt werden, wer ein gutes Gespür für das richtige Timing hat kann mit dem Schild Angriffe gar parieren. Nützlich ist auch die kurze Zeitverlangsamung, die aktiviert wird, wenn Link knapp einem Angriff durch eine Rolle seit- oder rückwärts ausweicht.
Auf der Wii U lässt sich Breath of the Wild derweil am besten mit dem Pro Controller spielen. Mit dem Gamepad gestaltet sich der Spielablauf zuweilen krampfig und exklusive Features gibt es für das Pad sowieso nicht. Das ist nicht nur schade, sondern nährt auch den Verdacht das einst angedachte Features zugunsten der Nintendo Switch Version gestrichen wurden. Wie toll wäre es etwa gewesen, wenn das Gamepad ähnlich wie in Zombi U als Secondscreen für die Menüverwaltung genutzt worden wäre?! Und auch bei den vielen Rätseln, die nach wie vor großer Bestandteil des Erlebnisses sind, vermisse ich eine richtige Einbindung des Wii U Gamepads.
Hunderte Dungeons in klein
Immerhin: die Rätsel in Breath of the Wild sind richtig, richtig gut geworden. Das Ah und Oh sind hierbei sicherlich die vier großen Dungeons des Spieles, die innerhalb von riesigen Titanen stattfinden. Was es mit den monströsen Geschöpfen auf sich hat, sei an dieser Stelle nicht verraten. Nur soviel: nicht selten habe ich mich bei der mehrstufigen Bekämpfung und Eroberung der riesigen Maschinen an Shadow of the Colossus erinnert gefühlt – inklusive der teils melancholischen Stimmung von Fumito Ueda. Überhaupt verspürt das neueste The Legend of Zelda immer wieder eine doch sehr getrübte Stimmung, die im krassen Kontext zu den oft auch sehr humorvollen Momenten des Spieles stehen.
Wie gewohnt erhält man als Lösung für die Dungeons weitere Zusatzfähigkeiten, die sich zu den zu Beginn des Abenteuers erlernten Fähigkeiten gesellen, darunter etwa einen verstärkten Block oder einen mächtigen Blitzangriff. Diese neuen Fähigkeiten sind praktisch, vor allem im Kampf und machen Link gegen Ende des Spiels fast schon übermächtig.
Neben den großen Dungeons gibt es mit den Schreinen aber noch unzählige weitere Areale, in denen der Spieler in teils sehr kreativ gestalteten Knobel-, Denk und Geschicklichkeitsaufgaben auf die Probe gestellt wird. Hier kommt nicht nur die neue Physik-Engine, sondern auch die zu Beginn des Spiels erworbenen Fähigkeiten zum Einsatz, die Link als Module für seinen an ein Tablet erinnernden Shiekah-Stein erhält. Hierbei handelt es sich um ein Artefakt, mit dem Link nicht nur zwei verschiedene Bombentypen erhält, sondern auch einen Magneten mit welchen schwere, metallene Objekte bewegt werden können. Mit einem Eis-Modul lässt sich in Gewässern eine Eissäule errichten, womit man etwa Tore anheben oder Wege über Wasser bauen kann, während mit einem anderen Modul ein Objekt für einen kurzen Moment in eine Zeitstarre versetzt werden kann.