The Elder of Scrolls V: Skyrim – Anniversary Edition REVIEW
Pünktlich zum zehnten Geburtstag veröffentlicht Bethesda seinen Alltime-Classic The Elder of Scrolls: Skyrim in einer Anniversary Edition. Ich könnte meine Besprechung nun mit einem sarkastischen Einzeiler ob der erneuten Wiederveröffentlichung des Rollenspiels einleiten, belasse es aber mit der Feststellung, dass man sich wohl auch bei Bethesda der Ironie der zig Neuveröffentlichungen und Portierungen des Spiels mehr als bewusst ist (in ein paar Jahren wird Skyrim das neue Doom sein und auf Kühlschränken und Taschenrechnern laufen, mark my words). Gleichzeitig stehe ich vor der Frage, wie ich mich mit einem Spiel auseinandersetze, über welches bereits geschrieben, gesagt und gezeigt wurde. Daher wird die folgende Besprechung keine klassische Review, sondern eher ein Gedankengang über die Popularität des Spiels, seiner Wirkung und Faszination. Für konkret inhaltliche Informationen verweise ich daher auf die Review der Special Edition von Rena.
Zurecht ein Meilenstein?
Skyrim ist ein Koloss. Das beziehe ich nicht nur auf den gewaltigen Inhalt, der großen Spielwelt, den etlichen Quests, Geschichten und Fraktionen, die in diesem Spiel abgebildet werden, sondern auch auf seine Stellung innerhalb des Genres und Mediums. Für viele ist es DAS westliche Rollenspiel der vergangenen Dekade, ein Titel, der ihm lediglich durch The Witcher 3 streitig gemacht werden dürfte. Und obwohl ich das Spiel mag und für ein gutes halte, ist mir bis heute nicht so ganz klar warum der fünfte Hauptteil der The Elder of Scrolls Reihe eigentlich einen derart hohen Stellenwert genießt (in gewisser Weise gilt dies übrigens auch für das dritte Videospielabenteuer von Geralt von Riva).
Vielleicht sollte ich aber zunächst bei meiner eigenen Videospielbiografie anfangen. Ich komme mehr aus der japanischen Rollenspielrichtung. Final Fantasy, Dragon Quest, Shin Megami Tensei und Persona – das sind meine Reihen. Die Ausrichtung innerhalb des Genres zwischen westlichen und japanischen Entwicklern unterliegt grundsätzlich anderen Philosophien. Damit meine ich nicht nur die vollkommen unterschiedliche Weise des Erzählens von Geschichten, der Charakterisierung von Figuren, den Rückgriff auf historische Ereignisse und Spiritualität, sondern auch die abweichende Spielmechanik. Oftmals hören die Gemeinsamkeiten nämlich schon beim Sammeln von Erfahrungspunkten für einen neuen Charakterlevel auf.
Die Magie von Bethesda
Meine frühe Liebe für das JRPG hat zwar auch zu einem grundsätzlichen Interesse für westliche Rollenspiele geführt, aber so richtig konnte ich den großen Reihen nie etwas abgewinnen. Egal ob Baldur´s Gate, Dragon Age, Mass Effect, Gothic – alle habe ich angespielt, alle habe ich irgendwann abgebrochen. Eine der wenigen Ausnahmen waren stets die Bethesda Rollenspiele. The Elder Scrolls III: Morrowind (2002) fiel in eine Zeit, in der ich für einige Jahre von den Konsolen weg und hin zum PC als Hauptplattform für Games gewechselt bin. Ich bin dem Spiel seinerzeit verfallen, mochte auch das bei Fans nicht ganz so beliebte Oblivion (2006) und dann vor allem Fallout 3 (2008).
Die Rollenspiele von Bethesda haben einen Nerv bei mir getroffen, obwohl sie ganz andere Rezeptoren als japanische RPGs ansprechen. Als Skyrim 2011 veröffentlicht wurde, war ich allerdings wieder weg vom PC. Ja, es gab zwar auch eine Konsolenumsetzung, auf der PlayStation 3 habe ich das Abenteuer aber nach rund zwanzig Stunden abgebrochen, was vor allem der unterirdischen Performance geschuldet war. Ich wollte dem Spiel aber immer eine zweite Chance geben. Denn was ich anno 2011 gespielt habe, hat mir im Grunde ja zugesagt. Und obwohl man sich bei Bethesda allerhand Mühe gegeben hat und Skyrim immer und immer wieder neu veröffentlicht hat, hat es fast zehn Jahre und bis zur jüngst veröffentlichten Anniversary Edition gedauert, bis ich einen zweiten Versuch unternommen habe.
Keine Scheu vor den großen Themen
Der Einstieg ist unvermittelt: man wacht auf einem Karren auf und wird, wie sich sehr schnell herausstellt, zum Schafott gen der eigenen Hinrichtung gebracht. Die vorgebrachten Anschuldigung, die mich einen Kopf kürzer machen soll, lautet Grenzübertritt, eine Tat, die in der aufgeheizten Stimmung, die in der Spielwelt Himmelsrand herrscht, wohl gleich mit dem Tod gesühnt wird. Das einst so mächtige Kaiserreich hat an Stärke und Einfluss verloren, nachdem es den „Großen Krieg“ verloren hat und nun auferlegte Diktate der Sieger umsetzen muss. Dagegen wiederum lehnen sich Teile der Bevölkerung von Himmelsrand auf, die sich in Rebellengruppen formieren. Wer hier an den Versailler Vertrag und das Europa nach dem Ersten Weltkrieg denkt, liegt gar nicht mal so falsch.
Während sich bis heute viele Studios, Publisher und somit auch ihre Werke vor der Abbildung politischer und gesellschaftlicher Fragen und Komplexe drücken, prescht Skyrim geradezu vor. Das Spannende an dieser Spielwelt und ihrer diversen Bevölkerung ist das nicht Vorhandensein von klar gut und klar böse. Zunächst mag das Kaiserreich als Antagonist, die Rebellen als Helden wirken und so auch vom Spiel inszeniert werden. Doch je mehr man sich durch Himmelsrand bewegt, die verschiedenen Völker und Ansichten kennenlernt, desto mehr merkt man, dass diese Welt vor allem aus Graustufen besteht und damit unserer Welt eigentlich ziemlich nahe kommt (nur das es hier eben auch Elfen, Orks und nicht zuletzt Drachen gibt).
Ein Rollenspiel per definitionem
Ich finde das ungemein spannend, zumal es gerade im Kontext eines Videospiel so selten vorkommt, dass man mit wirklich komplexen Fragen in den Bereichen Politik, Philosophie und Humanismus konfrontiert wird. Insbesondere für ein ursprünglich 2011 veröffentlichtes Spiel, ist es nach wie vor erstaunlich, wie viele Möglichkeiten Skyrim in Hinblick auf die Handlungen des Spielers/der Spielerin offeriert. Diesbezüglich wird es der Genrebezeichnung des Rollenspiels wirklich gerecht, denn es gibt nur wenige Spiele, in der man die eigene Rolle derart ausfüllen kann, wie hier.
Und so spannend das alles ist: den Einstieg und auch große Teile der Haupthandlung empfinde ich als gähnend langweilig. Glücklicherweise entlässt das Spiel rund 30 Minuten nach Start in die offene Welt und legt fortan nahezu keine Fesseln mehr an. Natürlich kann man der Haupthandlung erst einmal folgen und herausfinden, was es mit dem Drachenblut, dem eigenen Schicksal in dieser Welt und den unterschiedlichen Konflikten auf sich hat. Man kann es aber auch sein lassen und sich vollkommen frei durch die Spielwelt bewegen, eine Karriere als Magier anstreben, sich einen Reichtum anhäufen, indem man sich als Dieb betätigt, sich einer Söldnertruppe anschließen oder, oder, oder. Aufgaben und Bittsteller gibt es an jeder Ecke, ebenso wie Geheimnisse, die entdeckt werden wollen. Ich liebe es, wenn mir eine virtuelle Welt die Möglichkeit gibt zu tun und zu lassen, was ich möchte. Denn was ich in einer so großen Welt vor allem möchte, ist die Freiheit auskosten und als Abenteurer auf eigene Faust Neues entdecken.
Was für eine Spielwelt!
In den letzten zehn Jahren hat sich das Open World Genre natürlich vor allem in technischer Hinsicht weiterentwickelt und ist in komplett andere Sphären vorgedrungen. Mir ist allerdings kaum eine andere Spielwelt bekannt, in der es eine derartige Fülle an Dingen zu tun und zu machen gibt. Natürlich gibt es spielmechanische Limitierungen und in Vergleich zu modernen Spielen ist man grafisch längst nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Inhaltlich ist Skyrim aber nach wie vor viel weiter, als ein Großteil der modernen Rollenspiele und Open Worlds. Und die visuelle Präsentation hat nach wie vor ihre Reize. Ich liebe diese karge, kalte Spielwelt, die alles andere als einladend wirkt. Was das Spiel in Hinblick auf die Grafik eingebüßt haben mag, macht sie mit ihrer einmaligen Stimmung wett. Nach oben wie nach unten gibt es viel zu entdecken. Ich kann auf die schneebedeckten Gipfel klettern und in einen Sturm geraten, inmitten der Nacht über die weiten Felder wandern und den malerischen Mond am Himmel bewundern. In den Dungeons treffe ich auf Skelettkrieger und suche Schätze, während ich nach einem Kampf mit einem Drachen das Abklingen der epischen Musik und den Erfolg über das erlegte Wesen genieße. Das man diese inszenatorische Pracht nun endlich auch in 4k und mit 60 Frames auf den aktuellen Konsolen von Sony und Microsoft genießen kann, ist eine schöne Wiedergutmachung für die ursprünglichen Veröffentlichungen.
Mehr, mehr, mehr!
Überhaupt wird von der Anniversary Edition schön eingefangen, welch weiten Weg Skyrim seit seiner Veröffentlichung gegangen ist. Die Entwickler selbst haben das Jahr über die Jahre und verschiedenen Neuveröffentlichungen hinweg mit neuen Erweiterungen und technischen Updates versorgt. Und dann wäre da ja noch die Community selbst, die mit ihren Modifikationen das Spiel angepasst, erweitert und verbessert hat. Eine kuratierte Auswahl an Mods gibt es auch in der Konsolenversion, was ja ohnehin ein ziemliches Novum ist. Zwar hat Bethesda nach wie vor die Übersicht über das, was hier im offiziellen Rahmen aktiviert werden darf, dennoch finde ich alleine die Möglichkeit Modifikationen auf Konsolen nutzen zu können bereichernd.
Einige nicht direkt von Bethesda stammenden Modifikationen werden übrigens direkt vom Spiel durch den Creation Club hervorgehoben. Neben Waffen und kosmetischen Dingen, gibt es hierdurch auch die Möglichkeit in dem Spiel Angeln zu gehen, es gibt neue Quests und nicht zuletzt einen Survival-Modus, der Skyrim in eine knallharte Sim verwandelt, in der Komfortfunktionen, wie das automatische Regenerieren von Gesundheit und Schnellreise, deaktiviert sind und man auf regelmäßige Nahrung und andere Dinge mehr Wert legen muss. Ich habe diesen Modus bisher noch nicht probiert, stelle ihn mir aber ungemein spannend vor und werde sicherlich zu einem späteren Zeitpunkt mal reinschauen. Mehr Immersion dürfte eigentlich nicht mehr gehen. Da ist es lediglich bedauerlich, dass man auf der PS5 keine Nutzung der haptischen Funktionen des Dualsense-Controllers macht. Aber wer weiß: vielleicht gibt es ja auch hier von der Community irgendwann eine Lösung.
Pro & Kontra
- immersives Rollenspiel mit unzähligen Möglichkeiten
- ein RPG, welches mir tatsächlich erlaubt meine eigene Rolle in der Spielwelt zu finden
- viele spielerische Möglichkeiten
- die audiovisuelle Präsentation ist nach wie vor stimmig
- endlich auch auf Konsolen 60 FPS mit bis zu 4k (auf Next-Gen Konsolen)
- starres Kampfsystem
- langweiliger Einstieg