Tears to Tiara II – Heir of the Overlord REVIEW
Tears to Tiara… Sagt euch der Titel etwas? Wahrscheinlich eher nicht – es handelt sich um ein eher kleines, vor allem in Japan bekanntes Franchise. Bisher gibt es neben zwei Videospielen einen Anime und Mangas, welche im Westen aber so gut wie gar nicht bekannt und größtenteils auch nicht lokalisiert worden sind. Da ich den Anime bereits kenne, war ich gespannt, wie genau der Nachfolger in Form eines Videospiels aussehen sollte. Dabei handelt es sich bei Tears to Tiara II – Heir of the Overlord um eine Mischung aus SRPG (Strategie-Rollenspiel) und Visual Novel. Im folgenden Test möchte ich euch beschreiben, wie gut die Umsetzung und Lokalisierung geworden ist!
Story im Überfluss!
Wir befinden uns im Königreich Hispania, wo Sklavenarbeit und Unterdrückung an der Tagesordnung sind. Schuld daran ist das böse Imperium, welches nach und nach seine Macht und sein Territorium auf die umgebenden Länder ausweiten will. Der letzte Überlebende der Königsfamilie von Hispania, Hamil, hat sich – entgegen allen üblichen Videospiel-Klischees – entschlossen, den Widerstand aufzugeben, um weiteres Blutvergießen und Leiden für sein Volk zu verhindern.
Eines Tages, nach weiteren Auspeitschungen und einem weiteren anstrengenden Tag mit Sklavenarbeit, trifft Hamil auf eine mysteriöse Frau namens Tarte. Sie behauptet, die Inkarnation der hispanischen Schutzgöttin Ashtarte zu sein – allerdings hat sie all ihre göttlichen Kräfte verloren. Nachdem sich die Ereignisse überschlagen, findet Hamil sich in einem Krieg zwischen Hispania und dem Imperium wieder. Dabei entdeckt er, dass auch er göttliche Kräfte besitzt, mit denen er vielleicht das Imperium zurückschlagen und sein Königreich befreien kann.
Das klingt jetzt erstmal nicht nach einer besonderen Story, die Idee ist schließlich nicht unbedingt neu. Allerdings schafft es Tears to Tiara II – Heir of the Overlord jedes kleinste Detail auszuleuchten und mit Story zu füllen. Dadurch wirkt das gesamte Geschehen sehr lebendig, die Charaktere sind vielschichtig und jede Person erfüllt eine wichtige Funktion in der Geschichte und besitzt eigene Schwächen und Stärken. Dabei wirken die Story-Teile, die sich mit den Kampf-Episoden abwechseln, wie ein sehr gut geschriebenes Buch. Der Visual Novel – Teil des Spieles wurde insgesamt toll umgesetzt. Der Nachteil an dieser ausführlichen Story ist die lange Zeit des Lesens. Bevor man das erste Mal Hamil steuern darf gibt es eine etwa einstündige Story-Cutscene. Und so setzt sich das Spiel fort. Die Story ist auf jeden Fall sehr gut gelungen, enthält unvorhergesehene Wendungen, tolle Charaktere und immer wieder spannende Abschnitte – allerdings hält sich das Verhältnis von Gameplay und Story in Grenzen, sodass es an einigen Stellen zu ausführlich ist und langweilig wird. Außerdem kann man leider nur an bestimmten Punkten speichern, sodass man sich immer durch 1 bis 2 Stunden Text kämpfen muss, bevor man zum nächsten Speicherpunkt gelangt.
Durch die Lokalisierung eines japanischen Spieles, welches im Westen normalerweise nicht so gut verkauft wird wie im Ursprungsland, gibt es außerdem nur eine japanische Tonspur und dazu englischen Text. Wer der englischen Sprache mächtig ist, wird viel Spaß haben: Die Texte sind sehr gut übersetzt worden und toll geschrieben. Für Leute ohne Japanisch- oder Englisch-Kenntnisse ist das Spiel nichts, da die Story im Mittelpunkt steht.
Ein klassisches SRPG
An bestimmten Stellen geht das Spiel in Kampfsituationen über. Hier darf man endlich seine Charaktere steuern und selber entscheiden, was getan wird. Dabei geht Tears to Tiara II – Heir of the Overlord keine neuen Wege, sondern verwendet ein isometrisches Taktiksystem, ähnlich wie bei Final Fantasy Tactics oder Fire Emblem. Dabei besitzt jeder Charakter spezifische Werte, die seinen magischen und physischen Angriff, seine Verteidigung, sein Glück und seine Bewegung definieren. Je nachdem von welcher Seite man Gegner angreift, verursacht man unterschiedlich viel Schaden. Dabei zahlt sich auch das Risiko aus: Direkte Attacken verursachen viel Schaden, allerdings wehren sich die Gegner meistens. Bei Fernattacken durch Bögen oder Magie kann man auf Abstand bleiben und teilweise Flächenschaden anrichten, allerdings ist der ausgeteilte Schaden auch geringer. Das gesamte Kampfsystem ist rundenbasiert, sodass man in jeder Runde alle Charaktere bewegen kann und Aktionen wie Angreifen, Items einsetzen oder verteidigen benutzen kann. Initiative oder Ähnliches gibt es nicht, dass Spiel wechselt immer zwischen der eigenen Runde und der Runde des Gegners, bei der jeder Gegner genau einen Zug hat.
In dieses übliche Gameplay bringt Tears to Tiara II – Heir of the Overlord ein paar interessante Features, die das Spiel spannender gestalten. Man kann jederzeit die Zeit zurückdrehen und so zu einer früheren Runde springen, wenn man Fehler gemacht hat. Besondere Ereignisse wie kritische Treffer bleiben dabei gleich, allerdings kann man sich auf andere Gegner konzentrieren oder bestimmte Charaktere aus der Gefahrenzone schaffen. Gerade im späteren Teil des Spieles und besonders auf dem hohen Schwierigkeitsgrad ist dieses Feature sehr interessant und nützlich. Außerdem kann man innerhalb des Kampfes Einheiten auswechseln und sogar Monster zähmen und in den Kampf schicken. Vor allem durch diese vielen Feinheiten und die hohe Anzahl an Taktiken, Charakteren und Möglichkeiten den Kampf zu beeinflussen oder zu wiederholen, sind die Kämpfe immer wieder spannend und herausfordernd.
Leider gibt es an einigen, wenigen Stellen ein paar Balancing-Probleme. Die meisten Kämpfe sind fordernd, aber nicht frustrierend schwer. An einigen Stellen muss man bestimmte Kämpfe allerdings mehrmals wiederholen, um stark genug für den nächsten Kampf zu werden. Auch hier kommt nach einiger Zeit etwas Langeweile auf – allerdings ist der größte Teil des Gameplays von der Schwierigkeit her sehr gut geplant worden.
Grafik Second-Last-Gen
Natürlich handelt es sich bei Tears to Tiara II nicht um ein PS4 – Spiel, sondern um ein Spiel für die Playstation 3. Die Grafik ist allerdings an den meisten Stellen eher auf dem Niveau der PS2, sodass man sich öfter die Frage stellen wird, ob die 1080p-Auflösung tatsächlich umgesetzt worden ist. Die Charaktere werden puppen-ähnlich mit großen Köpfen dargestellt, was überhaupt nicht zu der eher düsteren Story passt. Die Hintergründe sind ähnlich, oft fehlt es an Details, die Texturen sind schwammig und pixelig und auch die Schatten bestehen nur aus größeren schwarzen Quadraten, die durch die Gegend wabern.
Im Gegensatz dazu die zweidimensionalen Charakter-Bilder, die oft in den Dialogen vor dem Hintergrund liegen auftauchen und gestochen scharf sind und mit vielen Details gestaltet worden sind. Nur die 3D-Modelle der Umwelt und der Charaktere sind eher lieblos animiert worden. Auch die starren Hintergründe sind sehr gut gelungen und wirken wie aus einem sehr guten Anime übernommen. Insgesamt wäre es deutlich besser gewesen, wenn man auf die In-Game-3D-Grafik verzichtet hätte und mehr 2D-Grafiken in deutlich höherer Qualität verwendet hätte. Die Krönung des ganzen sind die absolut perfekten Anime-Sequenen, die detailliert gestaltet worden sind und flüssig über den Bildschirm laufen – aber leider viel zu selten. Schade, dass hier ein Teil des Spieles sehr gut umgesetzt wurde und der größte Teil mit eher schwachen Animationen daherkommt.
Der Soundtrack ist insgesamt gut und enthält viele verschiedene Songs und Tracks, welche zu der jeweiligen Situation und Atmosphäre passen. Dabei sind die einzelnen Tracks sich teilweise relativ ähnlich, allerdings wirkt es trotzdem immer wieder neu und hört sich nicht immer wieder gleich, sondern eher vertraut an. Insgesamt gibt es viele verschiedene Melodien, die gerade bei den wichtigeren Stellen der Story eine große Rolle spielen und dabei immer sehr gut passen.
Tears to Tiara II wirbt auf der Verpackung mit 80 Stunden Spielumfang, die keineswegs übertrieben sind. Ich habe knapp 100 Stunden für das gesamte Spiel gebraucht, wobei die größten Teile sich mit der Story beschäftigen. Insgesamt ist der Umfang gigantisch, wenn auch an einigen Stellen etwas langatmig mit zu wenig aktiver Handlung.