Summoner 2 REVIEW

Lang ist es her, seitdem die gute alte PS2 veröffentlicht wurde. Damals musste der geneigte RPG-Zocker noch mit einem recht überschaubaren und qualitativ eher zweifelhaften Angebot an Rollenspielen auskommen. Abgesehen von den äußerst umstrittenen Gehversuchen von From Software (Eternal Ring, EverGrace), gab es zu Beginn der PS2-Era eigentlich nur ein RPG, das als hochwertiger Titel gehandelt wurde: Summoner!

Und obwohl auch dieses Spiel seine Probleme hatte, schienen die Verkaufszahlen doch zufriedenstellend genug gewesen zu sein, um einen Nachfolger zu rechtfertigen. Besagter Nachfolger wurde hierzulande gegen Ende 2002, also ca. 1 ½ Jahre nach erscheinen des Vorgängers, veröffentlicht und stellt die Grundlage für dieses Review dar. Ich gebe es offen zu: Summoner 2 war und ist für mich eine der größten positiven Überraschungen in Sachen Video- und Computerspiele, die mir je untergekommen ist! Es gibt für mich kaum ein besseres Beispiel dafür, wie ein Sequel einerseits die meisten Schwachpunkte des Vorgängers beseitigt, dabei aber andererseits dessen beste Zutaten beibehält und somit ungeahnte Spielspaß-Höhen erklimmt!

Leider blieb Volitions Glanzstück der große Durchbruch verwehrt, ein Umstand der wohl in der ungefähr zeitgleichen Veröffentlichung von Kingdom (Hype) Hearts begründet liegt. Und ich gebe es offen zu, ich gehöre auch zu denjenigen die sich zunächst Squares Genrebeitrag zugelegt hatten. Nachdem mich K(H)H allerdings schwer enttäuschte, bekam ich mit Summoner 2 einen Monat später den wahren König des Action-RPGs für die PS2 aufgetischt Also dann – lasst uns dieses verborgene Juwel mal genauer unter die Lupe nehmen, in der Hoffnung, dass der ein oder andere von euch auf dieses tolle Spiel aufmerksam wird!

Königin und wiedergeborene Göttin in einer Person

Laharah durchwanderte die Wüste der dreißig Sonnen und in einem Stein fing sie alle außer einer.
Im Sand sähte sie die Saat, der der Baum von Eleh entwuchs.
Aosi ist der Wind der durch seine Äste rauscht.
Aus Blut, Sand und einem Ast dieses Baumes schuf Laharah den Erstgeborenen.
Im Königreich Halassar lebten sie, und wir sind ihre Kinder.
Mit eigenen Augen sehen wir den Wind der in Elehs Ästen singt.
Der Wind wurde stärker. Ein Sturm erhob sich und zerbrach den Baum von Eleh.
Laharah weinte als sich die Nacht hernieder senkte und Dunkelheit ihre Kinder verschlang.
Wie heilt man einen zerbrochenen Baum? Wie heilt man seine Äste?
Laharah verließ Halassar, um das Stille Geheimnis zu träumen.
Im neunten Jahrhundert des neunten Zeitalters wird ein Kind mit einem Zeichen geboren.
Laharah, Königin und Retterin.
Halassar wird sich aus dem Grab der Gerechten erheben, denn sie ist die wiedergeborene Göttin.
So steht es geschrieben im Buch der Propheten.

… Und eben dieses Buch der Propheten wurde Maia, der derzeitigen Königin von Halassar, unter der Nase weggestohlen.
Klar das unsere selbstbewusste Heldin die Schwarte zurückhaben möchte, schließlich wurde sie mit dem Zeichen geboren und ist somit die rechtmäßige, wiedergeborene Göttin Laharah. Die Spur führt zur Pirateninsel Teomura wo unsere Königin und ihre treue Freundin und Leibwächterin Sangaril nicht nur das Buch, die Diebin und den undurchsichtigen Piraten-Prinzen Neru vorfinden, sondern auch noch einen mysteriösen Runenstein, der Maia die Kraft verleiht sich in ein mächtiges Ungeheuer zu verwandeln … Das erste Anzeichen dafür, dass der Tag der Prophezeiung nicht mehr fern ist!

Doch zunächst wartet ein anderes Problem auf Maia und Co.: Wie Prinz Neru berichtet ist Krobelus der fanatische Hierophant von Urath (eine konkurrierende Gottheit zu Laharah) gerade dabei einen Kreuzzug geben Halassar zu führen – die Hintergründe dieses Angriffes sind es, die den Stein zur Erfüllung der Prophezeiung endgültig ins rollen bringen werden. Wird es Maia gelingen Halassar zu retten, den Baum von Eleh wiederzubeleben und zur wahrhaftigen Göttin Laharah aufzusteigen, um somit ihre Bestimmung zu erfüllen?

Die Geschichte von Summoner 2 spielt 20 Jahre nach den Geschehnissen des Vorgängers und findet ungefähr auf der anderen Seite der Weltkugel statt. Dennoch wird an einigen Stellen direkter Bezug zu den Geschehnissen aus Teil 1 genommen. Ferner dürfen sich Fans der ersten Stunde auch auf ein Wiedersehen mit einigen Charakteren aus Teil 1 freuen. Trotz alledem ist es nicht wirklich notwendig das Original zu kennen, um die Handlung vollständig nachvollziehen zu können. Einerseits ist die Story in sich schlüssig und andererseits kann der Spieler im späteren Spielverlauf alle relevanten Ereignisse aus Teil 1 im so genannten Sagenlexikon nachlesen. Selbstredend, das dort ebenfalls Daten zu Personen, Ortschaften sowie Haupt- und Sidequests der aktuellen Geschehnissen festgehalten werden. Dies ermöglicht uns nicht nur den Überblick über die Geschichte zu behalten, sondern hilft auch durch die Flut aus Fachbegriffen zu blicken – das Lexikon ist ein wahrer Geniestreich!

Erwähnenswert ist weiterhin, dass sich die Storywriter diesmal endlich getraut haben die ausgetretenen Trampelpfade typischer West-RPGs zu verlassen. Man hat es sich bei Volition nicht nehmen lassen über den Tellerrand zu blicken und sich viele Elemente der fernöstlichen Konkurrenz anzueignen, ohne dabei jedoch seinen eigenen Stil zu verlieren – so mag ich’s!

Das Ergebnis ist eine epische, packende Geschichte voller interessanter Haupt- und Nebencharaktere, die euch zu einigen der exotischsten Ortschaften führen wird, die ihr jemals in einem Videospiel zu Gesicht bekommen habt. Und das ist keine Übertreibung! Die Kreativität von Story, Charakteren und Locations können es locken mit einem hochwertigen JRPG-Klassiker aufnehmen und teilweise sogar übertrumpfen. Und dies gelingt auch noch ohne das Fundament des bodenständigen Vorgängers zu ignorieren. Exzellente Leistung von Volition!

Es gibt viel zu entdecken, erwartet aber bitte kein Händchenhalten!

Zur Erfüllung der Prophezeiung gilt es nun die gestellten Haupt- und Sidequests zu meistern und dabei allerlei Echtzeit-Kämpfe zu bestreiten, Rätsel zu lösen, aufzuleveln, die Umgebung zu erkunden usw. – eben das, was in einem RPG so anfällt. Die Steuerung funktioniert dabei sehr vorbildlich. Mit dem linken Analogstick bewegt man seine Spielfigur in Third-Person-Perspektive durch die 3D-Areale, während man mit dem rechten Stick die Kamera um die Spielfigur schwenkt. Die Buttons sind allesamt sinnvoll belegt, so dass man mühelos die grundlegenen Manöver wie Angreifen, Verteidigen, Gegner fixieren oder Spielfiguren durchschalten durchführen kann. Für spezielle Kampfmanöver ist es hingegen erforderlich die entsprechenden Tastenkombinationen auswendig zu lernen, sofern man diese Techniken überhaupt freigeschaltet hat.
Wirklich nervig ist jedoch die Limitierung des aktiven Zauberspruchs bzw. Gegenstands auf einen einzigen Slot. Aufgrund dessen muss man immer wieder in die Menüleiste schalten und sich die benötigten Zauber und Items mühevoll heraussuchen. Dies ist vor allem bei den Gegenstandstabellen lästig, da man hier umfangreiche Tabellen rauf und runterblättern muss, um endlich den benötigten Schlüsselgegenstand im Slot zu aktivieren, damit man ihn auf dem jeweiligen Hotspot anwenden darf. Wenigstens pausiert das Spiel automatisch, sobald man das Zauber und Gegenstandsmenü aufruft. Somit wird man im Kampf wenigstens nicht unter Druck gesetzt.

Und ja, eine der größten Änderungen im Vergleich zum Vorgänger ist der Echtzeitkampf. Das träge, passiv gehaltene Kettenkampfsystem aus Teil 1 sucht man nun vergeblich. Die Kämpfe in Teil 2 sind angenehm schwungvoll, spielen sich unkompliziert und sind dennoch anspruchsvoll, denn die Gegner stecken jede Menge ein, teilen viel aus und setzen ihrerseits fiese Zauber und spezielle Kampftechniken ein. Dies alles resultiert in einem knackigen Schwierigkeitsgrad, der Neulinge derbe vors Schienbein treten kann. Summoner 2 ist eines jener Spiele, in dem man bereits im Tutorial-Abschnitt verrecken kann – ich spreche da aus Erfahrung. Und auch im späteren Spielverlauf, wenn man glaubt den Dreh rauszuhaben, wirft einem das Spiel immer wieder fiese Stolpersteine vor die Füße. Meistens ist man in einer Dreiergruppe unterwegs, die von einer bemerkenswert kompetenten K.I. unterstützt wird. Die beiden Spielfiguren, die man nicht kontrolliert setzen gekonnt Zauber und Spezialfähigkeiten ein, blocken, heilen und töten Gegner. Von dieser K.I. können sich selbst heutige Spiele eine dicke Scheibe abschneiden. Umso anstrengender wird es dann, wenn euch das Spiel immer wieder in Solo-Abschnitte zwingt. Gerade wenn man als Einzelkämpfer agieren muss und gegen eine Überzahl hartnäckiger und schießwütiger Alien-Roboter kämpft, sollte man besser die RPG-Konzepte von Elementar-Schwächen oder Waffengattungen begriffen haben. Mit nem Schwert kommt man gegen Roboter nämlich nicht weit, da sollte lieber ne Keule her.

Oder wie wärs mit passenden Schutzzaubern gegen Instand-Death-Angriffe, welche einige Gegner im späteren Spielverlauf so gerne einsetzen? Die Sache ist die, dass Summoner 2 den Spieler kaum an die Hand nimmt und ihn alles selbst herausfinden lässt. Das trifft übrigens nicht nur auf den Kampf zu, sondern auch auf die zahlreichen Rätsel und Sidequests.

Zwar sind die Levelkarten in Summoner 2 deutlich übersichtlicher als im ersten Teil (wobei sie immer noch relativ groß und weitläufig ausfallen), aber an der schieren Masse von (Neben)Quests wurde kein bisschen gespart. An jeder Ecke wartet wieder ein neuer NPC samt Auftrag, ein neuer Hotspot, der einen bestimmten Schlüsselgegenstand fordert, oder eben der Schlüsselgegenstand selbst. Dann gibt es noch Bonusaufgaben wie Götterschreine, die mit Opfergaben versorgt werden wollen, oder die geheime Funktion der Masken … Glaubt mir, es gibt unglaublich viel zu entdecken und zu tun. Aaaaber, das Spiel fordert von euch, dass ihr selber Ausschau haltet, Gegenstände einsammelt und deren Zweck entdeckt. Und glaubt mir: Hinter manche Lösungen und Geheimnisse werdet ihr erst bei späteren Spieldurchläufen stoßen – gelegentlich auch nur durch Zufall. Erwartet also nicht, dass ihr gleich beim ersten Spieldurchlauf alles finden und verstehen werdet. Es sei denn natürlich ihr nutzt eine Komplettlösung, aber das wäre absolut witzlos, zumal die Aufgaben der Hauptquest doch relativ geradlinig daherkommen. Die optionalen Nebenaktivitäten können hingegen überaus trickreich sein.

Das Level-Up und Fähigkeitssystem funktioniert eigentlich wie im ersten Teil. Getötete Gegner und gelöste Quests werden mit Erfahrungspunkten belohnt. Genügend Erfahrungspunkte bringen ein Level-Up, welches die Lebens- (GP) und Manapunkte (FHP) des Charakters verbessert. Darüber hinaus bringt ein Level-Up auch 2-3 Fertigkeitspunkte, die in die unterschiedlichen Fähigkeiten des jeweiligen Charakters investiert werden sollten. Jeder Charakter bietet zwischen 7-11 verschieden Fertigkeiten, die bis auf Stufe 10 hochgelevelt werden können. Einige Fertigkeiten werden erst ab bestimmten Levelstufen freigeschaltet und auch deren freischaltbare Stufe wird vom aktuellen Level der Spielfigur bestimmt. Klingt komplizierter als es ist. Es macht aber umso mehr Spaß das Maximum aus den Fertigkeiten herauszuholen und sich den ultimativen Charakter aufzubauen.

Die übrigen Statuswerte wie Stärke, Verteidigung, Intelligenz etc., werden hauptsächlich durch die Ausrüstung beeinflusst. Aufgrund dessen gibt es 8-9 Ausrüstungsslots pro Charakter, die man mit zahlreichen verschiedenen Waffen-, Rüstungsteilen- und Schmuckstücken belegen kann. Besonders cool: Waffen und Rüstungen werden auch optisch am Charaktermodell dargestellt.

Abschließend möchte ich noch auf den hohen Abwechslumsreichtum zu sprechen kommen. Jeder der Hauptcharaktere spielt sich eigenständig. Maia ist der Namen-gebende Summoner, auch wenn ihre Gabe eher der Gestaltwandlung gleichkommt. Sie kann sich in bis zu 13 verschiedene Monster verwandeln, die man dann auch direkt steuern darf. Obendrein hat sie als Königin auch einige interessante Verpflichtungen. So kann sie Bittsteller in ihrem Palast empfangen oder Bauprojekte finanzieren. Sangaril ist die Schurkin, für die es sogar einige Stealth-Abschnitte im Spiel gibt. Sie kann obendrein die Gegner bestehlen, ihre Waffe vergiften oder mit der Armbrust im Sniper-Modus schießen. Morbazan ist Gladiatior, der die Seelen seiner Gegner frisst und diese als Energie für spezielle Zauber verwendet oder mit deren Hilfe an einem bestimmten Ort im Spiel Edelsteine für ein anderes Gruppenmitglied schmieden kann. Und ja, Gladiator bedeutet auch, dass es eine Kampfarena im Spiel gibt, in der man sich gehörig austoben darf, um Erfahrungspunkte und Gold zu grinden. Ihr seht, dass das Spiel ne Menge toller Sachen zu bieten hat. Viel Spaß beim entdecken!

Grafik und Sound

Als zweischneidiges Schwert präsentiert sich die grafische Darstellung von Summoner 2. Es wird dieselbe Grafikengine wie im Vorgänger verwendet, was sich vor allem in den Ladezeiten bemerkbar macht, die zwischen den weitläufigen Gebieten anfallen. Glücklicherweise fallen die Wartephasen im zweiten Teil wesentlich kürzer aus, so dass dieser große Kritikpunkt des Vorgängers nun nicht mehr ganz so negativ auffällt.

Die größte Neuerung zum Vorgänger, sind die exotischen Locations und deren farbenfrohe Gestaltung. Diese stehen im krassen Gegensatz zu den Mittelalter-Gebieten aus Teil 1. Als Freund von JRPGs gefällt mir dieser grafische Umschwung natürlich super und ich möchte nochmals ausdrücklich betonen, dass man hier einige der phantastischsten Ortschaften zu Gesicht bekommt, die es wohl jemals in einem Rollenspiel zu sehen gab! Alleine dafür gibt’s schon Pluspunkte ohne Ende.

Ärgerlich sind hingegen die fehlenden Gesichtsanimationen in Ingame-Zwischensequenzen, diese haben mich im nachhinein doch sehr stark irritiert, auch wenn sie mich seinerzeit nicht gestört haben. Darüber hinaus, gibt es jedoch auch viele „richtige“ Sequenzen, in denen man den Akteuren eine passende Gesichtsmimik synchron zur Sprachausgabe spendiert hat. Ein ganz dickes Plus gibt es noch für die genialen Lichteffekte im Spiel. Dagegen kann nicht mal Star Wars anstinken. Alles in allem macht die Grafik einen guten Eindruck, auch wenn diese in erster Linie von den genialen Schauplätzen und Lichteffekten getragen wird.

Uneingeschränkt positiv ist mir hingegen der, zumeist im Ambient-Sektor angesiedelte, OST aufgefallen. Hier wurde zu jedem Schauplatz eine passende Melodie komponiert, um die Atmosphäre des jeweiligen Gebietes wunderbar einzufangen. Angefangen von den ruhig-fröhlichen Klängen in Maias Palast bis hin zu den bizarren Stücken im Reich des Zwielicht wird viel Abwechslung geboten.
Auffällig ist auch in diesem Bereich, dass die exotische Komponente angenehm hoch ausgefallen ist und den Titel somit abermals gekonnt aus der Masse hervorhebt – ernsthaft, viele der verwendeten Musikinstrumente könnte ich beim besten Willen nicht identifizieren.

Die Synchronisation der Spielfiguren überzeugt mit unverwechselbaren Stimmen die ihren Beitrag dazu leisten den jeweiligen Charakteren Leben einzuhauchen. Allerdings mangelt es den Sprechern an schauspielerischer Leistung. Oftmals wirken die Texte wie vom Papier abgelesen, was aber leider ein altbekanntes Problem der damaligen Zeit war, und somit nicht auf die Goldwaage gelegt werden muss. An den Soundeffekten gibt es dafür nichts auszusetzen. Sowohl das Geklirr der Klingen als auch die Zaubereffekte bieten eine gelungene Akustik.

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pro
  • geniale, zahlreiche und spaßige (Side)Quests
  • flottes, unkompliziertes Kampfsystem
  • exotische, fantasievolle Locations
  • motivierendes Fertigkeitensystem

thumbs-up-icon

Kontra
  • etwas unausgegorener Schwierigkeitsgrad, ist Einsteiger-Unfreundlich
  • schwächelnde Grafikengine
  • gibt keinen dritten Teil

Facebook
Twitter

Das könnte dir auch gefallen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Partner: