Soul Hackers 2 REVIEW

Nach über 25 Jahren setzt Atlus das ursprünglich für den Sega Saturn und später auch für andere Plattformen umgesetzte Soul Hackers fort. Nach so vielen Jahren eine Fortsetzung zu machen, ist schon eine Besonderheit, aber in diesem Falle bei weitem nicht die einzige. Auch ist es das erste Spiel der Entwickler seit über 20 Jahren mit einer weiblichen Protagonistin und es ist das erste Rollenspiel von Atlus überhaupt mit einer komplett vertonten und fest charakterisierten Hauptfigur.

Von Dämonen und mächtigen Wesen


Bei dieser handelt es sich um Ringo. Ringo ist (jetzt wird es ein bisschen kompliziert) eine Agentin der KI Aion. Genaugenommen ist Ringo kein menschliches Wesen, sondern ein Teil von Aion – also selbst eine künstliche Intelligenz. Neben Ringo hat Aion mit Figue eine zweite Agentin geschaffen. Der Auftrag der beiden: das Ende der Welt verhindern. In der Welt von Soul Hackers 2 existieren es die sogenannten Bündnisse (in der englischen Übersetzung etwas treffender als covenant bezeichnet), die man sich ein bisschen wie die Dragon Balls in der gleichnamigen Serie vorstellen kann. Werden alle Bündnisse zusammengeführt, kann ein mächtiges Wesen beschworen werden und dessen Macht nach eigenen Wunsch genutzt werden. Aion fürchtet um das Fortbestehen der Welt und Menschheit, denn die Phantom Society und ihr Anführer haben es auf die Bündnisse abgesehen.

Was verschwurbelt klingt, ist in der Umsetzung weitaus weniger kompliziert, auch wenn das Spiel hier und da noch mit so manch anderen Konzepten um sich wirft, die aufwendiger dargestellt werden, als sie eigentlich sind. Im Kern ist Soul Hackers 2 aber ein recht typisches Spiel aus dem Hause Atlus. Ganz so düster wie jüngst in Shin Megami Tensei V oder auch im Vorgänger wird es zwar nicht, dennoch setzt sich der unverkennbare Stil des Studios auch hier fort. Als Fan des ersten Teils muss man sich allerdings auf einige Änderungen gefasst machen. Nicht nur der visuelle Look unterscheidet sich stark, auch das Gameplay ist in einigen Punkten anders.

Die perfekte Länge?


Sehr angetan bin ich von der vergleichsweise kurzen Spielzeit von rund 40 Stunden. Man kann noch mehr Zeit in die Nebenmissionen investieren, abgesehen von ein paar nützlichen Items und Upgrade-Gegenständen sind sie die Zeit eigentlich aber nicht wert. Generell ist das Pacing ziemlich angenehm. Ab und an wird man zwar vor eine Schwierigkeitsmauer gestellt und muss ein paar Minuten ins Level-Grinding stecken, aber das Ganze artet nie in unangenehme Längen aus.

Ebenfalls gefällt mir das Soul Hackers 2 recht zügig auf den Punkt kommt und sich nicht in Übererklärungen verliert (ich gucke dich an mein geliebtes Persona 5). „Das ist der Oberbösewicht, mach dich ran ihn zu besiegen“. Punkt. Gleichzeitig hält die Geschichte ein paar Wendungen bereit, die nicht immer ganz logisch sind, wenn man die Beziehung der Figuren untereinander bedenkt. Insgesamt war ich dennoch bis zum Abspann gut unterhalten. Allerdings sollte man weder von der Geschichte noch den Figuren oder gar dem Setting allzu viel erwarten. Da war das Studio in der Vergangenheit sehr viel kreativer.

Atlus kann sie einfach: rundenbasierte Kämpfe


Der Kern von Soul Hackers 2 sind die rundenbasierten Kämpfe. Diese sind so klassisch wie es sich Genre-Puristen wünschen, werden aber mit dynamischen Elementen aufgewertet. Die Gruppe um Ringo besteht aus drei weiteren Personen, alle sogenannte Dämonenbeschwörer. Jede Figur kann sich also der Macht eines Dämonen annehmen. Jeder Dämon ist einem oder auch mehreren Elementen zugehörig (Eis, Feuer, Strom usw.), was wiederum die jeweilige Stärke und Schwäche bestimmt. Wer schon einmal ein japanisches RPG gespielt hat, und sei es nur Pokémon, wird sich hier schnell zurechtfinden und das Konzept verstehen. Feuer ist stark gegen Eis, Eis aber eben auch gegen Feuer und so weiter.

Attackiert man die Schwäche eines Gegners, so bekommt man einen zusätzlichen Angriff am Ende der Runde. Der Kombozähler lässt sich durch unterschiedliche Methoden wie zusätzliche Upgrades nach oben treiben. Diese „All Out Attack“ sind ein wichtiges taktisches Element und vor allem gegen die angenehm knackigen Bosse nicht zu unterschätzen. Die entsprechenden Fähigkeiten freigeschaltet, kann man die Endangriffe auch mit zusätzlichen Manövern versehen und so sich ein bisschen Lebensenergie zurückholen oder die Verteidigung der Gegner für einige Runden abschwächen.

Mein Freund, der Dämon


Dämonen lassen sich in den Dungeons rekrutieren. Des weiteren kann man die Mitstreiter auch miteinander fusionieren, was ein nicht zu unterschätzender Bestandteil des Spiels ist. Zwar kann man theoretisch einen Dämon, den man zu Beginn des Spiels bekommen hat, bis zum Ende mitnehmen. Sonderlich sinnvoll ist das aber nicht, denn jeder Dämon besitzt nur rund eine handvoll Angriffe und andere Aktionen, die durch einen Levelaufstieg erlernt werden. Zugriff auf neue Aktionen bekommt man quasi nur, wenn man zwei Wesen verschmelzen lässt.

Aber auch die Pflege der menschlichen Figuren ist wichtig. Die Verteidigung wird mit Ausrüstung gestärkt, Zugriff auf mehr Schaden, verbesserte Angriffswerte und individuelle Fähigkeiten, wie das Reduzieren von Magieverbrauch im Kampf, bekommt man durch Upgrades der COMPs. Das sind quasi die Werkzeuge, mit denen die Dämonenbeschwörer ihre Schützlinge herbeirufen, um von deren Macht Gebrauch machen. Für die besseren Upgrades braucht man verschiedene Materialien, die man in der Regel nach dem Besiegen von Gegnern erhält. Vor allem wenn man ab und an ein paar der Such & Bring Dienste erledigt oder „besiege Gegner x“ Nebenaufgaben absolviert, ist man eigentlich immer gut versorgt.

Langweilige Dungeons und tolle Musik


Meine größte Kritik an Soul Hackers 2 betrifft die Dungeons, da sie erstaunlich limitiert in ihrer visuellen Gestaltung sind. Mehrere Male geht es an einen dunklen Hafen, mehrere Male in dunkle U-Bahnschächte. Darüber hinaus gibt es noch Axis, eine zusätzliche Welt, in der man die verlorenen Erinnerungen von Ringos Gruppenmitgliedern Arrow, Milady und Saizo rekonstruiert. Visuell sind auch diese zusätzlichen Dungeons ziemlich öde aufgebaut sind. Hier wird auch eine der größten Änderungen im Vergleich zum ersten Teil sichtbar. War dieser ein klassischer Dungeon Crawler aus der Ich-Perpsektive, ist man im Nachfolger in der Third-Person unterwegs und sieht Gegner stets in der Umgebung. Die Zufallskämpfe des Originals gibt es nicht mehr – gut so!

Man darf hier wirklich nicht Persona 5 als Vergleich anlegen, welches ohnehin von einem anderen Studio innerhalb der Atlus-Familie stammt. Von dessen Stilsicherheit ist Soul Hackers 2 weit entfernt. Hier werden Button-Einblendungen auch mal über die Gesundheitsleiste einer Figur gelegt, auch wird deutlich weniger Wert auf eine schöne Umgebung gelegt. Schade, denn beim Design der Figuren, vor allem der Dämonen brilliert das Spiel. Allerdings lehnt es sich bei Letzteren natürlich auch ein bisschen zurück und ruht sich auf Designs aus, die Fans der unzähligen Sub-Reihen innerhalb des (Shin) Megami Tensei Kosmos mittlerweile seit Jahrzehnten kennen. Dafür sind die englische und japanische Vertonung ordentlich, die deutschen Texte ebenfalls. Richtig gut ist die Musik. Hier kommt dann tatsächlich auch ein bisschen das Flair auf, welches ich beim Spielen des ersten Teils vor Jahren verspürt habe.

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pros
  • motivierendes Kampfsystem mit Rundenprinzip
  • unterhaltsame Story, aber...
  • tolles Design der Figuren und Dämonen
  • atmosphärische Musik & gute Sprachausgabe

thumbs-up-icon

Cons
  • sowohl spielerisch als auch visuell langweilig gemachte Dungeons
  • ...die Geschichte bewegt sich zu sehr auf bekannten JRPG-Pfaden & Klischees
  • öde Nebenmissionen ohne richtigen Mehrwert
  • der Hauptcast ist recht uninteressant

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Spiel Bewertung
Singleplayer
74
74
-
Multiplayer

FAZIT

Die Ankündigung von Soul Hackers 2 hat mich überrascht wie glücklich gemacht. Der Vorgänger ist nicht unbedingt eines meiner Lieblingsspiele der absurd großen Megami Tensei Reihe, aber ich mochte ihn doch sehr gerne. Auch weil er aus einer Zeit stammt, in der Atlus vor allem narrativ und visuell noch andere Pfade bestritten ist. Und an der Entwicklung auch Personen beteiligt waren, die beim ersten Teil ebenfalls an Bord waren, so könnten beide Spiele nicht unterschiedlicher sein. Auf der einen Seite ist das für Neulinge gut, da beide Spiele quasi nichts miteinander zu tun haben und Soul Hackers 2 eigenständig funktioniert. Auf der anderen Seite fragt man sich als Fan, warum ausgerechnet der Name verwendet werden musste, wenn man sich dann doch so sehr von dem Vorgänger entfernt. Ein schlechtes Spiel ist Soul Hackers 2 definitiv nicht. Die Stärken von Atlus kommen bei den Kämpfen, der tollen Musik, teilweise auch bei den Versatzstücken der Geschichte und ihren Thematiken durch. Darüber hinaus fühlt sich das Spiel aber fast schon ein bisschen...seelenlos an? Gerade die Figuren sind mir erstaunlich egal gewesen und auch die Geschichte wirkt als haben die Schreiber sie an einem Nachmittag aus den Ärmeln geschüttelt. Schade, dabei hat man zumindest mit Ringo durchaus eine gelungen charakterisierte Hauptfigur geschaffen. Schlussendlich bekommt man dennoch ein auf spielerischer Ebene gutes Rollenspiel geboten.

- Von  Adrian

Soul Hackers 2 REVIEW

USK 16 PEGI 16

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