Shaq Fu: A Legend Reborn REVIEW

Anfang der 90er hat Capcom mit „Street Fighter II“ einen waschechten Boom für Fighting-Games ausgelöst. Die Beliebtheit derartiger Spiele schoss derart in die Höhe, dass zahlreiche Unternehmen versuchten ihren Teil vom Fighting-Game-Kuchen abzubekommen. Allerdings waren sehr viele dieser Spiele eher mittelprächtig oder einfach nur schlecht und konnten nicht zu Capcoms Qualität aufschließen. Statt also einfach ein gutes Spiel zu produzieren, setzte Electronic Arts auf Augenwischerei und sicherten sich den Promi-Bonus von Basketball-Legende Shaquille O’Neal. Ein Sportler der vor allem auch wegen seiner Körpergröße und sympathischen Art auffällt. Entsprechend groß war und ist Shaqs Beliebtheit in den USA.

Jedoch fragt man sich, was der Basketball-Star mit Fighting zu tun hat. Außerdem ändert seine Rolle als Protagonist nichts daran, dass es sich beim Ende 1994 veröffentlichten 16-bit-Prügler „Shaq Fu“ um ein eher mittelprächtiges, vergessenswertes Spiel handelt. Durch das „Angry-Reviewer“-Phänomen, welches Mitte der 2000er durch Youtuber wie dem „Angry Video Game Nerd“ ausgelöst wurde, bekam Shaq Fu jedoch plötzlich wesentlich mehr Aufmerksamkeit, als es eigentlich verdient hat. Plötzlich wurde Shaq Fu als schlechtestes Fighting-Game aller Zeiten gebrandmarkt, und es wurde sogar eine Kampagne angeleiert jede Kopie des Spiels zu finden und zu zerstören. Kurz gesagt: Electronic Arts mittelmäßiger Fighter mit Promi-Bonus bekam eine Wiedergeburt als Meme-Lachnummer.

Auch die Leute vom US-Entwickler Big Deez Productions scheinen große Fans des Memes zu sein. Jedenfalls starteten sie im März 2014 eine Spenden-Sammelaktion auf Indiegogo, um O’Neal für ein zweites Spiel zu akquirieren. Die Indiegogo-Kampagne war ein knapper Erfolg. Der geforderte Betrag von 450.000 $ konnte tatsächlich erzielt werden.

Über vier Jahre später, am 05. Juni 2018 um genau zu sein, wurde das Ergebnis in Form von Shaq Fu: A Legend Reborn auf Windows, Switch, PlayStation 4 und Xbox One losgelassen. Zwei Monate später wurden auch Mobile-Geräte bedient. Im Gegensatz zum Original handelt es sich bei „A Legend Reborn“ jedoch nicht um ein Fighting-Game, sondern um ein Beat ‚em Up. Die Entwickler sind also durchaus bereit eigene Wege zu gehen. Ein Zeichen dafür, dass das Spiel größere Ambitionen hat, als ein Meme für die Lulz zu sein?

Meine Geschichte ist kompliziert und voller Lücken, deshalb gut aufgepasst!

Entgegen der Behauptung des Protagonisten Shaquille Fei Hung, ist die Handlung des Spiels eher simpel gestrickt. Als Säugling wurde Shaquille von einer freundlichen Chinesin des Dorfs Hunglow aus dem Fluss gefischt und adoptiert. Der einzige Anhaltspunkt auf seine Herkunft ist ein merkwürdiges Muttermal am Hals. Als Shaq älter wurde, musste er aufgrund seiner Körpergröße viele Hänseleien über sich ergehen lassen. Glücklicherweise nahm ihn der Dorfälteste Ye-Ye unter die Fittiche und lehrte ihn die antike Kampfkunst Wu Xing. Dies tat er jedoch nicht aus reiner Nächstenliebe, denn Shaq soll Ye-Yes Nachfolge als Beschützer der Erde bzw. Menschheit antreten. Alle 1.000 Jahre versucht nämlich der bösartige, chinesische Gott des Todes Yen-Lo-Wang die Weltherrschaft an sich zu reißen.

Als Shaq schon längst erwachsen und zum Meister des Wu Xing geworden ist, fällt Hunglow einem massiven Angriff zum Opfer. Shaq kämpft tapfer, um sein Heimatdorf zu verteidigen, kann jedoch nicht verhindern, dass die Angreifer in Form von dämonischen Promis seinen Meister Ye-Ye killen. In seinen letzten Atemzügen bittet Ye-Ye Shaq darum alle Promi-Dämonen aufzuspüren und auszuschalten, womit die Begründung für eine weltumspannende Dämonenhatz gegeben ist.

Allerdings nimmt sich die Handlung von Shaq Fu: A Legend Reborn kein bisschen ernst und setzt auf fiesen Humor á la Drawn Together und South Park. Die Promi-Dämonen sind Karikaturen realer VIPs wie etwa Paris Hilton, Mel Gibson oder Donald Trump. Die Idee dahinter ist, dass Yen-Lo-Wang mithilfe der Promis eine Volksverdummungs-Kampagne durchführt, um leichteres Spiel mit der nun verblödeten Menschheit zu haben.

Ansonsten bekommen auch diverse Bevölkerungs- und Randgruppen ihr Fett weg, wie etwa Chinesen, Rocker, Trans-Menschen oder Nazis. Das Spiel gibt also einen feuchten Furz auf Political Correctness oder die Gefühle bestimmter Personenkreise. Wer diesbezüglich einen schwachen Magen hat, bleibt dem Spiel also besser fern. Ehrensache, dass sich Shaquille O’Neal nicht zu fein ist, sich über sich selbst lustig zu machen. Viele Jokes gehen auf seine Körpergröße und es gibt sogar eine Anspielung auf seinen suboptimalen Superheldenfilm „Steel.“

Doch obwohl ich ein Freund von fiesen Humor bin, muss ich leider sagen, dass viele Jokes daneben gehen, da sie oftmals zu viel Fachwissen voraussetzen. Ich habe z.B. nicht kapiert, warum man auf den Fidschi-Inseln gegen Nazis kämpfen muss, die vom Mel Gibson-Verschnitt angeführt werden. Der Grund hierfür ist, dass Mel Gibson tatsächlich Eigentümer einer Fidschi-Insel ist, und sich in der Vergangenheit antisemitisch geäußert hat. Und so kam also der fünfte Level zustande. Dummerweise geht der große Witz von Level 5 bei vielen meilenweit daneben. Und dies ist jetzt nur ein Beispiel. Selbst das Aushängeschild Shaquille O’Neal wird hierzulande nur wenigen etwas sagen, da Basketball in Deutschland einfach keine große Rolle spielt. Der Humor von Shaq Fu: A Legend Reborn ist also arg speziell geraten und wird an vielen Spielern vorbeirauschen.

Das ist jedoch durchaus schade, da das Spiel ironischerweise ein größeres Augenmerk auf die Handlung legt, als andere Brawler. Bosskämpfe und Levelübergänge werden immer mit einer Cartoon-Sequenz untermauert, und neue Gegnertypen kündigen sich gerne mal mit einem Dialog an. Und auch Shaq gibt innerhalb der Level gerne seinen Senf ab. Andere Brawler könnten sich von einer derartigen Storypräsentation gerne mal eine Scheibe abschneiden. Denn dieses Blödelspiel beweist, dass man in einem Beat ‚em Up durchaus Möglichkeiten hat eine Handlung vernünftig zu präsentieren.

Prügeln auf großem Fuß

Das grundlegende Spielprinzip eines Brawlers ist schnell erklärt. Ihr bewegt euch mit Shaq von links nach rechts und erledigt jeden Gegner, der es wagt sich euch in den Weg zu stellen. Alle Gegner müssen beseitigt werden, ehe man weiter vordringen darf. Jeder der sechs Level endet mit einem knackigen Bossgegner. Und in der ersten Stage gibt es sogar zwei Bosse (der erste Boss kommt in der Mitte des Levels). Shaq Fu: A Legend Reborn verzichtet auf ein Zeitlimit und bietet für jede Stage freundlich verteilte Checkpoints an, welche obendrein als permanente Speicherung fungieren. Das Spiel speichert vollautomatisch und man darf jeden freigeschalteten Checkpoint uneingeschränkt in einer Levelauswahl anwählen. Aufgrunddessen gibt es aber auch nur einen Saveslot. Extraleben und Continues gibt es hier nicht. Man kann das Spiel also ohne Druck spielen.

Es werden drei Schwierigkeitsgrade geboten. Zwar ändern die Grade lediglich die Lebensenergie der Gegner und den Schaden, welchen diese anrichten, jedoch macht es tatsächlich einen massiven Unterschied welchen Grad man anwählt. Auf „Leicht“ ist das Spiel tatsächlich ein ziemlicher Spaziergang, während man sich auf „Schwer“ schon im ersten Level anstrengen muss, um zu überleben. Ich selbst hab es dann auf „Normal“ durchgespielt, und bekam eine solide Spielerfahrung. Einige Gegnertypen und vor allem die Bosse erfordern eine kompetente Herangehensweise. Allzu planloses draufschlagen sollte man sich auf den höheren Graden verkneifen. Manchmal wirft einem das Spiel wahre Gegnerhorden entgegen, die viel Nerven kosten können und den ein oder anderen Bildschirmtod verursachen.

Um dieser Übermacht Herr zu werden, verfügt Shaq über eine vorzeigbare Palette an Kampfmoves. Zunächst verfügt man über die Standardmanöver Schlagen, Treten, Springen und Sprungkicks. Interessant ist, dass man die Effektivität des Tritts jedoch durch eine Schlag-Kombo aufpowern kann. Es empfiehlt sich also erst einmal ein paar Faustschläge durchzuführen, ehe man den Tritt ausführt. Ein auf diese Weise aufgepowerter Tritt fegt dann auch gerne mal die Gegner in die Mattscheibe, ähnlich wie seinerzeit in „Turtles in Time.“

Darüber hinaus kann Shaq per Knopfdruck blitzschnell zu einem Gegner vorpreschen. Jedoch ist dieser Move an einen Cooldown gekoppelt, welcher in Form zweier kleiner Blitzsymbole unter der Lebensenergie dargestellt wird. Weiter geht es mit der Shaq-Welle. Ein wuchtiger Flächenangriff der Luft verschafft, jedoch an einen gelben Balken gekoppelt ist. Die Shaq-Welle verbraucht 50 % des gelben Balkens. Diesen kann man aufbauen, indem man Gegner verprügelt. Es lassen sich auch Ausweichrollen nach oben oder unten durchführen, jedoch ist dieser Move zu unpräzise und zeitaufwändig, weswegen man ihn wohl ignorieren wird.

Zu Guter Letzt gibt es noch Kontermoves und opportunistische Attacken. Einige Gegner haben Angriffe, die sich kontern lassen, oder man darf sie durch die Mangel drehen, wenn sie abgelenkt oder benommen sind. Der notwendiger Knopfdruck wird dann immer eingeblendet, so dass man diese Moves effektiv umsetzen kann. Sollte auch das noch nicht ausreichen, kann Shaq noch gegnerische Waffen aufsammeln und nutzen. Diese gehen jedoch nach einigen Schlägen zu Bruch. Mit Fässern oder Felsblöcken kann man sogar ganze Gegnergruppen umkegeln.

Als zusätzliches Gimmick gibt es noch Levelpassagen, welche euch die sogenannten Transformationstränke zukommen lassen. Diese kommen in zwei Varianten daher. Mit dem Großen Dieselschub wird Shaq eine dampfbetriebene Kampfrüstung verpasst, mit derer er Rapid-Punches durchführen kann, die verheerenden Schaden anrichten. Jedoch überhitzt der Anzug. Bei einer Überhitzung wird man temporär bewegungsunfähig. Dies kann man vermeiden, indem man Dampf ablässt, was im Grunde genommen wie die Shaq-Welle funktioniert und somit einen weiterer mächtigen Angriff der Rüstung darstellt.

Das andere Power-Up ist der Shaqtus-Talisman. Shaq wird in einen Kaktus-Anzug gesteckt und ballert mit Nadeln um sich – ähnlich wie die Kaktoren in Final Fantasy. Diese Abschnitte fühlen sich ein wenig wie ein Shoot ‚em Up an. Beide Power-Ups sind absurd mächtig, weswegen sich diese Spielabschnitte jedoch recht langweilig anfühlen, da hier einfach kein Anspruch gegeben ist. Aber ich denke sie leisten ihren Dienst etwas Abwechslung in den recht repetitiven Spielablauf zu bringen.

Shaq Fu: A Legend Reborn bietet eine Spieldauer von ca. 2,5 Stunden. Abgesehen von den drei Schwierigkeitsgaden und uninspirierten Grinding-Achievements gibt es leider keinerlei Wiederspielwert. Man kann zwar versuchen einen Highscore zu pushen, jedoch ist dies eher witzlos, da man versäumt hat ein Leaderboard einzubauen. Tatsächlich scherzt das Spiel darüber, dass der Highscore sinnlos ist, und die dazugehörigen Münzen, welche man einsammeln kann, um eben diesen zu pushen entsprechend nutzlos. Immerhin gibt es auch regenerative Pick-Ups in Form von Grünen und Blauen Kugeln, sowie die „Icy Hot“-Behälter zur kompletten Regeneration der Lebensenergie. Bei Letzteren handelt es sich übrigens um eine real existierende Salbe zur Schmerzlinderung, da hat die Kohle von Indiegogo wohl nicht ausgereicht, hmm?

Eine nette Dreingabe ist noch die Shaq-O-Pedia, eine Auflistung von Charakter- und Gegnermodellen sowie Gegenständen. Diese werden mit witzigen Textbeschreibungen unterlegt. Auch die Cartoon-Zwischensequenzen kann man hier einsehen, sofern man sie freigespielt hat.

Grafik und Sound

In grafischer Hinsicht merkt man „A Legend Reborn“ sein Grundgerüst in Form der Unity Engine sofort an. Es ist die typische, billig wirkende Unity-3D-Grafik, welche irgendwie an die sechste Konsolengeneration erinnert, ohne jedoch deren Charme zu erreichen. Dementsprechend kristallisiert sich die Grafik auch als größter Schwachpunkt des Spiels heraus. Schlecht sieht das Spiel nicht aus, aber grafisch wird einfach keine Finesse geboten. Besonders ärgerlich ist dieser Umstand angesichts der wesentlich charismatischeren Zeichentrick-Zwischensequenzen, welche im Gegensatz zur Ingame-Grafik durchaus zu gefallen wissen. Da wünscht man sich, dass das gesamte Spiel im Comic-Look gehalten wäre. Aber nein, stattdessen gibt es wieder billigen Unity-Kram aus der Retorte. Und das bedeutet leider mittelmäßige, seelenlose 3D-Grafik und durchschnittliche Animationen.

Der Soundtrack macht da hingegen eine wesentlich bessere Figur. Der Themesong des Spiels ist ein super-launiger Ohrwurm, der einfach Spaß macht! Die Ingame-Tracks können da leider nicht mithalten, sind aber solide und unterstützen das Spielgeschehen. Problematisch ist jedoch, dass die Tracks zu leise im Hintergrund hindudeln und von den eher generischen Soundeffekten überschattet werden. Wiederum positiv ist die englische Sprachausgabe. Ehrensache, dass Shaquille O’Neal seinem Videogame Alter Ego die Stimme leiht. Er und die anderen Sprecher sind mit sichtlicher Freude dabei und werten den derben Humor des Spiels auf.

An der deutschen Textübersetzung habe ich nichts auszusetzen. In technischer Hinsicht hätten jedoch die Ladezeiten einen Tick kürzer sein dürfen. Außerdem gabs im fünften Level einen Bug. Hier musste ich einen Abschnitt resetten, weil ein Gegner außerhalb der Belt-Fläche spawnte und das Spiel so nicht weiterlaufen konnte.

Shaq Fu: A Legend Reborn hat übrigens auch einen DLC namens „Barack Fu: The Adventures of Dirty Barry“ nach sich gezogen. Dieser steht jedoch nicht auf Steam zur Verfügung.

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pros
  • überraschend kompetentes Brawler-Gameplay
  • drei Schwierigkeitsgrade, die auch tatsächlich bieten, was sie bezeichnen
  • nette Cartoon-Zwischensequenzen und eine ordentliche Story-Präsentation für einen Brawler
  • sehr Ohrwurm-lastiger und gefälliger Themesong

thumbs-up-icon

Cons
  • typisch mittelmäßige Unity-Engine 3D-Grafik
  • der Humor ist oftmals viel zu spezifisch um zünden zu können
  • wird auf Dauer zu repetitiv
  • keine Leaderboards

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Spiel Bewertung
Singleplayer
69
69
-
Multiplayer

FAZIT

Shaq Fu: A Legend Reborn ist so ein Spiel bei dem man eigentlich großen Müll erwartet. Schließlich ist das Game im Grunde genommen nur aus einem dämlichen Meme entstanden. Jedoch haben sich die Entwickler tatsächlich die Mühe gemacht ein ordentliches Spiel abzuliefern. Das Brawler-Geprügel funktioniert gut, bietet eine angenehme Palette an Möglichkeiten und macht Spaß. Der Rest des Produkts kommt leider ins straucheln. Der fiese, provokante Humor zündet nicht ansatzweise so gut, wie es sich die Macher wohl gewünscht hätten. Viele der Promi-Karikaturen lassen sich gar nicht so leicht zuordnen und der Witz bestimmter Situationen ist einfach zu undurchsichtig gehalten. Das größte Problem ist jedoch die bescheidene 3D-Grafik auf Basis der Unity-Engine. Shaq Fu: A Legend Reborn ist so ein Spiel, welches negative Klischees zur Unity-Engine bestätigt und somit einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt. Weitere Detailpatzer wie die Abstinenz eines Leaderboards und die damit einhergehende Sinnlosigkeit des Highscores samt sammelbarer Münzen, kosten dann letztendlich die gute Wertung. Dennoch bekommt man hier ein solides, kompetentes Beat 'em Up geboten. Für Fans von Brawlern, Shaquille O'Neal und Humor unter der Gürtellinie also durchaus einen Blick wert.

- Von  Volker

Unerwartet kompetent, aber leider kein Slam Dunk.
Playstation 4
Xbox One
MS Windows
Nintendo Switch

Shaq Fu: A Legend Reborn REVIEW

USK 12 PEGI 12

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