Redout REVIEW
Mit über 800 km/h donnere ich über die neonleuchtende Strecke, gleite gekonnt durch die Kurven, nehme einen Looping um kurz darauf über eine Klippe zu springen und mehrere Hundert Meter durch die Luft geschleudert zu werden. Als ich Sekundenbruchteile später wieder auf dem Boden aufkomme, ist die Energie meines Gleitschiffs bereits im alarmierend roten Bereich angelangt, doch nur noch wenige Kilometer und Sekunden trennen mich von der Ziellinie und der Bronzemedaille. Das Tacho zeigt mittlerweile eine vierstellige Zahl an, die Umgebung um mich herum ist vollends verzerrt. Ich befinde mich im Tunnel, der Blick starr auf die Strecke vor mir gerichtet und dann – Mist! In der letzten Kurve rattere ich in die Streckenabgrenzung, mein Schiff explodiert, ein Moment der Unachtsamkeit hat alles zunichte gemacht. Ich werde zurückgesetzt, meine Kontrahenten düsen spöttisch lachend – so bilde ich es mir zumindest ein – an mir vorbei. Schande, Platz 6, alles nochmal von vorn.
Adrenalinrausch
Nachdem das Genre der Future-Racer lange Zeit als tot galt, kamen in den vergangenen Jahren vermehrt und vor allem aus dem Indie-Sektor neue Lebenszeichen und Impulse. Neben FAST Racing Neo vom deutschen Entwickler Shin’en Multimedia muss hier auch Redout genannt werden, welches im vergangenen Jahr auf dem PC erschienen ist und für recht hohe Wellen geschlagen hat. Und das auf einer Plattform, die traditionell nicht gerade als Brutstätte für flotte Rennspiele mit Zukunfts-Setting gilt. Mit der jüngst veröffentlichten Konsolen-Version schließt sich nun der Kreis und es kommt zusammen, was – gefühlt – zusammengehört.
Entwickler 34BigThings orientiert sich stark an jenen Spielen, die das Genre maßgeblich geprägt haben, allen voran F-Zero und Wipeout, und führt das Konzept nahezu zur Perfektion. Vor allem hinsichtlich der Steuerung haben die Italiener hier ein kleines Wunderwerk geschaffen. Noch nie habe ich einen Hochgeschwindigkeitsgleiter so elegant durch Kurven steuern können, noch nie hat mir ein Arcade-Racer so sehr das Gefühl gegeben tatsächlich Herr über Situation und Fahrzeug zu sein. Mit R2 wird Gas gegeben, mit dem linken Stick das Schiff gesteuert, wahlweise mit R1 oder X wird ein kurzzeitiger Turbo aktiviert. Ungewohnt: mit dem rechten Stick wird die Feinjustierung vorgenommen und die Luftbremsen ausgefahren. Was sich anfänglich krampfig anfühlen mag, geht erstaunlich schnell in Knochen und Mark über und erlaubt eine durch und durch präzise Steuerung.
Grafische Wucht
Diese zu verinnerlichen ist die Grundvoraussetzung, um in Redout einigermaßen etwas reißen zu können, schließlich brettert ihr mir 700, 800, später gar mit über 1000 Sachen über die Strecken. Von diesen gibt es in der mit allen bereits auf PC erschienenen Download-Erweiterungen ausgestatteten Lightspeed Edition Handelsversion über 30 an der Zahl, wobei diese in einem von insgesamt sechs Themengebieten angesiedelt sind. Mal fahrt ihr durch eine kühle Eislandschaft, mal durch ein tropisch anmutendes Gebiet mit Unterwasserabschnitten und riesigen Bäumen am Streckenrand, mal durch eine futuristische Interpretation von Ägypten. So schön die Umgebungen auch gestaltet sind, so sehr vermisse ich aber doch mehr visuelle Abwechslung.
Wirklich böse kann ich dem Spiel aber nicht sein, denn hinsichtlich seiner Grafik ist der mit der Unreal Engine 4 angetriebene Racer schon auf der normalen PlayStation 4 ein echter Hingucker. Egal ob der bewusst gewählte Low-Poly Stil, die vielen Partikeleffekte oder das irrsinnig gut umgesetzte Geschwindigkeitsgefühl – visuell ist Redout eine Wucht. Einziges Manko: die angepeilten 60 Bilder pro Sekunde werden meistens zwar gehalten, allerdings kommt es immer mal wieder zu kleinen Hackern. Diese sind aber so kurz und unscheinbar, das sie den Spielverlauf trotz hohen Tempos nicht beeinflussen.
Oben drauf kommt Genretypisch noch ein fetziger Elektrosoundtrack. Dieser basiert vor allem auf instrumentelle Stücke, mischt aber auch immer wieder gesungene Parts ein. Ungewohnt, aber dennoch sehr stimmig. Toll ist auch, wie sich die Musik immer wieder dem Geschehen auf der Strecke anpasst. Fahre ich beispielsweise unter Wasser, so erklingt der Score nur gedämpft, fliege ich hingegen durch die Luft, wird die Musik kurzzeitig ganz rausgenommen und ich höre nur den Motor meines Gleiters.
Umfangreiche Kampagne, lebloser Online-Modus
Der Herzstück von Redout ist sicherlich die Kampagne, die euch für viele Stunden zu beschäftigen weiß. Dabei gilt es nicht nur klassische Rennen um die Platzierung gegen K.I. Gegner zu absolvieren, ebenso sind Modi wie Zeitrennen, Last Man Standing und Überleben vorhanden. Richtig anspruchsvoll wird es in den sogenannten Boss- und Arena-Rennen, die teilweise an die zehn Minuten dauern können und euch dementsprechend höchste Konzentration abfordern.
Für jedes beendete Rennen (ob mit oder ohne Medaille) erhaltet ihr Geld. Mit diesem wiederum könnt ihr neue Schiffe und Schiffe in höheren Rennklassen kaufen. Zusätzlich lassen sich auch diverse Upgrades installieren, die beispielsweise euren Tempoboost verstärken oder eurem Fahrzeug bessere Bodenhaftung geben. Darüber hinaus gibt es auch Upgrades, mit denen ihr eure Gegner attackieren könnt. Dies artet aber nie in Kämpfen a la Wipeout aus und spielt in eigentlichen Rennen so gut wie keine Rolle.
Abseits der Kampagne könnt ihr im lokalen Splittscreen-Modus mit einem Freund Rennen fahren. Einen Online-Modus mit bis zu sechs Spielern gibt es ebenfalls. Leider scheint dieser aber ziemlich tot zu sein. Zwar habe ich in meiner Testphase immer mal wieder Mitspieler gefunden, das dauerte aber meist einige Zeit und mit der höchst möglichen Teilnehmerzahl ausgestattet waren die Rennen nie.