Red Dead Revolver REVIEW
Wenn man an den US-Amerikanischen Entwickler „Rockstar“ denkt, kommen einem wohl in erster Linie die GTA-Spiele in den Sinn. Abseits der ultrapopulären Gangster-Parodie in Form von Open-World-Action-Spielen, hat der Entwickler aber auch einige andere heiße Schießeisen im Feuer. Die Rede ist natürlich von der Red Dead-Serie, die wohl in erster Linie durch Red Dead Redemption bekannt geworden ist. Ein Hit, der bereits eine Fortsetzung nach sich gezogen hat. Aber was viele wohl nicht wissen, ist, dass die Serie bereits Mitte 2004 mit Red Dead Revolver ihren Einstand feierte. Da Western-Games, damals wie heute, nicht unbedingt zahlreich auf dem Markt vertreten sind, konnte das Spiel seinerzeit eine echte Lücke füllen. Aber das alleine bedeutet freilich noch lange nicht, dass das Spiel eure Zeit und euer Geld wert ist. Ob Rockstars Einstands-Western eine gute Alternative zu den alten Western Film-Klassikern darstellt oder nicht, soll folgendes Review klären.
Rache für die ermordeten Eltern
Der eiskalte Kopfgeldjäger Red Harlow war Sohn eines Goldschürfers und einer Indianerin. Bis zu jenem unglückseligen Tag, an dem sein Vater mit der frohen Botschaft eines legendären Goldfundes nach Hause kam, führte die kleine Familie ein einfaches aber glückliches Leben. Doch wie es Reichtümer so an sich haben, locken sie grausames Gesindel an. Folglich musste Red nicht nur miterleben wie seine Eltern von Banditen umgebracht wurden, sondern war sogar gezwungen seinerseits zum Schießeisen zu greifen und zu morden. Doch ironischerweise scheint Red für dieses blutige Handwerk wie geschaffen. Noch immer streift der mittlerweile erwachsen gewordene Red durch die nähere Umgebung seiner zerstörten Heimat. Sein Ziel ist es jene Banditenbande aufzuspüren und auszurotten, die seine Eltern ermordeten. Einziger Anhaltspunkt ist der verkrüppelte Anführer des Drecksgesindels. Red gelang es damals nämlich dem Anführer den linken Arm abzuschießen. Und so legt sich unser rastloser Kopfgeldjäger Tag für Tag mit allerlei Gesetzesbrechern an, um die Spur des mörderischen Krüppels aufzunehmen und nebenher das nötige Kopfgeld für seine Ausrüstung zu verdienen. Niemand konnte ahnen, dass die Verwicklungen rund um den Anschlag auf sein Elternhaus weitaus tiefer greifen als gedacht. Wird es Red gelingen Rache zu nehmen und den erbarmungslosen Wilden Westen zu überleben?
Soweit sollte es niemanden überraschen, dass hier diverse Western-Klischees abgewickelt werden. Auch bei den Charakteren sollte man keinen großen Tiefgang erwarten. Der stille, kalte Kopfgeldjäger, der geschwollen daherredende britische Pistolero mit Melone, die resolute Ranch-Eigentümerin, die ihre Farm eigenhändig mit der Flinte verteidigt … Ja, das kommt einem alles irgendwie bekannt vor. Anders als die Filmvorlagen verwurstet Rockstar den Stoff jedoch nicht ohne ein Augenzwinkern. Gerade die Banditen und Schurken sind oftmals derart absurd überzeichnet, dass man sie kaum noch ernst nehmen kann. Da reicht die Palette vom schurkischen Totengräber mit Gatling-Gewehr im Sarg bis hin zum skrupellosen General, der in gepanzerter, mit Kanonen bestückter Eisenbahn durch den Westen brettert. Ob das nun witzig ist oder nicht, muss freilich jeder selbst entscheiden. Ich persönlich habe jedenfalls vergeblich darauf gewartet, dass ich mich mit Yosemite Sam persönlich duellieren darf. Gewundert hätte es mich jedoch nicht, wenn es wirklich so weit gekommen wäre.
Ärgerlicher ist hingegen, dass die Handlung rund um Reds Rachefeldzug bereits nach dem ersten Kapitel erst einmal aufs Abstellgleis gelegt wird und beliebigen Kopfgeldjagd-Aufträgen weicht. Das führt sogar so weit, dass man immer wieder mal für eine Mission in die Rolle einer anderen Spielfigur schlüpft. Man erhält sogar die Gelegenheit einen der Oberschurken zu spielen. Insgesamt gibt es in der Hauptgeschichte sechs spielbare Charaktere, was aber nichts an der oberflächlichen Präsentation der Handlung ändert. Darüber hinaus bleiben einem sämtliche Charaktere im Spiel absolut fremd. Da ändert auch das umfangreiche Tagebuch (ein Codex) im Hauptmenü nichts daran. Aber es ist schon erstaunlich: Da stellt man einen ungewöhnlich komplexen Codex mit mehreren hundert Seiten zusammen, wo sogar die belanglosesten Banditen detailliert vorgestellt werden, aber scheitert daran die eigentlichen Hauptcharaktere sowie die Handlung ansprechend umzusetzen. Das muss man erst mal schaffen!
Blaue Bohnen zum Frühstück, Mittag- und Abendessen
Zu Beginn stehen zunächst nur der Story-Modus im normalen Schwierigkeitsgrad, sowie der Showdown-Modus zur Auswahl. Ersterer wickelt die Handlung rund um Reds Rachefeldzug in Form von 27 Missionen ab. Letzterer ist der Multiplayer-Modus für bis zu vier Spieler gleichzeitig. Einzelspieler können im Showdown aber immerhin gegen Bots antreten, was aber aufgrund deren KI-Inkompetenz verdammt langweilig ist. Außerdem muss man die ganzen Spielfiguren und Schauplätze/Levelkarten für den Showdown-Modus ohnehin erst mal im Story-Modus freispielen und freikaufen. Hat man den Story-Modus durchgespielt, wird noch ein schwerer Schwierigkeitsgrad für eben diesen, sowie der Kopfgeldjäger-Modus freigeschaltet. In der Kopfgeldjagd geht es darum den Großteil der Missionen unter bestimmten Bedingungen zu meistern, so soll man z.B. alle Gegner jeweils mit nur einer Kugel töten oder besonders eindrucksvolle Killkombo-Ketten durchführen um genügend Extrageld zu verdienen (wer Gegner schnell genug hintereinander beseitigt, verdoppelt das verdiente Geld). Aber egal welchen Modus man spielt, dass Spielprinzip bleibt immer gleich: Red Dead Revolver ist ein reiner Third Person Shooter, wo es im Endeffekt immer darauf hinausläuft alle Gegnerwellen abzuballern. Zu diesem Zweck verfügt Red über Handfeuerwaffe, Gewehr und Wurfwaffe. Vor Missionsbeginn darf man eine Waffe für jeden Typ auswählen, sowie Reparaturen beauftragen, denn die Waffen verschleißen bei Gebrauch und verlieren dadurch an Leistung.
Das hierfür benötigte Kleingeld erhält man durch getroffene und getötete Gegner sowie die Kopfgelder an sich. Abseits der Reparaturen, darf man die blutigen Dollar auch in neue Waffen oder Krimskrams investieren. Der Krimskrams ist jedoch nicht nutzlos, sondern schaltet neue Tagebuchseiten, Showdown-Content oder in seltenen Fällen sogar Charakterverbesserungen frei. Die Schießereien funktionieren gut genug, um das Spiel kompetent durchspielen zu können. Die eigene Munition und Lebensenergie ist begrenzt, kann jedoch durch Munition und Medizin aufgestockt, bzw. regeneriert werden. Diese Pick-Ups werden meistens von erledigten Gegnern hinterlassen. Die drei Waffentypen lassen sich bequem durchschalten und nachladen und wenn alle Stränge reißen darf man auch im Nahkampf agieren. Checkpoints sind anfangs großzügig gelegt, werden mit der Zeit aber immer spärlicher. Einige Missionen können sehr knifflig werden. Warmduscher und Casuals bleiben Revolver also besser fern. Die Steuerung ist eigentlich sehr gut, leidet jedoch unter dem unpräzisen Analogstick, welcher gezielte Kopfschüsse eher zu einem Glücksspiel werden lässt. Dafür ist aber die Grundstruktur des Controllers verantwortlich, welcher nun einmal das standardmäßige Eingabegerät der PS2 ist. Dies kann freilich nicht als Fehler des Spiels an sich gewertet werden. Ändert aber wiederum auch nichts daran, dass ich in Revolver lieber mit ner Maus gezielt hätte.
Um dem Spieler unter die Arme zu greifen, gibt es dafür aber auch einige nützliche Funktionen. So kann Red hinter Wänden, Felsbrocken etc. in Deckung gehen und aus dieser heraus feuern. Aus meiner eigenen Spielerfahrung, ist es aber wesentlich empfehlenswerter in den meisten Fällen auf eine Deckung zu pfeifen und stattdessen ständig in Bewegung zu bleiben. Dann gibt es noch die „Dead Eye“, eine Zeitlupenfunktion, in derer man halbautomatisch mehrere Trefferzonen markieren kann, und auf Knopfdruck blitzschnell alle Zonen anschießt – da bekommt man dann ganz schnell den Eindruck Red wäre bei Lucky Luke in die Lehre gegangen. Dummerweise ist das Zeitfenster der Dead Eye begrenzt und lädt sich nur sehr sehr langsam wieder auf. Inflationär kann man diese also gewiss nicht einsetzen.
Echtes Western-Feeling kommt dann in den Duellen auf. Hier steht Red einem oder auch zwei oder drei Kontrahenten gegenüber, was sich in Form einer klassischen „Wer zieht schneller“-Situation äußert. Leider ist die Steuerung des Greifens, Ziehens, Zielen und Schießen bei diesen Duellen bewusst schwerfällig und schwammig gehalten, um die Intensität dieser Situationen zu untermauern. Das sorgt leider auch dafür, dass man im späteren Spielverlauf unzählige Fehlversuche bei einem Duell erdulden muss, ehe einem das Glück endlich mal hold ist. Immerhin aktiviert sich vor den meisten Duellen ein Checkpoint, welcher den Frustfaktor gering halten soll. Aber wenn es mal keinen Checkpoint gibt, ist der Frust umso größer!
Damit die Schießereien mit der Zeit nicht allzu eintönig werden, sorgen die Entwickler freilich immer wieder für Auflockerung. So darf man an stationären Gatling-Gewehr-Geschützen die Sau rauslassen, schwingt sich ab und zu auf den Sattel eines Pferdes, oder schlüpft, wie oben bereits erwähnt, in die Rollen anderer Spielfiguren, die manchmal auch eigene Waffen und Fähigkeiten mitbringen. Und auch die Missionen an sich sind abwechslungsreich aufgebaut. So jagt man mit dem Pferd hinter einem fahrenden Zug her, oder schleicht sich bei Nacht als Indianer durch einen Canyon voller ahnungsloser Feinde. Und am Ende einer Mission wartet freilich oftmals ein Bossgegner auf uns, welcher sich nur mit einer bestimmten Vorgehensweise effektiv bekämpfen lässt.
Zwischendrin darf Red auch immer wieder mal die Stadt Brimstone aufsuchen, wo er seine hart verdienten Dollar in mehreren Shops verpulvern darf oder ein Schwätzchen mit der Bevölkerung halten kann. Besonders motivierte Spieler, können darüber hinaus auch versuchen die Missionen mit dem höheren Rang abzuschließen. Jede Mission wird entweder mit „Gut“ oder „Ausgezeichnet“ bewertet. Je nach eigener Leistung in den Kategorien Zeit, Munitions- und Lebensenergieverbrauch bekommt man eventuell die höhere Bewertung und schaltet somit Zwei statt nur einer Belohnung frei (welche meistens mit neuem Content für den Showdown-Modus zusammenhängt).
In Sachen Gameplay ist Red Dead Revolver also durchaus eine runde Sache, auch wenn der große Knall schlicht und einfach ausbleibt. Neben der oberflächlichen Präsentation von Handlung und Charakteren und der Analogstick-Steuerung, die präzises Zielen so gut wie unmöglich macht, nervt aber vor allem die schwache grafische Präsentation.
Grafik und Sound
Wo Handlung, Charaktere und oftmals auch das Gameplay nicht herausstechen, muss eben die Grafik einspringen. Nach dieser Philosophie überzeugen viele Action-Games mit schicker Grafik, die über etwaige Schwächen hinwegsehen lassen. Dummerweise kann die Grafik in Red Dead Revolver nicht so recht überzeugen. Die Texturen sind matschig, das Szenario wirkt naturgemäß eher trist und eintönig (man kann da trotzdem wesentlich mehr draus machen) und die Charaktermodelle der Feinde sind oftmals zum davonlaufen hässlich. Und damit meine ich nicht, dass Banditen und Schurken oftmals hässliche Vogelscheuchen sind, sondern viel eher, dass Rockstar San Diego der Meinung war deren Gestaltung ins absurde zu ziehen. Die Typen die man hier zu sehen bekommt sehen teilweise dermaßen beknackt aus, dass man das gesamte Spiel nicht mehr ernst nehmen kann. Da hat man eher das Gefühl man würde gegen irgendwelche Comicfiguren kämpfen und nicht gegen grausame Western-Schurken. Außerdem verstehe ich nicht, warum das Spiel so lange Ladezeiten aufweist, wo die Levelkarten doch meistens so verdammt klein ausfallen und optisch nicht wirklich viel zu bieten haben. Die Ladezeiten werden zwar mit coolen Gunslinger-Animationen der Spielfiguren überdeckt, doch hat man sich an denen auch irgendwann sattgesehen. Besonders schlimm sind jedoch die Ladezeiten im Showdown-Modus. Wer sich mit diesem Modus beschäftigen möchte, sollte wirklich Geduld mitbringen. Grafisch und technisch kann Red Dead Revolver jedenfalls nicht wirklich überzeugen.
Der Soundtrack macht da schon eine wesentlich bessere Figur, was aber in erster Linie daran liegt, dass Rockstar zahlreiche Melodien aus echten Spaghetti-Western lizenziert haben. An dieser Front gibt es dementsprechend wenig zu meckern. Die englische Sprachausgabe ist da schon zweischneidiger. Viele Charaktere sprechen mit Akzent, was zwar authentisch sein mag (oder auch nicht), aber eben auch sehr nerven kann. Und genau wie schon das Design vieler Charaktermodelle überzeichnet ist, so wirkt auch deren Sprechweise entsprechend überspitzt. Ist freilich alles Geschmackssache, aber bei mir gewinnt Revolver damit jedenfalls keinen Blumentopf. Rein objektiv betrachtet ist aber auch die Synchronisation sehr gut gelungen. Ehrensache, dass die Schuss- und Nachladegeräusche angenehm kraftvoll klingen und die Action somit gekonnt untermauern.
Pro & Kontra
- Western-Setting
- mehrere Spielmodi und umfangreicher Codex (Tagebuch)
- bietet einige coole Ideen (Dead Eye, Duelle)
- lizenzierter Western-Soundtrack aus diversen Filmen
- zielen mit Analogstick ist zu schwammig
- unabhängig vom Setting, bietet das Gameplay eigentlich nichts Herausragendes
- kann grafisch und technisch nicht wirklich überzeugen