Phoning Home REVIEW
Heute haben wir wieder ein sehr spezielles Indie-Abenteuer für euch ausgegraben. Phoning Home ist, wie der Titel bereits vermuten lässt, eine Hommage an Kinostreifen wie E.T. oder WALL-E. Entwickelt wurde der Titel vom deutschen Entwickler ION Lands, dessen Mitglieder bereits an Hits wie LA Noir oder Dreadnought mitgewirkt haben. Wir haben Phoning Home in einer Vorabversion getestet und verraten euch in einem REVIEW, was das Indie-Abenteuer von der Masse abhebt und was den Titel so besonders macht.
Gestrandet in einer unbekannten Welt
Alles beginnt mit einem klassischen, wie tragischen Szenario. Ein Explorer-Schiff stürzt nach technischen Schwierigkeiten auf einen gänzlich unbekannten Planeten. Die einzigen Passagiere sind eine Schiff-KI und der kleine Explorer-Bot ION. Beim Aufschlag auf die Planetenoberfläche werden Schiff sowie ION stark beschädigt und sitzen fürs Erste in einer unbekannten Welt fest. Ohne Hilfe von außen müssen sie nun versuchen, irgendwie von hier zu entkommen. Da die künstliche Intelligenz über keinen eigenständigen Körper verfügt, bleibt dem kleinen ION nichts anderes übrig, als sich ganz alleine in die neue Welt zu wagen.
Sobald sich die Einstiegsluke das erste Mal öffnet und ION den unerforschten Planeten betritt, wird man als Spieler sofort in die immersive Spielwelt gezogen. Neben gigantischen Bäumen wachsen überdimensionale Pilze und Flechten. Aus den Tiefen des Dschungels hallen undefinierbare Geräusche, die an Schreie furchterregender Tiere erinnern. Alleine diese Geräusche lassen vermuten, dass der Planet nicht ganz unbesiedelt ist. Die Frage ist nur, wie fortgeschritten die Lebensformen hier sind. Existiert hier vielleicht sogar intelligentes Leben? Und wenn ja, begegnet es den gestrandeten Neuankömmlingen freundlich oder feindlich. Fragen über Fragen, die es zu klären gilt.
Hat man die ersten Eindrücke nun verdaut, bleibt immer noch ein Problem. ION und die künstliche Intelligenz EU_18TR289x65, kurz TR2, sitzen mit einem defekten Raumschiff auf einem unbekannten Planeten fest. Bis auf einige Pflanzen, Pilze und Steine scheint es hier nicht viel zu geben. Glücklicherweise verfügt ION über die Fähigkeit, aus einfachen Ressourcen verwertbare Materialen und Gegenstände herzustellen. Aus einfachen Keimlingen und Pilzen lässt sich etwa Treibstoff oder aus Erz und Wurzeln ein Reparaturkit herstellen. Seine lange Reise führt den kleinen Erkundungsroboter durch den tiefsten Dschungel, einsame Wüstendünen und eisige Berghänge. Damit Ihr auf dem Weg durch unbekanntes Terrain nicht vereinsamt, plappert die Schiffs-KI über das Comlink munter vor sich hin. Zum Glück kreuzt Ihr im späteren Spielverlauf außerdem den Weg von ANI, einem Wartungsdroiden, der auch hier festsitzt. Ist das vielleicht der Beginn einer guten Freundschaft?
Open World mal anders
Wenn man durch die Steam-Beschreibung zu Phoning Home scrollt, versprechen die Entwickler ein atmosphärisches Abenteuer mit Survival-Aspekt, knackige Logikrätsel und eine gute Portion Action. Nun erwartet der von Spielen wie DayZ, ARK oder No Man’s Sky polarisierte Spieler ein klassisches Sandbox Open World-Erlebnis. Mit jeder Menge Crafting, knackigen Survival-Elementen und Monster die einen Haufen Loot fallen lassen. Doch genau das alles ist Phoning Home nicht. Die Entwickler scheinen sich bewusst vom Konzept der anderen Genre-Vertreter zu entfernen und schlagen den Weg Richtung Open World-Adventure mit geführter Storyline ein.
Es macht großen Spaß den kleinen ION durch die schwierigen Situationen der neuen Welt zu begleiten. Besonders die Emotionen, die während des Spielens aufkommen, überzeugen. Als Spieler verspürt man oft Einsamkeit oder Unbehagen, da schließlich hinter jedem Felsen die Gefahr lauern könnte. Von diesen Gefühlen sowie dem Entdeckerdrang des Spielers lebt der Indie-Titel unterm Strich auch, denn in Sachen Gameplay dürft Ihr keinen Meilenstein erwarten. Weder der Schwierigkeitsgrad noch die Survival-Elemente wirken stark fordernd. Meistens fordert nicht die unbekannte Gefahr, sondern die Spielwelt selbst ihren Tribut, indem Ihr von einer Klippe rutscht und am Fallschaden zerbrecht.
ION benötigt keine komplexe Kette an Versorgungsgütern, keinen Schlaf oder Wärme. Es genügt, ihn alle paar Minuten zu betanken und die Energiezellen auszutauschen. Sollte dem kleinen Roboter aber doch einmal der Saft ausgehen, quittiert er dabei nicht gleich den Dienst, sondern wird lediglich in seiner Funktionalität eingeschränkt. Somit kann er dann nicht mehr Sprinten oder auf andere Gadgets wie den Teleporter zurückgreifen. Ein tatsächliches Problem könnten jedoch die Materialen darstellen, die sich in der Spielwelt finden lassen. Denn diese scheinen nach der „Ernte“ nicht nachzuwachsen, was durchaus zu einer akuten Ressourcenknappheit führen kann.
Ein weiterer Walking-Simulator…
Während Ihr dem Pfad der Storyline folgt, wiederholen sich alle Spielmechaniken leider immer und immer wieder, was das Adventure über die Stunden stark eintönig erscheinen lässt. Auf die Entdeckung eines neuen Gebietes folgt das Sammeln diverser Rohstoffe. Daraus wiederum lässt sich ein essenzieller Ausrüstungsgegenstand herstellen, der euch Zugang zu weiteren Teilen der Spielwelt verschafft. Verbunden werden diese Passagen mit teils unglaublich langen Laufwegen, was im Laufe der Zeit zur nervlichen Zerreißprobe wird und die Motivation weiterzumachen oftmals sinken lässt.
Besonders der geistige Leerlauf, den diese Laufpassagen erzeugen, degradieren Phoning Home am Ende zu einem wahren Walking-Simulator und werden dem Titel schlussendlich wohl zum Verhängnis. Da kann es durchaus vorkommen, dass man zehn Minuten stur in eine Richtung läuft und dabei nichts Neues zu Gesicht bekommt. Ironischerweise muss man dabei die gute Umsetzung der Spielwelt loben, denn genau so stellt man sich einen eben verlassenen Planeten vor. Leere, einsame Landstriche, ohne großartige Spektakel. Zudem lässt die stark lineare Storyline den Wiederspielwert nach dem ersten Durchgang gegen null sinken.
Um an Phoning Home Gefallen zu finden, muss man sich definitiv auf das Spielerlebnis einlassen und Fan des Genres sein. Auch wenn sich viele Passagen zäh wie Kaugummi spielen, wird man doch oftmals mit schönen Eindrücken, optisch sowie emotional, belohnt. Vielerorts wurden unerwartete Anspielungen auf bekannte Blockbuster der Filmwelt versteckt. Den Spieler erwarten simples Gameplay und eine unverbrauchte, größtenteils ruhige Spielwelt. Genau das richtige, um nach einem langen Tag den Feierabend ausklingen zu lassen. Wer hingegen einen Minecraft-Klon oder den nächsten großen Action-Hit erwartet, wird höchstwahrscheinlich enttäuscht sein.
Technik
Technisch machte Phoning Home bereits während der Beta einen durchweg guten Eindruck. Spielwelt sowie Charaktermodelle überzeugen, gerade wenn man bedenkt, dass es sich um ein kleines Entwicklerstudio handelt. Was die Entwickler da aus der Unity Engine herausholen konnten, kann sich sehen lassen, vorausgesetzt der Heimrechner verfügt über ausreichende Rechenpower. Ob grüne Waldstücke, sandige Wüsten oder verschneite Felsen. Man merkt, dass in dem Projekt eine Menge Liebe steckt. Sogar ein dynamischer Tag-/Nachtwechsel wurde eingebaut, der sich gut in die Spielwelt integriert. Während unserer Testphase kam es hin und wieder zu dem einen oder anderen Glitch. So war es uns möglich durch Felsen zu laufen, die eigentlich die Spielwelt begrenzen sollten. Das Ergebnis dabei war eher amüsant als störend.
In Sachen Soundkulisse erwartet euch ganz großes Kino. Auch wenn der unbekannte Planet unbewohnt aussieht, die Umgebungsgeräusche lassen ihn lebendig erscheinen und tragen damit einen großen Teil zur Atmosphäre bei. Selbst der Soundtrack fällt unerwartet vielfältig aus. Als richtig große Überraschung stellt sich jedoch die Sprachausgabe heraus. Diese war bereits zwei Wochen vor Release auf Englisch sowie Deutsch verfügbar, inklusive passender Untertitel. Zugegeben hätten wir das von einem Indie-Projekt nicht erwartet.
Die Steuerung des kleinen ION geht überaus intuitiv von der Hand. Wer bereits Erfahrung mit Ego-Shootern oder Open World Survival-Titeln hat, sollte hier schnell zurechtkommen. Ihr habt dabei die Wahl zwischen Tastatur und Maus oder Controller. Wobei wir derzeit zur Tastatur-Variante greifen würden, da das Controller-Layout in der uns vorliegenden Version noch einige Probleme verursachte. Während der ersten Spielminuten werden alle Aktionen und die dazugehörigen Tastenbefehle verständlich vorgestellt. Bei Bedarf lässt sich das Tastenlayout sogar nach Lust und Laune ändern.
Multiplayer und Performance
Wie erwartet verfügt Phoning Home über keinerlei Mehrspieler-Modi. Das Abenteuer ist als Solo-Abenteuer konzipiert und würde im Multiplayer vermutlich nicht funktionieren. Derzeit ist eine entsprechende Erweiterung also ebenso wenig geplant wie die Umsetzung für andere Plattformen. Lediglich eine Portierung für Valve’s Steam Machines soll demnächst folgen.
Phoning Home steckt voller Überraschungen. Wir hätten nicht damit gerechnet, dass der deutsche Indie-Titel sowohl vor als auch nach Release so stabil läuft. Abgesehen von den vereinzelten Collision-Problemen, die ION durch Wände laufen ließen, stießen wir auf keinerlei Probleme oder Abstürze. Die allgemeine Performance ist durchweg zufriedenstellend, FPS-Einbrüche waren während unserer Testphase nicht zu verzeichnen. Wie bereits erwähnt, wird recht neue Hardware vorausgesetzt, besonders in puncto Grafikkarte sollte der eigene Rechenknecht gut bestückt sein.