Perry Rhodan – The Adventure REVIEW
Perry Rhodan hält den Rekord für die langlebigste und umfangreichste Science-Fiction-Franchise der Welt. Und das, obwohl sie in erster Linie in Form einer andauernden Groschenheft-Serie besteht, welche selbst nach über 50 Jahren immer noch fortgeführt wird (das erste Heft erschien am 08.09.1961). Daneben gibt bzw. gab es noch Spin-offs in Form von weiteren Heftserien (z.B. Atlan oder Perry Rhodan Action) und Büchern (z.B. Space-Thriller), sowie ein Reboot namens Perry Rhodan Neo.
Mein erster Berührungspunkt mit Perry Rhodan, war das Ende Oktober 2008 veröffentlichte PC-Spiel Perry Rhodan – The Adventure. Hierbei handelt es sich jedoch keinesfalls um das erste Computerspiel rund um den US-Amerikanischen Astronauten, welcher als erster Mensch der Erde Kontakt mit Außerirdischen aufnahm und somit einen Strudel von Ereignissen in Gang setzte, welche ihm sogar seine „relative Unsterblickeit“ einbrachten. Bereits Ende der 90er gab es PC-Spiele zum Thema, wie die beiden obskuren Thoregon-Adventures, oder das Aufbaustrategie-Spiel Operation Eastside. Und auch nach dem 2008er Point & Click-Adventure, welches ich euch in diesem Test näher vorstellen werde, wurden weitere Games produziert, wie z.B. das Tower Defense-Spiel „Kampf um Terra“ (für Mobile-Gerätschaften).
Nichtsdestotrotz wird für mich Perry Rhodan – The Adventure wohl für immer das Perry Rhodan-Spiel bleiben. Schließlich hatte es einen derart positiven Eindruck hinterlassen, dass ich Jahre später in Perry Rhodan Neo eingestiegen bin, und dieser Romanreihe auch für gut 120 Ausgaben treu geblieben bin. Ohne die Vorarbeit des Adventures, wäre es wohl nie soweit gekommen. Aber jetzt will ich nicht weiter vom eigentlichen Thema abkommen, sondern endlich aufs Adventure eingehen.
Die Entführung der Ex
Im fernen Jahr 4933 (oder auch das Jahr 1346, wenn man nach der neuen galaktischen Zeitrechnung geht), wird die Solare Residenz von Terra, also das oberste Regierungsgebäude der Erde, von unbekannten Aggressoren angegriffen. Ziel dieses Angriffs war es Mondra Diamond, die Ex-Frau des Residenten Perry Rhodan, zu entführen. Da nach dem Angriff absolutes Chaos in der Residenz herrscht und Perrys bester Freund und Mitunsterblicher Reginald „Bully“ Bull eine Kommunikations- und Ausgangssperre verhängt hat, sitzt Perry im Regierungsgebäude fest, und muss nun aus eigener Kraft die Hintergründe dieser Geschehnisse ermitteln. Recht bald findet er heraus, dass Mondra den Mythos der Illochim erforschte. Hierbei soll es sich um eine sagenumwobene, raumfahrende Spezies handeln, dessen Einflüsse in den Mythen zahlreicher außerirdischer Kulturen zu finden sind – auch die Erde soll einst von den Illochim besucht worden sein. Ferner findet er Indizien, die ihn zu Aimo Martel führen, dem Leiter des Robotik-Instituts der Warringer-Akademie. Dieser hat vor kurzem das Bauprojekt für einen revolutionären Bohrer abgeschlossen und seine Ergebnisse mit zwei zwielichtigen Arkoniden geteilt.
Wie genau das alles mit Mondras Entführung zusammenhängt, müsst ihr jetzt freilich selbst herausfinden. Perrys oberstes Ziel liegt jedenfalls darin Mondra zu retten, die er natürlich immer noch liebt.
Die Story ist interessant und die Zielvorgabe simpel genug, dass man sich relativ gut in dieses ultrakomplexe Sci-fi-Setting einfindet. Lobenswert ist weiterhin, dass man im ersten Spielabschnitt einen kleinen Flurabschnitt vorfindet, wo diverse Eckdaten von Handlungszyklen der Heftserie einzusehen sind. Auch im dritten Kapitel, einem Museum, kann man nettes Hintergrundwissen nachlesen. Den vollen Überblick werden jedoch nur die langjährigen Rhodan-Fans genießen, aber das macht nichts, denn die Spielwelt wurde dermaßen ansprechend und interessant gestaltet, dass man sich sofort heimisch fühlt. Und trotz des schier überwältigenden Hintergrundmaterials, schafft es das Spiel einen überraschend guten Flow aufzubauen. Ehrlich gesagt hatte ich damals nie das Gefühl, dass ich nun unbedingt 3000 Hefte nachlesen müsse, nur um in dieses Universum hineinzufinden. Und jetzt, nachdem ich ca. 120 Perry Rhodan Neo Ausgaben hinter mir habe, fällt es mir beim zweiten Spieldurchlauf natürlich leichter einige Dinge nachzuvollziehen. Vor allem die ganzen Alienspezies und deren Verhaltensweisen sind mir nun geläufig, und es freut mich zu sehen, dass der Wiedererkennungswert in diesem Spiel recht ordentlich umgesetzt wurde. Aber wie gesagt: Vom komplexen Hintergrund der Perry Rhodan-Franchise braucht man sich nicht abschrecken zu lassen.
Die altbekannte Problematik mit dem Doppelklick
Trotz des komplexen und exotischen Sci-fi-Settings orientiert sich das Gameplay an altbewährten Point & Click-Spielmechaniken. Die Spielwelt setzt sich aus 2D-Renderbildern und 3D-Charaktermodellen zusammen. Mittels Mausklicks werden NPCs angesprochen, Hotspots untersucht oder Durchgänge durchquert. Man sammelt Gegenstände ein, kombiniert diese gegebenfalls untereinander und nutzt sie anschließend, um an bestimmten Hotspots Problemstellungen zu lösen und somit im Spiel voranzukommen. Perry Rhodan – The Adventure bietet eine Hotspotanzeige, sowie eine Art Questlog, wo man die Aufgabenstellungen des jeweiligen Kapitels (sechs an der Zahl) einsehen kann. Mittels Doppelklick auf die linke Maustaste kann Perry rennen, damit sich die Backtracking-Einlagen nicht allzu sehr in die Länge ziehen.
Dummerweise wurde es versäumt diesen Doppelklick auch als Abkürzung für Ein- und Ausgänge zu integrieren. Diese Funktion des Doppelklicks wäre hier aber wesentlich nützlicher gewesen als die Rennfunktion. Allerdings ist ja schon aus anderen Point & Click-Adventures bekannt, dass sich die Entwickler dieser Spiele schwer tun, beide Funktionsweisen einzubauen. Für das Perry Rhodan-Adventure entschloss sich Braingame jedenfalls für die Rennfunktion und traf damit die falsche Entscheidung, da das Spiel einen großen Fokus auf Backtracking setzt. Die Aufgabenstellungen erfordern jedenfalls jede Menge hin- und herlatschen. Das ist nun nichts neues im Genre, allerdings ist das bei anderen Adventures nicht so schlimm, da man dort ja via Doppelklick abkürzen kann. Aber hier eben nicht. Mich persönlich hat dieser Makel zwar nicht so sehr gestört, aber andere Spieler könnten das anders sehen.
Eine kleine Eigenwilligkeit in Perry Rhodan – The Adventure, ist die Gesprächsführung mit NPCs. Diese wird nämlich nicht mit den sonst üblichen Dialogmenüs abgewickelt, sondern in dem man die Gegenstände und Gesprächsthemen aus der Inventarleiste auf die NPCs zieht. Und ja, Gesprächsthemen werden in der Inventarleiste abgelegt, was aber nicht stört, da man eh nie so viele Gegenstände und Themen mit sich führt. Die Leiste bleibt also trotz dieser Doppelbelegung immer recht übersichtlich.
Der Schwierigkeitsgrad ist etwas höher angesetzt als in einem durchschnittlichen Point & Click-Adventure. Bei meinen beiden Spieldurchläufen musste ich jeweils zwei mal zur Komplettlösung greifen. Vor allem das Schlussrätsel mit den beiden Kontrollkonsolen kann mich mal kreuzweise. Abgesehen von diesem Rätsel sind aber alle Problemstellungen durchaus aus eigener Kraft zu lösen, auch wenn man manchmal ganz schön herumprobieren muss, was aber auch irgendwie zu einem gescheiten Adventure gehört. Der Fokus liegt übrigens nicht auf den klassischen Inventarrätseln, sondern bietet eine gute Mischung aus Inventarrätseln, Informationsbeschaffung via NPC-Dialog sowie gut dosierten Puzzleaufgaben und Codes. Es wird ein wirklich gutes Maß an Abwechslung und Herausforderung geboten.
Etwas schade ist die Begrenzung der Speicherplätze auf neun Slots, von denen zwei für die Quicksave und Autosave-Funktion draufgehen. Im Grunde hat man also nur sieben Speicherslots zur Verfügung. Weiterhin lästig ist die Problematik, dass die Hotspot-Anzeige durch einen Scan-Grafikeffekt eingeleitet wird, welcher ein paar Sekunden andauert. In dieser Zeit kann man Perry nicht steuern. Das kann ziemlich nerven, ist jedoch nur ne harmlose Kleinigkeit.
Grafik, Sound und weiteres
Einer der ganz großen Vorzüge von Perry Rhodan – The Adventure sind die tollen Renderbilder, welche das abwechslungsreiche Sci-fi-Universum der Franchise wirklich hervorragend visualisieren. Jeder einzelne Screen ist ein kleines Kunstwerk und in die 3D-Charaktermodelle ist wesentlich mehr Mühe hineingeflossen als in die anderer Adventures, welche 2008 veröffentlicht wurden. Die 3D-Figuren werfen sogar Schatten und in bestimmten Ortschaften wandern diverse NPCs herum, die nur dazu dienen die jeweiligen Gebiete belebter zu gestalten. Dann sind da noch die Render-Cutscenes, welche einen weiteren grafischen Mehrwert bilden, auch wenn sie aus heutiger Sicht veraltet wirken. Seinerzeit waren sie aber richtig schick – wobei die Intro-Cutscenes selbst heute noch hübsch anzuschauen sind. Weiterhin lobenswert ist die gute Auflösung von 1280×1024 Bildpunkten, was zwar heutzutage wenig sein mag, aber damals für ein Adventure sehr vorbildlich war.
Leider hat sich bei den Cutscenes auch ein grober Fehler eingeschlichen. Perrys bester Freund Bully ist ja eigentlich ein harter Kerl Ende 30 und mit rotem Stoppelhaar. In den Render-Cutscenes sieht er jedoch aus wie Lex Luther aus der TV-Serie Smallville. Es ist mir ein Rätsel, wie man sich so einen groben Schnitzer erlauben kann, aber es liegt wohl daran, dass man die Erstellung der Rendersequenzen an ein externes Unternehmen abgegeben hat und nicht vernünftig mit denen kommunizierte. Dies ist aber nicht der einzige Logikfehler. Laut Perrypedia (ja, die gibt es) haben sich so einige Fehler dieser Art eingeschlichen, wie z.B. die Tatsache, dass Perry Rhodans Arkonidisch-Kenntnisse bestenfalls wackelig sind, was hinsichtlich der Heftserie schlichtweg falsch ist. Aber auch aus reiner Logik kann man ja wohl annehmen, dass jemand der ein politischer Führer ist und mit einer Arkonidin verheiratet war besagte Sprache lesen kann. Solche Schlampereien können einen harten Rhodan-Fan natürlich ziemlich verärgern, muss jetzt aber auch nicht auf die goldene Waagschale gelegt werden.
Der Soundtrack ist gelungen, es gibt einige gute Melodien, wie die mysteriös gehaltene Titelmelodie, welche einem direkt das Gefühl gibt etwas besonderes zu spielen. Allerdings nimmt der Soundtrack im laufenden Spiel dann keine große Rolle mehr ein. Hier wird dann eher mit Ambient-Klängen gearbeitet. Die deutsche Sprachausgabe ist im Großen und Ganzen hochwertig. Es gibt einige kleinere Ausrutscher wie die Stimme des Oberschurken, aber das sind Ausnahmen. Die meisten Sprecher klingen sehr angenehm, liefern tolle Arbeit und leisten ihren Beitrag zur hochwertigen Gesamtpräsentation des Adventures.
Leider gibt es das Spiel (noch) nicht über Online-Platformen wie Steam zu kaufen. Das bedeutet auch, dass es nicht für moderne Betriebssysteme angepasst wurde. Im Perry Rhodan-Forum (forum.perry-rhodan.net) gibt es jedoch Lösungsvorschläge, um die PC DVD-ROM-Version auch heutzutage noch betriebsbereit zu machen. Auch für die Fullscreen-Problematik (das Game läuft oftmals nur im Fenster) gibt es eine Lösung auf pcgames.de zu finden.