Path of Exile – Conquerors of the Atlas PLAYER’S VOICE
Heute möchte ich über die Geschichte des im Atlas verschollenen Expeditionsteams sprechen. Eine Story aus der Erweiterung „Conquerors of the Atlas“, welche bereits Ende 2019 in Path of Exile Einzug fand. Vorab aber noch eine Spoilerwarnung, obwohl die meisten PoE-Spieler die Inhalte bereits kennen sollten.
Doch um was handelt es sich in etwa nun?
Zana kennen wir ja bereits, die junge Frau, ihr Vater war „der Schöpfer“ (The Shaper). Seit einiger Zeit schon steht Zana uns zur Hilfe bereit. Sie war auch diejenige, die besagtes Team für die Mission in den Atlas geführt hat. Aber welche Mission? Es war die Aufgabe des 6-köpfigen Teams, den Ältesten aufzuspüren (Endboss: The Elder) und dingfest zu machen, sodass er keine Gefahr mehr für Wraeclast – oder für die irdische Welt – darstellen möge. Soweit so gut. Eine kleine hochmotivierte Mannschaft für ein ehrbares Ziel.
Ein neuer Epilog führt in unserem Abenteuer zu Kirac, Offizier der neuen Bürger-Vorhut in Oriath. Dieser ersucht bei uns Hilfe, denn sein Bruder werde vermisst. Als Teil eines Expeditionsteams sei er im Atlas verschollen. Und selbstverständlich unterstützen wir Kirac bei der Suche und machen uns auf in die fremden Welten… Doch statt des Bruders treffen wir auf ein bekanntest Gesicht: Zana. Laut der hübschen Rothaarigen ist der Rest des Teams dem Wahnsinn verfallen. Also hat die Gute mal eben alle, sich selbst eingeschlossen, im Atlas versiegelt.
(Wait, what?!)
Letztendlich muss ich gestehen, dass ich den Beginn der Story nicht genau durchgelesen habe. Aber die Mission war klar. Die 4 Endgegner finden und besiegen und am Ende Sirus finden und ebenfalls besiegen. Nur ganz so einfach war die Story letztendlich doch nicht…
Baran – Der Kreuzritter
Baran ist der Erste, auf den wir treffen, ein Templer. Sein erster Tagebucheintrag enthält ein Testament, denn der große Kampf gegen den Ältesten steht bevor. Und wie Kiracs Bruder schreibt, schätzt er „selbst mit Gottes Gnade“ die Chancen auf Erfolg gering ein. Ein gottesfürchtiger Mann, der in dunkler Stunde an seine Lieben denkt. Sehr menschlich und gar nicht „endgegnerhaft“. In seinem zweiten Eintrag hinterlässt Baran einen Brief, vermutlich an seine Liebste:
„Meine liebe Landren, es scheint, als würden wir diesen merkwürdigen Ort niemals verlassen. Unsere Führerin behauptet, das Gerät, mit welchem wir hergekommen sind, sei kaputt gegangen und könne nicht repariert werden. Und dass es ein Wunder bräuchte, einen Weg nach Hause zu finden. Leider wissen wir, wie gut unsere Chancen auf ein Wunder stehen.“
Aber nanu? In Zanas Erzählung klang das ein wenig anders. In diesem Tagebucheintrag schreibt Baran in Briefform unter anderem davon, wie sehr er sich wünsche, „ein paar weitere kostbare Momente mit ihr verbracht zu haben und ihre Hand ein letztes Mal in seiner zu spüren.“ Spätestens jetzt fühle ich eigentlich nur noch Mitleid diesem „Boss“ gegenüber. Aber das ist erst der Anfang einer ganzen Kette von Ereignissen… Denn der Weg führt uns bereits zum nächsten versiegelten Expeditionsmitglied.
Al-Hezmin – Der Jäger
Darf ich vorstellen: Al-Hezmin, der wahrlich größte Jäger aller Zeiten! Das denkt unser Kollege zumindest von sich selbst. Und verrückt war dieser sicher schon immer irgendwie. Allerdings zählen seine Tagebucheinträge zu den interessantesten und vielleicht auch den ehrlichsten.
„Baran: Sein Tagesablauf ist auf das Gebet ausgerichtet. Alle anderen Aktivitäten sind flexibel, auch Essen und Trinken, aber die Gebetszeit wird niemals verschoben. Schmerzen in den Knien.
Veritania: Besteht jede Nacht darauf, zu lesen. Keine Ahnung woher sie die Bücher hat. Interessiert mich aber auch nicht wirklich. Redet im Schlaf. Allerdings nur Geräusche – keine erkennbaren Worte.
Zana: Verbirgt etwas Wichtiges. Bin mir noch nicht sicher, was es ist. Wahrscheinlich hängt es mit dem zusammen, was der vorherigen Gruppe passiert ist. Behält uns immer im Auge.
Drox: Großmaul. Waffenübungen bis tief in die Nacht. Manchmal höre ich ihn am frühen Morgen durch das Lager patroullieren. Auch er muss schlafen, aber ich habe keine Ahnung, wann.“
Wie man sieht, notiert Al-Hezmin stichwortartig das Verhalten seiner Kameraden, was schon ein wenig von Paranoia hat. Und auch er traut Zana nicht über den Weg – da hätten wir im Übrigen was gemeinsam. Im zweiten Tagebucheintrag gibt es noch ein interessantes Detail:
„Sirus: Still, aber wenn er spricht, dann mit Autorität. Mag Zana? Da läuft definitiv etwas.
Der Dämon: Böse, böse, böse. Keine erkennbaren Motive. Keine erkennbare Schwäche. Völlig stumm. Wir müssen in seiner Gegenwart wirklich, wirklich vorsichtig sein. Wahrscheinlich ist es besser, einfach wegzurennen.“
Mit dem Dämon ist offensichtlich der Älteste, den das Team jagen soll, gemeint. Und menschlicherweise hat unser Jäger wohl genauso viel Angst vor der Begegnung, wie unser gottestreuer Templer Baran.
Veritania – Die Erlöserin
Veritania. Die Disziplinierte. Die Prinzipientreue. Die Reine (oh wow). Die Erlöserin? (okay…). Wir sehen schon – Veritania hält offenbar große Stücke auf sich, entspringen schließlich eine Menge idealisierender Titel ihrer Kreativität. Oder – es ist einfach ihre ganz eigene Art, mit der Nervosität, der Angst, welche die Expedition zwischen den Welten mit sich bringt, umzugehen. In ihrem zweiten Tagebucheintrag schreibt sie:
„Bevor wir Sirus verloren, hätte ich die anderen Verbannten für eine kurze Zeit als Freunde bezeichnet. Vielleicht sogar als Familie. Ständig ins Angesicht des Todes zu blicken ließ ein gewisses Band zwischen uns entstehen und sorgte dafür, dass wir uns fokussierten… aber wir starben nicht. Sirus opferte sich und wir trugen den Sieg davon.“
Ich kann mir das gut vorstellen, wie sie alle nach Sonnenuntergang am Lagerfeuer beieinander sitzen. Wie sie dabei zusammen zu Abend essen, sogar miteinander lachen. Fern der Heimat. Doch die folgenden Zeilen machen bereits den unterschwelligen Eindruck, dass die Isolation Veritania nicht gut tut:
„Ich würde mich nicht als verbittert bezeichnen, aber ich sehe die anderen fallen, während ich an meinen Überzeugungen standhaft festhalte. Drox glaubt, er könne hier ein neues Land schaffen, mit sich selbst als König. Sein Stolz treibt ihn immer weiter von mir weg. Al-Hezmin fordert immer gefährlichere Gegner zum Kampf heraus, in dem vergeblichen Versuch, seine Fertigkeiten im Kampf zu verbessern und sich stärker als Drox oder Baran zu beweisen. Eine merkwürdige Art Neid, die sowohl seine Seele als auch das Land um ihn herum vergiftet.“
Drox – Der Kriegsherr
„In diesen unberührten Landen gibt es immer noch einen weiteren, grüneren Hügel hinter dem Horizont. Einst verbannt und ohne jeden Besitz, habe ich nun ein Reich gefunden, wo das Leben neu beginnen kann. Jetzt, da der Älteste und der Schöpfer Vergangenheit sind, können wir hier ein Königreich des Rechts und Gesetzes errichten. Wir können die militante Herrschaft der Templer hinter uns lassen. Nie wieder werden wir die Mächtigen zu fürchten haben, denn ich werde es sein, der uns anführt und durch meine Stärke soll das Gesetz gleich und gerecht für alle sein.
Ein Traum, vielleicht, aber einer, den ich durch Gewalt Wirklichkeit werden lassen kann. Jedes Tal, dessen Bedrohungen ich ausmerze, ist eines mehr für die Menschen, die ich eines Tages herbringen werde. Sie werden frei und ich ihr Herrscher sein, der durch den Respekt des Volkes regiert, nicht durch Furcht oder Religion.
Drox der Gerechte“
Größenwahnsinnig? Vielleicht ein bisschen. Aber ganz ehrlich, ich kann gar nichts anderes glauben, als dass Drox schon immer so war. Da dies als sein erster Tagebucheintrag erst nach dem Kampf gegen den Ältesten verfasst wurde, ist das allerdings schwer zu sagen.
Doch nun komme ich mal langsam zum Finale.
Sirus – Erwecker der Welten
Die Konfrontation mit Sirus – man möge mir die Langsamkeit meiner Reflexe sowie meine Unerfahrenheit im Kampf vergeben!
Auch aus seinem Tagebuch durfte ich lesen und ich bekam den Eindruck eines jungen Mannes, der labil, unsicher und auch ein wenig verliebt war. Sirus, der Anführer des Expeditions-Teams, obwohl ihm dabei nicht ganz wohl war:
„Ich hasse diesen Ort. Ich hasse, zu welchen Taten er uns treibt. Ich will nicht für diese Menschen verantwortlich sein, weil ich nicht glaube, dass wir das hier überleben. Es wird alles meine Schuld sein.“
Er spürte die Gefahr, die auf sie zukam und fühlte sich schuldig, da er der festen Überzeugung war, die anderen in den Tod zu führen. Ein sehr selbstloser Tagebucheintrag. Ist das wirklich unser „finaler Boss“?
„Wenn es Zana nicht gäbe …
Wenn es Zana nicht gäbe, wäre ich wohl immer noch unglücklich.
Für sie werde ich es tun.“
Einfach nur ein armer, hoffnungslos verliebter Kerle, der aus Liebe blind gegen seine eigenen Instinkte handelt? Jetzt könnte man darüber spekulieren, ob Zana etwas von seinen Gefühlen geahnt hat, denn schließlich ist sie eine intelligente Frau. Ich persönlich würde ihr zutrauen, dass sie einen Weg finden würde, die Situation zu ihrem Vorteil zu nutzen. Aber das ist nur meine eigene Verschwörungstheorie. An der Oberfläche der Story mochte Zana ihn ebenfalls.
„Ich dachte, ich wäre so mutig wie kaum ein anderer.“
„Aber was ich heute gesehen habe, hat mich bis ins Mark erschüttert. Es kam aus dem Nichts, wie ein Nebel über der Wasseroberfläche, begleitet von zahllosen formlosen … Gestalten. Mein Herz blieb förmlich stehen. Gänsehaut, am ganzen Körper, wirklich überall. So viele Arme, Arme in allen Richtungen, und der Mund … ein endloser schwarzer Abgrund. Es war das Monster, das wir verfolgt hatten. […] Ich hatte noch nie so viel Angst. Nur durch seine Anwesenheit fühlte ich, wie mir mein Leben entrissen wurde und sich wie Zucker in Wasser auflöste.“
Letztendlich war Sirus sein Ende einfach nur tragisch, was sehr deutlich aus seinem letzten Tagebucheintrag hergeht, in welchem er beschreibt, wie er von seinen Kameraden, seinen Brüdern und Schwestern, wie er sie nennt, zurückgelassen wurde. Und wie ihn auch Zana verlassen hat.
„Ich erinnere mich an ein Licht, das von einer Kugel aus Dunkelheit verschlungen wurde. Stillstand. Ich erinnere mich, wie seine Hände nach etwas griffen, um sich daran festzuhalten. Verzweiflung. Ich erinnere mich, wie ich einen Schritt nach vorne machte. Ich dachte nicht an mich oder an Oriath. Ich dachte an meine Freunde und an meine Brüder und Schwestern, deren Leben von mir abhingen. Ich erinnere mich, wie sein kalter Griff fester wurde. Dann verschwand ich.
Ich erinnere mich an … Glas. Eingeschlossen in Glas. Ich konnte mich nicht bewegen. Nicht sprechen. Ich habe alles gesehen. Ich habe sie gesehen. Wie sie mich zurückließen. Wie sie mich zurückließ. Es ging alles so schnell. Tausend Tage und Nächte vergingen in einem einzigen Moment. Dann …
Nichts. Ich fühlte nichts. Keine Traurigkeit, keine Wut. Keine Freude. Keinen Schmerz. Keine Lust. Ich war frei. Frei zu gehen, wohin ich wollte. Frei von Verlangen. Frei, das Universum so zu sehen, wie es ist.
Leer.„
Hat er sich also geopfert? Wurde er geopfert? Wurde er von der Frau, die er liebte, betrogen und im Stich gelassen? Oder ist es nur ein Hirngespinst, gesponnen aus den Weben seines Wahnsinns? Und eine letzte Frage: Werden wir jemals eine zufriedenstellende Antwort erfahren?