Onimusha: Warlords REVIEW
Resident Evil im mittelalterlich, feudalistischen Japan? Tatsächlich ging Onimusha aus einem geplanten Resident Evil bzw. Biohazard-Ableger hervor. Die Idee dieses Ablegers war es die Spielmechanik ins Setting des feudalistischen Japans zu verschieben und den Spieler in die Rolle eines Ninja schlüpfen zu lassen. Erscheinen sollte das Ding ursprünglich für das N64. Natürlich ist alles ein wenig anders gekommen. Statt ein neuer Teil einer altbewährten Serie zu werden, wurde aus dem guten Stück eine neue Marke kreiert und auch die Veröffentlichung auf dem N64 hat nicht mehr ganz hingehauen. Stattdessen wurde Onimusha: Warlords zu einem der ersten größeren Produktionen für die damals neue PS2-Konsole. Wieviel Survival-Horror nach Capcom-Manier noch in Onimusha drinnen steckt oder nicht, wollen wir uns im folgenden Review näher anschauen. Das wir über ein gutes Spiel reden steht nämlich außer Frage und möchte ich bereits an dieser Stelle erwähnt haben.
Videogame Story-Klischee No 1.: Rette die Prinzessin!
Bevor sich unser Held Samanosuke Akechi und seine Ninja-Gefährtin Kaede auf die Rettungsmission begeben können, bekommt der Spieler erst mal ein bombastisch inszeniertes Intro zu Gesicht, welches die Vorgeschichte und Rahmenhandlung der eigentlichen Story etwas näher beleuchtet. Dort erleben wir, wie der Feldherr Nobunaga Oda im Jahre 1560 seinen Konkurrenten Yoshimoto Imagawa trotz unterlegener Truppenanzahl erfolgreich überrumpelt. Allzu lange kann Oda seinen Sieg allerdings nicht genießen, da er kurz darauf einen Pfeil in den Hals geschossen bekommt und somit wortwörtlich an seiner dreckigen Lache erstickt.
Seit jenem Tag ist ein Jahr vergangen. Der Samurai Samanosuke, der seinerzeit auf Seiten Imagawas gekämpft hatte, erhält einen Brief von seiner Cousine Prinzessin Yuki. In letzter Zeit geschehen unheimliche Dinge in ihrem Heimatschloss Inabayama. Bedienstete verschwinden spurlos, Yuki befürchtet, dass menschenfressende Monster ihre Hände im Spiel haben und bittet Samanosuke sie dort herauszuholen, um zu verhindern, dass sie selbst zum Opfer wird. Als unser Held am Zielort eintrifft, muss er recht schnell feststellen, dass die Befürchtungen seiner Cousine keinesfalls aus der Luft gegriffen waren. Vor seinen Augen wird Yuki von Dämonen entführt. Ein besonders großes und hässliches Dämonexemplar befördert den Samurai in glänzender Rüstung kurz darauf mit einem kräftigen Schwinger seiner Keule ins Land der Träume. Dort erhält er jedoch unerwartete Unterstützung in Form des Oger-Clans. Die Onimusha (dt. Oger-Krieger) waren eine Gruppe von Kriegern die ausgestattet mit den Kräften der Oni/Oger die Menschheit vor den Dämonen schützten, jedoch letztendlich von ihren Widersachern ausgelöscht wurden. Sie übertragen Samanosuke ihre Kräfte in Form eines Panzerhandschuhs, der die Fähigkeit besitzt Seelen getöteter Dämonen aufzusaugen und mit diesen magische Waffen zu kreieren und zu verbessern. Derart gerüstet eilt unser Held dem Dämonenpack nach, um Yuki zu retten. Natürlich ist die Entführung nur die Spitze des Eisberges. Der eigentliche Plan der Dämonen hängt offensichtlich mit dem getöteten Nobunaga Oda zusammen. Doch wie genau die oben geschilderten Ereignisse zusammenhängen müsst ihr schon selbst herausfinden.
Sicherlich ist die Handlung um machtgeile Kriegsherren, entführte Prinzessinnen und böse Dämonen nichts weltbewegendes (und im Falle von Onimusha auch etwas verworren erzählt). Durch eine tolle Präsentation in Form von sehr schicken Rendersequenzen, sympathischen, wenn auch oberflächlichen, Charakteren und einem netten Schauersetting wird jedoch vieles wieder wett gemacht. Leider hat man es bei den Mono- und Dialogen stellenweise zu gut gemeint. Onimusha: Warlords trieft geradezu vor Pathos, was eher für unfreiwillige Komik als Dramaturgie sorgt. Samanosuke selbst hat ja schon eine recht pathetische Ausdrucksweise, aber vor allem die verbalen Ausdünstungen der hochrangigen Dämonen kann man da beim besten Willen nicht mehr ernst nehmen. Macht euch also auf einige Facepalm-Momente gefasst. Zugegebenermaßen verbreiten diese schauspielerischen Übertreibungen aber auch einen gewissen Charme. Die Handlung sollte man sowieso nicht zu ernst nehmen, denn mit historischen Begebenheiten hat das ganze nur am Rande etwas zu tun und endet spätestens ab dem Zeitpunkt, wo Nobunaga Oda’s Hals Bekanntschaft mit einem Pfeil macht. Dafür wird feinstes Popcorn-Kino nach Hollywood-Manier geboten!
Hack’n’Slay mit Tank-Steuerung – ob ihr’s glaubt oder nicht, aber das funktioniert!
Ich bin ja eigentlich kein Freund der langsamen Tank-Steuerung,* wie sie seinerzeit gerne für mancherlei große Action-Adventure-Serie verwendet wurde (*benannt nach schwerfälligen Drehbewegungen von Panzerfahrzeugen). Wer damit nicht vertraut ist, hier eine kleine Einführung: Gesteuert wird die Spielfigur ausschließlich mit dem Steuerkreuz. Mit links und rechts bewegt sie sich um die eigene Achse mit hoch läuft sie nach vorne, wobei jedoch die Blickrichtung der Spielfigur angesteuert wird. Mit unten schlussendlich geht sie in der Regel langsam rückwärts, statt sich umzudrehen oder zurückzurennen. Es ist ein eigenwilliges Steuerungsschema an welches man sich erst mal gewöhnen muss. Als Kind hab ich es wie die Pest gehasst und daher jedes Game, welches dieses Kontrollschema verwendet wie eine Krankheit gemieden (dazu gehören Titel wie Tomb Raider und Resident Evil). Umso überraschter war ich daher, dass sich meine Schwierigkeiten in dieser Hinsicht bei Onimusha in Grenzen hielten. Der Grund hierfür mag sein, dass dieses Schema durch die flotten Hack’n’Slay-Kämpfe überlagert wird. Da man einen Gegner per Tastendruck fixieren kann, kommt einem die „Tank-Steuerung“ nicht so sehr in die Quere wie befürchtet und der Spieler kann sich auf den eigentlichen Kampf konzentrieren. Jene Kämpfe basieren in der Grundbasis auf unkomplizierten Hack’n’Slay-Buttonmashing, welches jedoch durch diverse Möglichkeiten wie blocken, umkreisen des Gegners und Tritte angereichert wurde. Es ist sogar möglich am Boden liegende Monster zu pinnen, um ihnen ein schnelleres Ende zu bereiten. Sollte Samanosuke hingegen im Staub landen, kann er sich am Boden abrollen, um feindlichen Angriffen zu entgehen.
Beseitigte Dämonen hinterlassen ihre Seelen, die als leuchtende Energiekugeln durch die Luft schweben und mithilfe des Panzerhandschuhs aufgesaugt werden können. Dahinter verbirgt sich ein simples RPG-Element. Samanosuke findet im Verlauf seines ca. 6-stündigen Abenteuers drei magische Orbs, die in Verbindung mit seinem Katana in die drei Elementar-Schwerter Raizan (Blitz-Element), Enryuu (Feuer-Element), und Shippuu (Wind-Element) verschmelzen. Jedes dieser drei Schwerter umfasst neben individuellen Vor- und Nachteilen auch einen spezifischen magischen Spezialangriff, welcher clever eingesetzt so manche kritische Situation entschärfen kann. Mithilfe der gesammelten Seelen können nun sowohl die drei Schwerter als auch ihre entsprechenden Orbs bis zu Stufe 3 hochgelevelt werden, um deren Leistung zu steigern. Diese Aktion kann jedoch nur an einem Speicherpunkt durchgeführt werden. Neben den rötlichen „Exp“-Seelen gibt es auch noch die regenerativen grünen und blauen Seelen. Erstere regenerieren den eigenen Heilbalken und letztere den Magiebalken zum wirken der Spezialangriffe.
Es lassen sich auch ein Bogen und ein Gewehr auftreiben, mit denen man die Gegner aus der Distanz aufs Korn nehmen kann. Aber Vorsicht! Die Munition ist begrenzt und will erst mal zusammengeklaubt werden, weswegen man besser sparsam damit umgehen sollte. Selbiges gilt übrigens auch für die Heilgegenstände.
Wer dem Survival-Horror-Aspekt nachtrauert, darf sich zumindest auf die Kaede-Abschnitte freuen. Im Gegensatz zu Samanosuke muss sie ohne magisch gepimpte Waffen, Orbs und Seelen auskommen. Ihr Anteil am Abenteuer beträgt zwar nur ca. eine der sechs Spielstunden, diese dürfte dafür aber in Sachen Schwierigkeitsgrad ein gutes Stück anspruchsvoller ausfallen als Samanosukes Gemetzel. Da das Spiel über weite Strecken eher zur leichteren Sorte gehört, ein willkommener Ausgleich.
Abseits der Kämpfe erwarten den Spieler simple Rätseleinlagen. Neben kinderleichten Item-Rätseln gibt es da zum Beispiel noch ein ebenfalls leichtes, wenn auch zeitgebundenes Schiebepuzzle sowie die Truhenrätsel. Bei Letzteren gilt es ein kleines Zahlenrätsel zu lösen oder den korrekten Symbolcode einzugeben. Für den benötigten Symbolcode bedarf es einiger Hinweise in Form von Büchern und Schriftstücken, die sich hier und da auffinden lassen. Anspruchsvolle Hirnverrenkungen sollte man jedoch keinesfalls erwarten.
Um das recht kurze Abenteuer etwas auszudehnen, haben die Entwickler zwei Nebenaufgaben eingebaut. Da hätten wir einmal das Dunkle Reich, eine Art Kampfarena in der man um zusätzliche Gegenstände metzeln darf und die 20 versteckten Fluorit-Steine. Wer alle Fluorits findet, schaltet nach dem Abspann ein Bonus-Minigame namens Oni-Geister frei. Dort soll man unter stetigem Verlust der Lebensenergie Vasen zertrümmern und genügend Seelen pro Levelstufe saugen, um voranzukommen. Hat mich ehrlich gesagt nicht sonderlich begeistert. Wer’s Minigame trotzdem durchzieht bekommt den Ultimate-Modus als Belohnung, wo man mit bester Ausrüstung und unendlich Munition zocken darf oder so ähnlich. Schlechte Spieler können hingegen einen Easy-Modus „freispielen,“ wenn sie bereits frühzeitig im Spiel dauernd verrecken. Kann mir aber nicht vorstellen, dass den jemand ernsthaft benötigt.
Grafik, Sound und weiteres
In grafischer Hinsicht orientiert sich das Spiel an altbewährten Schemata. Wie in den damaligen Resident Evil-Spielen, diversen JRPG’s und unzähligen Point & Click-Adventures steuert man seine 3D-Helden durch wunderschöne, detailverliebte Renderbilder. Wird die Power der PS2 damit ausgenutzt? Nicht wirklich, aber dieser Grafkstil hat die Zeit nicht umsonst überdauert, denn Renderbilder sehen einfach geil aus! Hinzu kommt, dass die 3D-Figuren richtig toll gestaltet wurden! Wenn ich daran denke wie stocksteif und verkrampft die 3D-Modelle heutiger(!) P&C-Adventures modelliert und animiert werden, ist es beschämend festzustellen, dass ein altes PS2-Game von 2001 in dieser Hinsicht besser aussieht als das, was man heutzutage in Adventures vorgesetzt bekommt. Auch die Präsentation der Zwischensequenzen kann vollauf überzeugen. Egal ob Ingame-Grafik oder Rendervideos: Capcom hat sich richtig ins Zeug gelegt, die Augen des Spielers zu verwöhnen! Lediglich die PAL-Balken nerven, aber die fallen nach einiger Spielzeit auch nicht weiter auf.
Der Soundtrack kann ebenfalls voll überzeugen. Die Tracks passen ideal zum mittelalterlich japanischen Schauersetting und unterstützen die Atmosphäre hervorragend. Einige euphorisch-epische Melodien unterstützen wiederum den angestrebten Filmflair. Was ich von der englischen Sprachausgabe halte (schade das man sich eine Deutsche gespart hat), habe ich ja schon im Storysegment dargestellt. Sie ist keineswegs schlecht, doch lassen sich gewisse „Fehltritte“ nicht leugnen. Apropos Filmflair: Capcom hat es sich nicht nehmen lassen den Hauptcharakter Samanosuke Akechi von Schauspieler Takeshi Kaneshiro verkörpern zu lassen.