Need for Speed REVIEW
Für gewöhnlich veröffentlicht Electronic Arts in einem regelmäßigen Abstand von einem Jahr einen neuen Teil der Need for Speed-Reihe. Dass diese dabei nur mehr oder weniger gut bei der Presse und bei den Fans ankamen, schien dem Entwickler scheinbar ziemlich egal zu sein – Hauptsache man kann ein neues Produkt vorzuweisen. Nachdem man mit Need for Speed Rivals einen ganz ordentlichen Titel veröffentlichte, entschied man sich doch zu einer kreativen und schöpferischen Pause, um der Serie neuen Schwung zu verleihen. Nun will man 2015 wieder zurück zu den Wurzeln der Serie zurückkehren und Ghost Games veröffentlicht mit Need for Speed (Man verzichtet bewusst auf einen Beinamen) eine Anlehnung an die erfolgreiche Vergangenheit. Doch ob dieser Schritt gelungen ist, oder ob man den Karren endgültig gegen die Wand gefahren hat, erfahrt ihr wie gewohnt in unserem Test.
Kann man das Story nennen?!
Die meisten Rennspiele sind nicht gerade bekannt für eine gelungene Geschichte die während des Spielens erzählt wird. In den vergangenen Teilen der Need for Speed-Reihe ging es häufig darum, sich einen Namen in der Underground-Szene zu machen, oder eine Top 15-Liste in verschiedenen Rennen herauszufordern. Hat es also Ghost Games geschafft in der kreativen Pause eine gelungene Handlung zu erschaffen und den Spieler in der Spielwelt zu fesseln? Nein, ganz im Gegenteil ! Die Handlung von Need for Speed, falls man diese überhaupt so nennen darf, hätte man sich auch getrost schenken können. Diese bietet nicht viel mehr als immer wieder auftauchende Zwischensequenzen, die wenigstens durch hübsche Realfilmsequenzen dargestellt werden. In diesen Sequenzen, die wir auch einfach überspringen können, erfahren wir eigentlich nicht viel über die einzelnen Charaktere, und eine Geschichte wird eigentlich auch nicht erzählt. Stattdessen hören wie klischeehafte Sprüche aus den Mündern der schwach auftretenden Schauspielern. Das darf und kann Electronic Arts sicherlich besser, aber scheinbar legt man auf eine gute Handlung keinen Wert
Doch damit nicht genug: So hat hatte man den „grandiosen“ Einfall, ein Handy in das Spiel zu integrieren, das gefühlt alle 30 Sekunden klingelt und wir einen Anruf der anderen Crew-Mitglieder erhalten. Zu Beginn des Spiels finden wir das Feature ja noch cool und es hat zur Atmosphäre beigetragen. Als wir dann aber auch noch während eines Events angerufen wurden nur um gefragt zu werden, warum wir nicht bei dem Event des Anrufers sind, fühlten wir uns doch sehr genervt. Leider zieht sich dies durch den ganzen Verlauf des Spiels, abschalten kann man das Handy leider nicht, und nicht angenommene Anrufe wiederholen sich bereits nach einigen Minuten wieder.
Wenig Abwechslung und eine seltsame KI
In der glorreichen Vergangenheit konnten besonders die beiden Teile von Need for Speed Underground mit zahlreichen unterschiedlichen Events für eine gelungene Abwechslung im Alltag eines Streetracers sorgen. Der große Neuableger Need for Speed hingegen verzichtet komplett auf beispielsweise das beliebte Drag-Rennen, bei dem es auf den richtigen Moment zum Schalten ankommt und wir gezielt dem Gegenverkehr ausweichen mussten. Das neue Need for Speed bietet neben den bekannten Sprintrennen, Rundkursrennen und Driftrennen nur wenig Abwechslung. Diese unterscheiden sich höchstens noch darin, ob man eine vorgegebene Zeit schlagen muss oder vor den Gegnern das Ziel erreichen sollte.
Natürlich bietet Need for Speed wieder eine große und frei befahrbare Spielwelt, in der wir neuerdings auch einige Sammelobjekte finden können. Dazur zählen unter anderem Aussichtspunkte oder Gratis-Teile zum Tunen unseres Autos. Wir hatten allerdings den Eindruck, dass man damit die Spielzeit künstlich strecken wollte, denn die Gratis-Teile sind für das perfekte Auto absolut nicht notwendig und einen Bonus erlangen wir durch die Sammelobjekte auch nicht.
Das größte Problem des Spiels ist allerdings weder die nicht vorhandene Story, oder die kaum existierende Abwechslung, sondern die erschreckend seltsame KI, die bei uns mehrmals ein Kopfschütteln hervorrief. Wir lesen immer wieder das Wort Gummiband-KI und können dieses Wort nur bestätigen. Doch was verbirgt sich hinter dieser skurrilen Bezeichnung? Wir merken wie uns die KI in engen Kurven oft rasant überholt, um dann auf der nächsten Geraden uns wieder mühelos vorbeiziehen zu lassen. Dies erlebten wir auch nur wenige Checkpoints vor dem Ziel und uns war schnell klar, dass wir das Rennen nicht aufgrund unseres Könnens gewonnen haben.
Fahrerisches Können wird besonders zu Beginn eh nur selten von euch abverlangt, denn die vorgegebenen Zeiten sind meist so locker gesetzt, dass wir mindestens 20-30 Sekunden vor Ablauf ins Ziel kommen – wohl gemerkt selbst mit einigen Fahrfehlern und kleineren Unfällen. Eine wirkliche Herausforderung suchen wir vergebens, einzig in den letzteren Events zum Ende des Spiels zieht der Schwierigkeitsgrade dann ein klein wenig an. Anspornend sind höchstens die Vergleiche zu Freunden, die wir zu jedem Rennen einsehen können und natürlich auch schlagen wollen. Das sorgt immerhin für ein klein wenig Motivation, die sonst nur selten aufkommt.
Miese Tuningoptionen und ein erschreckendes Fahrverhalten
Zu Beginn des Spiels können wir wie gewohnt aus einem von drei zur Verfügung stehenden Fahrzeugen auswählen, mit dem wir die ersten Events fahren. Im späteren Verlauf können wir uns in der Garage bis zu 5 Fahrzeuge kaufen, welche wir aus einem umfangreichen Pool an diverser original lizenzierter Autos aussuchen können. Darunter vertreten sind Marken wie VW, Subaru oder Ford, aber auch PS-stärkere Hersteller wie Porsche, Lamborghini oder Ferrari, welche wir uns aber erst spät im Spiel leisten können.
Haben wir uns für ein favorisiertes Auto entschieden, so können wir für weiteres Geld sowohl die Leistung verbessern und die Optik verschönern. Im Leistungstuning stehen uns zahlreiche Optionen zur Verfügung, so dass die Höchstgeschwindigkeit immer weiter hochgezüchtet werden kann. Natürlich beschränkt sich das Tuning nicht nur auf die Leistung unserer Fahrzeugs, es steht auch wieder das bekannte Optiktuning zur Verfügung. Doch hier merken wir schnell, dass uns zu bestimmten Zonen am Auto nur sehr wenige Tuningteile zur Verfügung stehen, auch von den Aufklebern, den sogenannten Decals, die unser Fahrzeug zu einem Unikat machen sollen, stehen zwar zahlreiche zur Auswahl, allerdings vermissen wir die richtig coolen Designs aus älteren Teilen doch sehr.
Neue Tuningteile schalten wir durch sogenannte REP-Punkte frei, die wir sowohl in diversen Events, als auch in der freien Fahrt erhalten können. Wir können sie dabei in den Kategorien Crew, Outlaw, Schrauber, Speed und Style bekommen. REP sind eigentlich nur Erfahrungspunkte, die uns bis zum maximalen Level 50 begleiten. Je höher wir in diesem Level steigen, umso mehr Tuningteile schalten wir für unser Fahrzeug frei. In der Garage haben wir die Möglichkeit unsere Auto an die jeweiligen Rennen anzupassen und genaue Einstellungen vorzunehmen. Wir können die Regler sowohl in Richtung Grip, besonders für schnelle Rennen wichtig, als auch in Richtung Drift schieben, um leichter viele Punkte im Driftcontest zu erlangen.
Doch leider merken wir schnell, dass das Fahrverhalten, egal in welche Richtung verschoben, sich verdammt unrealistisch anfühlt. Natürlich erwarten wir von einem Need for Speed keine Simulation wie beispielsweise ein Forza aufweisen kann, dennoch hat Electronic Arts hier eine äußerst schwache Fahrphysik erschaffen. Haben wir uns für die Option des Driftens entschieden bricht unser Heck bereits bei der kleinsten Bewegung des Sticks aus und wir erlangen bei höheren Geschwindigkeiten nur schwer wieder Kontrolle über unser Gefährt. Und auch bei der Grip-Einstellung haben wir teilweise Schwierigkeiten unser PS-Monster um die Kurve zu bekommen. Was man sich hier bei Electronic Arts gedacht hat, können wir leider nicht nachvollziehen.
Ein weiterer Kritikpunkt in der frei befahren Welt von Need for Speed ist die Polizei. Diese taucht gelegentlich in Rennen, aber auch mal während wir frei Ventura Bay befahren, auf. Bis zu einer Geldstrafe von 500 Dollar können wir anhalten und diese Strafe bezahlen, oder aber wir entscheiden uns zur Flucht und versuchen zu entkommen. Wobei versuchen da wirklich das falsche Wort für ist, denn in Need for Speed ist es wahrlich keine große Kunst vor der Polizei zu entkommen. Die KI der Polizeifahrer ist milde ausgedrückt „dümmer als die Polizei erlaubt“ und fordert uns selbst mit PS-schwächeren Autos kein bisschen. Drücken wir einmal auf das Gaspedal und zünden den Nitro dazu, sind wir schneller entkommen als wir bis drei zählen können. Dies macht durch den niedrigen Anspruch die Outlaw-Aufgaben zu einer nervigen Beschäftigung, da wir vor der Polizei spazieren fahren müssen, um nicht zu früh zu entkommen.
Ausschließlich nachts unterwegs
Need for Speed spielt ausschließlich in der Dunkelheit. Insgesamt gibt es drei unterschiedliche Zeiten, die Morgendämmerung, die Abenddämmerung und die tiefe Nacht, in der man die schön beleuchteten Straßen besonders gut bewundern kann. Ja, nach all der Kritik macht Need for Speed auch einiges richtig. Ghost Games hat sich in Sachen Inszenierung und Detailgrad sehr viel Mühe gegeben und diese soll nun auch ein Lob von uns bekommen. Die Autos in Need for Speed sehen vorbildlich aus und gleichen ihren Vorbildern sehr. Auch die tollen Lichteffekte in der Dunkelheit von Ventura Bay können absolut überzeugen und zeigen, dass es doch zumindest die grafische Abteilung bei Ghost Games drauf hat. Auch die Zwischensequenzen mit den echten Schauspielern sehen wirklich klasse aus. Ab und zu steht dann sogar unser aktuelles Auto im Hintergrund und wir müssen mehrmals hinsehen, um zu erkennen, dass dies eben kein abgefilmtes Fahrzeug ist in der Szene, so echt wirkt es.
Beim Sound sind wir leider eher zwiegespalten – ein Lob bekommen auch hier wieder die Fahrzeuge und die Motorengeräusche, denn diese klingen wirklich sehr authentisch und sorgen für die notwendige Atmosphäre beim Fahren. Auch die Synchronisation ist gelungen und hat uns ziemlich überrascht. Doch leider gibt es auch hier einen negativen Aspekt – den Soundtrack. Besonders während der zahlreichen Events muss man sich manchmal fragen, ob die Begleitmusik im Hintergrund der volle Ernst der Entwickler ist. Meiner Meinung nach hat die nicht mal die Bezeichnung „Musik“ überhaupt verdient. Natürlich lässt sich wie in vielen Dingen über den Geschmack streiten, wir fanden es einfach nur schrecklich. In der freien Fahrt sieht dies zum Teil anders aus, da bekommen wir gelegentlich auch mal atmosphärische Musik auf die Ohren, so wie wir es aus älteren Teilen der Reihe kennen.
Technisch läuft Need for Speed sehr durchwachsen. Immer wieder sehen wir unschöne Popups, die ganz plötzlich aus dem Boden springen, außerdem kann es bei vollerem Bildschirm auch zu unschönen Ruckeleien kommen. Zudem mussten wir auch einen Totalabsturz des Spiels erleben, was ebenso nicht auftreten sollte. Dafür läuft die PS4-Version immerhin in starken 1080p, was immerhin ein kleiner Trost für die Technik-Fans sein dürfte.