Metal Gear Solid V: Ground Zeroes REVIEW

So schön, wie in Metal Gear Solid V: Ground Zeroes, sah bisher kein Einsatz von Solid Snake aus. Und das, obwohl das Wetter alles andere als mitspielt, denn lauter Regen donnert geradezu in Strömen auf Menschen und Boden und hinterlässt mit jedem Tropfen einen blechernen Klang, wenige Lichtquellen, vornehmlich aus Taschenlampen und Suchscheinwerfern kommend, spenden in der finsteren Nacht Helligkeit und Planen, Klamotten und Flaggen flattern im pfeifenden Wind um die Wette. Und das auf Kuba, wo doch eigentlich Sonne, weiße Strände und das blaue Meer sein sollten!

Nicht so aber im nunmehr fünften Hauptableger von Hideo Kojimas längst legendär gewordener Videospielreihe. Aber Moment mal: war da nicht mal die Rede von einem Metal Gear Solid V: Ground Zeroes mit Phantom Pain im Titel, welches erst im Laufe des kommenden Jahres erscheinen soll? Und warum wird ein Triple A Titel, wie der vorliegende, schon zum Releasezeitpunkt zum Sparpreis angeboten? Und warum sehe ich schon nach einer knappen Stunde Spielzeit und nur einer Mission den Abspann? Häh?

Der Prolog zum Prequel, vom Sequel zum…ach, was weiß ich…

Tatsächlich ist Metal Gear Solid V: Ground Zeroes nur ein Vorgeschmack zu dem im nächsten Jahr erscheinenden Phantom Pain und erzählt als Prolog die neun Jahre früher spielende Vorgeschichte zu den noch kommenden Ereignissen. Doch diese Vorgeschichte ist – nun ja, formulieren wir es mal nett – überschaubar. Denn es gibt nur eine Mission, in welcher wirklich eine Handlung erzählt wird, hinzu kommen vier weitere Einsätze, die man freispielen muss und vollkommen losgelöst von der eigentlichen Handlung sind.

Diese ist – typisch Kojima – mal wieder recht verworren. Selbst Spieler, die dem Franchise schon seit Jahren treu anhängen, dürften so einige Anknüpfungsschwierigkeiten haben, denn mittlerweile herrscht im Kosmos der Reihe ein solch wirres Durcheinander zwischen den unzähligen Figuren, politischen Verstrickungen und Nebenhandlungen, dass man eigentlich vor jedem neuen Spiel ein paar Tage mit einer entsprechenden Anthologie verbringen müsste um einigermaßen auf dem laufenden zu sein. Heruntergebrochen geht es einmal mehr um Snake, also Boss, den späteren Big Boss (ihr wisst schon, ne?), der Mitte der 1970er Jahre Anführer einer Söldner-Truppe namens FOX ist. Aus eben dieser Gruppierung sind zwei Mitglieder, Chico und Paz, entführt worden und in ein Internierungslager des US-Militärs auf Kuba verfrachtet worden. Snake ist natürlich daran interessiert beide Gefangenen lebend in die eigenen Reihen zurückzuholen, nicht nur, weil diese wichtige Informationen ausplaudern könnten.

Obwohl die eigentliche Handlung, eingebettet von Intro, Outro und wenigen Zwischensequenzen, recht kurz ist und findige Spieler die Hauptmission von Metal Gear Solid V: Ground Zeroes durchaus binnen 10-15 Minuten durchspielen könnten, macht das, was ich hier sehe und spiele, Lust auf mehr. Warum? Eben aufgrund der für die Serie mittlerweile so typischen, zu einer enormen Komplexität aufgeplusterten Handlung, die eigentlich schon lange kaum noch einen wirklichen Sinn ergibt bzw. wohl nur von Serienvater Kojima noch überblickt wird.

Dieser schmeißt mir mal wieder einige Köder entgegen und hat mich erneut sofort an der Angel. Wer ist etwa der im Intro zu sehende, mit fürchterlichen Narben im Gesicht übersäte Militär? Was hat es mit XOF – der Konterorganisation zu FOX ?!? – auf sich? Und wie werden sich die Handlungsstränge zwischen den Geschehnissen von Ground Zeroes hinüber zu Phantom Pain und all den anderen Teilen schlagen? Fragen über Fragen, die mich einige Zeit beschäftigt und die Lust geweckt haben, mal wieder die alten Teile anzuspielen. Ich hoffe tatsächlich, dass Kojima endgültig beweist, dass er einen Masterplan im Ärmel hat. Oder zumindest ein paar Antworten in der Schublade versteckt, die nach beinahe 20 Jahren Metal Gear Solid ein bisschen mehr Sinn in das von ihm erschaffene Universum bringen.

Rundumerneuerung

Metal Gear Solid V: Ground Zeroes stellt schon fast so etwas wie einen Neuanfang für die Serie dar. Denn sowohl Technik, wie auch Spielmechanik haben eine Rundumerneuerung erfahren und fühlten sich tatsächlich innerhalb der Reihe tatsächlich noch nie so modern an. Die Zeiten, in denen mich das Spiel mit nicht nachvollziehbaren Steuerungsoptionen an den Rand eines Wutanfalls prügelt gehören endgültig der Vergangenheit an, denn nun lässt sich Snake so smooth wie noch nie bewegen und vermittelt mir das Gefühl, dass ich jede seiner Bewegungen voll unter Kontrolle habe. Kojima und seine Mannen orientieren sich nun so deutlich wie nie an westlichen Action-Spielen und das funktioniert auch erstaunlich gut. Allerdings merkt man hier und da schon, dass Ground Zeroes noch Ort zum ausprobieren, anstatt ein finales Konzept ist.

Nun hat sich die Reihe mit jedem neuen Ableger ja sowieso schon immer mehr Richtung Action-Spiel entwickelt, trotzdem lag die Essenz stets in der Verortung im Stealth-Genre. Diese grundlegende Ausrichtung scheint zunächst vollkommen verworfen zu sein, denn wenn man das Spiel das erste mal in Augenschein nimmt, dann erinnert das schon sehr stark an einen gewöhnlichen Third-Person-Shooter von der Stange. Und gänzlich falsch ist dieser Eindruck nicht, denn Metal Gear Solid V: Ground Zeroes lässt sich durchaus wie ein schneller Shooter spielen. Denn Snake hat seine Waffe schnell gezogen, kann mit ihr im Anschlag gehen und sich duckend fortbewegen, sprintet vor Feinden weg, schmeißt sich auf den Boden oder kann bei Sichtkontakt binnen weniger Sekundenbruchteile eine Auslösung des Alarms verhindern, indem er seinen Entdecker kurzerhand überwältigt.

Allerdings macht das Spiel an vielen Stellen deutlich, dass diese Herangehensweise nicht unbedingt die beste ist, zumal sie die Möglichkeiten, welche das Spieldesign bietet, links liegen lässt. Daher kommen jene Spieler auf ihre Kosten, die nach wie vor Schleichen, Waffen bewusst einsetzen, Gegner ablenken und sich bemühen möglichst unentdeckt zu bleiben. Diese Spielweise ist daher umso interessanter, weil sie fordernder als wildes Geballer ist und mir verschiedene Herangehensweise bietet.

Viele Wege führen zur Geisel

Ich bleibe als Beispiel bei der eigentlichen Hauptmission. Zunächst einmal wird man auf einer kleinen Anhöhe ausgesetzt, von der aus man via Fernglas das US-Army Lager in Augenschein nehmen kann. Dank der neuen Markierungsfunktion werden Gegner, die ich durch das Fernglas erblicke, als solche gekennzeichnet und werden fortan jederzeit in meinem Sichtfeld als kleine Häckchen visualisiert, selbst wenn sie hinter Wänden etc. stehen. Diese Funktion ersetzt nun vollkommen das aus den Vorgängern bekannte Radar mit Sichtkegel und wirkt zunächst das Spiel zu sehr erleichternd, erweist sich aber gerade auf dem Schwierigkeitsgrad „Extrem“ als nützliches Werkzeug. Habe ich also die Gegend das erste mal erkundet und einige Feinde markiert, so muss ich nun meine beiden Ziele Chico und Paz ausmachen. Ich könnte mich nun durch das Lager schleichen und auf gut Glück suchen. Ich könnte Gegner überwältigen und verhören in der Hoffnung, von diesen nützliche Informationen zu bekommen. Ich könnte mir eines der Vehikel schnappen und durch das Lager fahren, könnte mich aber auch auf einem Lastwagen verstecken und einfach mal abwarten, wo mich dieser mit hin nimmt.

Alleine die Hauptmission bietet mir so viele Möglichkeiten, dass ich sie bisher schon an die Zehnmal gemeistert habe. Wie gesagt, ist sie im Prinzip sehr kurz und nach einigen Anläufen kennt man die Wege und günstigsten Verstecke natürlich sowieso auswendig: trotzdem hatte ich immer wieder große Freude daran einen neuen Anlauf zu starten und zu schauen, ob es noch einen weiteren Weg gibt die Mission zu meistern. Neben dieser Hauptmission gibt es, wie bereits erwähnt, vier weitere Einsätze, die nicht zum Kanon der Geschichte gehören. In diesen muss man etwa zwei Ziele, die sich auf dem Miitär-Gelände befinden, ausschalten. In einer anderen Mission muss ich mehrere Flugabwehrgeschütze mit C4 hochjagen. Und in einer anderen Mission rette ich einen Agenten, welcher sich als…Nein, wer sich hinter dem Agenten verbirgt, dass lohnt es sich selbst herauszufinden. Nur soviel: besagte Person ist froh wieder ihre fesche J.F. Rey Brille aufsetzen zu können…

Besagte Nebenmissionen spielen übrigens die meiste Zeit am helllichten Tag. Und in diesen fallen erstaunlicherweise einige Schwächen an der hauseigenen FOX-Engine auf, welche in der Hauptmission zuvor vor Stärke nur so zu strotzen schien. In der Tat versteht es der grafische Motor sehr gut mit seinen fantastischen Licht- und Wettereffekten grafische Schwächen zu kaschieren. Wo mir in der regnerischen Nacht schöne Spiegelungen auf dem Boden aufgefallen sind, wundere ich mich am Tag, warum die Texturen teilweise so platt wirken. Auch die Vegetation wirkt nicht sonderlich plastisch, und sobald man im Helikopter sitzt und über das Gebiet geflogen wird steht der Mund vor Verwunderung bis zum Boden offen aufgrund der unzähligen Pop-Ups.

Metal Gear Solid V: Ground Zeroes ist kein hässliches Spiel, es ist in technischer Hinsicht stellenweise beeindruckend. Gerade die Animationsphasen zeigen die enorme Detailarbeit und in Sachen Zwischensequenzen samt eindrucksvoller Regie kann man sowieso nur vor Kojima auf die Knie fallen. Trotzdem hoffe ich, dass die Engine bis zum Release von „Phantom Pain“ noch einmal überarbeitet und Fehler ausgemerzt werden. In Sachen Musik und Sounddesign ist das Spiel im übrigen wie immer sehr zielsicher. Alleine der musikalische Einsatz…Wow. Und auch die Sprecher, allen voran Kiefer Sutherland, welcher nach Jahren David Hayter ablöst, machen einen richtig tollen Job.

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