Kirby’s Dream Land REVIEW
Der Videospiel-Gigant Nintendo hat in den 80ern und 90ern zahlreiche ikonische Videospielcharaktere geschaffen. Viele Spieler schreiben auch Kirby zu Nintendos Schöpfungen hinzu, was aber nicht so ganz stimmt. Kirby ist eine Kreation aus dem Hause HAL Laboratories, welche zwar sehr eng mit Nintendo zusammenarbeiten, aber dennoch ein eigenes Privatunternehmen darstellen. Abgesehen von Kirby ist HAL vor allem durch die Super Smash Brothers- und Mother/Earthbound-Serien bekanntgeworden.
Aber zurück zu Kirby: Das rosafarbene kugelförmige Geschöpf, welches übrigens nach einem erfolgreichen US-Anwalt benannt worden sein soll, feierte seinen Einstand erstmals 1992 auf dem Game Boy. Hier war er noch in weiß auf dem Cover zu sehen. Das Action-Jump’n’Run Kirby’s Dream Land wurde speziell für Einsteiger entwickelt und war beliebt genug, um den ungewöhnlichen Hauptcharakter zu einen der erfolgreichsten Charaktere auf Nintendo-Systemen aufsteigen zu lassen. Allein auf den originalen Game Boy hat es Kirby auf insgesamt fünf Spiele gebracht, auch wenn nur zwei von denen zum Genre der Platformer/Jump’n’Runs gehören. Und ja, Kirby-Spiele sind dafür berüchtigt, dass sie häufig von ihrem Muttergenre abweichen und das rosafarbene Kerlchen stattdessen für irgendwelche seltsamen Puzzle-, Pinball- oder Billard/Golf-Games zweckentfremdet wird. Doch darum geht es hier nicht. Lasst uns stattdessen herausfinden, ob Kirbys Einstand wirklich so überzeugend ist, wie die zahllosen Kirby-Games vermuten lassen.
Kampf der Fresssäcke
Irgendwo draußen im Weltall gibt es also dieses schöne Fleckchen Land namens Dream Land. Die Einwohner von Dream Land führen eine glückliche Existenz und verfügen über funkelnde Sterne, die sich super zum Spielen und sammeln von Nahrungsmitteln eignen. Alles könnte so schön sein, doch dann taucht der verfressene König Nickerchen mit seinen Schergen auf. Dieser sackt nicht nur die Fressalien, sondern auch die funkelnden Sterne von Dream Land ein und verfrachtet diese in seine Bergfestung. Die Einwohner von Dream Land sind mit der Situation überfordert und verzweifeln. Doch dann taucht der coole Bursche Kirby auf und verspricht den verantwortlichen Schurken zur Rechenschaft zu ziehen, sowie das Diebesgut zurück zu erbeuten.
Und damit wäre dann auch die Alibi-Handlung von Kirby’s Dream Land erläutert. Alle weiteren Worte wären an dieser Stelle verschwendet, nicht dass man von so nem Game Boy-Platformer mehr erwarten sollte, aber etwas weniger Banane hätte der Plot dann schon sein dürfen, oder nicht?
Das große Fressen
Im Kern mag Kirby’s Dream Land ein typisches Jump’n’Run sein. Ziel ist es in 2D-Perspektive von Levelanfang bis zum Levelende vorzudringen. Da dieses Spiel auf Einsteiger abzielt, gibt es dabei noch nicht einmal ein lästiges Zeitlimit. Freilich endet jeder der fünf Level mit einem Bossgegner. Die ersten vier Level bieten obendrein einen kleinen Zwischengegner, während der finale Level einen fiesen Bossrush parat hält.
Das was dieses Spiel von jedem anderen Genrevertreter unterscheidet ist der Hauptcharakter selbst, bzw. dessen Fähigkeiten. Kirby sieht zwar harmlos und niedlich aus, ist aber eine übermächtige, absolut tödliche Fressmaschine. Er kann (fast) jeden regulären Gegner einsaugen und entweder direkt verdauen oder als Sternprojektil ausspucken. Im Notfall kann sich Kirby sogar mit Luft vollsaugen und eben diese mit voller Wucht ausstoßen, was ebenfalls als kräftige Waffe nutzt. Zwischen- und Bossgegner sind gegen Kirbys Druckluft jedoch immun, diesen kann man nur mit den Sternprojektilen beikommen. Zu guter Letzt kann Kirby ohne Einschränkungen fliegen, solange er sich mit Luft vollgesaugt hat. Selbstverständlich gewährt ihm das die Möglichkeit einfach über einen Großteil der Gegner und Hindernisse hinwegzufliegen. Natürlich kann Kirby auch reguläre Sprünge durchführen und sogar von bestimmten Plattformen herunterspringen, was ihn angenehm agil wirken lässt.
Und als ob das nicht schon genug wäre, verfügt Kirby über satte sechs Hitpoints! Er kann also nicht nur übelst austeilen, sondern steckt auch ne Menge Schaden ein, bevor er hops geht. Und wer sich trotz all dieser Vorzüge immer noch überfordert fühlt, darf sich obendrein auf diverse Sammelgegenstände freuen. Mit magischen Energiedrinks werden 2 Hitpoints geheilt, der Käferförmige Fressbeutel heilt sogar die komplette Energieleiste. Die obligatorischen Extraleben gibt es freilich auch und wenn alle Stränge reißen bietet das Modul ohnehin unendliche Continues, welche einen zum Anfang des zuletzt besuchten Level zurückbringen. Auch für die Offensive gibt es nützliche Gegenstände. Der Lolli gewährt die obligatorische, temporäre Unverwundbarkeit, der Gewürzteller erlaubt Kirby für eine bestimmte Zeit Feuerbälle in hoher Frequenz zu spucken und das Mikrophon erledigt alle Gegner auf dem Screen, wenn es ausgespuckt wird – Kirby scheint ein echt beschissener Sänger zu sein. Abgerundet wird der Spaß mit dem Minzblatt, dass eine kurze Shoot’em Up-Passage gegen den Boss des dritten Levels einläutet.
Von einem Extrem ins Andere
Das klingt doch jetzt alles sehr spaßig, nicht wahr? Und das wäre es sicherlich auch geworden, wenn man sich mehr Mühe beim Leveldesign gegeben hätte. So cool Kirbys Fähigkeiten auch sein mögen, können sie nicht wirklich glänzen, wenn ein Großteil der Level und deren Gegner derart strukturiert wurden, als wären sie für ein reguläres Jump’n’Run im Stil von Super Mario kreiert worden. Diese Disharmonie zwischen Charakterfähigkeiten und Leveldesign sorgt in diesem Fall dafür, dass das Spiel zum totalen Spaziergang verkommt, welcher einen erfahrenen Spieler abseits der Bossgegner ziemlich anödet. Nun kann man natürlich argumentieren, dass das Spiel für Einsteiger konzipiert wurde, aber auch ohne diesen Aspekt kann das Leveldesign nicht überzeugen. Es gibt immer wieder seltsame Designentscheidungen im Spiel. So findet man bereits kurz nach Spielbeginn einen Raum mit zwei Energiedrinks, obwohl man diese Dinger nach gefühlten fünf Spielsekunden kaum benötigten dürfte. Später nervt das Modul dann mit billigen Fallen für gründliche Spieler. Es werden immer wieder Passagen mit Geheimräumen angedeutet (die es im Spiel auch tatsächlich gibt), welche sich im Endeffekt nur als Todesfallen in Abgründe entpuppen.
An derlei Dingen merkt man dann auch, dass die verantwortlichen Entwickler zwar talentiert und kreativ waren, aber noch nicht die notwendige Erfahrung mitbrachten, ein wirklich tolles Spiel zu schaffen. Richtig peinlich wird es dann wenn man das Spiel nach ca. 20-30 Minuten durchgezockt hat. Dann bekommt man nämlich einen Geheimcode spendiert. Um diesen zu aktivieren muss man im Titelscreen die Tasten Oben, A und Select gleichzeitig drücken, was den sogenannten „Extra-Mode“ offenbart. Hierbei handelt es sich um einen zweiten, wesentlich höheren, Schwierigkeitsgrad. Ein Schwierigkeitsgrad, der das krasse Gegenteil vom regulären Spielmodus darstellt. Waren die (angenehm variantenreichen) Gegner im normalen Spiel noch ziemlich trübe Tassen, so sind sie nun wesentlich aggressiver, schneller und fieser. Ein Umstand, der vor allem die Bossgegner betrifft, welche im Extra-Mode kaum noch zu schaffen sind und jede Menge Geduld und Continues erfordern.
Im Endeffekt hat man also ein Spiel, welches entweder viel zu leicht ist und entsprechend langweilt, oder so frustrierend schwer ausfällt, dass man schon wieder die Lust verliert, bevor man es überhaupt ernsthaft probiert hat. Zusätzlich zum mangelhaften Leveldesign kommen also noch kaputte Schwierigkeitsgrade hinzu. Ich weiß ja nicht wie andere das sehen, aber für mich sind das nicht gerade die Zutaten für einen gefeierten Klassiker. Um diese Zeilen jedoch nicht allzu negativ enden zu lassen, möchte ich aber noch ein kleines Geheimnis mit euch teilen, welches ich durch Zufall selbst entdeckt hatte. Kirby’s Dream Land verfügt neben dem Extra-Mode nämlich auch noch über einen geheimen Konfigurations-Modus. Um in diesen hineinzukommen, drückt ihr im Titelscreen einfach Unten, B und Select zur gleichen Zeit. Diesen Modus könnt ihr nutzen um Kirbys allgemeine Hitpoints zu regulieren, die Anzahl der Extraleben zum Spielstart bestimmen und sogar einen umfassenden Soundtest lauschen.
Grafik und Sound
Eine der großen Stärken von Kirby’s Dream Land ist sicherlich die Grafik. Das Game sieht für ein relativ frühes GB-Spiel echt schick aus. Vor allem Kirby selbst kann dank seiner zahlreichen, liebevollen Animationen viel Freude bereiten. Aber auch seine Gegenspieler brauchen sich nicht zu verstecken. Die Landschaften sind ebenfalls recht hübsch und abwechslungsreich und rangieren vom obligatorischen Wald über ein Schloss bis hin zu tropischen Inseln und einem Wolken- und Sternenland. Dem Modul gelingt ganz einfach das Kunststück wirklich schöne Grafiken darzustellen, die jedoch niemals zu detailliert wirken und somit vom Spielinhalt ablenken. Darüber hinaus gibt es auch charmante Zwischensequenzen innerhalb der Level(abschnitts)übergänge. Da steckt einfach sehr viel Liebe und Elan dahinter, was dem Spiel wirklich zu Gute kommt.
Ebenso stark ist der Soundtrack des Moduls. Die quirligen Melodien erzeugen sofort einen eigenen unverwechselbaren Flair, den man fortan immer mit Kirby verbinden wird. Subjektiv hat der OST zwar nicht meinen Geschmack getroffen, aber objektiv kann man den Melodien ihre Qualität, den Ohrwurmcharakter und den allgemeinen Charme definitiv nicht absprechen. Wenn es also einen Aspekt gibt, wo Kirby’s Dream Land wirklich überzeugen kann, dann ist es die audiovisuelle Präsentation.
Pro & Kontra
- hochwertige audiovisuelle Präsentation
- Kirby bietet im Vergleich zur damaligen Konkurrenz viele kreative, mächtige Fähigkeiten
- kaputte Schwierigkeitsgrade, das Spiel ist entweder viel zu leicht oder viel zu schwer
- das Leveldesign wurde nicht wirklich auf Kirbys mächtige Fähigkeiten abgestimmt
- dämliche Nonsens-Handlung