Kholat REVIEW
Man nehme eine schaurige Story aus dem Bilderbuch der städtischen Horror-Legenden, klatsche ein etwas durchwachsenes Gameplay darauf und schon erhält man den Indie-Horror-Titel KHOLAT. So kann man mehr oder weniger die interessante Gruselgeschichte rund um den Ort in Russlands Einöde zusammenfassen. Was wir dort in den eiskalten Nächten erlebten, erfahrt Ihr in unserem Test.
Lagerfeuerzeit…
Vor 56 Jahren machte sich eine Gruppe junger Studenten des Polytechnischen-Institutes zu einer beschwerlichen Winterexpedition auf, um den Berg Ortoten im Uralgebirge zu erreichen. Wenige Tage nach Beginn der Expedition verschlechterte sich das Wetter und zwang sie dazu, ihr Lager an einem Berghang mit Namen KHOLAT Syakhl aufzuschlagen. Drei Wochen später startete man eine Rettungsmission mit dem Ziel, die Studenten zu finden, da sich diese nichtmehr gemeldet hatten und seitdem als vermisst galten. Am 25. Februar 1959 fanden die Ermittler schließlich eine verlassene Lagerstätte: obwohl das Zelt eingerissen und mit Schnee überhäuft war, so befand sich trotzdem noch die komplette Ausrüstung der Studenten im Inneren.
Weitere Untersuchungen belegten, dass das Zelt von innen mit einem scharfen Gegenstand aufgeschlitzt wurde und dessen Besitzer mit großer Panik und barfuß von der Lagerstätte flohen. Kurze Zeit später fand man die ersten zwei Körper – nur in ihrer Unterwäsche bekleidet, mit Schnitten und Kratzern übersäht. Drei weitere Körper fand man knapp hundert Meter von dem ersten Fund entfernt. Einem davon war der Schädel eingeschlagen worden, obwohl die Entwickler ansonsten keine Anzeichen eines Kampfes finden konnten. Erst als zwei Monate später die Frühlingsschmelze einsetzte, konnten die restlichen vier Körper unter einer dicken Schicht Schnee und Eis gefunden und geborgen werden. Deren Autopsie führte die Ermittler zu noch bizarreren Funden: alle Körper hatten innere Verletzungen, wie die Opfer eines schweren Autounfalls, doch fand man keine externen Hinweise oder Verletzungen die für eine Erklärung gesorgt hätten.
Neben den bereits erwähnten Erkenntnissen fand man noch eine seltsame orangene Hautfarbe an einem der Körper und außerdem wurde einem der Opfer die Zunge herausgerissen. Viele Spekulationen entsprangen aus diesem rätselhaften Vorfall, denn was war die Ursache für den grausamen Tod der Studenten? Ein Angriff wilder Tiere? Ein Überfall der Stammesangehörigen der Mansen? Eine ausgelöste Lawine? Jede Theorie warf bisher nur mehr Fragen auf und bis heute bleibt der Falls rund um den Kholat-Vorfall ein Mysterium. Es liegt nun an auch Licht in die dunkle Vergangenheit des Berghangs zu bringen…
Down the Rabbit Hole
Nach diesem schaurigen Intro beginnt unser Abenteuer und macht dabei einen tollen Eindruck. Wir starten auf einem verlassenen Bahnhof und machen uns von dort auf dem Weg zum verlassenen Zelt der Studenten. Schnee legt sich auf unser Sichtfeld und Motion-Blur gibt uns auf den PC einen toll simulierten Look. Fußstapfen bleiben im Schnee sichtbar und wir finden erste Notizen, die wir dank Audio-Hinweisen orten, aufsammeln und lesen. Nach abgeschlossener Einleitung finden wir uns in Akt II des Spieles wieder – der eigentlichen Hauptattraktion.
Als Spieler kriegen wir hier nun eine Taschenlampe, einen Kompass und eine Karte des Berghangs in die Hand gedrückt. Auf letztere finden sich Koordinaten verzeichnet, zu denen wir uns aufmachen um dort essenzielle Notizen und Tagebuch-Einträge zu finden, welche uns Einblick in den grauenvollen Vorfall geben, der hier vor Jahren stattgefunden hat. Die begleitende Stimme, die an bestimmten Stellen einsetzt um verwirrenden Text von sich zu geben ist im Englischen kein Geringerer als Sean Bean – auch besser bekannt als Boromir oder Ned Stark aus Herr der Ringe und Game of Thrones.
Das Grauen
Die große Stärke KHOLATS liegt in seiner Atmosphäre, die dank einem wundervollen Sounddesign gewährleistet wird. Streifen wir durch schneebedeckte Flussläufe und dichten Wäldern begleiten uns ständige Geräusche, die einerseits wie Wolfsgeheul oder andere natürlichen Laute klingen. Andererseits diese Klangkulisse aber eine so starke Gänsehaut hervorrufen, dass sie nur von einer anderen Welt kommen können. Weniger die Konfrontationen mit den schattigen Feinden im Spiel, vor denen wir uns oftmals verstecken oder gar weglaufen müssen, sondern eben diese Last von Grauen auf unseren Schultern zwang uns zu so mancher Spielpause.
Sterbt Ihr im Spiel – sei es durch einen Felssturz oder einem unnatürlicheren Weg – so startet Ihr am letzten Checkpoint. Je nachdem wie fleißig Ihr die Umgebung erkundet und entweder verlassene Zeltlager oder wichtige Seiten findet, kann dieser einmal länger oder einmal kürzer her sein. Die gefundenen Auszüge aus den Tagebüchern oder Notizen erzählen die Vorkommnisse am Berg nicht nur aus der Sicht der Studenten, sondern auch aus der des Rettungsexpeditions-Leiters. Auch einzelne Zeitungsartikel und Interviews mit lokalen Personen können gefunden werden, um so noch mehr über den Berg KHOLAT und dessen Umgebung herauszufinden. Spielerisch beschränkt sich der Indie-Titel leider auf die typische Formel aus Erkunden und Weglaufen. Viel mit der Welt interagiert wird nicht und oft wurde ich an das klassische SLENDER-Spiel mit seinem acht-Seiten-Gesuche erinnert – wobei mich hier der Fund tatsächlich interessiert, da KHOLAT sein Story-Telling größtenteils auf das Lesen der verlorenen Informationshäppchen beschränkt.