Haven REVIEW
Sicherlich haben nur wenige von dem Titel Haven gehört. Interessanter wird es aber vielleicht, wenn man bedenkt, dass zwei ehemalige Entwickler von Ubisoft hinter dem Projekt stecken. Mit den Spielen, die man von dem Publisher kennt, hat Haven aber so gar nichts gemeinsam. Stattdessen werden künstlerische Aspekte gesetzt, die eine Geschichte ganz ohne Hektik erzählen.
Neue Heimat, neue Gefahren
Im Mittelpunkt des Geschehens steht das Paar Kai und Yu, die weitab ihrer Heimat sind. Dieses Schicksal, welches bislang noch selbstgewählt ist, verändert sich aber in ungeahnte Richtungen. Auf einem fremden Planeten angekommen, bleibt die Ruhe nicht lange erhalten. Ihr Raumschiff wird bei einem Vorfall stark beschädigt. Nach einer kleinen Einführung heißt es nun, Teile zusammensammeln, um es wieder flugfähig zu machen.
Dabei werdet ihr schnell bemerken, dass die Interaktion beider Charaktere im Fokus von Haven steht. Sie unterhalten sich, streiten, kochen zusammen oder kuscheln sich in den Schlaf. Und natürlich erkunden die Verliebten zusammen die fremde Welt. Was nun aber größtenteils wie eine Visual Novel klingt, ist in Wahrheit ein Rollenspiel, welches neue Wagnisse eingeht.
Gemeinsam sind sie stark
Beim Entdecken des Planeten stoßt ihr schnell auf eine mysteriöse Masse, die als Rost bezeichnet wird. Dieser eignet sich Wesen an und verändert ihre Persönlichkeit. Statt ihrer friedlicher Natur zu frönen, werden sie mit dem Kontakt böswillig und machen selbst vor Kai und Yu keinen Halt. Dadurch sind beide gezwungen, in einen Kampf zu wechseln, den ihr rundenbasiert steuert.
Die Besonderheit ist, dass ihr das Paar parallel befehligen dürft. Mit dem Steuerkreuz bzw. Thumbstick übernehmt ihr die Kontrolle von Kai. Die Aktionen von Yu werden über die Feuertasten auf der rechten Seite des Controllers weitergegeben. Dadurch sind Einzel- wie Teamattacken möglich. Drückt ihr beispielsweise den Thumbstick nach links und haltet gleichzeitig den rechten Firebutton gedrückt, könnt ihr mit optimalen Timing einen noch stärkeren Angriff auslösen. Hierbei muss nur darauf geachtet werden, dass beide Protagonisten sich auf dieselbe Attacke fokussieren. Ob es in den Nahkampf oder in den Fernkampf geht, spielt dabei erst einmal keine Rolle.
Wer Haven im Koop spielt, muss natürlich gut auf seinen Mitstreiter abgestimmt sein. Im Multiplayer sind Absprachen unvermeidlich, wenn ihr starke Gegner vor euch habt. Denn selbst ein Spiel wie Haven kann erbarmungslos sein.
Ist der Gegner am Ende seiner Lebenskraft, wird kein vernichtender Schlag ausgeführt, sondern sein Gemüt beruhigt. Damit ist der Kampf beendet, der keine Opfer einfordert. Mit jedem Sieg steigt so die Harmonie des Paares, was ferner unter anderem mit mehr Lebensenergie belohnt wird. Dies geht jedoch nicht ganz so knackig einher, wie in den meisten Genrevertretern. Euch erwartet eher ein Level-Up-System auf Lite-Basis.
Das Nest
Das Leben auf dem fremden Planeten verlangt keinen gradlinigen Storyverlauf. Ihr könnt ohne große Aufgaben den Tag verleben. Beide gleiten mit ihren Antigravitationsstiefeln durch die Oberwelt, sammeln verschiedene Früchte oder vernichten gar den Rost nachhaltig. Denn dieses besondere Gadget hat den Vorteil, dass sich die ausgeschüttete Energie als Schwachstelle des mysteriösen Rosts erweist. Dennoch ist das Vergnügen nicht endlos. Durch Energiestränge, die überall auf den Arealen verteilt sind, müssen die Wunderstiefel wieder aufgeladen werden.
Nebenher gefundene Items können später bei Tisch für euer Essen verwendet werden. Das Kochen des Mahls findet in eurem Nest statt – dem Raumschiff. Mit den gemeinsamen Tätigkeiten steigt ebenfalls eure Harmonie. Gleichzeitig werden damit schmackhafte Gerichte erschaffen, die euch ggf. stärken. Der eigentliche Ablauf ist ähnlich dem des Kampfsystems und bedarf der Symbiose beider Figuren.
Wird es langsam dunkel, machen euch eure Protagonisten auf ihren Hunger aufmerksam. Zudem bleiben sie nachts lieber in ihrem sicheren Nest. Frische Gespräche werden mit jeder neuen Nacht freigeschaltet und zeigen den Alltag des Paares. Dabei werden euch in manchen Situationen verschiedene Antwortoptionen ermöglicht, die zwar die Story kaum beeinflussen, dafür aber die Beziehung beider festigen oder infrage stellen.
Langzeitmotivation
Damit die Lust in der doch recht leblosen Welt nicht zu schnell absackt, gibt es mit verbesserten Gleitfähigkeiten die Möglichkeit, weitere Areale vollständig zu erkunden. Auch neue Kochrezepte warten auf euch, wenn ihr das Abenteuer in allen Zügen erkundet und neue Lebensmittel ausfindig macht. Damit geht zudem der Nestausbau einher, der immer neue Szenen zur Verfügung stellt.
Trotzdem lässt der kleine RPG-Anteil einige Wünsche offen. Bessere Rüstungsgegenstände oder Händler gibt es nicht. Die verblichene Zivilisation, auf die Kai und Yu aufmerksam werden, schafft ebenso wenig den Drang, mehr wissen zu wollen.
Technik
Mit dem ersten Blick auf Haven prägt sich das Wort „Indie“ im Kopf. Zwar orientieren sich die beiden Protagonisten am japanischen Animestil, die eigentliche Welt hat aber eine ganz eigene Aufmachung, die auf bestimmte Farben setzt. Die Animationen sind weich und werden von leichten Bewegungen begleitet. Die Gegner sind schön gestaltet, finden aber keinen Anker im Gedächtnis und wiederholen sich zu oft. Dennoch hat das Spiel als komplettes Konzept einen hohen Wiedererkennungswert. Letztlich ist es aber Geschmackssache, inwieweit die grafische Aufmachung gefällt.
Der Sound ist wirklich in jedem Moment ein Genuss für die Ohren. Ich erwische mich oft ohne eigentliches Ziel umhergleiten, nur um der Musik zu lauschen. Begleitet wird die akustische Untermalung von einer englischsprachigen Lokalisation. Diese ist harmonisch und gibt dem Titel sowie beiden Figuren noch mehr Flair. Abstand muss man von Haven aber nicht nehmen, wenn das Englisch weniger sitzt. Das gesamte Spiel wird optional mit deutschen Bildschirmtexten unterstützt.
Und auch die Steuerung ist eingängig. Zwar ist das Gleiten mit etwas Driften anfänglich kompliziert, dies erübrigt sich aber mit ein wenig Übung. Gerade aber das synchrone Kämpfen oder Kochen geht wie selbstverständlich von der Hand und macht sehr viel Spaß.
Pro & Kontra
- Ruhiges idyllisches Spiel
- Harmonische Charaktere
- Parallele Kampfsteuerung beider Figuren
- Sehr toller Sound
- Nach einer Weile zu linear
- Nach leichte RPG Elemente