Gryphon Knight Epic REVIEW
Das am 20. August 2015 veröffentlichte Shoot’em Up Gryphon Knight Epic ist das Erstlingswerk des brasilianischen Indi-Entwicklers Cyber Rhino Studios. Obwohl es sich um ihren Debut-Titel handelte und man somit keine Referenzen vorzuweisen hatte, entschloss sich das dreiköpfige Programmierteam Kickstarter zu bemühen, um ihr Spiel zu finanzieren. Der gewünschte Betrag von 18.000 $ konnte dann auch mit 19.801 $ übertroffen werden, womit dem Projekt nichts mehr im Wege stand. Die muntere Fantasy-Ballerei will einerseits den Geist klassischer 16-bit-Titel bewahren, aber andererseits auch neue Ideen ins traditionelle Shoot’em Up-Genre miteinbringen. Ob diese Mischung aufgeht oder nicht, erfahrt ihr im folgenden Review.
Lustiger Retro-Kitsch oder tragisches Heldenepos?
Gryphon Knight Epic erzählt die letzte große Heldengeschichte des legendären Ritters Sir Oliver. Durch glückliche Umstände gelangte unser edler Ritter vor vielen Jahren in den Besitz eines Greifen-Ei. Den bald darauf schlüpfenden Greifen nannte er Aquila, päppelte ihn liebevoll auf und bildete ihn zu seinem treuen Reittier aus. Gemeinsam bildeten sie von da an ein unschlagbares Duo, welches ihr Heimatland Valiantskies vor ausländischen Invasoren schützte und letztendlich sogar die Prinzessin des Landes vor einem garstigen Drachen retten konnte. Allerdings war Sir Oliver seinerzeit auch auf die Hilfe seiner sechs Freunde und Gefährten angewiesen, die nach der Niederlage des Drachens dessen Hort plünderten. Olivers Aufmerksam galt hingegen einzig und allein der Prinzessin, die er freilich nach seiner Heldentat ehelichen durfte. Das einzige was für ihn vom Drachenschatz übrig blieb, war ein altes Amulett, welches Sir Oliver fortan immer bei sich trug.
Und so verbrachte unser tapferer Ritter die nächsten drei Jahre in Ruhe und Frieden, zeugte einen Sohn mit seiner Prinzessin, wurde gemütlich und begann sich langsam aber sicher zu langweilen. Doch dann holt ihn der geheime Wunsch nach neuen Heldentaten und Abenteuern unverhofft heim: Während des morgendlichen Ausflugs zum Bäcker, begegnen Sir Oliver und Aquila ihren „Spectern,“ also bösartigen Varianten ihrer selbst. Olivers Specter gelingt es beinahe sein gutes Gegenstück zu töten und droht diesem nach dem knapp vereitelten Mordversuch endloses Leid an. Hierfür will er Olivers Heimatwelt vernichten und all seine Liebsten umbringen. Das kann unser Held freilich unmöglich zulassen.
Doch der Ritter ist schlau genug erst mal seine alten Freunde und Gefährten zusammenzutrommeln, bevor er dem Specter entgegen treten will. Dummerweise wurden diese zwischenzeitlich vom Bösen korrumpiert. Es hat den Anschein, dass einige alte Waffen aus oben genannten Drachenschatz verflucht waren und Olivers Gefährten verdarben. Glücklicherweise verfügt Olivers Amuletts über exorzistische Kräfte, mit denen er seine alten Weggefährten retten kann. Doch zunächst muss er sich ihnen und ihren zahlreichen Truppen im Kampf stellen.
Wie genau das alles nun miteinander zusammen hängt, müsst ihr freilich selbst herausfinden. Für ein Shoot’em Up ist die Story jedenfalls überraschend umfangreich ausgefallen. Normalerweise dient die Handlung bei solchen Spielen ja lediglich als kleines Alibi, um die Ballerei zu rechtfertigen. Gryphon Knight Epic versucht stattdessen eine Geschichte zu erzählen, die versucht den kitschigen Flair eines Super Mario World mit einem tragischen Heldenepos á la Lufia zu vereinen. Das ist eine interessante Mischung, die jedoch nicht so recht zusammenpassen möchte. Stellt euch einfach vor das Ende von Super Mario World beinhaltet eine weinende Prinzessin Peach die traurig Yoshi umarmt, weil sich Mario opfern musste. Völlig absurd? Tja, aber genau das ist es, was euch hier erwartet. Die krude Stilmischung geht trotz umfangreicher, liebevoller Codex-Einträge, witziger Gegner-Designs und kleiner Cameo-Auftritte von Charakteren aus anderen Indie-Spielen einfach nicht auf. Im Endeffekt fragt man sich dann einfach nur noch wer sich das eigentlich ausgedacht hat und was man damit überhaupt bezwecken wollte. Dann doch lieber die extrem simplen, charmanten und stupiden Storys eines richtigen 16-bit Jump’n’Runs oder Shoot’em Ups.
Die Verschmelzung von Shoot’em Up und RPG
Das grundlegende Spielprinzip eines Shoot’em Ups ist freilich schnell erklärt. Man steuert sein Flugobjekt (ok, hier ist es ein Flugtier) durch automatisch scrollende Stages und ballert alles ab, was sich einem entgegen wirft. Natürlich sollte man dabei zusehen nicht seinerseits von feindlichen Projektilen getroffen zu werden oder gar in die Gegner hineinzufliegen, ansonsten verliert man wertvolle Lebensenergie oder auch direkt sein Bildschirmleben. In Griffon Knight Epic (kurz: GKE) verfügt man glücklicherweise über einen relativ großzügigen Heilbalken. Sir Oliver kann in seiner fetten Rüstung halt gut einstecken und unser Greif Aquila ist ohnehin unverletzlich. Man muss also nur darauf achten, dass Oliver nicht getroffen wird. Am Ende einer Stage wartet, wenig überraschend, ein Bildschirm-füllender Bossgegner darauf zu klump geschossen zu werden. Zählt man die Prolog/Tutorial-Stage, sowie die Bossrush/Endkampf-Stage hinzu, so bietet GKE insgesamt 14 Stages, welche teilweise frei angewählt, und jederzeit wiederholt werden dürfen.
Die Weltkarte dient dabei in erster Linie als Level- und Schwierigkeitsgradanwahl. Es stehen drei Schwierigkeitsgrade zur Auswahl (Knappe, Ritter und Episch), welche bestimmen über wie viel Lebensenergie man verfügt, wie viel Geld man verdient, wie viele Heilkristalle von den Gegnern gedroppt werden und wie viele Checkpoints in den Stages gelegt werden.
Darüber hinaus können auf diesem Screen auch die beiden Shops betreten werden. Beim regulären Händler können diverse Tränke und Knappen erworben werden. Die Tränke sind extrem nützlich und rangieren von typischen Heiltränken für Lebens- und Zauberenergie über Smartbomben und temporärer Unverwundbarkeit bis hin zu spezielleren Sachen wie zum Beispiel Schrumpf- (damit man nicht so leicht getroffen wird) oder Orakeltränken (offenbart die Heilbalken der Gegner). Freilich kann man nur eine geringe Anzahl jedes Tranktypus mit sich führen, damit das Spiel nicht all zu leicht wird (zum Beispiel nur maximal 5 Heiltränke).
Die Knappen hingegen sind unverwundbare Begleiter (so ähnlich wie die „Options“ aus den Gradius-Spielen), welche unterschiedliche Funktionen erfüllen. Der Schildknappe kann etwa einen feindlichen Treffer abblocken, während der Drachen-Knappe Feuerbälle abschießt usw. Insgesamt stehen sieben verschiedene Knappen zur Auswahl, oder besser gesagt sechs, da ein bestimmter Knappe nur dazu dient ein Achievement freizuschalten.
Man kann die Leistung der Knappen innerhalb der Stages verbessern, indem man goldene Edelsteine von getöteten Feinden aufsammelt und die Knappen somit auflevelt. Eingesteckte Treffer senken jedoch den Levelgrad der Knappen, also aufgepasst!
Dann gibt es noch den Zauber Laden, der dazu dient erbeutete Waffen und Runensteine um eins bis zwei Stufen zu verbessern, um deren Eigenschaften zu verbessern. Besagte Runensteine liegen gut versteckt in einigen der Stages verborgen und können oftmals erst dann erbeutet werden, wenn man ein kleines Rätsel löst. Zur Erkundung der Stages verfügt man übrigens auch die Möglichkeit die Flugrichtung selbst zu bestimmen. Per Knopfdruck wendet unser Greif nämlich um 180°, was es uns erlaubt den Druck des automatischen Scrollings auszuhebeln. Dies hilft freilich auch im Kampf weiter und ist notwendig um Feinde zu erledigen, die uns in den Rücken fallen. Allerdings respawnen die Feinde bis zu einem gewissen Grad, weswegen man dieses Feature mit Vorsicht genießen sollte. Manche Stages bieten darüber hinaus auch alternative Flugrouten an, die man dank oben genannter Möglichkeit auch alle in einem Besuch abklappern kann. Hat man letztendlich einen der Runensteine eingesackt, bekommt man einen Bonus in Form von mehr Lebensenergie, einem Dash-Manöver oder sogar zusätzlicher Flugrouten innerhalb der Stages spendiert. Darüber hinaus schalten die Runensteine auch Zwischensequenzen frei, die über die Vorgeschichte der Spielwelt aufklären. Gelingt es alle sechs Runensteine zu finden, schaltet man obendrein eine Bonus-Endingsequenz frei.
Immer wenn Oliver einen seiner Gefährten bezwungen hat, erbeutet er dessen Waffe, die fortan neben seiner regulären Armbrust-Waffe genutzt werden kann. Insgesamt bietet das Spiel also sieben verschiedene Waffen und sogar eine versteckte Bonuswaffe, wenn man das Spiel auf höchstem Schwierigkeitsgrad meistert. Etwas problematisch hierbei ist jedoch die Vorkonfigurierung der Steuerung. Der Standardschuss und der Angriff mit der mächtigeren, aber dafür auch Zauberkraft kostenden Sekundärwaffe wurden nämlich auf dieselbe Taste gelegt. Um diesen Mangel zu beheben sollte man also erst mal einen Blick in die Steuerungskonfiguration werfen, bevor man sich ins Spiel stürzt.
Die eigentliche Funktion der Waffen unterscheidet sich freilich recht stark voneinander. Da gibt es z.B. das Schwert welches mächtige Energiewellen abschießt, oder die Kanone, welche für einen kurzen Zeitrahmen eine kräftige Feuerwerkswolke produziert. Jedoch wird man recht schnell feststellen, dass der Bogen (bietet einen starken Fächerschuss), den man recht früh erbeutet, wohl die Mächtigste von allen Sekundärwaffen ist. Dementsprechend habe ich die anderen Waffen auch hauptsächlich nur dazu genutzt, um Achievements zu grinden. Aber Hardcore-Spieler werden sicherlich größeren Nutzen aus dem Waffensystem ziehen als ich.
Apropos Hardcore, GKE ist ein Spiel welches sich nicht nur an harte Genrefans richtet, sondern auch Casual-Spielern empfohlen werden kann. Das Genre der Shoot’em Ups leidet ja oftmals unter sehr harten Schwierigkeitsgraden. Darunter leidet GKE jedoch nicht. Ich selbst bin zwar kein schlechter Spieler, aber definitiv kein Experte im Shmup-Genre. Dennoch konnte ich das Spiel auf mittlerer Schwierigkeitsstufe relativ problemlos meistern. Das liegt freilich auch an den RPG-Elementen, von denen man rigoros Gebrauch machen kann. Statt regulärer Punkte verdient man hier nämlich Gold, welches man schnellstmöglich in Waffenupgrades und Tränke investieren sollte, um sich das Rittersleben leichter zu machen. Für Vollprofis und Puristen gibt es hingegen entsprechende Achievements zu verdienen, wenn sie auf die RPG-Elemente verzichten und das Spiel auf traditionelle Weise spielen. Cool ist weiterhin, dass man innerhalb einer Stage ohne Zeitdruck das Menü aufrufen kann, um Waffen, Knappen und Tränke umzurüsten, um seine Strategie jederzeit anpassen zu können.
Unterm Strich konnte mich GKE gute sechs Stunden bei Laune halten. Die allgemeine Spieldauer hängt jedoch sehr stark von der individuellen Spielweise des Spielers ab und kann daher nicht wirklich klar gemessen werden.
Grafik und Sound
In grafischer Hinsicht versucht sich GKE an alten Klassikern der 16-bit-Ära zu orientieren. Die farbenfrohe Farbpalette lässt vermuten, das allen voran der Super Nintendo als Inspirationsquelle hergehalten hat. Da das Spiel jedoch mit der Unity-Engine kreiert wurde, sieht es freilich nicht wirklich wie ein 16-bit-Spiel aus. Viel eher erinnert die Grafik von GKE an ein kostenfreies Newgrounds-Spielchen. Ob das nun gut oder schlecht ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Die Charaktersprites sehen nett aus, auch wenn deren Animationen oftmals etwas abgehackt wirken. Dafür überzeugen sie mit ihrer schieren Masse und oftmals auch mit ihrer Größe. Die Hintergrundgrafiken wirken hingegen etwas arg detailarm und somit langweilig, bieten dafür aber relativ abwechslungsreiche Szenarien. Das allgemeine Artwork, welches vor allem auch in Zwischensequenzen zelebriert wird, wirkt angenehm charmant, aber auch recht amateurhaft – man bekommt hier wirklich ein starkes Newgrounds-Feeling.
Der Soundtrack konnte mich leider rein gar nicht überzeugen. Nicht nur, dass er lustlos im Hintergrund vor sich hindudelt, so sind auch die Melodien an sich absolut unspektakulär ausgefallen. Da steckt einfach keinerlei Persönlichkeit in den Klängen. Er unterstützt ja noch nicht einmal das Gameplay – sehr schwache Leistung. Eine Sprachausgabe gibt es nicht und auch die Geräuscheffekte können sich nicht im Gedächtnis festsetzen.
Darüber hinaus hat man auch die deutschen Bildschirmtexte völlig verkackt. Ich habe noch kein Spiel erlebt, welches eine derart miserable Übersetzung vorzuweisen hatte. Daher meine dringende Empfehlung das Spiel mit englischen Texten zu spielen – selbst dann, wenn man kein Englisch kann. Ja, die deutsche Übersetzung ist wirklich derart schauderhaft ausgefallen!