Golden Axe REVIEW
In den 80er Jahren waren Barbaren-Filme wie Conan der Barbar, Red Sonja oder Beastmaster ziemlich beliebt, was liegt da also näher als den Stoff in Form eines Münzen fressenden Videospielautomaten für Spielhallen umzusetzen? Und somit war Golden Axe geboren, welches Mitte 1989 seine Geburtsstunde als Arcade-Automat feierte. Freilich folgten in den folgenden Monaten auch Umsetzungen für diverse Spielkonsolen und Heimcomputer. Allen voran die Version für Segas hauseigene Konsole „Mega Drive“ erlangte einiges an Beachtung und erfreute sich großer Beliebtheit. Leider wurden auch die deutschen Sittenwächter auf den Titel aufmerksam, weswegen er hierzulande jahrelang auf dem Index landete und erst 2006 in Form der Sega Mega Drive-Collection für unsereins zugänglich gemacht wurde. Bedenkt man, dass das Spiel dieser Tage ab 6 Jahren eingestuft wird, wirkt die damalige Indizierung erst recht wie blanke Bevormundung, zumal die Mega Drive-Version des Titels in der Tat absolut harmlos ist. Blut und Gore sucht man vergebens und jeder x-beliebige Barbaren-Film ist wesentlich härter als dieses Videospiel. Aber das ist ja nun alles Vergangenheit. Schauen wir uns stattdessen an, ob dieses sympathische Retro Sidescroll-Metzelspielchen den Zahn der Zeit gut überstanden hat oder nicht.
Für Rache und Ehre
Das Königreich Yuria wird von dem grausamen Riesen Death Adder und dessen Schergen terrorisiert. Der muskelbepackte Fiesling hält König und Prinzessin in seiner Gewalt und droht die magische „Golden Axe“ zu zerstören, welche hohen symbolträchtigen Wert für das Königreich darstellt. Somit hält der zu groß geratene Schurke alle Werkzeuge in seiner Hand, um Land und Leute in seine Knechtschaft zu zwingen, doch er hat die Rechnung ohne einige Verwandte seiner zahlreichen Opfer gemacht. Da hätten wir den tapferen Barbarenkrieger Ax Battler, der den Mord an seiner Mutter rächen will. Die Familie der Amazone Tyris Flare hat es sogar noch schlimmer erwischt, sie hat gleich beide Elternteile zu rächen! Und der Zwerg Gilius Thunderhead ist ebenfalls alles andere als erfreut über den Verlust seines Zwillingsbruders. Folglich schließen sich die drei Krieger zusammen um Death Adder und seine zahlreichen Handlanger ordentlich bluten zu lassen.
Tja, und damit wäre die Handlung auch schon abgewickelt. Irgendwelche tiefgängigen Charakterstudien und überraschende Storywendungen sucht man in solch einem Spiel freilich vergeblich. So etwas wird aber auch von niemanden erwartet. Hier geht’s um simplen Metzelspaß in einer rauen Fantasywelt á la Conan der Barbar.
Sword & Sorcery
Golden Axe bietet drei verschiedene Spielmodi: Da hätten wir zunächst den „Arcade“-Modus, das Herzstück des Spiels. Hier geht es darum entweder alleine oder mit einem zweiten Mitspieler per Coop-Option die insgesamt acht Stages des Spiels zu meistern. Der Spielablauf könnte dabei simpler nicht sein. In den sidescrollenden Stages geht es im Grunde genommen nur darum, alle Feinde per Waffengewalt oder mächtiger Zaubersprüche zu erledigen, bevor man selbst alle Leben und Continues verballert hat.
Dasselbe Prinzip erwartet uns auch im „Beginner“-Modus, bei dem es sich eigentlich nur um die ersten drei Stages handelt, die mit einer schwachen Version des Oberschurken, genannt Death Adder Jr., abgeschlossen werden. Generell sind die Feinde im Beginner-Modus deutlich schwächer als im regulären Arcade-Modus und man kann mehr Potions erbeuten, die zum wirken der Zaubersprüche benötigt werden. Diese Potions müssen übrigens aus kleinen blauen Dieben herausgeprügelt werden, die immer wieder mal auftauchen. Ferner gibt es zwischen den ersten vier Stages Lagerfeuer-Bonusrunden, wo man ebenfalls blaue Diebe für Potions und grüne Diebe für Heilitems verprügeln darf, was einem das Barbaren-Leben zumindest etwas erleichtert.
Zu guter Letzt wäre da dann noch der Spielmodus „The Duel,“ wo man alleine gegen 12 Gegnergruppen bestehen soll, was aber mit einigen Einschränkungen bewerkstelligt werden muss. So darf man im Duell keine Magie wirken und man hat nur ein einziges Leben zur Verfügung. Dafür verfügt man jedoch über mehr Lebensenergie als in den anderen Spielmodi, was aber auch nicht so viel bringt, da diese zwischen den 12 Runden nicht regeneriert wird. Sollte ein zweiter Mitspieler zur Verfügung stehen, so dient „The Duel“ als eine Art Versus-Modus, was ich aber nicht ausprobieren konnte.
Darüber hinaus hat man auch Zugriff aufs Options-Menü. Dort darf man nicht nur die Tasten neu belegen, sondern auch einem Soundtest lauschen und die Gesamtlebensenergie pro Extraleben für Arcade- und Beginner-Modus bis zu einem gewissen Grad frei regulieren. Die Auswahl besteht aus drei, vier oder fünf Lebensenergie-Einheiten, dies kann also durchaus als eine Art Schwierigkeitsgrad-Anwahl betrachtet werden, die man ansonsten vergeblich sucht. Ein echter wählbarer Schwierigkeitsgrad wäre jedoch äußerst wünschenswert gewesen, denn Golden Axe ist trotz des simplen, schnell erlernten Spielprinzips kein Spaziergang und nur wenige werden den Abspann im Arcade-Modus zu Gesicht bekommen.
In jedem Spielmodus kann man aus den drei spielbaren Charakteren Ax Battler, Tyris Flare und Gilius Thunderhead wählen. Gilius konzentriert sich auf seine kämpferischen Fähigkeiten, er schlägt mit seiner Streitaxt am schnellsten zu, hat mit ihr die größte Reichweite und verursacht den größten Nahkampfschaden. Dafür beschränkt sich seine Donnermagie auf drei Levelstufen.
Tyris ist da das genaue Gegenteil. Ihre Fähigkeiten im Nahkampf sind arg begrenzt, dafür verfügt sie über mächtige Flammenmagie, die in sechs Levelstufen unterteilt ist. Ax Battler ist hingegen der ausgewogene unter den Dreien. Seine Nahkampffähigkeiten sind durchschnittlich und seine Erdmagie geht immerhin bis auf Stufe 4.
Meine Empfehlung ist übrigens Gilius zu wählen, da ein effektiver Nahkämpfer einem magisch versierten Charakter eindeutig vorzuziehen ist. Die magischen Beschwörungen sehen zwar schick aus, sind durchschlagskräftig und bieten für jeden Magielevel sogar eine individuelle Animation, doch ist die Anzahl der Potions die hierfür benötigt werden nun einmal begrenzt. Wer die höheren Magielevel mit Tyris und Ax sehen möchte, muss sich schon so einige Potions zusammensparen. An dieser Stelle wird dann auch ein ärgerlicher Designmangel deutlich, denn ironischerweise ist Gilius‘ Magie weitaus reizvoller als die der anderen Beiden, weil er lediglich vier Potions benötigt, um seinen maximalen Stufe 3-Magielevel loszutreten. Ax benötigt für einen Stufe 3 Zauber schon fünf Potions bzw. sechs für Stufe 4. Tyris kann mit sechs Potions gerade mal einen Stufe 3 Zauber wirken und benötigt sogar neun(!) Potions für ihre Maximal-Magiestufe 6! Die Idee einen Nahkampfschwachen Charakter zu wählen, der eine Ewigkeit Potions sparen muss um seine Magie zu wirken ergibt somit keinen Sinn. Dann lieber Gilius der nicht nur ordentlich reinhaut, sondern beim finalen Gefecht einer Stage stets genügend Potions hat um seine maximale Magie zu wirken, die ebenfalls ganz gut reinzieht.
Bevor man ins Spiel einsteigt, sollte man sich bewusst machen, dass der Spielablauf weit weniger primitiv ausfällt als man anfangs denkt. Wer nur stur auf die Gegner zuläuft und versucht diese tot zu dreschen, kommt nicht weit, denn die Feinde leisten tüchtig Gegenwehr und setzen ihre Fähigkeiten fleißig ein. Vor allem die Sprintattacke (Doppelklick auf die rechte oder linke Bewegungstaste + Angriffsbutton), wird von den feindlichen Prügelknaben bevorzugt eingesetzt und wird Anfängern reichlich Zähneknirschen bereiten. Hier gilt es stets in alle vier Richtungen der Kampffläche in Bewegung zu bleiben und im rechten Moment anzugreifen. Je nachdem wie nah man am Gegner steht wenn man zuschlägt, kann man diesen mithilfe einer Angriffskombo in die Mangel nehmen oder diesen sogar greifen und wegschleudern, um sich mehr Luft zu verschaffen. Letzteres ist auch häufig notwendig, denn als Solospieler ist man eigentlich immer in der Unterzahl. Und die Gegner nutzen diesen Umstand gnadenlos aus, indem sie versuchen den Spieler in die Zange zu nehmen. Wie gesagt: Immer in Bewegung bleiben! Und da man komischerweise unverwundbar ist, während man einen Gegner hochhebt und wegwirft, kann man sich dadurch durch so manch brenzlige Situation retten. Tricks wie diese werden absolut notwendig, wenn man die finalen Stages erreichen will. Weitere Techniken wie der Spezialangriff (Sprung- und Angriffstaste gleichzeitig betätigen, um einen rückwärts gerichteten Angriff einzusetzen) oder der Stoß nach unten können ebenfalls weiterhelfen, sind aber nicht immer so schnell und praktikabel umzusetzen wie reguläre Angriffe.
Da man zum Teil auch gegen Riesen kämpft, kann man freilich auch Sprungangriffe durchführen, welche geschickt eingesetzt ebenfalls Leben retten können. Es ist übrigens immens wichtig seine virtuellen Extraleben und Continues beisammen zu halten, denn es lassen sich keine Weiteren dazuverdienen! Wer insgesamt zwölf mal abkrazt, darf dann noch mal von Vorne beginnen, was aber nicht so schlimm ist, da die Level extrem kurz ausfallen und ein Spieldurchlauf im Arcade-Modus somit nur ein halbes Stündchen andauert.
Eine Besonderheit in Golden Axe sind übrigens die Reittiere, die man zwar zuerst von den Gegnern erbeuten muss, dann aber eine große Hilfe darstellen. Es gibt drei verschiedene Tierchen, da wäre Chicken-Leg, ein Vieh mit einer kräftigen Schwanzpeitsche, die über eine große Reichweite verfügt, Blue Dragons die einen kräftigen Flammenhauch rausbrüllen und die Red Dragons, die sogar Feuerbälle ausstoßen. Aber Vorsicht! Die Feinde werden freilich versuchen euch vom Sattel zu kicken und die Reittiere hauen irgendwann ab, wenn ihre Reiter zu oft wechseln mussten.
Eine etwas zweifelhaftere Besonderheit ist der Einsatz von Abgründen und zweier Jump-Passagen. In manchen Stages gibt es Abgründe in die man stürzen oder geworfen werden kann, was freilich mit dem sofortigen Verlust eines Lebens einhergeht. Man ging sogar so weit in Stage 3 und 7 eine Lücke im Boden zu setzen, über die man springen muss. Vor allem die Lücke in Stage 7 erfordert Präzision und wird bei den ersten paar Anläufen gewiss einige Leben kosten und Game Over’s verursachen. Positiv zu erwähnen sei jedoch, dass man diese Spielmechanik auch zu seinen Gunsten ausnutzen kann. Einen nicht unerheblichen Teil der Gegner erledige ich, indem ich sie einfach in Abgründe rennen lasse oder sie selbst hinein werfe. Durchaus eine sehr befriedigende Angelegenheit. Die beiden Lücken sind jedoch definitiv fehl am Platz.
Das größte Problem ist jedoch der finale Bosskampf in Stage 8. Dieser Gegner ist dermaßen überpowert, dass nur ganz wenige den Abspann zu Gesicht bekommen werden. Nur wer mit einem hohen Vorrat an Continues und Extraleben in diesen Kampf hineingeht, hat eine Chance. Das Problem ist nur, dass man in den vorherigen sieben Stages schon einen ordentlichen Teil an Continues und Leben verbraucht haben dürfte, das finale Gefecht wirkt da wie ein unüberwindliches Hindernis und das ist einfach schade, da man bis zu diesem Punkt eigentlich recht vernünftig durchkommt. In diesem Gefecht liegen aber generell einige Designmängel zu Grunde, so wird der finale Boss von zwei unsterblichen Skeletten unterstützt und schleudert dem Spieler, nachdem er diesen mit einem regulären Angriff getroffen hat auch noch Zaubersprüche um die Ohren, gegen die man nichts ausrichten kann. Sorry, aber das hat dann einfach nichts mehr mit einer Herausforderung zu tun, sondern ist einfach nur noch unfair.
In diesem Zusammenhang ist jedoch auch zu erwähnen, dass Stage 7 und 8 sowieso nur Zusatzcontent sind, die in der originalen Arcade-Version und einigen anderen Versionen (z.B. der Amiga-Version) nicht auftauchen. Wäre Golden Axe nach Stage 6 zu Ende, würde mir das Spiel deutlich besser gefallen. Hier trifft der Spruch „Weniger ist mehr“ wie die Barbarenfaust aufs Auge.
Grafik, Sound und weiteres:
Grafik: Bei Golden Axe muss man natürlich berücksichtigen, dass es sich um eines der ganz frühen Mega Drive-Spiele handelt. Die Grafik sah damals sicherlich toll aus, wirkt heutzutage aber schon recht primitiv. Das liegt vielleicht auch an der Farbgebung der Umgebung, die doch recht bodenständig wirkt, was aber gut zur Thematik der Barbaren-Fantasy-Filme passt. Dabei sind die Locations auf dem Papier sehr fantasievoll. So findet man sich in einem Dorf wieder, was auf dem Rücken einer gigantischen Schildkröte errichtet wurde oder begibt sich auf einen finsteren Pfad der den Rücken eines ebenso gigantischen Adlers säumt. An spannenden Einfällen mangelt es also nicht.
Wesentlich gelungener sind aber die Angriffsanimationen der Charaktermodelle. Jene Schlagkombo, mit welcher der Kopf der Spielfiguren durch den Waffengriff traktiert wird, unterhält doch immer wieder aufs Neue.^^ Lediglich die Laufanimationen der Charaktermodelle wirkt arg hölzern, aber wie gesagt: Das Spiel ist schon verdammt alt.
Sound: Der Soundtrack ist hervorragend gelungen und fängt die Atmosphäre des Low-Fantasy Barbaren-Themas perfekt ein. Die Tracks bieten einen angemessenen Ohrwurmcharakter und unterstützen dabei das actionreiche Spielgeschehen einwandfrei, wirken dabei aber nie störend oder gar ablenkend. Einziger Wermutstropfen ist der Gedanke wie toll der Soundtrack ausgefallen wäre, wenn er nicht unter der limitierten Soundchip-Hardware des Mega Drives leiden würde.
Als kleinen Ausgleich hierfür gibt es aber witzige Geräuscheffekte die das Hack’n’Slay-Geschehen gut untermauern und sogar alberne Todesschrei-Soundsamples, welche wohl der Hauptgrund für die Indizierung hierzulande gewesen sein dürften. Witzigerweise hat sich hierbei ein kleiner Fehler eingeschlichen, so wurde Ax Battlers Todesschrei mit denen der Amazonen vertauscht, so das Ax beim sterben wie eine Frau klingt, während die Amazonen wie Männer klingen. Da hat die Qualitätskontrolle aber ganz schön gepennt.^^
Sonstiges: Die Sache mit Ax Battlers Weiberschrei ist nicht der einzige Fehler der mir aufgefallen ist, zwei mal sind bei mir Gegner aus dem Screen herausgelaufen und nie mehr zurückgekehrt. In einem Fall galt der Gegner dabei als besiegt, aber in dem Anderen landete ich dadurch in einer permanenten Sackgasse, was freilich weniger erfreulich war. Darüber hinaus stört auch, dass der Screen nicht vernünftig zentriert wird, wenn man aufgefordert wird weiter nach rechts zu gehen. Da muss man mit seiner Spielfigur dann immer wieder in den mittleren Screen-Ausschnitt zurücklaufen um nicht unverhofft in Gegner reinzulaufen – sehr nervig.
Auch das Bewertungssystem, welches man nach Spielende oder einem Game Over angezeigt bekommt, ergibt nicht viel Sinn. Hier wird man in US-Schulnoten von A+++ bis F bewertet. Die Art der Bewertung ist aber reichlich undurchsichtig, so bekomme ich eher schwache Noten, obwohl ich das Spiel fast duchgeschafft habe, bekomme dafür aber gute Noten, wenn ich aufs Continue verzichte und somit freiwillig vorzeitig Game Over gehe. Ich denke das hängt damit zusammen, dass man für verlorene Leben kräftig Minuspunkte einkassiert. Ein sehr schlechtes Bewertungssystem, was ohnehin irrelevant ist, da es keinen Batteriespeicher gibt der die Benotung festhält. Verdammt, man kann hierbei noch nicht einmal Initialen setzen! Dann doch lieber einen klassischen Punktezähler.
Pro & Kontra
- simples aber spaßiges und befriedigendes Spielprinzip
- gute Umsetzung der Low-Fantasy Barbaren-Thematik
- Multiplayer Coop- und Versus-Optionen für zwei Spieler
- bietet coole Ideen wie die Reittiere und Zaubersprüche
- es gibt keine anwählbaren Schwierigkeitsgrade
- Schwierigkeitsgrad des finalen Bosskampfes ist viel zu hoch angesetzt
- die beiden Jump-Einlagen in Stage 3 und vor allem Stage 7 hätte es nicht gebraucht
- einige kleinere Bugs und ein misslungenes Bewertungssystem