Frigato: Shadows of the Caribbean PREVIEW
Frigato: Shadows of the Caribbean ist der Debuttitel des dreiköpfigen polnischen Indie-Entwicklers Mercat Games (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Brettspiel-Hersteller aus Singapur). Es handelt sich hierbei um ein Echtzeit-Taktik-Stealth-Spiel, oder simpel ausgedrückt, um einen sogenannten „Commandos-Klon.“ Commandos: Behind Enemy Lines hatte Anno 1998 ein neues Nischengenre begründet, welches eine kleine, aber treue Fangemeinde gewinnen konnte. Als Freund todschicker isometrischer Renderbilder hatte ich dieses Nischengenre auch immer lose im Blick behalten, hatte mich jedoch bislang niemals rangetraut, da ich mit „Echtzeit“ und „Taktik“-Spielen eher nichts anfangen kann. Doch dann bot mir unsere Chefredakteurin Rena einen Frigato-Key zu Testzwecken an, was für mich ein gutes Argument war über meinen Schatten zu springen und diese Sorte von Spiel endlich mal auszuprobieren. Frigato ist seit dem 29. Mai 2023 als Early Access-Titel zu erwerben und kostet günstige 11,79 €. Ob das Spiel etwas taugt und sich bereits in einem spielbaren Zustand befindet, erfahrt ihr im folgendem Preview.
Treffen sich zwei Piraten im Schankhaus
Im Intro sehen wir, wie Piratenbraut Maria in ein Wirtshaus einkehrt. Bevor die Gute jedoch die Gelegenheit erhält sich ne Buddel Rum zu bestellen, wird sie von dem Piraten Samuel angequatscht. Dieser will Maria anheuern und lockt mit der Aussicht auf Gold und Reichtümer. Danach erfolgt der allzu abrupte Einstieg in den ersten Level. Hier sollen wir Samuel durch eine Hafenstadt zum Zielpunkt lotsen, denn es gilt auf ein britisches Schiff zu schleichen und eine Schatzkiste zu plündern, die im untersten Deck gelagert wird.
Der Haken an der Sache ist jedoch, dass sowohl die Stadt als auch das Schiff mit patrouillierenden britischen Soldaten vollgestopft sind, welche erst schießen und dann Fragen stellen. Immerhin läuft Samuel unterwegs dem Chinesen Char Li über den Weg, welcher sich wenig begeistert über das hohe Aufgebot an britischen Soldaten zeigt. Samuel ergreift die Gelegenheit beim Schopfe und bietet auch Char Li die Mitgliedschaft in seiner Crew an.
Es soll sich jedoch herausstellen, dass Samuel gar nicht so sehr am britischen Gold interessiert ist, und in wirklichkeit andere Ziele verfolgt. Wie diese aussehen, müsst ihr jetzt freilich selber herausfinden.
Man merkt, dass die Handlung dann doch eher dazu dient die taktischen Schleichereien zu rechtfertigen als eine interessante Geschichte zu erzählen. Weder Handlung noch Charaktere scheinen nennenswerten Tiefgang zu bieten. Obendrein irritiert Frigato mit beliebig eingestreuten Fantasy-Elementen. So lauern im untersten Deck der britischen Fregatte auf einmal bösartige Meerjungfrauen, welche mit Gedankenkontrolle vorgehen. Und ab der dritten Mission schließt sich uns sogar ein antropomorpher Waschbär á la Rocket Raccoon an.
Ob es wirklich sinnvoll war das Spiel mit derart phantastischen Dingen zu garnieren lass ich einfach mal im Raum stehen. Jedoch hat sich Mercat Games hierdurch die Chance entgehen lassen sich zumindest etwas von Mimimi Games nächsten Titel „Shadow Gambit“ abzugrenzen, welches ebenfalls auf ein Piraten-Fantasy-Setting setzt. Würde Frigato: Shadows of the Caribbean eher auf einen historischen Umgang mit der Thematik setzen, könnte man zumindest jene Echtzeit-Taktik-Stealth-Freunde abholen, die keine Lust auf Fantasy-Elemente haben.
Von A nach B
Das grundlegende Spielziel ist denkbar simpel. Zumindest in den Maps die ich gespielt habe ging es einfach nur darum vom Startpunkt aus zum Zielort zu gelangen. Letzterer wird in Form eines roten X markiert, was natürlich reichlich plump wirkt, zumal es keine weiteren Auftragsstellungen gibt wie etwa „Vermeide Tote,“ „Sammel die Schätze XYZ ein“ oder „Töte den Schiffskapitän.“
Natürlich ist es sehr knifflig bis zum roten X vorzudringen, da die britischen Soldaten zahlreich vertreten sind, aufmerksam patrouillieren, Alarm schlagen, Hilfe holen usw. Unsere eigenen Spielfiguren halten wiederum nicht viel aus. Je nach Charakter stehen 3-5 Hitpoints zur Verfügung, mehr nicht. Direkte Konfrontationen führen angesichts der feindlichen Überzahl ohnehin ratzfatz zum Tod, weswegen vorsichtiges Vorgehen ein absolutes Muss darstellt. Glücklicherweise bietet das Spiel hierfür auch die entsprechenden Werkzeuge, wie etwa Quicksave und -load. Dies ist übrigens keine billige Savescumming-Methode, sondern integraler Bestandteil im Spielkonzept. Man muss sich den Fortschritt durch die Maps hart erarbeiten, und es wird vom Spieler erwartet, dass er regelmäßig in verschiedenen Saveslots speichert. Hat man eine Minute lang nicht gespeichert, wird sogar ein eher lästiger Timer eingeblendet, der eben dies mitteilt. In Frigato werden automatisch neue Saveslots kreiert, auch wenn das dazu führt, dass man bald in Speicherständen ertrinkt, die man auch mal in mühseliger Kleinarbeit löschen sollte.
Weiterhin steht euch die komplette Iso-Karte zur freien Begutachtung offen. So etwas wie Fog of War gibt es hier nicht. Jedoch geht die Framerate des Spiels massiv in die Knie wenn man in die hinteren Winkel der weitläufigen Maps scrollt. Die Unity Engine scheint mit dem Gewusel eines Echtzeit-Taktik-Stealth-Spiels mächtig überfordert zu sein. Oder das Ding wurde schlampig programmiert – keine Ahnung.
Zur weiteren Unterstützung könnt ihr den Sichtkegel von jeweils einer Feindeinheit aktivieren, was eine absolut notwendige Funktion ist sich an die Pappenheimer heran- oder zumindest vorbeizuschleichen. Schleicht ihr euch heran ohne gesehen zu werden könnt ihr eure Gegner entweder töten oder KO schlagen. Bei letzterer Aktion solltet ihr den Bewusstlosen jedoch schnell fesseln, da diese sehr schnell wieder zu kräften kommen. Danach empfiehlt es sich Leichen oder Gefesselte wegzuschleifen, damit sie nicht von ihren Kameraden entdeckt werden, welche daraufhin sofort Alarm schlagen. Wenn man Glück hat gibt es in den Maps Fässer wo man die Körper reinpacken kann. Rauchwolken helfen hingegen dabei unsere Spielfiguren selbt inmitten von Feindgetümmel unsichtbar zu halten.
Abseits der Nahkampf-Aktion oder dem Betäubungsschlag, welche jedem zur Verfügung steht, bieten die Charaktere noch über jeweils zwei weitere Spezialfähigkeiten. Samuel hat ein sehr nützliches Wurfmesser dabei, welches er nach Einsatz jedoch wieder einsammeln muss. Obendrein kann er seinen Papagei nutzen um Feinde kurzfristig abzulenken. Maria hat eine Brandbombe im Gepäck, welche einen kleinen Radius abdeckt. Außerdem kann sie eine Illusion von Eldritch-Tentakeln beschwören, um mehrere Feindeinheiten temporär in Panik zu versetzen. Jede Spielfigur hat eben ihre eigenen Sonderfähigkeiten im Gepäck, die es klug auszuspielen gilt. Jedoch lässt sich nicht jede Fähigkeit inflationär einsetzen. Marias Brandbomben und Illusionszauber sind z.B. numerisch begrenzt.
Über weitere Details zu reden ist müßig, da sich Frigato: Shadows of the Caribbean ja noch im Early Access befindet und man erst anhand der fertigen Version sagen kann, was das Spiel dann wirklich alles an Maps, Gimmicks und Möglichkeiten zu bieten hat. Aktuell geizt das Spiel noch mit wirklich kreativen Ideen und Optionen und die Tutorial-Textinfos in der ersten Mission wirken eher plump als Hilfreich. Einsteigerfreundlich ist das Spiel jedenfalls nicht. Bereits die erste Mission verlangt viel ab. Aber es hat Spaß gemacht sich da reinzufuchsen. Ob das andere auch so sehen werden wage ich jedoch zu bezweifeln.
Grafik, Sound und Technik
In grafischer Hinsicht setzt Frigato: Shadows of the Caribbean auf 3D-Grafik in isometrischer Perspektive und mit rotierbarer Kamera. Auf Basis der Unity-Engine wird ein Stil genutzt, der ein wenig an Cell Shading erinnert. Daher sieht das Game eher wie ein Titel für die gute alte PS2 aus und wird in visueller Hinsicht wohl niemanden beeindrucken können. Die Charakter-Animationen fallen obendrein sehr hölzern aus und richtige Zwischensequenzen gibt es nicht. Der Dialog unter den Charakteren findet direkt in den Maps statt.
Akustisch bietet Frigato einen schönen Themesong der Lust aufs Abenteuer macht. Bei der eigentlichen Ingame-Musik ist mir jedoch nichts im Gedächtnis hängengeblieben. Die englische Sprachausgabe wirkt hingegen überraschend kompetent. Weitaus weniger kompetent ist hingegen die deutsche Textübersetzung, welche so wirkt, als sei sie von einer mittelprächtigen K.I. erstellt worden. An dieser Stelle sollte man sich schon mehr Mühe geben, schließlich dürfte ein größerer Teil der Fanbase von Echtzeit-Taktik-Stealth-Spielen ja aus Deutschland kommen.
Leider ist das Spiel noch recht verbuggt. Besonders die ersten zwei Tage nach dem Release waren ziemlich katastrophal. Da hatten sogar noch weite Teile der ohnehin spärlich gesäten Story gefehlt und das Programm verkam ab der zweiten Mission zur Absturz-Orgie. Nachdem die negativen Kritiken hagelten, legten die Entwickler aber sehr schnell Hand an und brachten die ersten Patches. Dennoch gibt es immer noch Probleme Ich habe erneut einen Absturz, sowie einen Gamebreaker-Bug, der zum Neustart der zweiten Mission zwang, miterlebt. Danach hatte ich dann echt keinen Bock mehr aufs Spiel. Außerdem verstehe ich nicht, wieso das Game die Grafikkarte meines Rechners derart ins schwitzen bringt. Die entsprechende Lärmbelästigung ist grafisch jedenfalls nicht nachzuvollziehen. Von kleineren Mängeln, wie Gegnern, die in seltenen Fällen auch mal durch Wände sehen können, oder Leichen, die nach einem Reload plötzlich verschwunden sind ganz zu schweigen.
Pro & Kontra
- Vertreter eines eher seltenen Nischengenres
- spaßiges Setting, aber...
- das Gameplay-Fundament funktioniert bereits sehr solide
- ist noch zu verbuggt und die Technik erscheint mir generell schwachbrüstig
- … das Piraten-Setting wird durch eher beliebige Fantasy-Elemente durchweicht
- dem Spiel scheint es an Besonderheiten Ingame-Optionen und Gimmicks zu mangeln