F.E.A.R. Extraction Point Add-on REVIEW

Vor über 10 Jahren war es noch gang und gäbe, dass erfolgreiche PC-Spiele sogenannte Add-ons nach sich zogen. Heutzutage wurden Add-ons ja gegen die zwielichtigen DLCs ausgetauscht, aber Add-ons waren damals eine tolle Sache. Bei Add-ons handelt es sich quasi um Fortsetzungen oder Nebenstories, welche quantitativ in der Regel die Hälfte des Umfangs des Hauptspiels umfassen, aber dafür auch nur die Hälfte kosteten. Qualitativ waren sie mit dem Hauptspiel auch oftmals auf Augenhöhe. Einziger Haken ist, dass Add-ons das installierte Hauptspiel voraussetzen.

Natürlich bekam auch der Horror-Egoshooter „F.E.A.R. First Encounter Assault Recon“ zwei Add-ons spendiert. Das erste Add-on, welches diesem Test zugrunde liegt, trägt den Titel F.E.A.R.: Extraction Point, und wurde ziemlich genau ein Jahr nach dem Hauptspiel veröffentlicht (Ende Oktober 2006). Wirklich interessant an der Sache ist, dass dieses Add-on nicht mehr von Monolith Productions stammt, also jenem Entwickler, die sich für das Hauptspiel verantwortlich zeichnen. Stattdessen wurden die Texaner von TimeGate Studios verpflichtet, welche bis dato aber lediglich durch einige Echtzeit-Strategie-Titel wie zum Beispiel „Kohan“ aufgefallen sind. Extraction Point war also TimeGates erster Gehversuch im Shooter-Genre. Ob dennoch ein gutes Produkt dabei herausgekommen ist oder nicht, wollen wir in folgendem Review herausfinden.

Alma ist entfesselt!

Die Handlung von Extraction Point schließt nahezu direkt an das Ende vom Hauptspiel an. Wer dieses noch nicht durchgespielt hat, sollte also besser nicht weiterlesen.

Wir erinnern uns: Dem Point Man gelang es letztendlich seinen Auftrag auszuführen und den Kannibalen Paxton Fettel zu töten. Hierdurch beendete er auch den katastrophalen Großangriff von dessen Klonsoldaten-Bataillon. Der Point Man konnte jedoch nicht verhindern, dass der skrupellose Wissenschaftler Harlan Wade dessen Tochter Alma aus ihrem Spezialgefängnis befreite. Durch diese Tat setzt Wade den ungezügelten Zorn seines übersinnlich begabten Nachwuchses der gesamten Welt aus. Alma musste in ihrer Kindheit und Jugend nämlich grausame Experimente über sich ergehen lassen. Experimente die von ihrem eigenen Vater geleitet wurden und welche Alma letztendlich in einen Status konstanter Raserei, Zerstörungswut und Hass versetzten.

Zu allem Unglück stellt sich auch noch heraus, dass sowohl der Point Man, als auch Paxton Fettel das Ergebnis der Experimente an Alma sind. Sie sind nämlich ihre Söhne, welche dazu gezeugt wurden, um die Kontrolle über die Klonarmee des zwielichtigen Armacham-Rüstungskonzerns zu übernehmen. Menschliche Klone sind ohne die Führung eines übersinnlich Begabten nämlich lediglich nutzlose Hüllen. Während der Point Man aufgrund unzureichender telepathischer Fähigkeiten aussortiert wurde und irgendwie beim US-Militär landete, musste Fettel beim Konzern ausharren, was seiner Psyche wohl offensichtlich nicht gut bekommen ist.

Alma ist freilich wenig begeistert darüber, dass ihr Erstgeborener ihren treuen Zweitgeborenen ermordet hat. Folglich beginnt sie eine gnadenlose Hetzjagd auf den Point Man, welcher den Auftrag erhält die Forschungsanlage samt seiner Mutter in die Luft zu jagen. Der Point Man überlebt die gigantische Explosion wie durch ein Wunder, und wird von seinen Soldaten-Kameraden Jin Sun-Kwon und Douglas Holiday mit dem Helikopter eingesammelt. Als die Drei gerade den Explosionspilz bewundern, krabbelt auf einmal Alma in den Helikopter. Danach endet das Spiel mit einem Cliffhanger.

Handlung auf Fanfic-Niveau, aber dafür mit starker Horror-Atmosphäre

Besagter Cliffhanger wird an der Absturzstelle des Helikopters fortgesetzt. Offensichtlich hat Alma das Fluggerät zum Absturz gebracht, dafür aber die Leben der drei Soldaten, zumindest vorzeitig, verschont. Lediglich der Pilot kam beim Absturz in ein altes versifftes Hotel ums Leben. Die drei Soldaten trennen sich vorerst, um die Lage zu klären. Da Fettels Klonsoldaten seit dessen Ableben deaktiviert sind, scheint die Gefahr nun nur noch von Alma auszugehen. Dessen ist sich jedoch auch Alma bewusst. Da sie keine Super Nanny zur Verfügung hat, die ihren ältesten Sohn auf die Stille Treppe verbannen könnte, sieht sie sich gezwungen ihre übersinnlichen Fähigkeiten zur Wiederbelebung ihres jüngsten Sohnes einzusetzen. Wie genau das funktioniert, wird übrigens nicht erklärt. Wir wollen übrigens auch nicht vergessen, dass Paxtons Leiche ja eigentlich bei der Explosion pulverisiert worden sein müsste, aber egal.

Kurz nach seiner Wiederbelebung konfrontiert Fettel seinen älteren Bruder in einer Kirche und erklärt ihm, dass er wenig begeistert über den Mord an seiner Person ist. Dies dient freilich als Einleitung in eine andauernde Hetzjagd gegen den Point Man und dessen Kameraden. Während Fettel seine Klonsoldaten ins Feld schickt, beschwört Alma ihre Geisterwesen. Doch es gibt noch Hoffnung. Das US-Militär hat nämlich einen sogenannten Extraction Point eingerichtet, also eine Evakuierungszone für alle überlebenden Soldaten. Dieser befindet sich auf dem Dach des örtlichen Krankenhauses, welches leider ein gutes Stück entfernt liegt. Ob der Point Man, Jin und Holiday in der Lage sein werden den Extraction Point lebendigen Leibes zu erreichen?

Wie ihr sicherlich zwischen den Zeilen herauslesen konntet, ist die Story im Add-on nicht sonderlich hochwertig ausgefallen. Im Grunde genommen geht es ja nur darum den Extraction Point zu erreichen, mehr nicht. Diese Simplifizierung der Handlung geht sogar so weit, dass es nur noch eine handvoll an Anrufbeantworter-Aufzeichnungen gibt, welche auch über keinen relevanten Inhalt mehr verfügen. Wirklich ärgerlich ist jedoch die Maßnahme Fettel ohne vernünftige Erklärung ins Leben zurückzuholen. Plumper geht’s kaum. Wesentlich besser wurde da hingegen Alma gehandhabt. Es stellt sich nämlich recht bald heraus, dass sie unter einer Art Persönlichkeitsspaltung leidet. In ihrer erwachsenen Zombie-Gestalt versucht sie den Point Man zu töten, während ihre Geistermädchen-Form versucht ihren Sohn zu schützen. Aufgrund dessen, weiß man nie woran man bei Alma gerade ist. Versucht sie uns gerade umzubringen oder zu beschützen? Ein Geschickter Schachzug um Spannung innerhalb einer Arg dünnen Story aufzubauen.

Darüber hinaus überzeugt das Add-on auch mit einem sehr guten und überraschend heftigen Horror-Aspekt. Jeder der Extraction Point gespielt hat, wird wissen auf welche Szene ich anspiele, und für all jene, die dieses Spiel noch nicht gespielt haben, werde ich einen Teufel tun diese Szene zu spoilern. Das muss man einfach selbst erlebt haben! Aber auch abseits dieser wirklich denkwürdigen Szene, setzt Extraction Point den Horror-Aspekt von F.E.A.R. wesentlich spannender um, als es das Hauptspiel jemals getan hat. Es ist also keineswegs alles schlechter geworden. In manchen Bereichen ist Extraction Point dem Hauptspiel sogar überlegen.

Was gibt es Neues?

Im Kern hat sich am Spielprinzip freilich nichts geändert. Man kämpft sich immer noch in Egoshooter-Manier durch relativ überschaubare Levelabschnitte voran, welche in insgesamt sechs Kapitel/Intervals unterteilt wurden. Die Spieldauer beträgt rund 5-7 Stunden und geht für ein Add-on somit voll in Ordnung.
Extraction Point bietet drei neue Gegner- und Waffentypen. Bei den neuen Gegnermodellen handelt es sich hauptsächlich um stärke Versionen altbekannter Feinde. So gibt es nun eine verbesserte Version des Heavy Armor-Klonsoldaten und eine größere Version des Walker-Mechs, welcher nun 5-6 Raketen auf einmal auf uns abfeuert. Auch Alma hat aufgerüstet und hetzt uns nun fiese Ninja-Geister auf den Hals, welche bevorzugt eine feige Hit & Run-Taktik einsetzen und auf Unsichtbarkeit setzen. Die neuen Waffen umfassen hingegen folgende Schmuckstückte:

  • Type-12 Laser Carbine: Ein effizientes Lasergewehr, welches die feindlichen Klonsoldaten bei Dauerfeuer recht bald in Einzelteile zerlegt. Eine tolle Waffe, die ich jedem empfehlen kann.
  • TG-2A Minigun: Es ist eine verdammte Minigun, also ein sehr großes und sehr schweres Dauerfeuer-Maschinengewehr mit sechs rotierenden Läufen. Da ist Zerstörung vorprogrammiert. Dummerweise lässt sich das Mörderteil etwas schwer unter Kontrolle halten. Für präzise Spieler, die gerne mit der Bullet Time arbeiten ist das Ding somit eher ungeeignet. Möchtegern-Rambos werden die Wumme jedoch lieben.
  • AP-5 Deployable Turret: Eine Miniatur-Turret, welche man überall anbringen kann wo man will. Richtet zwar keinen übermäßigen Schaden an, eignet sich aber perfekt um größere Gegnergruppen in Schach zu halten. Coole neue Waffe, die netterweise unter die Granaten und Minen-Kategorie einsortiert wird (was bedeutet, dass man immer ein paar von denen mitschleppen darf. Drei Stück um genau zu sein).

Eine weitaus weniger attraktive Neuerung ist hingegen die Gegner-K.I., welche nun nicht mehr ganz so strategisch vorzugehen scheint, wie vom Hauptspiel gewohnt. Das heißt jetzt zwar nicht, dass die Klonsoldaten dumm agieren würden oder leicht zu bezwingen seinen, aber man merkt halt schon, dass hier nicht die gleiche Finesse dahintersteckt wie von Monolith Productions gewohnt. Dennoch wirkt Extraction Point ein gutes Stück schwerer als das Hauptspiel. Das mag sicherlich daran liegen, dass ich hier auf „Hard“ gespielt habe, aber mir ist auch aufgefallen, dass es keine feste Struktur bei den Gegnertypen mehr gibt. So trifft man z.B. recht früh im Spiel auch mal auf die härten Gegnertypen, die im Hauptspiel erst gegen Ende aufkreuzten.
Und natürlich gilt es auch viele heikle Situationen zu bewältigen. So muss man z.B. auf einen kleinen Turm klettern, um Holiday als Sniper Feuerschutz zu gewähren, oder Alma hält uns in einen bluttriefenden Raum voller Ninja-Geister gefangen.

Positiv zu erwähnen ist übrigens die größere Abwechslung bei den Schauplätzen. Statt durch endlose Bürogebäude und Fabrikanlagen, führt die Flucht zum Extraction Point unter anderen durch eine Kirche samt Katakomben, eine Schule, eine Baustelle, das U-Bahn-Netzwerk, ein Parkhaus, ein Krankenhaus … Ja, TimeGate hat verstanden, dass man selbst bei einem finster-beleuchteten Cyberpunk-Horror-Setting ruhig etwas mehr Abwechslung bieten sollte. Die Grafik an sich ist freilich identisch zum Hauptspiel. Dasselbe gilt auch für den Soundtrack und die Synchronsprecher der Hauptcharaktere.

Ansonsten gilt es nur noch über Kleinkram zu berichten. So gibt es nun zerstörbare Kisten, welche manchmal Munition und Medipacks beinhalten – ganz toll. Die aus dem Hauptspiel gehorteten Booster werden hier übrigens wieder zurückgesetzt. Wer seine Lebenspunkte und Bullet Time-Leiste pushen will, muss seine Booster-Sammelei also wieder von Vorne beginnen.

Größter Kritikpunkt am Add-on sind jedoch einige technische Mängel, welche weder im Hauptspiel, noch im zweiten Add-on „Perseus Mandate“ auftauchen. So gestattet es Extraction Point nicht die Auflösung über den Wert von 1280×960 Bildpunkte zu setzen. Sehr ärgerlich, glücklicherweise hat jemand im Steam-Forum eine Lösung hierfür gefunden (man muss die settings.cfg-Datei direkt im Programmordner abändern). Noch heikler sind jedoch die Freezes und Crashes, die im Spiel auftauchen können. Ich selbst wurde Opfer des Freezes zu Beginn des Levelabschnitts „the L“ im dritten Interval. Dieser Freeze zwang mich den Rest des Intervals per Cheat zu überspringen, damit ich ab Anfang von Interval 4 weiterspielen konnte. Hierdurch verpasste ich eine gute halbe Stunde an Spielinhalt, den ich immerhin per Youtube-Video passiv nachverfolgen konnte. So etwas ist natürlich extrem ärgerlich. Das ist übrigens kein Einzelfall. Viele Spieler leiden entweder unter diesem oder vergleichbaren Bugs in anderen Spielabschnitten. Und ich wiederhole gerne noch einmal, dass derlei Mängel im Hauptspiel und im zweiten Add-on nicht auftreten. Das Argument, dass Extraction Point nicht für moderne Betriebssysteme programmiert wurde, hilft hier also nur bedingt weiter.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
83
83
Gut
-
Multiplayer

FAZIT

Wer das Hauptspiel mochte, wird wahrscheinlich auch mit F.E.A.R.: Extraction Point seinen Spaß haben. Wobei die Meinungen bezüglich dieses Add-ons teilweise weit auseinandergehen. Wundern tut mich das jedoch nicht, denn Mängel in Form einer arg simplen Handlung auf Fanfic-Niveau oder einer Gegner-K.I., welche leider nicht mehr über die altbekannte Monolith-Finesse verfügt, werden sicherlich viele Spieler verärgern. Darüber hinaus nervt das Add-on mit technischen Schwächen wie Freezes oder einer völlig unverständlichen Auflösungsbeschränkung auf 1280x960 Bildpunkte. Das klingt jetzt sicherlich sehr negativ, allerdings muss ebenfalls gesagt werden, dass die Texaner von TimeGate Studios auch viele Verbesserungen anzubieten haben. Die neuen Waffen und Gegnertypen sind gelungen, es wurde erkannt, dass man dringend mehr Abwechslung bei den Locations schaffen sollte und vor allem wird hier endlich eine vernünftige Horror-Atmosphäre geschaffen. Vor allem letzterer Aspekt überzeugt mit einer der denkwürdigsten Horror-Szenen, die ich bis dato in einem Computerspiel erlebt habe – starke Leistung! Extraction Point ist also eine etwas zwiespältige Angelegenheit, bei der meines Erachtens jedoch die positiven Aspekte überwiegen.

- Von  Volker

Xbox 360
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F.E.A.R. Extraction Point Add-on REVIEW

USK 18 PEGI 18

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Karli

Wenn Freeze oder Absturz „Out of memory“: Texturen im Optionsmenü reduzieren, Speicherstand neu starten und ab nächstem Checkpoint wieder Texturen hoch setzen.

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