Das Schwarze Auge: Drakensang REVIEW

Nachdem Ende 1996 der letzte Teil von Attic‘s Nordland-Trilogie über die Ladentheke ging, dauerte es über 11 Jahre, ehe erneut eine Versoftung der Pen & Paper-Lizenz „Das Schwarze Auge“ (kurz: DSA) das Licht der Welt erblickte. Nach Attic’s gescheitertem Versuch mit dem DSA-Ableger „Legenden der Magierkriege“ (der letztendlich in Larian’s Divine Divinity aufging), ein viertes Spiel der deutschen RPG-Franchise auf die Beine zu stellen, schickt sich nun Radon Labs (Project Nomads) an, die heilige DSA-Programmier-Mission zu erfüllen. Ob Radon Labs an die glorreichen Tage der nach wie vor sehr populären Nordland-Trilogie anknüpfen kann, kann ich euch leider nicht verraten, da ich die alten Klassiker nicht ernsthaft gespielt habe. Dies gibt mir jedoch die Möglichkeit Drakensang ohne nostalgische Verklärung unter die Lupe zu nehmen. Im diesen Sinne viel Spaß bei meinem folgenden Review.

Heile Fantasy-Welt


Die Geschichte beginnt mit einem schriftlichen Hilfegesuch unseres alten Freundes Ardo vom Eberstamm. „Ich habe mich in Dinge verstrickt, die kaum mehr zu entwirren sind. Um dies zu bewerkstelligen, brauche ich dringend jemand von außerhalb, ein unbekanntes Gesicht.“ Lautet die Begründung, mit der uns der alte Haudegen nach Ferdok, einer populären Handelsstadt der Provinz Kosch, bittet. Natürlich macht sich unsere Spielfigur sogleich auf den Weg nach Ferdok und sieht sich recht bald einer lästigen Straßensperre ausgesetzt, die den Weg in die Stadt blockiert. Als Begründung für diese Unannehmlichkeiten werden schreckliche Mordfälle genannt, die sich dort in letzter Zeit ereignet haben. Wir ahnen schlimmes und begeben uns sogleich auf die Suche nach zwei Leumundszeugen, welche die einzige Möglichkeit darstellen, die Soldaten der Straßensperre von unserer Aufrichtigkeit zu überzeugen. Und so beginnt unser Abenteuer im Fantasyreich Aventurien im kleinen Rahmen.

Im ländlichen Avestreu erledigen wir unsere ersten kleineren Quests, schließen Freundschaften, bewältigen einige Kämpfe und bekommen sogar erste Weggefährten in die Gruppe. Nachdem wir Ferdok schlussendlich doch noch erreichen, bestätigt sich unser mulmiges Gefühl, denn Ardo gehört ebenfalls zu den Mordopfern! Wir stellen Nachforschungen an und stoßen auf einen gefährlichen Drachenkult. Parallel dazu, ruft der frisch restaurierte Hesinde-Tempel zur sogenannten Drachenqueste auf. Eine Queste die dem erwählten Helden (dreimal dürft ihr raten, wer der/die Glückliche ist) mit drei schwierigen Herausforderungen konfrontiert, ehe die Belohnung in Form des goldenen Schildes des Fendral winkt. Doch welchem Zweck dient die Drachenqueste wirklich und inwiefern ist der Drachenkult involviert?

Bei allem Patriotismus-Gefühlen, die ich diesem deutschen RPG entgegen bringe, aber die dröge Haupthandlung motiviert kaum zum weiterspielen. Man schlendert also durch die Gegend und erfüllt Haupt- und Nebenquests in einer sehr freundlich präsentierten Spielwelt, deren kulturellen Bestandteile sehr stark von unseren deutschen Gebräuchen und Wesensarten geprägt ist. Auf der einen Seite ist die positive, gemütliche und lebensbejahende Atmosphäre durchaus ein tolles und vor allem unverbrauchtes Konzept, welches bei mir auch einen großen Teil der Faszination ausmacht. Aber auf der anderen Seite, muss man einfach ganz deutlich sagen, dass einen die eigentliche Story völlig abgeht. Drachenqueste? Drachenkult? Ardo und seine Mörder? Sorry, aber das alles interessiert mich nicht die Bohne! Gemütliche Spaziergänge durch Avestreu, Ferdok und andere Gebiete, unbefangene Gespräche mit den Einwohnern Kosch’s sowie viele, inhaltlich harmlose, Nebenquests sind die eigentlichen Stars von Drakensang. Letztendlich muss sich wohl jeder fragen, wo seine Prioritäten liegen. Fakt ist, das einem Drakensang zu keinem Zeitpunkt das Gefühl vermittelt der Überheld zu sein, um den sich alles dreht. Wer auf eine spannende, mitreißende Geschichte baut, sollte sich ebenfalls anderswo umschauen, denn das sind Dinge die dieses Spiel einfach nicht bieten kann. Wer es jedoch gerne etwas ruhiger und bodenständiger haben möchte, für den führt kaum ein Weg an Radon Labs DSA-RPG vorbei.

Verschenktes Potential, sehe ich ebenfalls bei den insgesamt neun Charakteren, die sich uns im Verlauf der Reise anschließen. Die Meisten werden durch eine kleine Quest in die Gruppe integriert. So retten wir die Elfe Gwendala vor einem mutierten Baummonster oder befreien Magier Jost aus einem Kerkerverlies. Wer motiviert ist seine Pappenheimer näher kennen zu lernen, kann sie dann in einem 08/15 Abklicker-Dialog über ihre Vergangenheit ausquetschen oder ihren, überdeutlich gescripteten, Kommentaren lauschen, die sie hier und da von sich geben. Sorry, aber das ist mir einfach zu plump. Selbst das gute alte Baldur’s Gate II, hat das wesentlich besser hinbekommen und das nochmals ältere Planescape Torment hat sogar gezeigt, wie es wirklich gut gemacht wird. Von einem neuen Spiel, kann man eben auch erwarten, dass alte Genre-Qualitätsstandards gehalten werden und nicht immer nur die Grafik verbessert wird. Aber ok, ich schweife ab. Fakt ist, dass man mit den meisten Charakteren einfach nie so richtig warm wird und es auch keine echte Motivation gibt, sich näher mit ihnen auseinanderzusetzen. Gerade von einem Spiel mit der hochgelobten DSA-Lizenz erwarte ich da deutlich mehr. Ich hätte mir einfach mehr Ereignisse wie jenes mit unserer Amazone Rhulana gewünscht. Unsere ruppige Kriegerin bittet uns eines Tages völlig unerwartet um Hilfe und eröffnet somit eine ziemlich gelungene Nebenquest mit überraschendem Ausgang. Hätte man mehr Ereignisse dieser Art geliefert, dann wäre Drakensang schon deutlich besser ausgefallen.

Freie Liebe für Tabellen- und Statistik-Fetischisten


Bevor man in Avestreu ausgesetzt wird, gilt es erst einmal seine Charakterklasse auszuwählen, wobei optische Anpassungen an den Charaktermodellen leider nicht möglich sind. Neben typischen Klassen wie Kriegern, Magiern und Dieben, von denen auch verschiedene Abarten angeboten werden, dürfen wir unter anderem auch in die Haut eines Elfen, Zwergen oder einer Amazone schlüpfen.
Danach sollte man sich noch etwas mit dem „Expertenmodus“ beschäftigen, der es dem Spieler erlaubt an den Start-Statistikwerten seines Alter Egos herumzuschrauben. Da man sich im Verlauf des Abenteuers ohnehin viel mit Statistik-Zahlentabellen beschäftigen muss, kann man dies auch gleich zu Beginn tun.

Wie in RPG’s üblich wird alles mögliche in verschiedenen Punktetabellen geregelt. Statt der altbekannten Exp. gibt es in Drakensang Abenteuer- und Steigerungspunkte. Erstere legen den Level der Charaktere fest (welcher wiederum das Maximum einiger anderer Tabellenwerte bestimmt), während man mit Letzteren seine zahlreichen Wertetabellen steigert oder neue Kampffähigkeiten bei Lehrmeistern hinzukauft. Die schiere Masse an unterschiedlichen Zahlentabellen, Talenten und Fähigkeiten wirkt anfangs erdrückend, doch wird man sie relativ schnell durchschaut haben, wenn man gewillt ist sich etwas mit ihnen auseinanderzusetzen. Wichtig ist erst einmal sich einen Plan für jeden einzelnen Charakter festzulegen. Soll mein Kämpfer mit Zweihandschwertern oder Keulen kämpfen? Legt er auf eine offensive oder defensive Kampfweise wert? Soll ich ihm das Schmieden beibringen oder doch lieber im Umgang mit der feinen Gesellschaft schulen? Vorteilhaft wäre es natürlich sich ein möglichst ausgewogenes Team zusammenzustellen, um die zahlreichen Talente und Fähigkeiten möglichst weit abzudecken. Da die aktive Gruppe maximal vier Personen beinhaltet, erfordert es schon etwas an Geschick alles unter einen Hut zu bringen, denn Alleskönner gibt es nicht und nur mit einem guten Gruppenzusammenspiel wird man erfolgreich sein!

Doch keine Sorge. Dank des – über weite Strecken – relativ laschen Schwierigkeitsgrades, bleibt viel Zeit sich ins Spielsystem reinzufuchsen. Und wenn man diese Phase überstanden hat, wird man die Tabellen-Pfriemelei recht schnell zu schätzen lernen! Zunächst einmal entscheidet der Spieler selbst, wann und wo er Verbesserungen mit seinen sauer verdienten Abenteuerpunkten vornehmen möchte. Außerdem erlaubt dieses System einiges an Spielraum: Ein Krieger der sich aufs Fallen entschärfen versteht? Kein Problem! Ein Schurke mit altruistischer Angewohnheit seine Begleiter zu heilen? Auch das ist möglich. Bildet euer Team aus, wie es euch gefällt! Die Einschränkungen sind minimal (so können Krieger logischerweise keine Magie erlernen), der Spielraum dafür umso umfangreicher. Hier geht es wirklich um Eigeninitiative. Das Programm nimmt den Spieler bei der Charakterentwicklung nicht an die Hand und lässt ihn nahezu alle Freiheiten – keine Selbstverständlichkeit im Genre!

k(K)omfort wird kleingeschrieben


Weniger gelungen ist das Mikromanagement. Dies hat unterschiedliche Gründe. Zum Einen gibt es zu viele Items, die keinen vernünftigen Nutzen haben. Und dann gibt es viel zu viele Ausrüstungsstücke, deren Wirkung nahezu identisch ausfällt und sich lediglich in optischer Hinsicht unterscheiden. Ich kann nicht sagen warum, aber das hat mich irgendwie ziemlich genervt. Noch schlimmer ist es den ganzen Krempel unterzubringen. Man erhält zwar später Zugriff auf Ardos Ferdoker Anwesen, wo es mehrere „Container“ (Truhen, Schränke etc.) zum abladen gibt, doch entsteht ein heilloses Chaos, wenn man sich hier keinen Plan zurechtlegt. Die Items werden nämlich stur und strukturlos in einer einfachen Scroll-Tabelle gelistet, so dass keine Rede von Übersicht sein kann. Zudem werden Gegenstände eines Typs nur bis 100 Einheiten gestapelt (Rüstungen und Waffen des gleichen Typs werden überhaupt nicht gestapelt) – klingt nach viel, ist es aber nicht wirklich. Kurz gesagt: Das Mikromanagement ist ne mittlere Katastrophe! „Warum den ganzen Kram dann nicht einfach verkaufen,“ wird sich der ein oder andere RPG’ler unter euch fragen. Nun, wegen des Itemcraftings, welches ermöglicht aus diversen Schrottteilen, Rohstoffen und Pflanzen neue Tränke und Ausrüstungsstücke zu erstellen, war meine Motivation irgendetwas zu verkaufen oder zu entsorgen relativ gering. Dieses ganze Mikromanagement und Crafting-Gewurschtel hat mich jedenfalls jede Menge Zeit gekostet, die ich im Nachhinein besser woanders investiert hätte. Ein klassischer Fall von mangelnden k(K)omfort, wobei sich Drakensang in dieser Hinsicht noch ganz andere Klöpse leistet!

Bereits zu Beginn fällt die lahme Fortbewegung der Spielfiguren negativ ins Gewicht. Man kann drei Fortbewegungsgeschwindigkeiten auswählen: Schleichen, Gehen und Laufen. Aber selbst Laufen ist dermaßen langsam, dass man sich recht bald eine Schnellreisefunktion wünschen wird, die selbstverständlich fehlt. Da die Gebiete recht weitläufig ausfallen, geht durch diese Problematik sehr viel Zeit verloren. Und mit eben dieser Zeit schwindet auch die Geduld des Spielers. Ich habe es an mir selbst erlebt: Es gab immer wieder Phasen, in denen meine Lust auf Drakensang schwand und ich das Spiel für Wochen nicht mehr anrührte.

Ein weiteres unnötiges Kuriosum ist die Ernte von Pflanzen und Kräutern, sowie das Ausweiden von Tierkadavern. Statt ein simples Standard-Container-Prinzip zu verwenden, koppelte man diese Aktionen an Talente die man beherrschen muss, damit diese Taten von Erfolg gekrönt sind. An und für sich eine nette Idee, aber warum muss ich mir immer so eine ätzend lange Animation reinziehen, damit sich der „Container“ endlich öffnet oder eben nicht öffnet? Es ist ein offenes Geheimnis, dass ich sowas absolut nicht ausstehen kann! Und Drakensang treibts auch noch auf die Spitze in dem ich unzählige male diese doofe Animation begutachten muss und dabei wertvolle Lebenszeit einbüße! Grrrr!

Weitere Faktoren sind die Kamerasteuerung und eine nicht immer gelungene Übersicht. Für die Kamerabewegung, muss die rechte Maustaste gedrückt gehalten werden, damit sie sich per Mausbewegungen justieren lässt – warum einfach wenns auch kompliziert geht? Aber gut, man gewöhnt sich recht bald daran, daher wiegt dieser Kritikpunkt nicht so schwer. Ärgerlicher ist da schon die mangelnde Übersicht in engen Korridoren und Gängen. Hier zeigen sich mal wieder die typischen Probleme eines 3D-Spieles. Enge Gebiete + vier Helden + mehrere Feine die auf uns eindringen + 3D-Grafik + einer suboptimale Kamerasteuerung = Chaos. Ich denke weitere Ausführungen erübrigen sich …

Ich weiß, es klingt alles ein wenig nach Erbsenzählerei. Doch glaubt mir: Der Spaß eines RPG’s ist auch sehr stark an dessen k(K)omfort gekoppelt! Komplex bedeutet eben keinesfalls gleich umständlich! Klassiker wie Baldur’s Gate, machen eben auch deswegen soviel Spaß, weil sie sich flott und angenehm spielen lassen. Auch hier kann Drakensang nicht mithalten.

Im Schatten des Klassikers


Baldur’s Gate. Der Name ist ja jetzt schon einige Male gefallen. Meine Vergleiche mit BG kommen aber auch nicht von ungefähr. Denn gerade beim Gameplay zeigt sich der Unterschied zwischen Meister (Baldur’s Gate) und Schüler (Drakensang) am deutlichsten. Über die Übersichts- und Kameraprobleme habe ich mich ja schon ausgelassen, welche ja in BG nicht vorhanden sind (der isometrischen Grafik sei dank). Auch der lasche Schwierigkeitsgrad, der zumindest die erste Spielhälfte andauert, wurde bereits erwähnt. Kleinere Details wie zum Beispiel Fallen, die viel zu wenig Schaden anrichten oder eine automatische Selbstregeneration der Lebens- und Astralenergie (für Magie), tragen sicherlich ihren Beitrag zu diesem Problem bei. Abgesehen von solchen „Kleinigkeiten“ spielt es sich jedoch ähnlich wie das Vorbild.

Es wird ein, nach wie vor, gelungener Mix aus Echtzeit- und Rundenkampfsystem verwendet, welcher im Hintergrund die Würfel des zugrunde liegenden P&P-RPG’s rollen lässt. Mittels Leertaste, kann der Spieler jederzeit die Kämpfe pausieren, um seinen Pappenheimern Kommandos zu erteilen, von wegen welcher Gegner attackiert werden soll, ob ein Spezialangriff oder Zauber zum Einsatz kommen soll usw. Natürlich gibt es einige Störfaktoren. So ist mir die unglaublich lahmarschige Wirkungsdauer der Zauber im Gedächtnis hängen geblieben, was einigen meiner Leute auch schon mal das Leben gekostet hat. Aber ist ja nur halb so wild, denn Boron (der Totengott in DSA) zeigt erst dann Interesse, wenn die ganze vierköpfige Gruppe im Eimer ist. Sollte also mal ein Charakter seinen Lebensenergie-Balken verbrauchen, so ergibt sich daraus keine Konsequenz, die man nicht mit etwas Verbandszeug geradebiegen könnte. Und auch ohne Verband für die schwere Kriegswunde trippelt einem der Kamerad brav hinterher.

Richtig lächerlich wird’s aber erst, wenn sich das Blatt doch mal zum Schlechten wendet: Unsere Gruppe steht vor dem Aus, die Monster waren einfach zu stark und unsere Strategie zu schlecht. Wir beschließen schweren Herzens die Beine in die Hand zu nehmen, obwohl einer unserer Kameraden bewusstlos und wehrlos am Boden liegt – wir opfern ihn quasi, um unsere Haut zu retten! Doch was ist das? Nachdem wir uns erfolgreich von den lästigen Verfolgern abgesetzt haben, wird auf einmal unser tot geglaubter Kamerad vor unsere Füße „geworfen,“ so dass wir ihn doch noch versorgen und retten können! Mit der Gewissheit, dass uns die Zwölf Götter schlechten Gamedesigns gewogen sind, beschließen wir also den Kampf mit der bereits angeschlagenen Monstermeute erneut aufzunehmen! Für Ardo!!! … Nein, dieses Szenario habe ich mir nicht aus den Fingern gesaugt. Es ist wirklich so geschehen, denn die Gruppe wird wohl von einem unsichtbaren Band der Freundschaft aneinander gebunden. Solo-Ausflüge eines Kundschafters, die man noch von seinen BG-Abenteuern her kennt, sind hier so nicht möglich. Man kann die Gruppe zwar schon aufsplitten, aber nach einer gewissen (viel zu kurzen) Entfernung, folgt mir mein Team dennoch auf dem Fuß. Wenn sich einer von denen dann noch in einem Umgebungsobjekt verkeilt kann man nur noch mit den Zähnen knirschen – was habe ich manchmal geflucht!

Zum Schluss möchte ich aber klarstellen, dass Drakensang keinesfalls ein schlechtes Spiel ist! Genre-Liebhaber werden damit durchaus ihren Spaß haben und vor allem bei DSA-Fans kommt das Game ja doch sehr gut an. Gegen die alten Klassiker der Inifinty-Engine-Games kann Radon Labs Rollenspiel aber sicherlich nicht anstinken. Es gilt also seine Ansprüche entsprechend runterzuschrauben und sich seines Talentes „Geduld“ zu vergewissern, um Drakensang wirklich genießen zu können.

Grafik, Sound und Präsentation

Drakensang sieht ziemlich schick aus. Es mag zu seiner Zeit sicherlich hübschere Spiele gegeben haben, aber unabhängig davon, weiß die Grafik zu gefallen. Um die ruhige und freundliche Atmosphäre zu untermauern, entschied man sich für einen leichten Comic-Stil bei der 3D-Grafik, der jedoch nicht mit dem lächerlichen Farboverkill eines WoW verglichen werden kann (zum Glück). Die Freiland-Umgebungen sind meistens hell beleuchtet und schicken den Spieler häufig in angenehme Wald- und Wiesengebiete. Es gibt zwar auch düstere Orte, wie z. B. einen Sumpf oder alte Burgverliese, doch gelingt es dem Spiel leider nicht an diesen Stellen ein bedrohliches Gefühl zu vermitteln. Dies ist nun einmal die Kehrseite der Medaille.

Passend zur allgemeinen Heile Welt-Stimmung, gestaltet sich natürlich auch die Musik in Drakensang eher ruhig, friedlich und gemütlich. Leider greift auch hier die Medaillen-Kehrseite, dass die bemühten Musiktracks für finstere Gebiete einfach nichts taugen. Abgesehen davon bleibt einem auch kein Track im Gedächtnis hängen. Ok, das pseudotraurige Elfengestöhne aus Intro und Titelbildschirm ist schon irgendwie prägnant, aber mehr auch nicht.

Enttäuschend ist die unvollständige Sprachausgabe in regulären Gesprächen. Da wird immer nur der erste Satz synchronisiert, bevor man mit den teils albernen Körperbewegungen seines Gesprächspartners zurückgelassen wird – nicht gut! Schade ist dies vor allem deswegen, da die Sprecher richtig gute Arbeit leisten. Da wurde meines Erachtens an der falschen Stelle gespart. Na immerhin wurden Zwischensequenzen voll vertont.

Die Ladezeiten muten anfangs etwas störend an, was jedoch aufgrund der umfangreichen Gebiete zu verschmerzen ist (zumal sie auch nicht allzu lang dauern). Einen Tag- und Nachtwechsel gibt es leider nicht, aber dafür wurden die Umgebungen mit hübschen Details wie umher trudelnden Blättern und Pollen, Krabbelviechern und Fledermäusen ausgestattet. Es macht auch viel Spaß in einer Siedlung/Stadt umher zu schlendern und deren Einwohnern bei ihren Tätigkeiten zuzuschauen. Die NPC’s führen Gespräche miteinander oder gehen ihrem Tagwerk nach, was ein schönes Gefühl von Lebendigkeit vermittelt. Ich wiederhole an dieser Stelle gerne noch einmal, dass dieses fast schon eigenwillige Heile Welt-Szenario überraschend unverbraucht und faszinierend auf mich wirkte. Ich zähle es also trotz der daraus resultierenden Mängel zu den Stärken des Spiels. Gerade im Direktvergleich zum direkten Konkurrenten Dragon Age, welcher sehr krampfhaft auf „Erwachsen“ getrimmt wurde (was sich vornehmlich in peinlichen Blutspritzern und halbarschigen Sexszenen äußerte), wirkt Drakensang durch diesen Aspekt und seine Bodenständigkeit wesentlich reifer, um nicht zu sagen „erwachsener“ auf mich. (PS: Dragon Age kann auch nicht gegen Baldur’s Gate anstinken :p)

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Spiel Bewertung
Singleplayer
78
78
Okay
-
Multiplayer

FAZIT

Ich bin selbst überrascht, wie negativ mein Testbericht im Endeffekt wirkt, dabei hat mir Drakensang durchaus Spaß gemacht! Dummerweise ist es einfach die Wahrheit, dass mich Radon Labs' Genrebeitrag bei weitem nicht so stark fesseln konnte, wie die großartigen und wesentlich älteren Infinity Engine-Spiele oder auch das unterschätzte NWN 2. Und ich denke, man kann schon erwarten, dass alte Qualitätsstandards gehalten, wenn nicht sogar übertroffen werden sollten. Dazu ist das deutsche Drakensang leider nicht in der Lage. Dennoch ist es ein schönes RPG mit Oldschool-Gameplay und eigenständigem Charme. Da sich die (seinerzeit) aktuelle Konkurrenz auf das unfreiwillig kindische Dragon Age beschränkt, hat man ohnehin keine große Wahl und kann ruhig zu Drakensang greifen.

- Von  Volker

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Das Schwarze Auge: Drakensang REVIEW

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