Commander Keen: Invasion of the Vorticons REVIEW

Bevor sich id Software einen Namen durch Egoshooter-Größen wie Wolfenstein oder Doom gemacht hatte, produzierten sie eine Reihe von kniffligen Platformern für PC-DOS. Die Rede ist von der Commander Keen-Reihe. Das erste Commander Keen-Spiel erschien 1990 als kostenloses Shareware-Spiel. Wer jedoch das komplette Paket der „Invasion of the Vorticons“-Saga spielen wollte, musste zahlen. Die zweite und dritte Episode kamen 1991 auf den Markt und kosteten jeweils 15 $.

Inzwischen könnt ihr die ersten fünf Haupt-Episoden der Commander Keen-Reihe bequem über Steam oder GoG in Form des sogenannten „Commander Keen Complete Pack“ erwerben. Jedoch fehlen dem „Complete Pack“ drei Keen-Spiele. Dieses Bundle ist daher keineswegs komplett. Aber egal, dieser Test bezieht sich ja ohnehin nur auf Commander Keen: Invasion of the Vorticons, also die Original-Trilogie, welche man im Grunde genommen auch als ein einziges großes Spiel betrachten kann. Ob der alte DOS-Schinken immer noch spielenswert ist oder nicht, erfahrt ihr im folgendem Review.

Das ultimative Wunderkind als Beschützer der Erde

  • Episode 1: Marooned on Mars: Hinter dem Alias Commander Keen verbrigt sich das 8-jährige Wunderkind Billy Blaze. Mit einem IQ von 314 gesegnet, fällt es Billy nicht schwer ein Raumschiff aus Haushaltsgegenständen und alltäglichen Werkstoffen zusammenzubasteln. Dieses nutzt er, um unseren Nachbarplaneten Mars zu erkunden. Was Billy noch nicht weiß, ist, dass die Aliens vom Planeten Vorticon VI den Auftrag erhalten haben Billy Blaze zu eliminieren. Während unser Wunderkind die Mars-Gebirge erkundet, mopsen die antropomorphen Hundemensch-Aliens vier wichtige Bauteile von Keens Raumschiff. Diese müssen nun schleunigst zurückerobert werden, ehe Billies Eltern heimkehren. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn neben den mörderischen Vorticons, muss sich Billy auch noch mit den Marsbewohnern in Form von Yorps, Gargs und Clappern herumplagen.
  • Episode 2: The Earth Explodes: Zwar hat es Commander Keen geschafft sein Raumschiff zu reparieren und rechtzeitig zurück nach Hause zu fliegen, jedoch bemerkte er beim Rückflug, dass sich ein Kriegsschiff der Vorticons im Anflug zur Erde befindet. Dieses droht die Erde in die Luft zu jagen, ein Szenario welches es unbedingt zu verhindern gilt. Zu diesem Zweck dockt Keen an den Vorticon-Raumer an, um dessen acht X-14 Tantalus Ray-Laserkanonen zu schrotten und die Aliens somit zur Aufgabe zu zwingen.
  • Episode 3: Keen Must Die!: Genug ist genug! Nachdem er das Kriegsraumschiff der Vorticons erfolgreich in die Flucht schlug, beschließt Commander Keen zum Angriff überzugehen. Er steuert Vorticon VI, die Heimatwelt der Vorticons an, um den Aliens mal ordentlich in den Hintern zu treten, sowie deren ominösen Anführer, den sogenannten „The Great Intellect“ aus dem Verkehr zu ziehen. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn hier haben die Vorticons Heimvorteil.

Wie bei Platformern üblich, ist die Handlung recht kindisch und dient eher als Mittel zum Zweck. Dennoch merkt man bei Commander Keen, dass hier etwas mehr Mühe investiert wurde, als im Genre üblich. Der Storytext, den man im Hauptmenü aufrufen kann, ist ausführlich verfasst, und die Enden der drei Episoden wirken durchaus befriedigend. Besonders cool ist die Idee eine Aliensprache ins Spiel zu integrieren, zu der man in der dritten Episode sogar Übersetzungen finden kann, so dass man die Schrifttafeln in außerirdische Sprache bei einem weiteren Durchgang sogar übersetzen kann.

Ein derartiger Mehraufwand hilft dabei die Handlung des Spiels über die der Konkurrez hinauszuheben. Aber im Kern bleibt es natürlich bei einer kindischen Story, die nicht ernstzunehmen ist – nicht das dies schlimm wäre.

Spießrutenlauf mit Pogo Stick

Jede Episode von Commander Keen: Invasion of the Vorticons kann separat angewählt werden und umfasst 16 Level. Insgesamt bietet das Paket also 48 Level, für die man ca. 8-10 Stunden benötigen sollte. Man ist glücklicherweise nicht dazu gezwungen diesen DOS-Platformer mit Tastatur zu spielen. Controller-Support wird bereitgestellt, und dieser hat auch gut funktioniert. Jedoch handelt es sich nur um einen partiellen Controller-Support und dieser muss bei jedem Spielstart aktiviert und justiert werden. Für bestimmte Teile der Menüführung wie etwa speichern, muss weiterhin die Tastatur genutzt werden. Das Spiel bietet 9 Speicherslots und diese darf man auf den Weltkarten auch uneingeschränkt nutzen. Natürlich wird nicht nur der Spielfortschritt, sondern auch der Highscore des Spielers festgehalten und in einer entsprechenden Tabelle gelistet.

Jede Episode hat ihre eigenen Zielvorgaben. In Episode 1 müsst ihr z.B. vier Raumschiffteile finden, die aber ohnehin vor einem Levelausgang platziert wurden. Man weiß halt nicht, in welchen Levels die Teile zu finden sind, weswegen man beim ersten Spieldurchlauf wahrscheinlich ohnehin jeden Level spielen wird. Einige Level blockieren ja auch die Laufwege auf den Weltkarten und müssen daher zwingend abgeschlossen werden. Theoretisch kann man aber viele Level ignorieren, da sie schlicht und einfach optional sind. Vor allem in Episode 3 habe ich von dieser Möglichkeit dann auch Gebrauch gemacht, da viele der optionalen Level verdammt schwer sind und es in Episode 3 ja auch nur darum geht zum Endgegner vorzudringen und eben diesen zu besiegen. Dies ist übrigens der einzige Bosskampf, der euch in Invasion of the Vorticons erwartet. Dafür ist er aber auch verdammt knifflig ausgefallen.

Im generellen ist Commander Keen: Invasion of the Vorticons kein Spaziergang. Billy ist nach einem Treffer hinüber, und bei Verlust eines Lebens wird man zur Weltkarte zurückgeworfen, und muss den Level noch einmal komplett von Vorne beginnen. Checkpoints gibt es hier nicht. Als Entschädigung müsst ihr euch aber auch nicht mit einem Zeitlimit herumplagen. Zur Unterstützung erhaltet ihr Zugriff auf Strahlenkanonen, welche pro Gewehr fünf Schuss gutschreiben. In Episode 3 kann man auch einzelne Patronen einsammeln. Episode 3 ist auch die Einzige, wo ihr in wirklich sehr seltenen Fällen ein Power-Up für temporäre Unverwundbarkeit erlangen könnt. Die übrigen Sammelobjekte dienen dazu Punkte zu kassieren, welche bei 20.000 ein Extraleben gutschreiben. Einige Level erfordern auch das sammeln von Schlüsselkarten, die zum öffnen verschlossener Türen benötigt werden.

Das Extraleben-System ist jedoch recht überflüssig, da man auf der Weltkarte ja jederzeit speichern darf, womit sich die Extraleben-Mechanik komplett aushebeln lässt. Generell ist es unklug zu sehr auf den Gebrauch der Extraleben zu setzen, da genutze Munition ja verloren bleibt, und man im Ernstfall ohne Muni dasteht. Dies wiederum kann im Extremfall eine permanente Sackgasse verursachen. Abgeschlossene Level bleiben nämlich geschlossen, man kann hier also keine Munitions-Grindingplätze ausbeuten, oder so. Im Gegenzug gibt es jedoch Passagen im Spiel, die man nur mit Einsatz der Strahlenkanone überwinden kann. Lange Rede kurzer Sinn: Seht zu, dass ihr immer einen soliden Vorrat an Muni im Gepäck habt, sonst wird es kein Happy End für Billy Blaze und die Erde geben. Das Fiese an der Sache ist jedoch, dass es keinen Munitionszähler gibt, und man daher nur mutmaßen kann, wie viel Muni einem zur Verfügung steht.

In einem frühen Level von Episode 1 findet man den Pogo Stick. Diesen kann man fortan uneingeschränkt nutzen, um höhere Sprünge durchzuführen, welche notwendig sind, um auf ansonsten unerreichbare Platformen zu gelangen. Generell sind die Level derart aufgebaut, dass sie einigen Spielraum zur Erkundung ermöglichen. Sture „Von links nach rechts“-Stages sollte man in Commander Keen nicht erwarten. Natürlich ist die Erkundung auch mit einem hohen Risiko verbunden, da zahlreiche Abgründe, Fallen und Gegner nach dem Leben von Billy Blaze trachten. Erschwerend kommt hinzu, dass insbesondere die Sprungsteuerung von Commander Keen recht schwammig ausfällt und somit selbst vermeintlich simple Sprünge zu einem gefährlichen Spießrutenlauf verkommen. Da ist jede Menge Frust vorprogrammiert. Zwar gewöhnt man sich mit der Zeit einigermaßen an die schwammige Sprung-Mechanik, welche ja zumindest auch eine recht große Kontrolle innerhalb des Sprungs gewährt, allerdings wird man nie den Punkt erreichen, wo man wirklich das Gefühl hat Herr der Lage zu sein. Wer also keine Toleranz gegenüber einer schwammigen Steuerung mitbringt, welche viele ärgerliche Tode provozieren wird, der sollte Commander Keen besser fern bleiben.

Grafik und Sound

Als PC DOS-Platformer der frühen 90er Jahre kann Commander Keen: Invasion of the Vorticons keinen grafischen Eindruck schinden. Selbst die alten 8-bit-Konsolen hatten da wesentlich mehr zu bieten. Invasion of the Vorticons verfügt nur über eine sehr eingeschränkte Farbpalette, grobpixelige Sprites und einen sehr überschaubaren Detailgrad. Konsolenspieler hatten für die grafische Darstellung des Spiels wohl nur ein müdes Lächeln übrig. Jedoch gibt es zwei Dinge, wo Commander Keen herausstechen kann.

Erstens ist da der Abwechslungsreichtum bei den Ortschaften. Jedes der drei Kapitel bietet individuelle Schauplätze mit eigenen Grafiken und zusätzlichen Gegnersprites. Bei Shareware-Spielen ist dieser Grad an Abwechslung keineswegs üblich. Da wird in den späteren Episoden eigentlich nur altbekanntes Material recycelt. Bei Commander Keen: Invasion of the Vorticons hat man sich diese billige Herangehendweise jedoch verkniffen.

Die zweite Besonderheit ist das Scrolling. IBM DOS-PCs waren nicht auf Spiele ausgelegt. Dementsprechend boten damalige DOS-Platformer gar kein Scrolling an. Doch Commander Keen zeigte, dass dies technisch doch irgendwie möglich ist, und öffnete DOS-Spielern somit ein völlig neues Platforming-Erlebnis (welches zu diesem Zeitpunkt aber schon längst auf Konsolen etabliert war). Dementsprechend konnte das Spiel in grafischer und technischer Hinsicht dann doch dicke Pluspunkte bei DOS-Spielern einfahren, auch wenn man das als Konsolenspieler beim besten Willen nicht nachvollziehen kann.

Keine Pluspunkte gibt es hingegen für den Soundtrack, denn dieser existiert gar nicht. Es gibt ein paar Jingles und natürlich Soundeffekte für diverse Aktionen wie springen, schießen etc. Jedoch waren die Soundchips der damaligen DOS-PCs wohl derart schwachbrüstig, dass sogar die Soundeffekte und Jingles ziemlich primitiv wirken. Und mehr gibt es dazu auch gar nicht zu sagen.

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pros
  • bietet eigene Ideen und einen eigenen Spielstil
  • großer Umfang (48 Level, ca. 8 Stunden Spielzeit)
  • das Alien-Alphabet ist eine richtig cooles „Sense of Wonder“-Gimmick

thumbs-up-icon

Cons
  • ungenaue Steuerung bei einem harschen Schwierigkeitsgrad, keine gute Mischung
  • schwache Grafik aufgrund der zugrunde liegenden DOS-Platform
  • kein Soundtrack

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Spiel Bewertung
Singleplayer
65
65
-
Multiplayer

FAZIT

Eine faire Bewertung für Commander Keen: Invasion of the Vorticons fällt wahrlich nicht leicht. Audiovisuell kann das Game beim besten Willen nicht mit den japanischen Konsolen der damaligen Zeit mithalten. PC DOS war nicht wirklich auf Gaming ausgelegt, so dass selbst das Scrolling von Commander Keen als Glanzleistung wahrgenommen wurde. Und ein vernünftiger Soundtrack wird gar nicht erst bereitgestellt. Das Gameplay an sich überzeugt da schon mehr. Dieses setzt nämlich auf eigene Ideen, statt stur von den großen Konsolen-Brüdern zu klauen. Konzepte wie Weltkarten, die es erlauben zahlreiche Level links liegen zu lassen. Ein Waffensystem, welches dazu zwingt Munition zu sparen, wie in einem Survival Horror-Game und der uneingeschränkt nutzbare Pogo-Stick in Kombination mit einem Level-Design, welches zur Erkundung motiviert, machen Commander Keen zu einer spannenden Platformer-Erfahrung. Leider ist der Schwierigkeitsgrad recht happig ausgefallen, und zwar aus den falschen Gründen. Ein feindlicher Treffer bedeutet den sofortigen Tod. Power-Ups á la Mario oder Sonic stehen Billy Blaze nicht zur Verfügung. In Kombination mit einer recht schwammigen Sprung-Steuerung verkommt das Spiel somit recht bald zu einem nervenzerrenden Spießrutenlauf, der sehr viel guten Willen vom Spieler einfordert, und aus heutiger Sicht eigentlich kaum noch spielbar ist. Commander Keen: Invasion of the Vorticons ist schon irgendwie ein richtig cooles Spiel, und ich kann nachvollziehen, warum es eine treue Fangemeinde aufbauen konnte. Allerdings war es bereits Anno 90/91 aufgrund der DOS-Einschränkungen nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Das Spiel kann man also nur DOS-Fanatikern und Gaming-Historikern ans Herz legen.

- Von  Volker

Coole Ideen, aber außerhalb seiner DOS-Nische nicht wirklich reizvoll oder unterhaltsam.
MS Windows

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