Child of Light REVIEW
Bereits vor fast zwei Jahren erschien mit Child of Light ein liebevoller Titel, mit diesem gewissen Charme eines Indie-Games, jedoch von keiner Geringeren, als der großen Spieleschmiede Ubisoft Montreal entwickelt. Wir haben uns den Jump ´n´ Run Rollenspiel Mix mit Märchen-Setting endlich geschnappt und für euch getestet, was die Indie-Spiele aus dem Hause Ubisoft so taugen.
Ein zauberhaftes Abenteuer beginnt
Child of Light entführt den Spieler in eine traumhafte Welt voller Fantasie. Das Abenteuer beginnt 1895 im fiktiven Fürstentum „Austria“, angelehnt an die österreichisch-ungarische Monarchie. Die Prinzessin des Königreichs und Protagonistin, Aurora fällt, ganz typisch für ein Märchenabenteuer, nach einer schweren Krankheit in einen tiefen Schlaf. Daraufhin erwacht das Mädchen im Traumland Lemuria und möchte wieder einen Weg nach Hause finden. Natürlich muss Aurora ihren Weg nicht alleine bestreiten, sondern bekommt kurz nach ihrem Erwachen Gesellschaft von dem Glühwürmchen Igniculus. Das kleine Kerlchen weicht ihr fortan nicht mehr von der Seite und entwickelt sich zu einem treuen Begleiter und Freund. Im Laufe des Abenteuers trifft Aurora auf zahlreiche weitere Charaktere, die sie auf ihrem schwierigen Weg begleiten, wie den Zirkusclown Rubella, die Maus Robert oder der bärtige Zwergen-Magier Finn, die sich ihrer Gruppe anschließen.
Lemuria wirkt wie ein zauberhaftes und gleichzeitig düsteres Märchenland. Neben Fantasie-Wesen bevölkern auch sprechende Tiere das Land, sprechende Mäuse und Glühwürmchen, was will man mehr. Die wunderbar atmosphärische Geschichte besticht durch eine sehr spezielle Erzählweise, sämtliche Dialoge sind gespickt mit tollen Reimen, was eine tolle Stimmung erzeugt. Es ist eine zauberhafte Geschichte von Freundschaft, Familie, Zusammenhalt und Glück, gepaart mit Spannung und einer großen Brise Traurigkeit. Reingepackt in eine Welt voller Gefahren. Ein zauberhaftes, sehr emotionales Märchen für die ganze Familie.
Ein klassischer Plattformer mit einzigartigem Kampfsystem
In Sachen Gameplay hat sich Ubisoft für Child of Light etwas ganz Spezielles ausgedacht. Die Entwickler setzen auf einen Mix aus klassischen Plattformereinlagen und recht fordernden, rundenbasierten Taktikkämpfen. Dabei lässt euch das Spiel an vielen Stellen die Wahl, zu kämpfen oder aber einfach weiterzuziehen. Monster, die in der gesamten Spielwelt auf euch warten, lassen sich oftmals sehr einfach umgehen. Aurora bewegt sich durch eine relativ lineare 2D-Welt, die den Spieler dennoch auf eine Entdeckungstour einlädt. Abseits der klar definierten Ziele warten in jeder Ecke Bonusaufgaben, Truhen, die wertvolle Kristalle enthalten oder sogar optionale Begleiter, die Auroras Team erweitern.
Das rundenbasierte Kampfsystem ist äußerst untypisch für einen westlichen Plattformer und wäre eher in einem klassischen Final Fantasy zu Hause. Dabei wirkt sich gerade diese fast schon revolutionäre Andersartigkeit äußerst positiv auf das Spielerlebnis aus. Die unterschiedlichen Gegnertypen sorgen für genügend Abwechslung um die taktisch anspruchsvollen Kämpfe, trotz einer gewissen Trägheit, die diese mit sich bringen, spannend zu gestalten. Dabei ist die Zusammenstellung der richtigen Teamkombination sehr wichtig, denn jeder Charakter verfügt über ganz spezielle Fähigkeiten. Aurora etwa setzt auf einen Mix aus Nahkampfangriffen und heller Magie, während sich der Zwerg Finn als mächtiger Kampfmagier entpuppt und Rubella die gesamte Gruppe mit Heilzaubern unterstützt. Das ist nur ein kleiner Auszug aus den umfangreichen Variationen, die sich hier ergeben. Einzige Einschränkung ist die Partygröße, die permanent auf maximal drei Mitglieder festgelegt ist, die sich gleichzeitig im Kampf aufhalten dürfen. Wählt also weise aus dem bis zu zehn Mitglieder umfassenden Charakterpool aus.
Ein klassisches Ausrüstungssystem, wie in vielen rundenbasierten Rollenspielen, gibt es hier leider nicht, stattdessen lassen sich sogenannte Oculi anlegen. Dabei handelt es sich um Edelsteine in den unterschiedlichsten Farben und Formen. Diese verbessern unter anderem die Angriffsstärke, diverse Elementarresistenzen oder verstärken Zauber. Oculi lassen sich in mehreren Stufen aufwerten und kombinieren, aus drei Edelsteinen derselben Stufe lässt sich jeweils ein neuer kreieren. So lässt sich etwa aus einem blauen und zwei grünen Kristallen ein türkiser, mit neuen Eigenschaften herstellen. Die Jagd nach neuen Oculi erhöht den Sammeltrieb während der Geschichte und verhindert, dass der Spieler einfach stur durch die Spielwelt läuft.
Jeder Gegner in der Spielwelt verfügt sowohl über Stärken als auch Schwächen. Feuerspinnen etwa sind besonders anfällig für Wasserangriffe, aber im Gegenzug äußerst resistent gegenüber Blitzattacken. Jedes Gebiet präsentiert euch abwechslungsreiche Widersacher, wodurch ihr euer Team laufend anpassen müsst, um erfolgreich nach Austria zurückzufinden. Als Belohnung für erfolgreich absolvierte Kämpfe gibt es Erfahrungspunkte für das ganze Team. Bei einem Level-Up erhalten die Partymitglieder neben Statusverbesserungen Fähigkeitspunkte. Diese lassen sich in zahlreiche mächtige aktive bzw. passive Fähigkeiten investieren. Hierbei habt ihr die Auswahl aus drei unterschiedlichen Skill-Bäumen pro Charakter, die es erlauben, die Gruppe in verschiedene Richtungen zu entwickeln.
Asymmetrischer, außergewöhnlicher Mehrspieler-Modus
Igniculus, das kleine Glühwürmchen, steht euch sowohl im Kampf als auch in der eigentlichen Spielwelt zur Seite. Bewegen lässt sich das kleine Kerlchen mit dem rechten Analog-Stick und deckt mit seinem Licht versteckte Bereiche auf oder betäubt Feinde, um diese einfacher besiegen zu können. Mit fortschreitender Spieldauer lernt man den anfangs nervigen Igniculus durchaus zu schätzen, denn zum einen besitzt er einen gesunden Humor und verlangsamt im Kampf zudem auch die mächtigsten Feinde.
Er ist außerdem ein zentraler Punkt im Multiplayer-Modus, denn Child of Light lässt sich nicht nur alleine, sondern auch zu zweit vor einem Bildschirm genießen. Ein Spieler schlüpft in die Rolle von Aurora, der andere in die von Ingniculus. Das ist zugegeben nicht die ausgewogenste oder beste Lösung für einen Koop-Modus, aber immer noch besser als komplett darauf zu verzichten. Zu zweit macht das Abenteuer definitiv mehr Spaß als alleine.
Technik
In Sachen Technik setzt Ubisoft bei Child of Light auf das hauseigene UbiArt Framework, eine Baukasten-Engine, die es den Entwicklern ermöglicht, relativ einfach Titel im Indie-Look zu erstellen. Das Team muss dabei nicht jedes Mal bei null anfangen, sondern hat zumindest ein kleines Grundgerüst, das ausgebaut werden kann. UbiArt Framework kam zuvor bereits bei Rayman Origins bzw. Rayman Legends zum Einsatz und begeistert nach wie vor.
Child of Light präsentiert sich grafisch in einem verwaschenen Aquarelllook. Der steht dem Titel wirklich ausgezeichnet, bietet durch diesen Grafikstil vielleicht nicht die größte Texturenschärfe, erzeugt jedoch durch eine sehr dichte, ergreifende Atmosphäre. Das beweist ein weiteres Mal, es nicht immer die realistischste Grafik von Nöten, um zu überzeugen. Child of Light schöpft sein Potenzial in diesem Bereich sehr gut aus.
Auch der emotionsgeladene Soundtrack, mitsamt den Soundeffekten, trägt einen wesentlichen Teil zur sehr dichten Atmosphäre bei. Von traurigen Szenen, über actiongeladene, sehr schnelle Stücke, erlebt der Spieler einen musikalischen Höhenflug, wie selten zuvor in einem Indie-Titel. Während des Abenteuers selbst meldet sich hin und wieder ein Erzähler zu Wort, die meiste Zeit müsst ihr jedoch mit Textdialogen vorlieb nehmen, die glücklicherweise in diverse Sprachen übersetzt wurden. Der Soundtrack wurde inzwischen sogar schon als Audio-CD und Download veröffentlicht.
Die Steuerung gestaltet sich einfach, wie einsteigerfreundlich. Mit dem linken Analog-Stick steuert ihr Aurora, mit dem rechten Igniculus. Über die Schultertasten werden die Fähigkeiten des Glühwürmchens aktiviert, mit der A-Taste springt bzw. fliegt Aurora und mit der Y-Taste wird das Inventar aufgerufen. Im Kampf navigiert ihr mit dem linken Analog-Stick oder Steuerkreuz durch das Menü und führt mittels den Aktionstasten Attacken aus.
Stabiles Spielerlebnis und kompakter Sammelspaß
Während des gesamten Tests lief Child of Light beinahe immer stabil und flüssig. Sehr selten kam es zu kurzen FPS-Einbrüchen oder Rucklern. In den gut 10 Stunden Testzeit stürzte der Titel kein einziges Mal ab. Die Ladezeiten zwischen den Spielweltabschnitten bzw. Kämpfen halten sich dabei sehr kurz, stören also so gut wie überhaupt nicht.
Für Sammler von Achievements stellt sich Child of Light als wahrer Geheimtipp heraus, denn euch erwarten wieder einmal 1000 Gamerscore bzw. 20 Trophäen und Punkte für Ubisofts Vertriebsplattform Uplay. Die besagten Erfolge lassen sich bequem während des ersten Durchlaufs erspielen und nehmen nur wenigen Stunden in Anspruch. Bis auf ein Achievement lassen sich zudem alle anderen offline sammeln, was allen Einzelspielern zugutekommt.