Blackguards REVIEW

In einem Land vor unserer Zeit, ohne Smartphones, Facebook, Telefonflats oder Whats App, da traf man sich noch mit Freunden im eigenen Zimmer um zu quatschen, Neuigkeiten auszutauschen oder eben zu spielen. Eben aus dieser Zeit stammt auch das RPG, dass sogenannte „Role Play Game“. Allerdings nannten wir es noch Rollenspiel bevor Anglizismen unseren Sprachraum erreichten. Und gespielt wurde nicht vor der Glotze sondern in der eigenen Fantasie und mit Würfeln – genauer gesagt mit einem W20. Spätestens jetzt dürfte jedem klar sein worauf ich hinaus will. Das Schwarze Auge, kurz DSA, Deutschlands bekanntestes Pen and Paper Rollenspiel hat einen weiteren Ableger für den PC spendiert bekommen. Grund genug für mich, diesen unter die Lupe zu nehmen und zu ergründen wie viel DAS eigentlich darin steckt.

Für gewöhnlich ist ein Videospielheld eine relativ normale Person die im Laufe des Spiels über sich hinauswächst und zum Helden wird. Schon beim Pen and Paper Rollenspiel liegt der Fokus auf der freien Charakterentwicklung und gibt dem Spieler die Möglichkeit seinen ganz individuellen Charakter zu formen. Bei Blackguards ist es ganz ähnlich. Zunächst einmal muss aber eine Basis geschaffen werden. Sogleich scheinen die Optionen recht eingeschränkt – die Entscheidung ist zwischen den Geschlechtern, der Fähigkeit zu zaubern oder ein Krieger zu sein und nur noch dem richtigen Gesicht samt Frisur zu treffen. Ist der Wunschheld dann konfiguriert geht es ans Eingemachte.

Held mit Charakter

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Hier beginnt dann DSA. Jeder der sich bereits mit dem Rollenspiel auskennt, wird sich gleich recht gut einfinden, alle anderen müssen sich ein wenig orientieren und viel Hilfstexte lesen, um überhaupt zu wissen, was eigentlich das Talent „Gassenwissen“ im Spiel bewirkt. Selbstverständlich können die Pen and Paper Regeln nicht 1:1 auf eine Versoftung übertragen werden, der Kenner aber kann zumindest erahnen, was er dafür im Spiel erhält.

All diese verschiedenen Charakteristika eines Helden unterteilen sich in die vier, für Zauberer gar fünf Kategorien wie „Grundwerte“, „Waffentalente“, „Talente“, „Zauber“ und „Sonderfertigkeiten. Diese befinden sich anfangs alle auf einem Grundniveau. Um dem Helden jetzt aber Individualität einzuhauchen, besitzt der Spieler die sogenannten „Abenteuerpunkte“ kurz AP. 10000 AP stehen euch schon zu Beginn zur Verfügung, die zur freien Steigerung der einzelnen Charakteristika, in den zuvor genanten Kategorien genutzt werden können. Es lassen sich allerdings zu Beginn nur wenige der Talente, Zauber und Sonderfertigkeiten aufstufen. Hierzu hält das Spiel im Verlauf diverse Lehrmeister bereit, die dem Helden neue Fähigkeiten freischalten. Grundwerte sind davon unangetastet.

Zu guter Letzt bekommt der Held natürlich adäquate Ausrüstung spendiert, um sich in der Welt von Aventurien behaupten zu können. Eine breite Palette an Waffen, Rüstungen und Items stehen mit dem Start des Spiels zur freien Verfügung. Wem allerdings das ganze Leveln der Eigenschaften eurer Spielfigur zu lange dauert, der kann auch einen von drei vorgefertigten Typen wie: Krieger, Zauberer oder Jäger wählen und damit sofort loslegen. Wählt man also anstatt den „Expertenmodus“ den „einfachen Modus“ kann es direkt losgehen. Daher kann man Blackguards auch als einsteigerfreundlich bezeichnen.

 

Holpriger Start

Alles beginnt mit dem schrecklichen Mord an einer Adligen. Unglücklicherweise wird der Spieler dafür zu Unrecht verantwortlich gemacht und landet im Kittchen. Schon bald geratet ihr an einen recht miesepetrigen Zwerg, oder Angrosch wie sie in der Welt Aventuriens auch genannt werden. Doch dank diesem könnt ihr fliehen und zudem noch einen weiteren Mitstreiter gewinnen. Hierbei gibt es, wie auch im ganzen Spielverlauf, immer mal kleine Videosequenzen mit Ingame Grafik, um mit den Dialogen der Protagonisten die Story voranzutreiben.

Fortan wechseln sich Dialoge und Bewegung der Heldengruppe mit dem Kernelement des Spieles, also den Kämpfen ab. So muss man etwa im Gefängnis ein Gefecht gegen die Wärter austragen, natürlich alles mit einem gut erläuternden Tutorial verbunden. Nach diesem wird sich per Mausklick auf der Karte bewegt und man gelangt zu einem nett animierten Standbild einer Stadt. Meist finden sich dort unter anderem Heiler, Händler oder Gastwirte. Alles ist stimmungsvoll inszeniert. Das erinnert stark an die klassischen PC Spiele der Serie namens „Nordland Trilogie“.

Und so setzt sich das Prinzip im weiteren Verlauf des Spiels fort. Kampf – Stadt – Dialog und wieder von vorne, all das im Rahmen der Haupthandlung bzw. den kleinen Nebenquests. Wer jetzt sagt „Das klingt aber eintönig“ dem muss ich sagen „Stimmt nicht!“. Gerade die Wendungen in der Haupthandlung, wie dem Verbrechen auf die Spur zu kommen, sind unterhaltsam präsentiert und treiben euch an, immer weiter voranzukommen. Um dabei nicht unter die Räder der zahlreichen Feinde, wie finstere Schergen, Rotpelzen oder anderen Geschöpfen zu geraten, ist es von Nöten, seine Heldengruppe stets mit neuen Skills aufzurüsten. Diese sind bei diversen Lehrmeistern erhältlich, die ebenso für immer höhere Grundwerte und zusätzlich eine gute Ausrüstung sorgen. Hilfreich dabei ist die Beute nach jedem gewonnenen Kampf, die nicht nur Geld, sondern auch Ausrüstung zum Eigenbedarf oder Verkauf bereithält.

Der Kampf

Zunächst sollte die Heldengemeinschaft mit den für sie geeigneten Waffensets ausgerüstet werden. Dazu stehen jedem Held bis zu drei Sets zur Verfügung, in denen er seine beiden Hände bestücken sollte. Ob Schwert und Schild, Bogen und Pfeile oder eben ein beidhändig geführter Zauberstab – alles ist möglich und während des Kampfes in einer Runde zu wechseln. Eingeleitet wird ein Gefecht meist von einer Dialogsequenz mit Ingame-Grafik, die zudem ein wenig das Geschehen erläutert, denn geboten werden nicht nur schnöde Kämpfe mit Mann gegen Mann. Hin und wieder folgen die Regeln einem anderen Muster, wie beispielsweise „Erreiche die Brücke innerhalb von 5 Runden“ oder „betätige die Schalter um das Tor zu öffnen“. Dieses bringt eine schöne Abwechselung herbei und kann zum Teil ziemlich knackig vom Schwierigkeitsgrad werden – hier ist weitsichtiges Denken gefragt. Wird derlei nicht gefordert, tritt eine Schar Gegner auf Leben und Tod gegen den Spieler an und die sich bis auf das bitteren Ende bekriegen.

Das alles spielt in einer detaillierten Umgebung passend zur derzeitigen Thematik, welche in Hexagonfelder unterteilt ist auf denen sich die Gruppe wiederum bewegt. Hier hat der einzelne Held eine bestimmte Anzahl von Handlungspunkten. Ihm steht es frei sich entweder die volle Distanz zu bewegen oder nur einen Teil der Strecke zurückzulegen und dann eine Aktion, wie etwa einen Angriff oder Zauber durchzuführen. Markiert werden dabei die Hexagone auf dem Boden, in vollem oder umrandendem blau. Auch trifft man in den Feldern immer wieder auf wichtige Gegenstände, die der Spieler zu seinem Vorteil nutzen darf. Beispielsweise kann er mit Feuerzaubern oder einer Fackel Sumpfgas entzünden, welches darin stehenden Bösewichten Schaden zufügt. Oder es werden Kistenstapel zu Barrikaden umgestürzt, die anschließend erst zerstört werden müssen, bevor man in den Nahkampf gehen kann.

Wenn es zum Nahkampf übergeht, kommen zwei wichtige Werte des Helden zum Tragen. Zum Einen wird der Attacke-Wert berechnet, der aussagt, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist den Gegner erfolgreich zu Treffen. Hierzu wird ein virtueller W20 im Hintergrund gerollt. Das Prinzip ist einfach – jeder Würfelwert kleiner oder gleich dem Attacke-Wert (so wird es übrigens mit jedem Skill im Spiel gemacht) heißt Probe bestanden. Allerdings hat jeder noch einen Paradewert. Hier wird genauso verfahren wie bei der Attacke – bei Bestehen kann der Gegner oder auch der eigene Held parieren und den Schaden abwenden. Diesem Prinzip folgt so ziemliche jede Aktion in Blackguards und basiert auf einer langen Tradition, begründet mit den Pen and Paper Wurzeln.
Blackguards präsentiert sich im Mittelalterlook Aventuriens mit all seinen Geschöpfen und Landschaften. Da das Spiel hauptsächlich im Kampfmodus stattfindet und dieser weitgehend starr das Geschehen wiedergibt, sieht man hier am Meisten was die Grafik anbelangt. Diese ist zwar stimmungsvoll, aber jetzt auch keine Augenweide. Zweckmäßig trifft es wohl am besten, was aber auch dem Gameplay geschuldet ist – schließlich haben wir hier kein FP-RPG ala Skyrim, sondern eben ein rundenbasiertes Strategie-RPG. Die animierten Standbilder der Städte sind in der typischen Malweise der DSA-Umgebung gehalten und bieten eine gute Oberfläche, um das Nötigste vor dem nächsten Kampf zu erhalten.

Unterstützt wird die malerische Umgebung durch eine stimmungsvolle Musik. Diese passt sich hervorragend der Situation an und gibt der Fantasy Atmosphäre das i-Tüpfelchen.

Gesteuert wird alles natürlich per Maus und Tastatur, die besonders für Quickslots geeignet ist, um schneller an besondere Attacken oder Zauber im Kampf zu kommen. Ansonsten bietet ein etwas unübersichtliches Ringmenü, alles was zur Steuerung im Gefecht benötigt wird.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
80
80
Okay
80
Multiplayer

FAZIT

Wie man vielleicht herauslesen konnte, kenne ich mich ein wenig mit der Pen and Paper Vorlage aus und muss sagen, dass Blackguards gelungen ist und die Versoftung dem Orginal recht Nahe kommt. All das Steigern der Werte, akquirieren der richtigen Fähigkeiten (Abenteuerpunkte wollen erst einmal erarbeitet sein) und nicht zuletzt die recht taktischen und knackigen Kämpfe, lassen dem DSA-Fan schon das Herz höher schlagen. Die Geschichte, die immer wieder von kleineren Nebenquesten durchbrochen wird, welche wiederum wichtige APs bringen, präsentiert sich als recht linear. Großartig schlimm ist dies aber nicht, da sie doch immer verzwickter wird und nette Wendungen sowie Überraschungen bereithält. Was die Grafikschwächen anbelangt, so kann man sagen, dass diese nicht maßgeblich für mein gutes Spielerlebnis waren. Dafür glänzt Blackguards in anderen Kategorien. Deshalb drücke ich hier gerne ein Auge zu. Alles in allem haben wir hier ein gutes Spiel einer hervorragenden Reihe, das ich gerne den DSA-Veteranen von euch empfehle. Aber auch den Neulingen möchte ich Blackguards ans Herz legen, welche sich mit dem wunderbar entschleunigten, rundenbasierten Gameplay anfreunden können und in die weite Welt Aventuriens hineinschnuppern möchten. Es lohnt sich!

- Von  André

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