Black Mirror (2017) REVIEW
Im Jahre 2003 war das Original Black Mirror mit Abstand für das Wiederaufleben der Adventurespiele verantwortlich. Die Szenerie vom schottischen Gruselschloss und dem uralten Fluch, der seine Bewohner heimsucht, fand eine beachtliche Zahl an Fans. Besonders auch deshalb, weil es zwischen all den lustig gehaltenen Spielen, wie zum Beispiel Monkey Island herausstach und zeigte, dass es auch mit einem ernsthaften und erwachsenen Ansatz möglich ist, die Spielerschaft zu fesseln und zu begeistern.
Das Reboot macht nun vieles anders und zum Glück nicht den Fehler, nur altbackene Spielelemente zu recyceln, im Gedanken das der Name allein zum Erfolg führen würde. Es wird sich natürlich stark am Original orientiert, dennoch aber ein eigener neuer Weg geebnet. Aufgrund dessen ist Black Mirror 2017 erfrischend gut und sowohl für Fans des Originals, als auch für neue Spieler, die eben jenes nicht kennen geeignet. Jeder wird eine völlig neue Erfahrung machen.
Der Fluch kehrt zurück
David Gordon kannte seinen entfremdeten Vater nie besonders gut. Trotzdem ist es ein Schock, als er in das Haus seiner Familie im schottischen Hochland gerufen wird, nachdem sein Vater sich dort das Leben genommen hat. David weiß nicht viel über die letzten Wochen seines Vaters, aber die Umstände seines Todes scheinen mehr als eigenartig zu sein. Sich das Erbe anzueignen, ist nur eine Entschuldigung dafür, dass David mehr über das Schloss erfährt, in dem sein Vater aufgewachsen ist, um die Familie kennenzulernen, die er nie kannte, und um die Geheimnisse um den Tod seines Vaters zu erhellen.
Black Mirror ist eine moderne Neuinterpretation der gefeierten Gothic-Horror-Adventure-Serie. Seit David von Albträumen und Wachträumen geplagt, fürchtet David, dass es sein Schicksal sein könnte, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, auf einem Weg, der zu Wahnsinn und Tod führt. Gibt es wirklich einen Fluch, der seine Familie seit Generationen heimsucht, wie sein Vater glaubte? Oder sind die Mysterien in den kalten Wänden des Black Mirror Hauses von weit mehr weltlicher Natur verborgen? Es liegt an David, die schrecklichen Wahrheiten aufzudecken, begraben unter Generationen von Stille und endlosen Geheimnissen
Seine Verwandten und die bekannte Aufstellung der Hausangestellten, wie der Butler, Gärtner, Anwalt und die Dienstmädchen sind alle auf den ersten Blick sympathisch und machen einen netten Eindruck, doch scheint jeder von ihnen irgendwie mehr zu wissen als er vorgibt. Jeder scheint eigene Geheimnisse und Leichen im Keller zu haben – und irgendwann werden aus Vermutungen Tatsachen. David stößt bei seinen Nachforschungen auf eine Reihe vertuschter Morde, Intrigen und die Macht eines ominösen schwarzen Spiegels, der mit seiner dunkle Magie jedem Schlossbewohner den Verstand vergiftet, solange bis diese vom Wahnsinn befallen sind.
Künstlerische Raffinesse
Entwickler King Art ist auf geschickte Weise gelungen, mit ihren bescheidenden Mitteln diesem toten Gemäuer Leben einhauchen. Hieran sieht man sehr gut, dass kein Millionenbudget notwendig ist, beeindruckende Leistung zu erbringen, wie in diesem Fall, dem Back Mirror Castle sehr detailliert leben einzuhauchen und Stimmung zu erzeugen. Wenn man in der ersten Nacht das Schloss erkundet, nur mit einer Kerze in der Hand, während sie schemenhafte Schatten überall an die Wände geworfen werden und die dunklen Ecken die Fantasie & Angst nähren, dann ist Black Mirror voll in seinem Element.
Black Mirror 2017 arbeitet sehr, sehr viel mit Licht. Simpel aber effektiv! Ein Großteil des Spiels findet bei unheilvollem Kerzenschein, bei vielen Kaminfeuern oder kleineren Funzeln auf Schreibtischen statt. Das Gewächshaus in der Nacht wirkt überflutet von Mondlicht so unwirklich verträumt wie ein romantisches Gemälde. Man erwischt sich dabei, wie man einfach die einzelnen Momente genießt. Da verzeiht man dem Spiel auch gerne die bisweilen einbrechende Performance, hölzerne Animationen und minimalistische Gesichtsmimik.
Der schmale Grad von „Neu ist besser“ und „altem Bewehrtes“
Was sofort ins Auge fällt ist ein zeitgemäßes Spieldesign – kaum klassische Kombinationsrätsel, kein langatmiges Durchstöbern des Inventars, keine tausend Hotspots mit Hinweisen, die man mühsam suchen muss und kein erzählerischer Leerlauf. Als Fan der alten Point-n-Click-Adventures könnte man nun enttäuscht sein, aber ich muss ehrlich sagen, dass ich über diese Entscheidung froh bin, denn es zeigt, dass die Entwickler nicht den altbekannten Weg gehen wollen und „Neu“ ist ja bekanntlich nicht gleich schlecht. Black Mirror ist fokussierter, schickt den Spieler nicht ständig in irgendwelche Sackgassen, konzentriert sich aufs Wesentliche und lässt trotzdem dem Spieler die Freiheit. Ich fand es sehr gut, dass mir sinnlose Hotspots oder unnötige bzw. offensichtliche Dialogzeilen erspart blieben.
Black Mirror macht den Spagat vom klassischen Point-n-Click und zügiger Erzählweise, wie man sie von Telltale-Spielen her kennt und besitzt dennoch unter Umständen fordernde Rätsel, ohne das eine für das andere zu verraten. Die Ziele sind stets klar definiert und nur wenige Handgriffe davon entfernt, den nächsten Storyschritt zu erreichen. Die Rätsel verlaufen sich nicht in der endloser Inventartasche oder dem Kombiniere-alles-mit-allem, sondern halten die Geschichte stets im Fokus.
Ladebildschirm oder Folter?
Sehr viele Aufgaben beinhalten simple Hol-und-bring-Dienste, bei der man die richtige Person im Schloss suchen und mit ihr reden muss. Dies führt mich hier nicht nur zum nächsten Thema, sondern im Spiel direkt zur Weißglut. Diese häufigen und laaaangen Ladezeiten! Normalerweise machen mir Ladezeiten nie etwas aus und gerade bei dieser Art Spiel würde ich darüber hinwegzusehen. Wir haben es hier nicht mit einer Triple-A-Produktion zu tun, Unity ist nicht die potenteste Engine und für seine Ladezeiten berüchtigt, und am Ende zählt in einem Test die Qualität des Spiels und nicht die eigene Ungeduld!
Das aber an dieser Stelle ist dennoch groß, denn Black Mirror stellt die Geduld des Spielers nach einiger Zeit auf eine harte Probe. Jeder noch so kleine Raum wird 10 bis 15 Sekunden lang in den Speicher geladen. Da man viel und häufig im Schloss unterwegs ist, oftmals von einem Ende zum anderen und wieder zurückmarschiert, verbringt man mitunter mehr Zeit im Ladebildschirm als im eigentlichen Spiel. 15 Sekunden warten, drei Sekunden zur nächsten Tür gehen, wieder 15 Sekunden warten, fünf Sekunden den Gang entlang, 15 Sekunden warten … und so weiter bis in alle Ewigkeit! Man muss als Spieler eine große Leidensfähigkeit besitzen, um davon nicht irgendwann sehr genervt zu sein. Eine Übersichtskarte zum Schnellreisen oder weiträumiger konzipierte Areale wären in dieser Hinsicht mit hoher Wahrscheinlichkeit eine glücklicher Designentscheidungen gewesen.
Auch, aber nicht nur deswegen geht Black Mirror im letzten Drittel der recht knappen Spieldauer von sechs Stunden zunehmend die Luft aus. Die Anfangs ins Rollen gebrachte atmosphärisch dichte Gruselgeschichte, gerät in der Erzählweise gegen Ende leider immer mehr ins Schlittern. Emotionale Höhepunkte verpuffen aufgrund ihrer spröden Inszenierung in Teilnahmslosigkeit. Die Verwicklungen einzelner Charaktere untereinander und ihr schräges Verhalten wurden immer konfuser, bis ich letztlich nicht mehr mitfieberte, sondern nur noch hingenommen habe, was geschah.
Wenn Black Mirror auf seine Zielgerade einbiegt, werden insbesondere Spieler des Originals verwirrt sein, wie deutlich enger die eigene Freiheit wird. Konnte man im ersten Teil noch etliche Schauplätze im Umland und das nahe gelegene Dorf aufsuchen, so beschränkt sich das Reboot auf die unmittelbare Gegend um das Schloss. Gefühlt besitzt die 2017er-Neufassung eher die Ausmaße einer Kurzgeschichte.
Schlimm ist dieser Umstand nicht, verstärkt aber den Beigeschmack, dass es mehr hätte sein können aber nicht wurde. Besonders das Ende das – unter Fans ein Highlight des Originals – unspektakulär wirkt, konfus erzählt und recht holprig inszeniert wird. Das gut gemeinte Vorhaben, neue Spieler und Fans des Originals gleichermaßen glücklich zu machen, geht auf diese Weise nur bedingt auf: Die Generation von heute dürfte sich an den beschriebenen Mängeln stören, während Abenteurer von früher sich in die gute alte Zeit zurücksehnen.
Bis auf einige kleine Rechtschreibfehler ein tolles erstes Review. Lässt sich gut lesen und vermittelt einen guten Eindruck vom Spiel. Gerne mehr.
Ein wirklich gelungenes erstes Review. Nur weiter so 🙂