Battlefield 2042 REVIEW
Über die vergangenen Tage habe ich rund 25 Stunden in Battlefield 2042 investiert. Den überwiegenden Teil dieser Zeit würde ich als frustrierend bezeichnen. Das ein Online-Spiel dieser Größenordnung zum Launch nicht rund läuft und mit Bugs und technischen Problemen zu kämpfen hat, ist nichts neues. In diesem Fall kommen aber noch allerhand Design-Entscheidungen hinzu, die das Erlebnis zu einem nicht sonderlich Guten machen. Manches lässt sich in den kommenden Wochen und Monaten sicherlich via Updates lösen. Andere Baustellen sind allerdings derart fest in der DNS des Spiels verankert, dass es schwer, wenn nicht gar unmöglich sein dürfte, hier noch sinnig nachzubessern.
Zu viel des Guten
Vollmundig verkündete die PR schon im Vorfeld, Battlefield 2042 sei das größte Battlefield aller Zeiten. Erstmals in der Geschichte der Reihe, sind die großen Modi Eroberung und Durchbruch auf 128 Spielerinnen/Spieler ausgelegt. Damit hat man die maximale Personenanzahl pro Match im Vergleich zum Vorgänger Battlefield V also einfach mal verdoppelt. Gleichzeitig wurde auch die Größe der Maps deutlich erhöht. Die größte Map „Breakaway“ misst laut offiziellen Angaben eine 5,9 Quadratkilometern. Ein Vergleich mit der Konkurrenz: Verdansk, die noch aktuelle Map vom Call of Duty Ableger Warzone hat eine Gesamtfläche von 14 Quadratkilometern, wobei laut Berechnungen aber wohl „nur“ 7,84 Quadratkimolemter wirklich spielbare Fläche sind.
Und genau bei den neuen Dimensionen liegt der Knackpunkt. Ja, seit Battle Royale sind 100. Spielerinnen/Spieler auf einer großen Map nichts ungewöhnliches. Allerdings begünstigt die Spielweise von Battle Royale mit dem stetig kleiner werdenden Aktionsradius, dass man sich auf kurz über lang mit den Gegnern auseinandersetzen muss. Battlefield 2042 ist aber nicht als Battle Royale ausgelegt. Es gibt keine Giftgaswolke oder einen Sturm, der das Spielfeld immer kleiner werden lässt.
Wie eklatant die Größe der Karten dem Spiel und dem Spaß im Wege steht, wird schon beim Rundenstart im Modus Eroberung deutlich. Schafft man es nicht sich gleich zu Beginn ein Fahrzeug unter den Nagel zu reißen (bei 63 anderen Leuten im eigenen Team ist das eher die Regel als die Ausnahme), so kann man erst einmal zu Fuß loslaufen. Und ich übertreibe hier wirklich nicht: es hat manchmal fünf Minuten und mehr gedauert, bis ich gegnerische Truppen gesehen habe. Nicht minder länger dauert es, bis man an einem der verschiedenen Kontrollpunkte pro Map angekommen ist, deren Einnahme das Ziel von Eroberung ist. Nach einiger Zeit bin ich dazu übergegangen für ein, zwei Minuten nach Rundenstart auf´s Handy zuschauen, schließlich meine Spielfigur zu töten um bei Mitgliedern des eigenen Squads oder in der Nähe von bereits eingenommenen Kontrollpunkten zu spawnen, um mir die langen Laufwege zu sparen. Und alleine diese Kapitulation vor der Spiellogik sollte bereits einiges über den derzeitigen Zustand von Battlefied 2042 aussagen.
Stimmungsvoll, aber zu welchen Preis
Visuell sind die Gebiete durchaus nett und abwechslungsreich gestaltet. Mal findet die Schlacht in Doha statt, wo man sich zwischen Fußballstadion, Hochhäusern und traditionellen Häusern in der Wüste bekämpft. Eine andere Map spielt in der Arktis und hat bei mir durchaus wohlige Erinnerungen an die Hoth-Maps aus den ebenfalls von DICE stammenden Star Wars Battlefront Titeln ausgelöst. Cool ist auch Orbital, deren Kern ein Raketensilo ist. Gleichzeitig gibt es hier aber auch kleinere Dschungel-Abschnitte. Weniger gut gefällt mir hingegen Kaleidoskop, eine derzeit noch entstehende Planstadt die inmitten der südkoreanischen Metropole Incheon gebaut wird. Hier kämpft man inmitten von Wolkenkratzern oder ziemlich kargen Parkanlagen. Inszenatorisch sorgen die Entwickler mit Wetter- und vor allem Unwettereffekten (Tornados, peitschender Regen etc.) sowie wechselnden Tag-/Nachtzyklen für Stimmung. Und natürlich ist die Umgebung teilweise auch zerstörbar, wobei dies nur für kleinere Häuser und Bauten, aber eben nicht für Hochhäuser gilt.
Das ist alles durchaus hübsch anzusehen, täuscht aber nicht über die erschreckende Leere hinweg, die auf den Maps herrscht. Zwischen den ohnehin wenigen Sehenswürdigkeiten, die in der Regel auch als spielerische Zentren dienen, gibt es einfach nichts zu sehen oder zu tun. Sicherlich finden auch mal in den Dünen von Doha kleinere Scharmützel statt. Natürlich treffe ich auch abseits der einzunehmenden Kontrollpunkte vereinzelte Gegner an. Aber mehr ist da einfach nicht.
Unnötige Authentizität
Noch absurder wird das alles nur durch den Umstand, das 128 Spielerinnen/Spieler gleichzeitig zu wenig als auch zu viel sind. Wenn sich an einem einzunehmenden Ort 60 Personen befinden, ist das einfach zu viel. Wenn darunter dann auch noch Sniper, Panzer oder andere Fahrzeuge mit Bewaffnung in Form von MGs etc. mit von der Partie sind und man wenige Sekunden nach dem Spawn schon wieder den Todesbildschirm sieht, dann hat das mit Spielspaß nicht mehr viel am Hut.
Und leider ist das noch alles nicht das Ende der Probleme, Stichwort Bloom. Hierunter versteht man den Radius bei abgegebenen Schüssen, der im Falle von Battlefield 2042 zufällig generiert wird. Steht man beispielsweise fünf Meter vor einer Wand und entlädt das komplette Magazin einer Waffe, so wird kein Schuss genau dieselbe Stelle getroffen haben, selbst wenn man genau zielt und sich nicht bewegt. Man hat also zurecht das Gefühl Schüsse kommen nicht da an, wo sie ankommen sollen. Das sorgt sicherlich für eine gewisse Authentizität, da so das Verhalten realer Waffen einigermaßen akkurat simuliert wird. Gleichzeitig gibt es nicht nur in der Battlefield Community immer wieder Diskussionen darüber, inwiefern Bloom etwas in einem eigentlich skillbasierten Spiel zu tun hat.
In Battlefield 2042 vermengen sich nun die einzelnen Probleme. Die zu großen Maps sorgen dafür, das Gegner oftmals sehr weit weg von einem sind und das starke Bloom wiederum sorgt dafür, dass abgegebene Schüsse nur schwer ihr Ziel finden. Und das setzt der gesamten Frustproblematik letztlich die Krone auf. Und ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, wie DICE diesem Füllhorn an Problemen begegnen will. Am Bloom lässt sich sicherlich noch viel schrauben, am enormen Leerlauf, am gleichzeitigen Chaos hingegen? Da habe ich meine Zweifel.
Battlefield 2042 ist für mich das Paradebeispiel von einem viel zu großen und überambitionierten Spiel. Wenn man keine Ideen für eine Open World hat, dann sollte man es einfach sein lassen. Wenn man nicht weiß, wie man große Multiplayer-Maps spannend gestaltet und für gute Balance sorgt, dann sollte man auch dies sein lassen. Hinzu kommen noch die vielen Bugs und technischen Fehler. Selbst auf der PlayStation 5 habe ich immer wieder nicht ladende Texturen gesehen. Das fällt mal nicht weiter auf, wenn man nicht gerade hinschaut. Bei der Antarktismap hingegen sind immer und immer wieder die Texturen des Schnee bedeckten Bodens nicht geladen worden. Anstelle dessen war einfach nur ein weißer Überzug über die gesamte Karte zu sehen. Immer wieder greifen Bugs direkt ins Gameplay ein. Ich musste aus laufenden Spielen heraus, da ich nicht respawnen konnte. Ich konnte am Boden liegende Kameraden nicht wiederbeleben, da der Button-Prompt nicht eingeblendet wurde. Abstürze und Verbindungsprobleme sind ebenfalls an der Tagesordnung. Und dann wären da ja auch noch fehlende Features. Warum in aller Welt gibt es aktuell noch keinen Vocie-Chat?
Wo ist der Teamgedanke?
Ich bin mir bewusst, wie düster das von mir skizzierte Bild von Battlefield 2042 ist. Es gibt aber durchaus auch positive Aspekte. Da wäre etwa das neue Klassensystem. Genaugenommen gibt es das eigentlich nicht mehr. Dafür gibt es nun zehn Spezialisten, was in anderen Spielen also Helden wären. Jeder Spezialist bzw. jede Spezialistin hat festgelegte Sonderfähigkeiten. Ich habe etwa sehr gerne mit Sundance gespielt, die statt eines Fallschirms einen Wingsuit hat und sich flott über die Maps bewegen kann. Dozer hingegen ist der Mann für´s grobe und ist mit seinem ballistischen Schild die ideale Figur, wenn man gemeinsam mit gemeinsam mit dem Squad enge Gänge sichern will und die Kameraden und sich selbst vor Beschuss schützt. Ji-Soo Paik kann mit ihrem Scanner hingegen Feinde, die hinter Wänden und anderen Objekten Schutz suchen, scannen und für kurze Zeit sichtbar machen.
Ich mag die Umorientierung hier, zumal man jede Figur sowohl offensiv als auch defensiv spielen kann. Gerade wenn man sich in einem Squad mit Freunden befindet und die Möglichkeit hat, sich abzusprechen, dann kann man sich gut ergänzen. Mit Randoms hingegen muss man Glück haben. Durch den Wegfall einer dezidierten Sanitäter-Klasse scheint beispielsweise die Bereitschaft am Boden liegende Teamkollegen zurückzuholen, nicht groß zu sein. Gleiches gilt für das Reparieren von Panzern und anderen Fahrzeugen. Der Anreiz zum Teamplay ist auch deshalb schon gering, da es für das Heilen und Reparieren nur wenig Erfahrungspunkte gibt, was angesichts der ohnehin langsamen Progression keine gute Entscheidung ist.
Zündende Nostalgie
Abseits von Eroberung und Durchbruch gibt es noch den neuen Hazard Zone Modus. Ziel ist es hier mit dem eigenen 4er-Squad Datenlaufwerke zu sichern und diese in Sicherheit zu bringen. Die Maps wurden für den Modus angepasst und auf wesentlich kleinere Gebiete beschränkt. Der Teamgedanke steht hier im Vordergrund und ein ausgewogenes Team ist tatsächlich für den Sieg nicht unwichtig. So wirklich gezündet hat der Modus für mich aber bisher noch nicht.
Anders ist es mit Portal. In erster Linie verbirgt sich hierhinter die Möglichkeit eigene Maps zu erstellen, wobei man auf eine Vielzahl an Assets zurückgreifen kann. Das deckt sowohl Grafikpakete, aber auch Spielmechaniken früherer Serienteile ab. Die Entwickler demonstrieren die Möglichkeiten auch gleich, indem sie zum Launch je zwei Maps im Stile von Battlefield 1942, Bad Company 2 und Battlefield 3 mitliefern. Und all die vorherige Negativkritik wird auf einmal nichtig. Alleine klassische Karten wie Ardennenoffensive und Valparaiso auf der modernen Version der Frostbite Engine laufen zu sehen und spielen zu können, ist wunderbar. Mit den Möglichkeiten des Editors habe ich mich bisher noch nicht allzu groß beschäftigt, kann also über die Zugänglichkeit und den Umfang des Tools nicht viel sagen. Meine Hoffnungen sind aber groß und der Wille der Community eigene Inhalte zu schaffen ist ja seit jeher auch vorhanden.
Pro & Kontra
- die großen Maps sind teilweise toll inszeniert
- die neuen Spezialisten spielen sich abwechslungsreich und sind ein guter Ersatz für das Klassensystem
- Portal ist ein schöner Nostalgietrip und ein cooles Moddingwerkzeug
- viel zu große Maps mit entweder zu viel Leerlauf oder zu viel Chaos
- viele Maps sind zwar visuell schön inszeniert, besitzen aber kaum point of interests
- starkes Waffen-Bloom sorgt für Frust
- jede Menge Bugs und technische Unzulänglichkeiten