Banishers: Ghosts of New Eden REVIEW
Banishers: Ghosts of New Eden ist der neue Titel des französischen Entwicklers DON’T NOD, der für Spiele wie Life is Strange, Remember Me, Vampyr oder Twin Mirror bekannt ist. Mir war also ziemlich schnell klar, dass mich hier ein potenzielles Brett mit einem starken Fokus auf Storytelling erwartet.
Von dem besagten Rollenspiel hörte ich zum ersten Mal auf der Gamescom 2023. Der Publisher Focus Entertainment hatte eine große Fläche gemietet und dort seine aktuellen sowie kommenden Titel ausgestellt. Ich war ohnehin auf dem Weg dorthin, da ich gerade Alien: Dark Descent und Atlas Fallen vom selben Publisher durchgespielt hatte und sehen wollte, was es Neues gibt.
Ich nahm also im aufgebauten „Kino” Platz, das Licht ging aus und das Publikum wurde still. Die ersten Trailer liefen. Dann wurde Banishers: Ghosts of New Eden vorgestellt. „Das Leben, für die Lebenden. Der Tod, für die Toten.” Ruhig, emotional, Gänsehaut. Dann – völlig brachial – mit Bass untermalt, vibrierend startete dieser Trailer eine Achterbahnfahrt, die mir die Sprache verschlagen hat. Kurzum: Meine Neugier war geweckt und ich musste Banishers: Ghosts of New Eden spielen.
Die Geschichte. Der Tod. Keine Hoffnung.
Ich war mir nicht sicher, ob mich irgendetwas auf das hätte vorbereiten können, was mich hier erwartete. Dazu sei gesagt, dass das Thema, welches in Banishers: Ghosts of New Eden angesprochen wird, emotional sehr berühren kann. Zudem habe ich alles vermieden was mich spoilern könnte – meine übliche Vorgehensweise bei Titeln, die ich unbedingt spielen möchte. An dieser Stelle ein kurzer Hinweis: Wenn ihr nicht gespoilert werden wollt, solltet ihr die nächsten drei Absätze überspringen.
Banishers: Ghosts of New Eden geht sehr offen und progressiv mit dem Thema Tod um und im weiteren Sinne auch mit Albträumen. Ihr spielt die Charaktere Red und Antea, die den Beruf des „Verbanners“ ausüben: Erfahrene Geisterjäger, deren Aufgabe es ist, einen bösen und unheilvollen Fluch zu brechen. Dabei handelt es sich um die Verbindung zwischen den Toten und dem Reich der Lebenden. Der Titel spielt in New Eden um das Jahr 1695, als die Siedlergemeinden vom besagten Fluch heimgesucht werden. Es gilt, die Quelle des Bösen zu finden.
Der gewählte Pfad – Spoiler
Gleich zu Beginn wird die Spielfigur Red völlig aus der Bahn geworfen. Der Kampf gegen eine alptraumhafte Kreatur scheitert und am Ende verliert Antea ihr Leben. Doch sie bleibt mit Red verbunden und keine der beiden können das Schicksal akzeptieren. Und tatsächlich gibt es einen Weg, der das Blatt wenden kann. An einem bestimmten Punkt in der Geschichte leistet ihr einen Eid. Wählt ihr den Aufstieg und versprecht, Anteas Geist zu helfen, diese Welt friedlich zu verlassen? Oder schwört ihr, Antea beizustehen, durch ein dunkles, uraltes Ritual ins Leben zurückzukehren? Letzteres hat mich sehr berührt, denn um das zu erreichen, verlangt das Spiel, so viele Menschen wie möglich zu „opfern“, ganz gleich ob schuldig oder unschuldig. Aufgrund dieser Zerrissenheit, die mich in meinen Grundfesten erschüttert hat, entschied ich mich für den unschöneren Weg – etwas, das ich normalerweise vermeide. Eigentlich möchte ich immer auf die beste Art und Weise „gut“ sein und positiv spielen.
So nimmt die Geschichte schnell Fahrt auf und lässt einen gut 30 Stunden nicht mehr los. Es gibt nicht viele Games dieser Art, die zum Nachdenken anregen und den Spieler nachhaltig berühren. DON’T NOD hat das wieder einmal geschafft, wenngleich es durchaus Schwächen in der Story gibt. Das betrifft vor allem einige Nebenmissionen, die im späteren Verlauf überflüssig und wie eine künstliche Streckung der Spielzeit wirken. Banishers: Ghosts of New Eden bietet eine offene Welt, aber keine unendlich skalierbare Open World wie z.B. in Far Cry. Ihr schaltet relativ schnell an bestimmten Orten Lagerfeuer frei, die ähnlich wie Schnellreisen funktionieren, und findet immer wieder Wege abseits eurer Hauptroute, die ihr nehmen könnt, aber nicht müsst.
Ich empfehle euch aber, gerade wenn ihr meinen Weg bestreitet, alles mitzunehmen, was auf der recht großen Karte zu finden ist. Nebenquests bzw. Geisterermittlungen sowie Kisten oder andere besondere Punkte werden in den meisten Fällen automatisch auf der Karte angezeigt oder bei Annäherung hinzugefügt. So verliert ihr nicht so schnell den Überblick.
Besessene Optik
Ob ihr mit einem leichten oder schweren Schwierigkeitsgrad beginnt, bleibt euch überlassen. Fünf Optionen stehen zur Verfügung und bieten eine gut ausbalancierte Herausforderung. Das actionlastige und direkte Kampfsystem hat mir anfangs gar nicht gefallen. Auch mit der hakeligen Zielerfassung bin ich noch nicht richtig warm geworden. Meistens ignoriere ich das aber und schnetzle oder schieße mich frei durch besessene Gegner und Schatten, Monster und Geister. Diese sind auch clever, denn sie umzingeln euch, nehmen Besitz von Verstorbenen an und machen den Charakteren aus der Ferne das Leben schwer. Natürlich liegt die jeweilige Herausforderung immer gemessen am gewählten Schwierigkeitsgrad.
Banishers: Ghosts of New Eden bezeichnet sich selbst als Action-RPG. Ich würde das Spiel aber eher dem Action-Horror zuordnen. Vielleicht zielten Publisher und Entwickler auf eine niedrigere USK-Einstufung ab, um eine breitere Gruppe anzusprechen. Aber was die Atmosphäre, die Grafik, die Musik und das Thema angeht, habe ich oft genug Gänsehaut bekommen. Das liegt vor allem an der perfekten Mischung aus der euch präsentierten Umgebung und der nuancierten Abmischung der Soundeffekte und Musik. Ich habe die Playstation 5 Version im Qualitätsmodus (bis zu 4K mit 30 FPS) gespielt und für mich war es das perfekte Erlebnis. Möchtet ihr etwas mehr FPS, dann gibt es noch den Performance-Modus (1440p / 60 FPS) mit leichten, optischen Unterschieden, die aber nicht weiter ins Gewicht fallen. Die Zwischensequenzen werden aber, unabhängig davon was ihr wählt, mit 30 FPS dargestellt. Das hat mich im Performance-Modus etwas irritiert.
Die Texturen und Umgebungen sind wunderschön schrecklich, wie Siedlungen, Höhlen, Wälder und Bergpfade. Ich war sehr überrascht, wie viel Abwechslung DON’T NOD ins Spiel gebracht hat. Immer begleitet von unheimlicher Stille mit gelegentlichem Vogelgezwitscher, gefolgt von absolutem Chaos und hektischen Rhythmen, sobald man in einen Hinterhalt gerät. So gut umgesetzt habe ich das schon lange nicht mehr erlebt. Ein echtes Highlight.
Viele Wege, ein Ziel
Mit jeder Aufgabe gewinnt ihr an Erfahrung. Ihr sammelt Gegenstände in der Umgebung ein, öffnet Truhen, erkundet Wege und Höhlen. Auf dem Weg erhaltet ihr wichtige Punkte für eure Charakterentwicklung. Mit diesen schaltet ihr dynamisch Verbesserungen für Red und Antea frei, die ihr aber jederzeit wieder rückgängig machen und ändern könnt. Das ist vor allem deshalb wichtig, weil ihr manchmal eure Taktik anpassen wollt. Denn Red und Antea sind zusammen unterwegs und ergänzen sich im Idealfall perfekt.
Jeder Schritt abseits der angezeigten Hauptstory lohnt sich. Ihr markiert eine Quest oder einen Ort und werdet per Zielmarkierung und Kompass dorthin geführt. Ich empfehle euch aber wirklich, die Augen offen zu halten und in der Umgebung nach Nischen, Erhöhungen und baumelnden Fässern Ausschau zu halten, die ihr nicht immer sofort einsammeln bzw. ebnen könnt. Manches erschließt sich euch erst im Laufe der Geschichte. Aber auch bestimmte Fähigkeiten eröffnen neue Wege. Die Schnellreise erspart euch gleichzeitig langes Backtracking. Im Gegenzug schaltet ihr Lagerfeuer frei, an denen ihr eure Ausrüstung verbessern und Charakterpunkte verteilen könnt.
In der Chronik dürft ihr den bisherigen, geschichtlichen Verlauf nachvollziehen und die Spukermittlungen erlauben euch einen Blick auf die aktuellen, noch offenen Fälle. Hier werden alle Informationen gesammelt und automatisch den jeweiligen Fällen zugeordnet. Ein gutes Journal-artiges System.
Stimmen aus der Geisterwelt
Erwähnenswert ist auch die positive Synchronisation/Lokalisation in Banishers: Ghosts of New Eden. Die deutschen Übersetzungen und Stimmen zeugen durchweg von sehr guter Qualität und passen zur jeweiligen Situation. Ich hatte nicht das Bedürfnis, auf das englische Original umzuschalten. Damit schließt sich für mich der Kreis einer durchweg hochwertigen Produktion eines Titels, der mich im jungen Jahr 2024 bereits mit dem Gefühl zurücklässt, ein potentielles „Spiel des Jahres“ gefunden zu haben.
Ich war nicht vorbereitet auf die moralischen Entscheidungen und Konsequenzen. Der starke Fokus auf diese Erfahrung hat mich, wie die Schemen es mit ihren Körpern machen, in Besitz genommen. Wie gut das umgesetzt wurde, hat mich zum Fan werden lassen. Diese Liebe zum Detail merkt man DON’T NOD an jeder Ecke an und wenn das Kampfsystem noch etwas runder gewesen wäre, hätte ich nichts zu meckern gehabt.
Es gibt kein „New Game+“, doch um alle Enden zu sehen, muss man das Spiel mindestens zweimal durchspielen. Über 16 Missionen und zahlreiche Nebenmissionen in 5 Regionen unterhalten, ohne sich zu wiederholen. Zumindest nicht wie bei den bekannten Open-World-Titeln, die ihre Welt mit unzähligen Punkten auf der Karte künstlich aufblähen.
Dringende Empfehlung
Banishers: Ghosts of New Eden wurde für PC, Xbox und Playstation 5 veröffentlicht. Der Titel ist mit GeForce NOW über die Cloud spielbar und natürlich auch mit Cloud-Computing-Diensten wie Shadow PC kompatibel. Ihr könnt das Spiel zudem auch auf dem Steam Deck erleben. Es ist in verschiedenen Editionen erhältlich.
Für alle, die kein Problem mit dem Thema Tod oder Albträume haben, die ein starkes Story-Adventure wollen, die gerne erkunden und sich fallen lassen, möchte ich eine dringende Empfehlung für diesen Titel aussprechen. Es gibt keinen Punkt in dem Spiel, der mich wirklich stört, auch wenn ich dem Kampfsystem nicht immer ganz wohlgesonnen bin (vielleicht liegt das auch an mir). Ich wünsche mir, dass das Spiel so erfolgreich wird, dass sich eine dauerhafte neue IP etabliert. Banishers: Ghosts of New Eden hätte es verdient.
Pro & Kontra
- Starke Story und Charaktere mit emotionalen Momenten
- Atmosphärische Welt und tolle Grafik
- Vielseitiges Gameplay mit RPG-Elementen
- Mittreißende, moralische Entscheidungen
- Gute Synchronisation und Soundkulisse
- Das Kampfsystem ist etwas hakelig umgesetzt
- Nebenmission sind leicht repetitiv