Ara Fell REVIEW

Hobby-Produktionen auf Basis des RPG-Makers gibt es wie Sand am Meer. Auch Ara Fell begann als Freizeitprojekt des US-Amerikaners Stephen Anthony, welcher bereits vor zehn Jahren damit begann Ara Fell auf Basis des RPG Makers 2003 zusammenzusetzen. Nachdem es das Projekt seinerzeit sogar zu einer spielbaren Demo geschafft hat, versank es jedoch irgendwann wieder in der Versenkung. Doch scheinbar hat man sich dazu entschlossen das Ding wieder auszugraben, fertig zu programmieren und für nen Zehner auf Steam zu veräußern. Seit dem 02.06.2016 ist das Game jedenfalls über Steam zu haben und erfreut sich seitdem überraschend positiver Kritiken und großem Zuspruch. Freilich habe auch ich von dem Spiel mitbekommen und wollte sehen, ob der Wirbel um Ara Fell gerechtfertigt ist oder nicht. Was der Titel nun zu bieten hat, erfahrt ihr im folgendem Review.

 

Eine schwebende Insel, Vampire und mächtige Elfen-Artefakte

Vor tausenden von Jahren wurde die Welt von einem apokalyptischen Krieg zwischen mächtigen Göttern zerrüttet. Lediglich die Sonnengöttin hielt sich aus dem Konflikt heraus, und nutzte ihre Kräfte, um einen kleinen Teil der Welt in den Himmel zu verfrachten und somit einigen Elfen, Zwergen und Menschen das Überleben zu sichern. Dieser schwebende Kontinent wurde „Ara Fell“ genannt und fungierte für lange Zeit als sichere Heimat für dessen Einwohner. Doch eines Tages tauchten blutgierige, kriegstreiberische Vampire auf und zettelten einen Krieg mit den Elfen an. Die friedliebenden Elfen wurden an den Rand der Ausrottung getrieben. Die letzten Überlebenden entschlossen sich dazu einen Zauber zu wirken, der sie so lange in Steinstatuen verwandeln solle, bis die Vampire wortwörtlich verdursten würden. Eine clevere Idee, die jedoch nicht ganz ausgereift schien, denn es gibt ja auch noch Menschen und Zwerge, die als Nahrungsquelle für die Blutsauger herhalten können. Da Menschen und Zwerge jedoch wesentlich wehrhafter und zahlreicher vertreten sind als Elfen, konnten die Vampire nie so recht die Übermacht auf Ara Fell erlangen. Und dann ist da noch die schwindende Macht des Sunstones (Sonnensteins), welcher Ara Fell in der Luft hält und von den Elfen an einem geheimen Ort versiegelt wurde …

Protagonistin des Spiels ist die 16-jährige Bogenschützin und Möchtegern-Abenteurerin Lita LeCotta. Zusammen mit ihrem Kindheitsfreund Adrian Omani erforscht sie zu Beginn des Spiels eine der zahlreichen Elfenruinen nach wertvollen Schätzen, bzw. nach einem besonders wertvollen Ring. Dieser soll den Beiden ein hübsches Sümmchen einbringen, sobald er aufgespürt und beim Auftraggeber abgeliefert wird. Und tatsächlich gelingt es Lita nach einigen Schwierigkeiten ihre Griffel an das Schmuckstück zu legen, nicht wissend, dass sie sich dadurch die Aufmerksamkeit der Vampire einhandelt. Der Ring ist nämlich eines von sechs uralten Elfen-Artefakten, welche angeblich Zugang zum Sonnenstein, und somit zu unbegrenzter Macht ermöglichen sollen. Und als der Ring dann auch noch außer Kontrolle gerät und die meisten Einwohner auf Ara Fell in Steinstatuen verwandelt, bleibt Lita wirklich nichts anderes mehr übrig, als diesen Schlamassel wieder ins Lot zu bringen. Unterstützung erhält sie dabei nicht nur von ihrem Freund Adrian, sondern auch vom geheimnisvollen Wanderbarden Doren Indiel und der mächtigen Magierin Seri Kesu. Wird es diesem Quartett gelingen sich gegen die Vampire durchzusetzen und den Sonnenstein aufzuspüren und zu schützen?

Die Handlung und Charaktere von Ara Fell leisten einen guten Job den Spieler bei Laune zu halten, bieten jedoch nichts wirklich herausragendes. Diverse Storyelemente nerven damit, dass man sich nicht traut den Sack zuzumachen. Die obligatorische Lovestory zwischen Lita und Adrian wird immer wieder angerissen, aber im Endeffekt nicht zu einem Ergebnis geführt. Ob Charakter XYZ nun überlebt hat oder nicht, bleibt ungelöst und einen gescheiten Epilog hat man sich ebenfalls gespart. Das alles sorgt nur für unnötigen Frust und ist im Grunde genommen nur eine billige Taktik, damit sich der Kunde eventuell auch die Fortsetzung zulegt, die es wahrscheinlich sowieso nie geben wird. Trotz dieser Ärgernisse wird man seinen Spaß mit der Geschichte und den Charakteren haben. Und auch das interessante Sagengut der Spielwelt von Ara Fell kann überzeugen. Der große Knall bleibt jedoch aus.

 

Grundsolide Genre-Kost mit kleineren Besonderheiten und Mängeln?

Zu Beginn des Spiels steht zunächst einmal die Wahl aus den zwei Spielmodi „Normal Mode“ und „Story Mode“. Es gibt jedoch nur eine Sache die sich hierbei unterscheidet. Im Story Mode bekommt jeder Charakter einen zusätzlichen Cheat-Skill, der jedem Gegner auf einen Schlag 9999 Schadenspunkte zufügt. Das ist freilich für jene Leute gedacht, die sich auf die Handlung konzentrieren wollen. Ich persönlich frage mich jedoch, warum sich Leute, die den Story Mode nutzen nicht einfach eine Visual Novel kaufen, aber egal.

Ara Fell ist ein klassisches JRPG mit ein paar kleinen Eigenheiten, die jedoch nicht über den traditionellen Spielaufbau hinwegtäuschen. Man steuert Lita und Co. aus der Vogelperspektive über die schwebende Insel, tratscht in Siedlungen mit NPCs und treibt Handel oder verkloppt in den Wildnisgebieten rundenbasiert diverse Monster, Halunken und Vampire für Erfahrungspunkte und Geld. Die Steuerung arbeitet dabei nach klassischen RPG-Maker-Formeln und bietet neben der Tastatur-Steuerung auch Controller-Support. Zufallskämpfe gibt es nicht, die Gegner sind netterweise stets sichtbar und können sehr leicht umgangen werden. Beseitigte Monster respawnen freilich wieder, sobald man das jeweilige Gebiet verlässt. Grinder brauchen sich also keine Sorgen zu machen.

Die Spielwelt von Ara Fell fällt zwar recht klein aus, ist dafür aber auch ein relativ offenes Gebiet, welches viele geheime Räume und optionale Schätze parat hält. Die Erkundung der schwebenden Inselbrocken lohnt sich also und bereitet somit auch angemessenen Spaß. Man sollte jedoch nicht erwarten, dass einem von Beginn an die gesamte Spielwelt offen steht. Manche Durchgänge dürfen erst passiert werden, wenn man in der Hauptquest weit genug vorangeschritten ist. Optionale Schätze und Bereiche können hingegen manchmal erst zu einem späteren Zeitpunkt erbeutet bzw. geöffnet werden. Lita erlangt im Verlauf des Spiels nämlich einige Werkzeuge wie z.B. Bomben um rissige Wände aufzusprengen oder einen Zauber um sich an bestimmten Punkten in ein fliegendes Licht zu verwandeln. Darüber hinaus gibt es auch einige Standard-Fähigkeiten wie springen, schwimmen und kriechen. Diese kommen auch immer wieder zum Einsatz, um sich in der Welt fortzubewegen, wodurch sich die Erkundung von Ara Fell angenehm dynamisch anfühlt. Streng genommen handelt es sich hierbei jedoch nur um nette kleine Gimmicks, die nicht allzu viel Substanz ins Spiel bringen. Etwas gehaltvoller sind da die Schalter-, Item- und Schlüsselrätsel, die einen in den Dungeons erwarten. Abgesehen von dem Gemälde-Rätsel ist zwar nichts wirklich nennenswertes dabei, aber eine nette Auflockerung zum regulären Dungeoncrawling wird dennoch geboten.

Die Kämpfe nutzen das ATB-Kampfsystem. Das bedeutet, dass ein Charakter im Kampf erst dann agieren darf, wenn sein jeweiliger Aktionsbalken aufgeladen ist. Im Auswahlmenü für die Kampfkommandos wird dieses Echtzeit-Element aber netterweise pausiert, bei der Auswahl der Befehle besteht also kein Zeitdruck. Die Kampfbefehle reichen nicht über den Genre-Standard hinaus. Attack, Skill, Defend und Item sollten jedem Rollenspieler geläufig sein. Lita selbst kann noch Scout anwählen, um sich zusätzlich zu einem regulären Angriff die Statistikwerte der Feinde anzeigen zu lassen. Nett ist jedoch die geringfügige Regeneration von Manapunkten pro Kampfrunde. Hierdurch wird man ermutigt die Skills auch einzusetzen. Freilich bietet jeder Charakter seine eigenen individuellen Skills. Lita ist die Allrounderin mit heiliger Elfenmagie, Adrian der typische Krieger, Doren hat die Heilzauber und Buffs und Seri nutzt Kampfmagie. Der Befehl Defend erhöht übrigens nicht nur die Verteidigungskraft, sondern heilt auch einen geringen Teil verbrauchter Lebenspunkte. Die Lebenspunkte werden sogar außerhalb eines Kampfes regeneriert, auch wenn dies einige Sekunden in Anspruch nimmt, bis sich diese wieder voll aufgeladen haben. Diese Wartephase ist jedoch reichlich überflüssig, denn wenn man den Spieler schon eine derartige Hilfe anbietet, dann sollte man sie auch uneingeschränkt zur Verfügung stellen.

Hat man genügend Erfahrungspunkte angehäuft, stuft der jeweilige Charakter auf und erlangt neben zusätzlichen HP auch noch eine Statistikverbesserung nach Wahl. Man darf also für jeden Level-Up selbst bestimmen, ob man nun Agility, Attack, Defense, Intelligence oder MP verbessert. Diese Freiheit bei der Charakterentwicklung ist bei einem JRPG unüblich und wird dementsprechend zwiespältige Meinungen hervorrufen. Glücklicherweise kann man die vergebenen Attributspunkte in den Hotels oder bei der fahrenden Händlerin jederzeit gegen eine kleine Gebühr zurücksetzen lassen. Die Gefahr der „Verskillung“ besteht also nicht wirklich.

Generell hat man den Eindruck, dass einem das Spiel gerne an die Hand nimmt. Neben der selbstständigen HP-Regeneration und der Möglichkeit Attributspunkte zurückzusetzen, fragt einem das Spiel regelmäßig, ob man nicht sicherheitshalber speichern möchte, bevor es weitergeht. Dies geschieht meistens vor Bosskämpfen oder wichtigen Storyentwicklungen und ist sicherlich eine nett gemeinte Hilfe, die jedoch oftmals auch recht nervig wirkt und eher irritiert statt nutzt. Normalerweise gibt es für so etwas ja Autosaves, die selbstständig im Hintergrund durchgeführt werden, aber für so etwas ist das RPG-Maker-Programm wohl nicht geeignet. Aber dafür darf man uneingeschränkt in 15 Saveslots speichern.

Größter Schwachpunkt in Ara Fell ist jedoch das mäßige Balancing des Schwierigkeitsgrades. Zumindest in der Anfangsphase des Spiels kann es unangenehm hart werden, was den Spieler zu ausgiebigen Grinding-Sessions zwingt. Liegt auch daran, dass man zunächst nur mit zwei Leuten unterwegs ist. Aber auch wenn die Vierertruppe endlich vollständig ist, heißt es erst mal etwas Grinding zu betreiben, bevor man vernünftig vorankommt und nicht schon von den regulären Monstern weggeputzt wird. Diese Phase des Spiels könnte so manchen Spieler vergraulen und zeigt, dass hier Amateure am Spiel gewerkelt haben. Ist diese lästige Grinding-Phase jedoch überwunden, normalisiert sich der Schwierigkeitsgrad und das Spiel wird ab dann sogar etwas zu leicht.

Insgesamt dürfte einen Ara Fell ca. 15 Stunden bei Laune halten, vorausgesetzt man beschäftigt sich mit den Sidequests. Haupt- und Sidequests werden übrigens nicht in einem eigenen Questlog gelistet, wie man es von anderen Maker-RPGs gewohnt ist, sondern als Items im Gegenstandsmenü abgelegt. Das ist freilich reichlich umständlich und generell ziemlich Banane, liegt aber wahrscheinlich an den Limitierungen des RPG-Maker 2003, der wohl keine Vorprogrammierung für ein Questlog bietet.
Unterm Strich bietet das Spiel grundsolide JRPG-Kost, die jedoch nicht wirklich vom Hocker reißt.

 

Grafik und Sound


Die audiovisuelle Präsentation dürfte wohl der eigentliche Grund sein, warum Ara Fell bei vielen Spielern aus der Masse an RPG-Maker-Titeln heraussticht und diese zu Lobeshymnen hinreißen lässt. Statt vorgefertigten Grafiken und Soundtracks, verwendet Ara Fell selbsterstelltes Material. Die schwebenden Inseln wurden sehr liebevoll und detailverliebt gestaltet. So gibt es z.B. zahlreiche Tierchen die sich in der Spielwelt tummeln und die Gebiete die man erkundet wirken homogen und glaubhaft in Bezug auf die Spielwelt und deren Sagengut. Das bedeutet leider auch, dass die Locations mit der Zeit recht eintönig werden können. Die Wiesen, Wälder, Ruinen und Höhlen sehen sich halt allesamt verdammt ähnlich. Im späteren Verlauf gibt es zwar auch Schneelandschaften und Lavahöhlen, aber es bleibt halt alles recht bodenständig. Lediglich der Aspekt, dass man sich auf einer schwebenden Insel befindet, sorgt für den nötigen Schuss Exotik und wurde auch sehr gut umgesetzt. Besonders hervorzuheben ist auch die Option aus vier verschiedenen Auflösungsstufen auswählen zu können. Normalerweise beschränken sich Maker-RPGs auf 640×480 Bildpunkte. Ara Fell bietet darüber hinaus aber auch noch die Stufen 320×240, 960×720 und 1280×960. Und ja, für ein RPG-Maker-Spiel ist das sehr fortschrittlich!

Noch besser als die liebevoll gestaltete Pixelgrafik ist jedoch der von Louise Heaney komponierte Soundtrack, welcher einige wahrhaft wunderschöne Melodien bereithält, die meines Erachtens die größte Stärke des Spiels darstellen. Da verwundert es mich auch nicht, dass dieses Spiel mehr Aufmerksamkeit erhält, als viele andere Maker-RPGs. Denn zumindest der Soundtrack hat diese Aufmerksamkeit redlich verdient.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
77
77
Okay
-
Multiplayer

FAZIT

Nach dem ganzen Wirbel um Ara Fell, hätte ich mir doch etwas mehr versprochen. Versteht mich nicht falsch, das Spiel ist gut und gehört definitiv zu den besseren Vertretern kommerzieller RPG-Maker-Titel, aber ich habe schon bessere Maker-Games gespielt und getestet. Das Einzige was Ara Fell wirklich hervorhebt, sind die selbst kreierten, liebevollen Grafiken und der wirklich tolle Soundtrack. Gerade die Trailer-Melodie hatte mich dann auch überzeugt mir das Game im Sale zuzulegen. Bereut habe ich es nicht, aber abseits des audiovisuellen Aspekts, sollte man nicht mehr erwarten, als von anderen Maker-RPGs gewohnt. Kleinere positive Eigenheiten wie die Semi-Open-World werden halt auch wieder durch ärgerliche Mängel wie das schlechte Schwierigkeitsgrad-Balancing ausgeglichen. Unterm Strich ist es ein gutes Spiel für Freunde von klassischen JRPGs. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

- Von  Volker

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