Supercharged Robot VULKAISER REVIEW
Der auf Shoot’em Ups spezialisierte japanische Indie-Entwickler Astro Port (vormals Dark Hell Company) ist nicht nur überaus fleißig, sondern auch eine sichere Bank für gute Qualität. Das Unternehmen hat seit seinem Debut im Jahre 2005 (bzw. 2007 als Astro Port) bereits mindestens 10 Spiele veröffentlicht, welche dem Hörensagen nach allesamt eine gute Baller-Erfahrung zur Verfügung stellen.
Das diesem Review zugrunde liegende Supercharged Robot VULKAISER wurde erstmals Ende September 2007 veröffentlicht und ist das erste Spiel welches unter dem Astro Port-Label erschien. Auf Steam wurde das bewusst kitschig gehaltene Ballerspektakel allerdings erst am 04. Juni 2015 veröffentlicht. Ob der Zahn der Zeit bereits allzu stark am Vulkaiser-Kampfroboter genagt hat, oder ob er immer noch einen ordentlichen „Bam“ drauf hat, wie das Trailervideo suggeriert, soll folgendes Review klären.
Zurück in die 70er-Animes
Im Jahr 1977 sieht sich die Erde im allgemeinen und Japan im besonderen der größten Bedrohung seit Menschengedenken gegenüber: Die finstere Gogoh-Armee aus dem All schickt sich an unseren schönen blauen Planeten zu erobern, um die Ankunft ihrer finstern Gottheit Gogoh einzuläuten. Doch die doofen Aliens haben die Rechnung ohne den genialen Wissenschaftler Professor Amamori gemacht. Dieser ist nämlich ein waschechter Kampfroboter-Nerd, der in seinem Forschungszentrum den hochmodernen Kampfroboter VULKAISER zusammenbastelte, um diesen gegen die Alienhorden ins Feld zu schicken. Darüber hinaus hat er auch noch vier kleine VulFighter-Raumschiffe gebaut, von denen sich jeweils eines mit VULKAISER kombinieren lässt, um die Kampfkraft und Fähigkeiten des Roboters zu steigern.
Natürlich gibt es auch fünf tapfere Piloten, welche die Kontrolle über den Kampfroboter und die vier Add-on-Schiffe übernehmen. Takuya Akatsuki übernimmt die Kontrolle über VULKAISER und dient in erster Linie als gesichtsloser Protagonist. Bei seinen vier Kameraden hat man sich da glücklicherweise mehr Mühe gegeben. Der alte Kampfpilot-Veteran Yukimasa Murata übernimmt z.B. die Rolle des grantigen Mentors, Kimiko Usui ist die Tochter vom Professor und natürlich die potentielle Freundin für den Hauptcharakter, der Jungspund Kaiko Yamashita betrachtet Takuya als großes Vorbild und die kühle Schönheit Suzuna Jujo hasst die Aliens, welche ihre Eltern ermordet haben. Die Gegenseite wird wiederum durch den großmäuligen Kommandanten Roz vertreten, der in jedem der sechs Level als Zwischenboss aufkreuzt.
Und ja, VULKAISER macht sich tatsächlich die Mühe etwas Charaktertiefe ins Spiel zu bringen. Zwischen den Levels gibt es nämlich einen Dialog mit jenem Charakter, dessen Schiff wir zuletzt als Add-on genutzt haben. Wenn man sich die Mühe macht sich auf einen Charakter zu konzentrieren, erfährt man auch tatsächlich dessen Hintergründe und sieht, wie besagter Charakter gegen Ende seine inneren Dämonen überwindet. Hieraus ergibt sich freilich auch ein gewisser Wiederspielwert, denn wer alle Charakter-Dialoge lesen will, der wird VULKAISER mehrere male durchspielen müssen. Verdammt, es gibt sogar Dialoge mit dem Professor, für den Fall, das man auf die Add-ons verzichtet, oder eines von denen im Kampf vernichtet wird. Für ein Shmup-Spielchen ist das alles schon etwas besonderes, denn diese Spiele halten sich normalerweise kaum oder überhaupt nicht mit der Story oder gar den Charakteren auf. In dieser Hinsicht zeigt VULKAISER der Konkurrenz, dass es auch anders geht – vorbildlich!
Allerdings sollte man die Story definitiv nicht ernst nehmen. Das Spiel ist stark von den kitschigen Kampfroboter-Animes der 70er Jahre inspiriert und wirkt entsprechend albern. Das ist aber absolut beabsichtigt, denn Astro Port wollten mit VULKAISER eine Hommage an jene japanischen Zeichentrick-Serien kreieren. Und das ist ihnen auch gut gelungen (das behaupte ich jetzt einfach mal, da ich mir solche Animes nie reingezogen habe).
Kugelhölle für Einsteiger und Profis
Das Spielprinzip eines Shoot’em Ups ist freilich schnell erklärt. Man steuert sein Schiffchen (oder in diesem Fall eben seinen Kampfroboter) durch die Stages und ballert alles ab, was nicht bei Drei aus dem Bildschirmscreen verschwindet. Dummerweise verfolgen die Gegner genau dasselbe Ziel und leisten fleißig Gegenwehr in Form von zahlreichen Projektilen in allen möglichen Farben und Größen. Und ja, es gibt freilich so einige Gegner, die länger als drei Sekunden überleben. Zumindest die Zwischen- und Endbosse verfügen doch über einiges an Lebensenergie (und natürlich auch über reichlich Feuerkraft, um eben diese zu untermauern). Wobei „Standardgegner“ auch so ein Begriff ist, der hier nicht so gut greift. Denn neben den typischen Ein-Treffer-Tod-Gesocks, welches in erster Linie durch seine große Anzahl und angeberischen Flugformationen auffällt, gibt es unter den „Standardgegnern“ auch richtig dicke Brocken wie Ufos und tödliche Schlachtschiffe. Aber wenigstens muss sich der Spieler nicht um Hindernisse der Umgebung kümmern, denn obwohl VULKAISER ein horizontal-scrollender Shooter ist, verzichtet das Spiel auf fiese Felsformationen, schwebende Killerblöcke und ähnliche Gemeinheiten.
Stattdessen driftet VULKAISER in den Danmaku/Bullet Hell-Bereich ab, in dem es ja eher darum geht feindlichen Projektilen, welche in einer absurd hohen Anzahl abgefeuert werden, auszuweichen. Allerdings hält sich die Kugelhölle in VULKAISER dann doch stark genug zurück, so dass auch normalsterbliche Spieler ihren Spaß mit diesem Spiel haben können … Zumindest dann, wenn sie auf den niedrigeren von insgesamt vier Schwierigkeitsgraden spielen. Besagte Grade umfassen Easy, Normal, Hard sowie Very Hard, und sorgen dafür, das sowohl Casual-Einsteiger, als auch Profis ihren Spaß mit VULKAISER haben dürfen. Denn auf „Easy“ ist das Spiel nämlich wirklich verdammt leicht. Auf „Normal“ muss man hingegen bereits beweisen, dass man zur oberen Skillhälfte unter den Shmup-Spielern gehört. Angesichts dessen sind die beiden höheren Grade dann auch wirklich nur noch für harte Genrefans gedacht. Ich persönlich hätte mich ja noch über einen Grad gefreut, der zwischen Easy und Normal angesiedelt wäre, aber man kann halt nicht alles haben.
Jeder Grad speichert übrigens den errungenen Highscore separat ab und lädt diesen ins Leaderboard auf Steam hoch. Achievements bilden eine weitere Motivationsquelle. Derartige Dinge sind aber auch angebracht, denn selbst ein kompletter Spieldurchlauf durch alle sechs Stages wird maximal 20 Minuten beanspruchen. Da wäre es freilich fatal, wenn es keinen vernünftigen Wiederspielwert gäbe.
Ein erfolgreicher Spieldurchlauf ist jedoch keine Selbstverständlichkeit, denn das Spiel will das „Arcade-Feeling“ emulieren, was bedeutet, dass man gezwungen ist einen sogenannten 1CC-Run zu absolvieren. Das bedeutet, dass man nur ein Bildschirmleben zur Verfügung hat, um VULKAISER zu gewinnen. Wird der Kampfroboter abgeschossen, heißt es Game Over und da es keine Continues gibt, muss man dann wieder von Vorne beginnen.
Glücklicherweise verfügt der Kampfroboter über einen vernünftig langen Energiebalken. Er hält also eine angemessene Anzahl von Treffern aus, ehe er geschrottet wird. Außerdem erhält man zwischen den Stages eine kleine Reparatur, also eine geringfügige Regeneration des Energiebalkens. Im übrigen verfügen auch die VulFighter-Schiffe über einen eigenen, wesentlich kleineren, Energiebalken. Wird ein VulFighter zerstört, darf man zwar weiterspielen, muss jedoch für den restlichen Verlauf des Spiels auf dieses Power-Up-Schiff verzichten.
Die strategische Qual der Wahl
Und wo es jetzt endlich angesprochen wurde, kommen wir zum Power-Up-System von VULKAISER. Immer kurz nach Beginn, sowie kurz vor dem Bossgegner einer Stage, tauchen einige oder alle Add-on Schiffe für einige Sekündchen auf, damit sich VULKAISER mit einem von denen verbinden kann. Ohne Add-on verfügt der Kampfroboter nur über einen regulären, leicht gefächerten Vierfachschuss und seine Bumerang-artige Missile Fist-Spezialattacke. Spezialattacken dürfen nur dann losgetreten werden, wenn sich ein Balken am unteren Bildschirmrand aufgeladen hat, was aber netterweise sehr schnell geschieht, wodurch man von der jeweiligen Spezialattacke auch rigorosen Gebrauch machen kann und sollte. Aber hier nun eine Auflistung der vier Schiffe/Power-Ups:
- Needle-Kaiser/Kimiko Usui: Ein achtfacher Streuschuss, der fast den gesamten rechten Bildschirmrand abdeckt, aber dafür auch den geringsten Schaden anrichtet. Die Spezialattacke verstärkt die Durchschlagskraft sowie die Schussgeschwindigkeit.
- Rocket-Kaiser/Yukimasa Murata: Kraftvolle Raketen, die parallel zum regulären Schuss des VULKAISERS abgefeuert werden und großen Schaden verursachen, aber dafür auch eine vernünftige Streuwirkung vermissen lassen. Die Spezialattacke feuert eine einzelne große Rakete ab, die bei Aufprall detoniert und eine größere Explosionsdruckwelle erzeugt, die zusätzlichen Schaden anrichtet.
- Thunder-Kaiser/Kaiko Yamashita: Feuert parallel zum Standard-Schuss vier kraftvolle, lang gezogene, aber dafür niedrig frequentierte Elektro-Strahlen ab, welche eine große Fläche abdecken. Diese Fläche weist jedoch auch große Lücken zwischen den Strahlen auf. Die Spezialattacke ist ein relativ langanhaltender, fetter Energiestrahl, der verheerenden Schaden anrichtet.
- Drill-Kaiser/Suzuna Jujo: Ein Bohrer wird vor dem VULKAISER montiert, der verheerenden Schaden anrichtet und sogar als Schutzschild fungiert. Dummerweise ist der Bohrer eine reine Nahkampfwaffe. Die Spezialattacke schießt einen kleineren Bohrer nach vorne, welcher versucht eine Parallel-Flugbahn zum VULKAISER-Roboter zu halten, diese aber eher schlecht umsetzt.
Einer der Schlüssel zum Sieg ist freilich die richtige Power-Up-Wahl zum richtigen Zeitpunkt. Levelabschnitte, die einem Horden kleinerer Gegner entgegenwerfen, sollte man freilich am besten mit dem Needle-Kaiser begegnen. Bossgegner, welche die Angewohnheit haben Lücken in ihren Angriffsmustern aufzutun, können in Nullkommanichts mit dem Drill-Kaiser eliminiert werden. Sollten alle Stränge reißen, darf man auch eine Smartbombe abschmeißen (allerdings nur einmal pro VulFigher-Upgrade). Man muss einfach experimentieren, um den besten Lösungsweg herauszufiltern. Netterweise gibt einen das Spiel hierfür auch die Werkzeuge in die Hand. Im Titelbildschirm findet man nämlich eine Training- und Replay-Option. Der Training-Modus ist eine Levelanwahl samt freier Wahl des Power-Ups. Der Replay-Modus spielt wiederum den bislang besten Run des Spielers in Form eines Gameplay-Videos ab. Dies gibt einem die Möglichkeit die eigene Leistung zu analysieren und Fehler zu erkennen. Letztere Option richtet sich freilich eher an die ganz harten Spieler. Aber trotzdem eine nette Dreingabe.
Umso irritierender, dass VULKAISER dafür andere wichtige Optionen vermissen lässt. Das Spiel verweigert einem zum Beispiel eine Pause-Funktion. Wenn ihr also während eures aktuellen Spieldurchlaufs aufs Klo müsst, dann habt ihr Pech gehabt. So etwas wie eine Steuerungskonfigurationen fehlt auch, ist allerdings glücklicherweise nicht notwendig, da man für das Spiel nur Steuerkreuz und zwei Buttons benötigt. Diese sind auf dem Controller auch einwandfrei gelegt (mit Tastatur habe ich das Spiel nicht ausprobiert). Aber darum geht es nicht. Selbst ein Game Boy-Spiel wie Nemesis II bietet eine Buttonkonfiguration an, und eine Pause-Funktion sowieso. Werden solche fehlenden Standardfunktionen im Steam-Forum kritisiert, bekommt man von offizieller Stelle nur zu hören, dass VULKAISER ein akkurates „Arcade-Feeling“ emulieren will. Was für ein dämliches Argument. „Arcade-Arroganz“ wäre wohl der passendere Begriff. Glücklicherweise macht das Spiel so viel Spaß, dass man dem Entwickler diese Arroganz größtenteils verzeihen kann.
Grafik und Sound
Visuell präsentiert sich VULKAISER in feinster 2D-Grafik. Die Roboter- und Raumschiff-Sprites sind überaus charmant gestaltet, die Explosionen wirken feurig genug und im Hintergrund kann man sogar Parallax-Scrolling beobachten. Die feindlichen Projektile sind bunt und groß, womit man ihnen fair begegnen kann. Generell handelt es sich hierbei um ein sehr farbenfrohes Spiel, welches jedoch nicht verwundern sollte, schließlich ist das gute Stück ja eine Hommage an Kampfroboter-Animes der 70er. Ehrensache, dass auch der Anime-Zeichenstil für die Charaktere im Retro-Stil umgesetzt wurde.
Allerdings leidet die Grafik unter zwei Problemen: Erstens gestalten sich die Locations als recht eintönig. Man startet in einer Großstadt, wo man immerhin noch die Hochhäuser schrotten darf, findet sich in Stage 2 vor unspektakulärem blauen Himmel wieder, kämpft in Stage 3 über Dorf- und Ackerflächen bis über eine Autobahn hinweg, fliegt in Stage 4 in den Weltraum, erreicht in Stage 5 den Mond und kämpft in der letzten Stage letztendlich im inneren eines riesigen Monsters. Im quantitativen Shmup-Genre kann keine dieser Locations herausstechen. Sogar die Nummer mit dem Monster-Innereien ist ein alter Hut.
Das zweite Problem ist die mickrige Auflösung von 640×480 Bildpunkten. Man kann das Program zwar im Fullscreen-Modus starten, allerdings büßt die Grafik dann viel von ihrem Charme ein und wirkt erschreckend billig – also lieber im Fenster spielen, wenn es sich anbietet. Das wäre sowieso klüger, da das Program zicken macht, wenn man es im Fullscreen startet. Ich sah da zunächst immer nur einen schwarzen Screen und wurde dadurch genötigt mit der Windows-Taste herumzuhantieren um letztendlich ins VULKAISER-Program zu kommen. Ist lästig, aber kein Beinbruch. Dasselbe kann man von der Auflösung jedoch nicht behaupten. Von einem 2007er Spiel kann man schon erwarten, dass es zumindest mit 1024×768 Bildpunkten läuft.
Der Soundtrack kann da wieder etwas versöhnen. Die Tracks sind kitschig-glorifizierend, optimistisch und voller prägnanter Trommelgeräusche. Ich kenne mich mit 70er Jahre Robo-Animes nicht aus, aber dennoch verbreitet der OST für mich das Gefühl, dass dieser speziellen Nische zu Ehre gereicht wird. Und glaubt mit, er verfügt über ein immenses Ohrwurm-Potential!
Dummerweise haben die Entwickler auch hier geschlampt. Es werden nämlich keinerlei Soundoptionen angeboten. Angesichts dessen, dass die Lautstärke des Spiels unangenehm hoch eingestellt ist (was auch wieder ein Ärgernis an sich ist), fällt dieser Makel sogar besonders stark auf. Da bleibt einem nichts anderes übrig, als die Lautstärke über die Hardware zu regulieren. Solche Dinge verursachen unnötige Minuspunkte!