Ori and the Blind Forest Definitive Edition REVIEW
Bereits im letzten Jahr begeisterte Ori and the Blind Forest viele Spieler und galt unter Plattformer-Fans als der Geheimtipp schlechthin. Fast auf den Tag genau ein Jahr später veröffentlichte der österreichische Entwickler Moon Studios, dasselbe Spiel als sogenannte Definitive Edition mit erweitertem Umfang für Xbox One erneut. Eine PC-Version soll demnächst folgen. Wir hatten die Möglichkeit, einen Blick auf den Titel, samt der neuen Inhalte zu werfen. Wie wir Ori and the Blind Forest erlebt haben, erfahrt ihr in unserem Test.
Wenn der Märchenwald zum Alptraum wird
Der Wald von Nibel, ein fiktiver Ort weit weg von unserer bekannten Welt, strotzt nur so vor Leben. Bunte Pflanzen regen sich im Wind, die Bewohner des Waldes leben in Frieden und Einklang zusammen. Eines Tages bricht ein heftiger Sturm los, der am Geisterbaum, dem Mittelpunkt des weitläufigen Waldes nagt. Ori, ein Waldgeist und Teil des Geisterbaumes wird von der Baumkrone getrennt und weit in den Wald hineingetragen. Naru, ein bärenartiger Waldbewohner, findet Ori schließlich und nimmt das kleine Geisterwesen bei sich auf. Einige Monate ziehen ins Land, Ori lebt glücklich und zufrieden bei Naru, der für Ori sorgt, als wäre er sein eigenes Kind.
Eines Tages ruft der verwundete Geisterbaum nach Ori, doch dieser folgt seinem Ruf nicht. Böse Mächte stören das empfindliche Gleichgewicht des Waldes und lösen eine bittere Dürre aus, viele Pflanzen und Waldbewohner sterben. Auch Ori und Naru finden immer weniger Nahrung, bis Naru schließlich dem Hungertod zum Opfer fällt. Da ihn nichts mehr hält, macht sich Ori auf den Weg in den tiefen Wald, doch bald verlassen auch ihn die Kräfte. Der Geisterbaum verwendet daraufhin seine letzten Kräfte darin, Ori wieder zurück ins Leben zu holen und gibt damit alle Hoffnungen an den kleinen Waldgeist ab. Ori ist somit die letzte Hoffnung, den Wald vor dem absoluten Chaos zu bewahren.
Der besagte Geisterbaum dient während der gesamten Reise als Erzähler, der alle entscheidenden Situationen kommentiert und dadurch eine märchenhafte Atmosphäre erzeugt. Die Charaktere in der Spielwelt selbst verzichten auf eine Sprachausgabe, verleihen ihren Emotionen also durch Mimik und Gestik Ausdruck – ein sehr überzeugendes Stilmittel, wie wir finden. Euch erwartet ein actionreiches, wie emotionales Abenteuer, soviel steht fest.
Ein Plattformer wie er im Buche steht
Ori and the Blind Forest ist ein klassischer 2D-Plattformer, soviel lässt sich bereits in den ersten Spielminuten sagen. Im Prolog, der gleichzeitig als Tutorial dient, erlernt ihr alle essenziellen Gameplay-Elemente spielend, bevor sich Ori in den gefährlichen, dunklen Wald wagt. Hat man die Basics verinnerlicht, hopst und klettert der kleine Ori unermüdlich durch die atmosphärisch gestaltete Spielwelt. Dabei setzten die Entwickler nicht auf einzelne, klar getrennte Spielabschnitte, sondern auf eine große, zusammenhängende Spielwelt, die sich dem Spieler nach und nach öffnet.
Um den Spieler lange zu motivieren und die Entdeckerfreude hochzuhalten, bedienen sich die Entwickler eines einfachen Tricks. Sie platzieren Energiecontainer, große Erfahrungs-Orbs oder Ähnliches gut sichtbar in der Spielwelt, jedoch kann Ori diese nur durch Fähigkeiten erreichen, die er erst im späteren Spielverlauf erlernt, etwa der Doppelsprung, Sprint oder Wandsprung. So durchstreift man immer wieder bekannte Bereiche, auf der Suche nach weiteren Power-Ups. Um langen Laufwegen entgegenzuwirken, entdeckt ihr zudem immer neue Abkürzungen.
Auf seiner Reise trifft Ori bereits kurz nach dem Beginn auf Sein, einen weiteren Waldgeist, der ihm helfen möchte, den Wald vor Unheil zu bewahren. Fortan dient euch Sein quasi als Waffe. Seine Geisterflamme attackiert auf Knopfdruck den nächsten Feind, der sich unmittelbar vor bzw. hinter Ori befindet. Mit fortschreitendem Spielverlauf verbessern sich natürlich auch Seins Fähigkeiten immer weiter.
Mehr Skills, mehr Story und nur ein Leben
Neben den zahlreichen Skills, die Ori von anderen Waldgeistern erlernen kann, lässt sich die im Kampf gewonnene Erfahrung in drei unterschiedliche Skill-Bäume investieren. Einer davon steigert Oris Kampffähigkeiten, der zweite hilft bei der Suche nach Geheimnissen und der dritte fördert die Fortbewegung durch die Spielwelt, so erlernt Ori etwa die Fähigkeit zu schwimmen.
In der Definitive Edition dürft ihr euch auf insgesamt vier Schwierigkeitsgrade freuen, vom kaum fordernden leichten Schwierigkeitsgrad, bis zum bockschweren One Life-Modus, der sich für sehr erfahrene Spieler und Speedrunner eignet. Wer sich auf Ori and the Blind Forest einlässt, sollte sich zudem auf teils frustrierend schwierige Abschnitte einstellen. Selbst auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad ist man vor fordernden Sprungeinlagen nicht sicher, doch das macht in unseren Augen einen guten Plattformer aus. Abwechslungsreiche Levelarchitektur, kombiniert mit fordernden Geschicklichkeitseinlagen – genau das bekommt man hier.
Zudem bietet Ori and the Blind Forest in der Definitive Edition brandneue Levelabschnitte und eine erweiterte Storyline, die das Wesen Naru näher beleuchtet. insgesamt bietet der Titel, je nach Spielgeschwindigkeit, 10 bis 15 Stunden Spielspaß, was für einen klassischen Plattformer durchaus ordentlich ist.
Technik
Auch technisch kann sich Ori and the Blind Forest durchaus sehen lassen. Auf Grundlage der Unity Engine entwarfen die Entwickler eine wunderschöne, abwechslungsreiche Spielwelt. Der Grafikstil erinnert an den klassischen, kontrastreichen Cell Shading-Look, die Texturen sind scharf und gleichzeitig weich gezeichnet. Bewegungsanimationen wirken teilweise etwas aufgesetzt, was jedoch nicht weiter stört.
Wo man bei der Optik leichte Abstriche hinnehmen muss, überzeugt die Soundkulisse auf voller Linie. Der Soundtrack präsentiert sich unglaublich atmosphärisch, wie nur selten in einem Plattformer. Ebenso überzeugt der Erzähler, der den kleinen Ori auf Schritt und Tritt begleitet. Untertitel liegen in diversen Sprachen vor, unter anderem Deutsch und Englisch.
Wie auch bei vielen anderen Plattformern, lässt sich über die Steuerung in Ori and the Blind Forest eins sagen: sie ist einfach zu erlernen und sehr schwierig zu meistern. Mit einfachen Manövern wie Laufen, Springen und Kämpfen sind selbst Einsteiger nicht überfordert, ein perfekter Durchlauf ohne einmal ins Gras zu beißen, erfordert jedoch unzählige Stunden Übung und auch das ein oder andere Fünkchen Glück. Während sich der durchschnittliche Spieler über 10 Stunden durch den gefährlichen Wald von Nibel quält, schließen begabte Speedrunner das Abenteuer in unter 30 Minuten ab. Zweifellos sehr bemerkenswert.
Vereinzelte Spieler berichteten über wiederkehrende Stabilitätsprobleme des Hauptspiels, die den Titel in unregelmäßigen Abständen zum Absturz bringen. In unserem Test war von den besagten Problemen nichts zu erkennen. Ori and the Blind Forest Definitive Edition lief während unserer mehrstündigen Testphase überaus stabil und flüssig. Es gab kaum Framerate-Einbrüche und keinen einzigen Absturz.
Wer das Hauptspiel bereits gespielt hat und nun für knapp fünf Euro auf die Definitive Edition umsteigen möchte, muss zwingend einen neuen Spielstand anlegen, denn Spielstände der ursprünglichen Version sind hier offenbar nicht kompatibel. Auch handelt es sich bei der Definitive Edition um einen eigenständigen Titel, der somit vollständig neu heruntergeladen werden muss und über eigenständige Achievements verfügt. Achievement-Jäger dürfen sich also über weitere 1250 Gamerscore freuen, die darauf warten gesammelt zu werden.
Über einen Mehrspieler-Modus verfügt Ori and the Blind Forest leider nicht, auch wenn dieser sich hier wirklich anbieten würde. Die Vorstellung, gemeinsam mit einem Freund durch die bunte, atmosphärische Spielwelt zu hopsen, klingt definitiv nach einer Menge Spaß. Als kleines Trostpflaster winken dafür Online-Ranglisten, in denen ihr eure Ergebnisse mit euren Freunden und der ganzen Welt teilen und vergleichen könnt.