Kickers Gesamtausgabe REZENSION
„Uns’re Kickers, die schaffen es/Vor!/Uns’re Kickers, die schaffen es/Tor!/Uns’re Kickers sind bald Nummer Eins!/Denn sie sind ja elf Freunde…“ – sobald ich den Refrain von Kickers höre, werden sofort Erinnerungen wach und meine Augen beginnen zu strahlen. Der Anime gehört zu meinen frühsten Berührungspunkten mit dem Medium und lief auf selbst erstellten Videokassetten rauf und runter. Das ist jetzt beinahe 20 Jahre her. Zeit genug um sich in eine Zeitkapsel zu setzen und die nun neu erschienene Gesamtausgabe der Kickers unter die Lupe zu nehmen.
11 Freunde
Nachdem der begeisterte Fußballspieler Gregor in eine Stadt zieht, sucht er sofort das Fußballteam seiner Schule auf, um dem Club beizutreten. Dort ist die Stimmung aber alles andere als euphorisch, schließlich hat man einmal mehr ein Spiel haushoch verloren und nicht erst seit gestern wird über das Team der Kickers gelästert. Viele Spieler wollen gar endgültig aufgeben. Doch Gregor gelingt es irgendwie, neuen Mut in den Jungs zu wecken. Fortan ist der begnadete Stürmer Teil der Mannschaft und setzt alles daran das Team zu einem solchen zu machen.
In den insgesamt 26 Episoden begleitet man fortan die Kickers auf ihrem Weg zu einer echten Mannschaft, die nach und nach auch Erfolge für sich verbuchen kann und nach einiger Zeit gar als Favorit für das regionale Juniorenturnier gehandelt wird. Auch wenn Fußball den Mittelpunkt von Kickers stellt, so verlagert der zwischen 1985 und 1986 in Japan ausgestrahlte Anime seinen Schwerpunkt oft aber abseits vom Bolzplatz und stellt Themen wie Freundschaft, Teamgeist und Sportlichkeit in den Fokus.
Obwohl es eine übergeordnete Handlung gibt, so stehen die einzelnen Episoden für sich und sind in der Regel abgeschlossen. Gerade zu Beginn steht meist ein einzelnes Teammitglied in Vordergrund und kämpft mit diversen Alltagsproblemen. Drumherum spinnt die Serie ihre Botschaft, die sicherlich etwas naiv sein mag, aber für die Zielgruppe entsprechend gestaltet ist.
Zeitreise in die eigene Kindheit
In seinem Heimatland war der Anime seinerzeit nicht sonderlich populär und wurde gar frühzeitig beendet. Während japanische Kids sich sowieso auf den objektiv betrachtet besseren und gleichzeitig laufenden Captain Tsubasa konzentrierten, wurden die Kickers in vielen europäischen Ländern hingegen zum Hit und gehörten für viele Kinder der 90er Jahre zu den ersten Berührungspunkten mit dem Medium.
Wer moderne Anime und deren Abläufe gewohnt ist, der dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht viel mit Kickers anfangen können. Immerhin hat die Serie nun bereits ihre 30 Jahre auf dem Buckel und Sehgewohnheiten sind heute nun einmal komplett andere. Und auch wenn ich als Fan der Serie zugeben muss, dass wir es hier eigentlich mit einem Anime zu tun haben, der qualitativ im Mittelfeld angesiedelt ist, so trübt meine nostalgische Verklärung die Sinne. Wer sich die Gesamtausgabe auf DVD kauft, der wird dies mit hoher Wahrscheinlichkeit aber eben auch nur tun, weil er in meiner Altersklasse ist und mit Gregor, Mario und Co. aufgewachsen ist.
Und was hatte ich meinen Spaß noch einmal in meine Kindheit zurückzukehren: der Refrain geht mir noch immer automatisch von den Lippen, der juvenile und zuweilen erstaunlich offenherzige Humor (Panty Shots inklusive!!!) erfreut nach wie vor mein kindliches Gemüt und die naiven, wie lebensfrohen Jungs der Kickers erzeugen bei mir noch immer ein Gefühl des Vertrauten. So flossen die Stunden dahin und ehe ich mich versah, war ein Wochenende rum!
Der Zahn der Zeit
Man merkt den Kickers nicht nur inhaltlich den Zahn der Zeit an. Auch visuell liegen zwischen damals und heute gefühlt Welten, wobei ich auch ohne nostalgische Verklärung nach wie vor den sehr viel eigenständigeren Zeichenstil von Produktionen aus den 80er und 90er Jahren gegenüber den oftmals aus einem Guss wirkenden Anime von heute bevorzuge. Die Zeichnungen reichen von gut bis mittelmäßig. Hauptfiguren und wichtige Szenen, vor allem die Fußballspiele, sind stimmig inszeniert. Nebenfiguren und manchen Hintergründen wurde hingegen weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Insgesamt ergibt sich aber trotzdem ein stimmiges Bild. Problematischer ist da schon eher, das der Anime in keiner sonderlich guten Bildqualität vorliegt. Altersbedingt hat das Bild einige Artefakte und weist teilweise grobe Körnigkeit. Die Bildqualität erinnert insgesamt eher an eine VHS-Aufnahme und entspricht zu keinem Zeitpunkt DVD Standards.
Beim Sound sieht es schon etwas besser aus und Störgeräusche sind so gut wie keine vorhanden. Als Tonspur befindet sich nur die deutsche auf der DVD. Wer gehofft hat, einmal die original japanische Synchronisation der Kickers zu hören, der wird hier nicht fündig. Bei der Lokalisation wurden sich seinerzeit viele Freiheiten genommen, was dazu geführt hat, dass die japanischen Namen durch westliche (Gregor, Viktor, Tino etc.) ausgetauscht wurden und auch Bezüge zur japanischen Kultur abgeändert wurden. Dadurch besitzt Kickers aber einen sehr eigenen Charme, der für die hiesige Popularität nicht zu unterschätzen ist.
Auf Extras muss man bei der Gesamtausgabe verzichten. Auf den DVDs finden sich neben Trailern kein zusätzliches Material und auch ein Booklet ist nicht vorhanden. Dafür kommen die vier DVDs in dünnen Amary-Hüllen mit schön gestalteten Covern und werden von einem wertigen Schuber zusammengehalten.
Fazit
Objektiv betrachtet mag Kickers ein eher mittelmäßiger Anime sein, doch für viele, die in den 90er Jahre aufgewachsen sind, dürfte die Serie Bestandteil der Kindheit gewesen sein. Insofern wird die nun von Kazé erneut auf den Markt gebrachte Gesamtausgabe vor allem Menschen meiner Altersklasse ansprechen, die mit Gregor und den anderen Jungs groß geworden sind. Zwar muss man hinsichtlich der technischen Umsetzung einige Abstriche machen, dem letztendlichen Spaß an der Serie ist dies aber nicht im Wege.