Game of Thrones – A Telltale Game Series Season 1 REVIEW
Weltweit ist wohl kaum eine Serie zu nennen, die ihre Zuschauer in den vergangenen Jahren derart stark polarisierte wie Game of Thrones: Die Geschichte rund um Machtspielchen um die Vorherrschaft auf dem Kontinent Westeros, ausgeschmückt mit teilweise sehr brutalen Kampfesszenen, Intrigen sowie sehr freizügigen Abschnitten, überzeugte zahlreiche Zuschauer dazu, ein Anhänger der Serie zu werden. Mit Telltale wagte nun ein namhafter Entwickler den Schritt, einen würdigen Videospiel-Ableger besagter Serie produzieren zu wollen: In der Telltale Game Series, die episodenweise erschienen ist, wurde versucht, die Stimmung der Serie möglichst originalgetreu einzufangen und in eine eigenständige Geschichte zu setzen, die im selben Handlungsrahmen der Serienwelt stattfindet. Inzwischen sind alle sechs Episoden veröffentlicht – also soll es an dieser Stelle darum gehen, nach der ersten Season Bilanz zu ziehen.
Mitten in Westeros
Zu Beginn des Spiels findet ihr euch im Lager der Stark-Anhänger wieder, das diese außerhalb der Mauern Walder Freys aufgeschlagen haben – wie an dieser Stelle deutlich wird, bietet es sich also durchaus an, einige Namen aus der Game of Thrones-Welt zu kennen. Konkret besteht der äußere Handlungsrahmen in der „Roten Hochzeit“ (bzw. „Red Wedding“ – das Spiel ist schließlich in englischer Sprache), die sich in eben dieser Anfangssequenz ereignet. An dieser Stelle bietet sich auch ein Warnhinweis für mögliche Spoilergefahr an: Die Ereignisse treten zu einem Zeitpunkt ein, den der Spieler noch nicht kennen wird, wenn er nicht schon mindestens die dritte Staffel gesehen hat. Wer also nicht bei dem Schauen der Serie gespoilert werden will, sollte sie also wohl schon bis zu diesem Punkt gesehen haben. Im weiteren Verlauf der Season setzt sich die Handlung der Serie selbst ebenfalls weiter fort, sodass ihr am Ende des Spiels etwa beim Anfang der fünften Staffel angelangt seid.
Das Haus Forrester, das die Starks in ihrem Krieg gegen den Süden unterstützt, ist in dieser Geschichte das Haus, in dem ihr die Rollen unterschiedlicher Charaktere übernehmt. Beginnend mit Gared Tully, dem Knappen des Lords Forrester, steuert ihr im Laufe des Spiels verschiedene Figuren – vorwiegend Familienmitglieder der Forresters – und erlebt deren Geschichte hautnah mit.
Da es sich um ein Spiel handelt, nehmt ihr natürlich – sobald ihr einen der Charaktere steuert – Einfluss auf das Geschehen und bringt die Geschichte in eurem Sinne ins Rollen. Das zumindest ist es, was das Spiel euch stets glauben lassen will: Die unterschiedlichen Antwortmöglichkeiten, die ihr beispielsweise in Dialogen zur Verfügung stehen habt, sollen sich auch unterschiedlich auf das weitere Spielgeschehen auswirken. Auch andere Wahlmöglichkeiten, etwa wenn ihr zwischen Gnade und Todesstoß wählen könnt, sobald ihr einen eurer Gegner niedergerungen habt, sollen noch weitere Auswirkungen haben, und auch wirklich schwierige Entscheidungen, wer wie viel Einfluss an eurem Hof hat oder mit welchen Charakteren ihr weitermachen wollt, versprechen eine große Tragweite eures Verhaltens. Oder?
Die Qual der Wahl?
Die Wahrheit ist, dass eure Entscheidungen im Wesentlichen keine Rolle spielen. Klar: Hier könnt ihr mal eine Nebenperson retten oder andere Präferenzen setzen, an einer anderen Stelle könnt ihr verbal dagegenhalten oder klein beigeben – aber im Kern ändert all das an den wichtigen Elementen der Geschichte gar nichts. Nur in einigen wenigen Situationen könnt ihr wirklich drastische Entscheidungen treffen, wenn ihr eure Figur etwa versuchen lasst, einfach mal alles und jeden töten zu lassen – aber das endet dann in der Regel mit dem eigenen Tod und dem Zurückkehren zu der Stelle, an der ihr die falsche Antwortmöglichkeit gewählt habt.
Zunächst fühlt es sich zwar ziemlich innovativ und interessant an, wenn das Spiel einem das Gefühl gibt, echten Einfluss auf die Geschichte nehmen zu können. Letztlich ist all das aber lediglich eine Suggestion, deren wahrer Hintergrund schon früh in der ersten der sechs Episoden auffliegt. Das Ende der Season 6 ist bei allen Spielern im Allgemeinen dasselbe – und das ist bei der Bewertung der Game Series das wohl Ernüchterndste, denn gerade dieses Gefühl, seine ganz eigene Geschichte voranzutreiben, hat einen wahnsinnig großen Reiz. Ist dieser erst einmal verloren, bleibt außer einer recht guten Storyline wenig übrig.
Zu bedenken ist nämlich, dass das Spiel ansonsten an Spielgehalt beinahe überhaupt nichts bietet. Die Auswahlmöglichkeiten in den Dialogen machen den größten Teil eurer Entscheidungsgewalt aus, hinzu kommen einige Quicktime-Events, in denen ihr vor allem mit W, A, S und D sowie wenigen anderen Tasten bestehen müsst. Das klingt nicht nach viel? Richtig! Ist es auch nicht: Im Grunde genommen könnte man so weit gehen zu sagen, dass es sich hier überhaupt nicht um ein richtiges Spiel handelt, sondern vielmehr um eine sehr lange Zwischensequenz, die euch ab und zu mitmachen lässt. Und dabei wirkt dieses „Mitmachen“ allzu oft absolut aufgesetzt. Wenn der größte Teil des Spiels eher eine Zwischensequenz ist, dann ist es auch nicht nötig, die Spielfigur in einer Szene fünf Meter über den stur linear verlaufenden Fußweg zu bewegen, denn dahinter steckt absolut kein Spielgehalt.
Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass hier ganz einfach kaum ein Spiel stattfindet. Die Quicktime-Events dienen vor allem dazu, die Aufmerksamkeit des Spielers beizubehalten, damit der schnell an die Tastatur greift, wenn auf einmal eine Taste aufleuchtet. Aber ein wirkliches Gameplay existiert schlichtweg nicht.
Präsentation
Die Präsentation ist durchaus vorbildlich: Die Stimmung aus der Serie wurde – den Möglichkeiten entsprechend – sehr gut eingefangen und reproduziert. Das Spiel ist sogar mit einem Intro ausgestattet, das dem der Serie täuschend ähnlich ist und wohl nur etwas kürzer sein dürfte. All das ist absolut lobenswert und sicherlich ein wichtiges Element dabei, die Geschichte stimmungsvoll und spannend zu erzählen – denn das ist sie allemal. Lediglich die Animationen wirken manchmal etwas altbacken und hölzern, was den positiven Gesamteindruck hinsichtlich der Präsentation ebenso trübt wie die ausschließlich auf Englisch verfügbare Sprachausgabe. Bei manchen Games ist das vielleicht noch nachvollziehbar – aber nicht bei einem Spiel, das beinahe nur aus Text besteht!