Rune Factory 4 REVIEW
Ähnlich wie letztes Jahr um die gleiche Zeit mit Ace Attorney hatte ich auch dieses Jahr wieder das Glück, passend kurz vor Weihnachten ein Spiel zum Testen zu bekommen. Auch wenn ich bisher nie etwas mit Rune Factory zu tun hatte und nur ein paar Mal Harvest Moon gezockt habe, freute ich mich auf Rune Factory 4. Eine Mischung aus RPG-Elementen und dem Simulation-Rollenspiel Harvest Moon? Das teste ich doch gerne! Und wie sich herausstellte, handelt es sich nicht nur um ein gutes Spiel, sondern aus meiner Sicht um eines der besten Spiele 2014. Aber seht selbst!
Plötzlich Prinz oder Prinzessin
Man wird relativ direkt in die Geschichte geworfen. Genauer gesagt wird man von Dieben von einem Luftschiff geworfen und landet mitten im Thronsaal der Stadt Selphia, allerdings gehen mit dem Sturz alle Erinnerungen verloren. Dabei darf man vorher auswählen, ob man lieber als männlicher oder weiblicher Protagonist an Amnesie leiden möchte. Die Entscheidung wirkt sich hauptsächlich auf die Wahl der Heiratskandidaten aus, ansonsten bleibt das Spiel identisch.
Nach dem Fall überschlagen sich die Ereignisse und man wird zum Prinz von Sephia ernannt und muss sich als solcher um einige Aufgaben kümmern, darf im Gegenzug allerdings auch von seiner Macht Gebrauch machen.
Insgesamt gibt es drei große Kapitel, die nacheinander ablaufen. Die Story läuft dabei parallel zum eigentlichen Gameplay, sodass man auch zwischen den Kämpfen dem ganz normalen Rune Factory – Alltag nachgeht. Insgesamt wird die Story immer spannend erzählt, besitzt Wendungen und ist insgesamt sehr gut, auch wenn sie natürlich nicht an reine RPGs wie Final Fantasy heranreicht. Das ist aber auch gar kein Problem, da es sich eben nicht um ein reines Rollenspiel, sondern eine gelungene Mischung handelt. Die Story schafft es immer wieder, zu motivieren und gibt dem Spiel über sehr lange Zeit einen Sinn und Motivation, im Gegensatz beispielsweise zu Harvest Moon, wo schnell zu viel Routine aufkommt und das Spiel langweilig wird.
Ein Teil der gelungenen Kombination und der spannenden Storys sind auch die Charaktere, die allesamt vielschichtig gestaltet und mit ihren eigenen komischen, aber liebenswerten Charakterzügen und speziellen Events versehen worden sind. Als Beispiel den Butler Clorica, die immer wieder während ihrer Arbeit einschläft, ihren eigenen Geburtstag vergisst und trotzdem ihre Arbeit schafft. Dabei sind auch die Dialoge sehr vielseitig und täglich neu, sodass immer wieder Abwechslung aufkommt und die Kommunikation mit den vielen Bewohnern einen Teil des Spaßes ausmacht. Allerdings ist Rune Factory 4 bisher nur auf Englisch erhältlich, sodass sehr gute Kenntnisse erforderlich sind.
Immer wieder neu
Ähnlich wie bei Harvest Moon ist Rune Factory 4 natürlich nicht irgendein Spiel, bei dem man bloß seine Felder bestellt und ab und zu ein paar Rüben erntet, sondern bietet viel, viel mehr! Grundsätzlich lässt sich das Spiel in den Farm-Alltag und das RPG-Kampfsystem unterteilen.
Zu den grundlegenden Werten unseres Protagonisten gehören natürlich auch die allseits bekannten HP, welche die Lebenspunkte darstellen. Fallen sie auf 0, wird man ohnmächtig und wacht im Krankenhaus wieder auf – allerdings muss man selber die Kosten tragen. RP sind sogenannte Runenpunkte und stellen die Ausdauer dar. Bei jeder Aktion werden einige von ihnen verbraucht, also beim Zaubern, Benutzen von Waffen oder Werkzeugen oder auch beim Schmieden oder Kochen.
Neben HP und RP gibt es noch jede Menge weitere RPG-typische Werte wie Stärke oder Intelligenz. Diese werden durch Aufleveln verschiedener Fähigkeiten erhöht. Diese Fähigkeiten umfassen so ziemlich alles, was man in Rune Factory 4 machen kann. Angefangen beim Schlafen und Laufen über Holzhacken und Kochen bis hin zum Kampf mit bestimmten Waffen oder bestimmter Magie. Dadurch werden der Farmalltag und das Kämpfen sehr gut verbunden, da beides unseren Protagonisten stärker macht.
Im Farm-Alltag ist die grundsätzliche Aufgabe das Anpflanzen und Ernten von Blumen und Feldfrüchten. Dabei stehen am Anfang nur sehr wenige Samen zur Auswahl, allerdings erhält man durch das Abschließen bestimmter Quests immer wieder neue Samen dazu. Dabei kann man später auch das Feld erweitern, wenn man noch mehr anbauen möchte. Allgemein stehen nach und nach im weiteren Verlauf mit steigender Bekanntheit von Selphia immer wieder neue Erweiterungen und Verbesserungen von Gebäuden, neuen Läden und die Vergrößerung von bestimmten Items zur Verfügung. Hierfür benötigt man Prinz-Punkte, die man durch verschiedene Quests oder Feste bekommen kann. Hier wird die Rolle als Prinz kreativ und gut eingebunden, auch wenn man nie wirklich schicksalsverändernde Entscheidungen treffen kann.
Mein kleines Monster
Ähnlich wie bei früheren Rune Factory Ablegern kann man auch dieses Mal wieder Monster zähmen, die bei der Feldarbeit helfen, je nach Art des Monsters als Nutztiere eingesetzt werden können und Milch oder Eier geben und natürlich auch bei Kämpfen eingesetzt werden können. Dabei funktioniert das Freundschaftschließen mit Tieren ähnlich wie bei den Dorfbewohnern, nur etwas schneller. Ansprechen, passende Geschenke und Ähnliches erhöhen die Freundschaft, sodass die Monster mehr und mehr Arbeiten übernehmen können.
Im Laufe des Spieles bekommt man auch die Möglichkeit, selber Gegenstände herzustellen. Das fängt beim Kochen mit sieben verschiedenen Geräten an, geht über das Schmieden bis hin zum Mischen von Medizin. Die Auswahl an Möglichkeiten und Rezepten ist gigantisch, allerdings braucht man entsprechende Fertigkeiten, damit die Rezepte gelingen. Keine Sorge, die Rezepte muss man nicht alle selber herausfinden, sondern kann sie mit speziellen (aber teuren!) Items erlernen, wenn man nicht selber ausprobieren möchte.
Ein weiterer großer Teil des Gameplays ist die Interaktion mit den anderen Bewohnern. Wie bei Monstern kann man durch Geschenke, Gespräche und das Erfüllen personenbezogener Quests die Freundschaft steigern. Dabei verändern sich die Dialoge mit steigender Freundschaft und man bekommt hin und wieder die ein oder andere Belohnung, wie beispielsweise Geschenke zum Geburtstag.
Relativ neu ist das Date-System in Rune Factory 4. Auch dieses Mal kann man wieder als Jungen eine von 6 Junggesellinnen und als Mädchen einen von 6 Junggesellen heiraten. Nachdem man die Freundschaft auf ein anständiges Niveau gehoben hat, kann man sich zu Dates verabreden, die immer wieder unterschiedlich an verschiedenen Stellen von Selphia ablaufen können. Außerdem kann man sich zu vielen Festen verabreden und dort gemeinsam hingehen. Auch hier wirkt die Neuerung wieder deutlich realistischer und bietet wieder zusätzliche, gut gelungene Abwechslung.
Kommen wir nun zum Kämpfen! Das Kampfsystem ist echtzeitbasiert, sodass man selber auf Knopfdruck seine Waffe einsetzen kann oder einen der nahezu unendlich vielen Zaubern. Dabei unterscheiden sich die einzelnen Waffen von ihrer Benutzung, beispielsweise ermöglichen die Doppelschwerter sehr lange Kombinationsangriffe und der Speer einen Angriff aus relativ weiter Distanz. Natürlich reagieren auch die Gegner entsprechend, sodass man ebenfalls ausweichen oder mit Magie reagieren muss, wenn man nicht einige HP verlieren will.
So einfach das Kampfsystem auch klingt, ist es durch die vielen verschiedenen Gegner mit unterschiedlichen Strategien, die verschiedenen Waffen und vor allem die schweren Bosskämpfe sehr abwechslungsreich und spannend gestaltet worden und bietet die perfekte Abwechslung zum Farm-Alltag. Auch die Verbindung beider Gameplay-Elemente über die Fähigkeiten, die Möglichkeit Monster oder Freunde in den Kampf mitzunehmen oder auch zubereitetes Essen oder Medizin im Kampf zu verwenden funktioniert perfekt.
Bis ins kleinste Detail
Grafisch präsentiert sich das Spiel insgesamt sehr gut, die Hintergründe sind sehr detailliert, die 3D-Animationen laufen flüssig und gerade die vielen Anime-Cutscenen sind hervorragend gelungen. Ähnlich wie bei Fire-Emblem werden während der Dialoge 2D-Zeichnungen der Charaktere eingeblendet, die entsprechende Emotionen zeigen. Dabei sind sowohl die 3D-Modelle, als auch die 2D-Zeichnungen sehr gut gelungen und bilden eine gute Mischung.
Der Soundtrack kommt nicht ganz an die Qualität der Grafik heran, trotzdem ist er halbwegs abwechslungsreich, passt sich den verschiedenen Situationen im Spiel an, ohne dabei eintönig zu werden. Trotzdem bleibt die Hintergrundmusik bei jeder Jahreszeit gleich, sodass man sich 30 Spiel-Tage am Stück außerhalb von Gesprächen und Kämpfen die gleiche Musik anhören muss.
Viel wichtiger als der Soundtrack ist allerdings die Vertonung. Das Spiel ist nicht komplett vertont, allerdings sind selbstverständliche alle Cutscenes und die meisten Dialoge komplett vertont. Einige Gespräche sind teilweise auch ähnlich wie bei Fire Emblem: Awakening nur halb vertont, sodass beispielsweise aus einer bestätigenden Antwort nur „Ja“ vertont wird. Auch wenn das jetzt etwas seltsam klingt, wirkt so das gesamte Spiel mit seinen Unmengen an Dialogen komplett vertont, ohne durch einige kurz vertonte Abschnitte an Qualität zu verlieren. Neben den Gesprächen sind auch Reaktionen der Charaktere vertont, beispielsweise „Guten Morgen“ wenn man sie morgens antrifft oder Kommentare an Festen oder während man ein Date hat.
Zusammen durch die tolle Grafik, die vielen Cutscenes, dem guten Soundtrack und die Kombination aus interessanten und lustigen Gesprächen mit der Vertonung wirkt Rune Factory 4 sehr lebendig und wird technisch einwandfrei präsentiert. Dabei wird auch der Alltag und die Reaktionen der Bewohner deutlich realistischer dargestellt als in früheren Teilen, da immer wieder neue Dialoge verbunden mit dem Charakter und mit nahenden Geburtstagen oder Festen entstehen. Auch die Audio-Kommentare in der Nähe von Mitbewohnern passen sehr gut.
Nun zum Umfang, einem eher schwierigen Thema bei Spielen wie Harvest Moon oder Rune Factory. Für das Spielen des ersten Drittels der Story benötigt man etwa 25 Stunden, je nachdem, wie viel Zeit man sich für welche Aufgaben nimmt. Insgesamt kommt man mit der Story auf gut und gerne 100 Stunden, abhängig davon, wie viele Aufgaben man nebenher erledigt wie beispielsweise versucht jemanden zu heiraten, besonders viele Aufgaben zu erledigen oder Meisterkoch zu werden. Allerdings hört das Spiel mit dem Abschluss der Story natürlich nicht auf, sondern geht nach wie vor weiter – allerdings eben ohne Story. Durch die vielseitigen Aufgaben auch ohne Story kann man sich so locker noch viele weitere Stunden mit Rune Factory 4 beschäftigen, ohne das Langeweile aufkommt.