Phoenix Wright Ace Attorney: Trilogy REVIEW
Ace Attorney gehört gerade in Japan zu den bekanntesten Spielen für Nintendos Konsolen. Bereits 2001 erschien der erste Teil dort für den GameBoy Advance, welcher später auf den DS portiert und international veröffentlicht wurde. Zu meiner Schande habe ich bis vor Kurzem noch nie etwas von Ace Attorney oder dem Protagonisten Phoenix Wright gehört. Nachdem ich vor etwa einem Jahr den neusten Ableger Phoenix Wright – Ace Attorney: Dual Destinies testen durfte, packte mich das Spiel und war für mich eines der besten drei Titel 2013. Leider hatte ich bisher nicht die Möglichkeit, die vorangegangenen Ableger zu spielen. Bis jetzt! Denn nun hat sich Capcom dazu entschlossen, die ersten drei Teile, in denen Phoenix Wright die Hauptrolle übernimmt, neu aufzupolieren und als Phoenix Wright Ace Attorney Trilogy für den 3DS zu veröffentlichen. Natürlich hat es mich brennend interessiert, wie die Vorleger von Dual Destinies gelungen sind – und ich bin nicht enttäuscht worden! Aber seht selbst, denn dieses Spiel sollte jeder einmal gespielt haben!
Vorab ein kurzer Kommentar zu der Lokalisierung des Spiels: Wie bereits bei Dual Destinies hat Capcom das Release leider nur auf den eShop beschränkt, sodass es bisher keine Pläne für eine Retail-Version des Spieles gibt. Außerdem gibt es ebenfalls wieder keine deutschen Texte, sondern lediglich die Möglichkeit, zwischen dem japanischen Original und der englischen Übersetzung zu wechseln. Für Leute mit sehr guten Englischkenntnissen ist das kein Problem. Denn wie ihr gleich lesen werdet, lebt das Spiel vor allem durch seine perfekt gelungenen Dialoge. Eine Sprachausgabe gibt es nicht, allerdings stört das nicht, da man sehr viel Text lesen muss und so eine Sprachausgabe unnötig viel Zeit beim Spielen benötigen würde.
Ein dünner, aber guter roter Faden
Ihr übernehmt in allen drei Spielen die Rolle des frischgebackenen Anwalts Phoenix Wright, der bereits bei seinem ersten Fall seinen Freund bei einer Mordanklage verteidigt. Kurz darauf wird im Laufe eines neuen Falles seine Mentorin ermordet, sodass sich die Anwaltskanzlei „Wright and Co. Agency“ entwickelt. Dabei hängen die einzelnen Fälle aller drei Spiele lose zusammen, beispielsweise tauchen einige Personen erneut auf und es entwickelt sich nach und nach eine Hintergrundstory um Phoenix Wright. Insgesamt sind der Übergang der einzelnen Fälle und die gesamte Handlung sehr gut gelungen. Es gibt genug spannende Stellen, aber auch Wendungen in der Geschichte. So werden teilweise die komplette Beweisführung und alle Annahmen über den Haufen geworfen und man fängt nahezu von vorne an und muss die Details und Beweise auf einen anderen Verdächtigen anwenden oder Widersprüche berücksichtigen. Also Achtung: Immer genug Zeit mitnehmen, denn einen angefangenen Fall will man auch schnell zu Ende spielen!
Dabei spielt man auch zwei Fälle in Form der ermordeten Mentorin Mia Fey weit vor Phoenix Wrights Zeit im Gericht, die allerdings mit einem folgenden Fall verbunden sind.
Viel wichtiger sind allerdings die einzelnen Fälle, wobei jedes Spiel aus genau 5 Fällen besteht, die nacheinander gespielt werden können. Dabei geht es nicht darum, langweilige Fälle zu lösen, sondern viel mehr die Geschichten hinter den spannenden und komplexen Verbrechen aufzuklären. Der Aufbau jedes Falles ist grundsätzlich gleich: Zunächst sieht man eine Cutscene, in der ein Mord geschieht, wobei der Mörder meistens nicht zu sehen ist, um die Spannung zu erhöhen. Danach entsteht eine Verbindung zu Phoenix Wright, entweder als normaler Fall, durch eine Bekanntschaft mit dem Opfer oder dem Angeklagten oder über Freunde von Phoenix Wright. Anschließend wechseln sich zwei Phasen ab, bis Phoenix den Angeklagten erfolgreich verteidigen und den wahren Mörder entlarven kann. Man unterscheidet zwischen der Phase im Gerichtssaal und der Erkundung, in der man nach Hinweisen sucht und mit den einzelnen Personen sprechen kann.
Detektiv und Anwalt zugleich
Im Gerichtsaal versucht man, mit allen möglichen Mitteln, Beweisen und Kreuzverhören den Fall zu gewinnen. Die Fälle sind immer zunächst sehr offensichtlich, sodass augenscheinlich nur der Angeklagte der Mörder gewesen sein kann. Insgesamt läuft der Prozess relativ realistisch ab, da man durch Kreuzverhöre neue Beweise und erkannte Zusammenhänge filtern muss und dadurch neue Widersprüche sowie Verdächtige aufzeigen darf, damit der eigene Mandant nicht kurzerhand verurteilt wird. Dabei ist der Richter nicht endlos geduldig, sodass man bei zu vielen Fehlentscheidungen aus dem Saal geworfen wird und der Angeklagte schuldig gesprochen wird.
Der Schlüssel zu jedem Widerspruch ist das bereits erwähnte Kreuzverhör, da die meisten Zeugen nicht direkt die ganze Wahrheit sagen. Dabei muss man ganz genau die Zeugenaussage begutachten, bei bestimmten Aussagen nachhaken und anschließend mithilfe von bereits bekannten Beweismitteln die Widersprüche offenlegen. Keine Sorge, man kann sich die Aussagen so oft wie man will anschauen, nur die Fehler können unserem Anwalt gefährlich werden. So kommt man nach und nach zu der Wahrheit und kommt langsam dem wahren Mörder auf die Schliche.
Da die einzelnen Fälle sehr komplex und spannend erzählt werden, gibt es zur Übersichtlichkeit den „Court Record“, in dem alle wichtigen Informationen gesammelt werden und jederzeit abgerufen werden können. Hier finden sich einerseits alle Beweise wie Fotos, Aussagen oder Autopsieberichte mit Informationen sowie kurze Steckbriefe zu den involvierten Personen. Gerade bei Kreuzverhören oder in kritischen Situationen ist ein Blick in die Unterlagen Gold wert.
An verschiedenen Stellen im Gameplay kann man auch entscheiden, wonach man fragen möchte, wessen Aussage sich dadurch verändert hat oder in welche Richtung die Verhandlung gelenkt werden soll. Diese Entscheidungen machen die gesamte Handlung der einzelnen Fälle deutlich spannender und ermöglichen so immer wieder Wendepunkte in der Story. Gerade durch die spannend erzählte Geschichte und die Möglichkeit, selber nach und nach den Mordfall zu verstehen sind alle Fälle durchgehend spannend und besitzen immer wieder neue Charaktere und Ideen.
Wenn er gerade nicht im Gerichtssaal steht, spielt Phoenix Wright gerne Detektiv. Und wir auch! Dabei handelt es sich um die beste Zeit, um mit einzelnen Leuten nochmal zu reden oder verschiedene Orte zu untersuchen. Dabei werden nach und nach neue Orte freigeschaltet, indem man zusätzliche Informationen sammelt. Dabei kann man einerseits mit verschiedenen Personen wie dem Angeklagten oder einigen Zeugen sprechen und nach besonderen Details fragen oder ihnen Beweisstücke zeugen. Andererseits lassen sich verschiedene Orte auch mit dem Touchpen untersuchen, sodass man mehr über die den Mordschauplatz erfahren kann oder auch versteckte Objekte findet. Mal findet man ein geheimes Abhörgerät, mal einen Teil der Mordwaffe oder andere nützliche Beweise für den nächsten Tag im Gerichtssaal.
Ein bunter Haufen!
Ace Attorney besitzt seinen eigenen Humor in Form von vielen unterschiedlichen skurrilen Charakteren. Sei es die eigentlich ruhige Frau mit Wutausbrüchen oder der arrogante Staatsanwalt, aus dessen Sicht alle Angeklagten schuldig gesprochen werden müssten, damit niemand der Justiz entgeht: Das ganze Spektrum an komischen Personen kommt vor. Das klingt erstmal etwas seltsam, aber gerade dadurch entwickelt das Spiel einen eigenen Humor und ist an vielen stellen komisch, ohne die Ernsthaftigkeit im Anbetracht der Mordfälle zu verlieren.
Allgemein sind die Reaktionen und Charaktere im typischen Anime-Stil etwas überzeichnet, sodass auch eine peitschenschwingende Staatsanwältin gerne mal ausholt, ohne dass der Richter darauf komisch reagiert. Auch ein Wutausbruch des eigentlichen Mörders kommt gerne mal vor. Interessanterweise passt diese Art Humor sehr gut zu Ace Attorney trotz (oder vielleicht gerade wegen?) der thematisierten Gerichtsverhandlungen und Mordfälle. So schafft Phoenix Wright Ace Attorney Trilogy genau die passende Menge Spannung und Humor zu kombinieren, um die perfekten Storys und Dialoge zu erschaffen.
Außerdem gibt es während aller Fälle Kommentar und Gedanken von Phoenix Wright, den Staatsanwälten und seinen Freunden. Dadurch erscheinen die wiederkehrenden Charaktere sehr vielschichtig und entwickeln sich mit der Handlung weiter. Insgesamt bleibt das Spiel durch den Humor, die spannenden Fälle und die tollen Charaktere bis zur letzten Minute abwechslungsreich.
„Objection!“ klingt jetzt noch viel schöner
Zwischen der ursprünglichen GameBoy Advance Fassung und der neuen 3DS-Version der Spiele liegen selbstverständlich Welten. Dabei ist Phoenix Wright – Ace Attorney Trilogy seinem Stil treu geblieben und hat nichts vom Stil her verändert, sondern lediglich die Grafik und den Sound neu aufpoliert. Grafisch gesehen bleibt das Spiel im typischen und passenden Anime-Stil, allerdings wirken die Charaktere und Hintergründe deutlich hochauflösender und kontrastreicher und an vielen Stellen wurde mehr mit Schatten und verschiedenen Farben gearbeitet. So behält das Spiel seinen alten Charme, ohne technisch veraltet zu wirken.
Der Sound hingegen hat eine deutlich größere Veränderung hinter sich: Die ohnehin schon passenden und vielschichtigen Melodien tönen nun glasklar und mit mehr Tiefe durch die Lautsprecher, sodass gar nicht auffällt, dass das erste Spiel bereits vor 13 Jahren erschienen ist. Im Gegenteil, technisch gesehen befindet sich das Spiel so auf dem neusten Stand, ohne großartig verändert worden zu sein. Für mich ist das ein Musterbeispiel, wie man ein gutes Remake machen kann. Auch die Mikrofon-Erkennung von „Objection“ (Einspruch) und „Hold it“ (Moment mal) an Schlüsselstellen ist deutlich besser, auch wenn ich von der Funktion keinen Gebrauch gemacht habe.
Der 3D-Effekt kommt insgesamt auch gut zur Geltung, wobei er wir üblich keine zwingende Notwendigkeit darstellt. Gerade bei der Untersuchung von Umgebungen zeigt der 3D-Effekt mit vielen Ebenen sein volles Potenzial, während er bei Gesprächen oder im Gerichtssaal meistens nur Hintergrund von der sprechenden Person unterscheidet. Trotzdem ist die Umsetzung insgesamt gut und stellt ein nettes Feature dar.
Der Umfang ist aufgrund der drei Spiele gigantisch: An jedem Spiel sitzt man gut 25-30 Stunden, bis man die Credits über den Bildschirm laufen sieht. Dabei bleiben die Spiele durchgehend qualitativ hochwertig und auch der Schwierigkeitsgrad bleibt konstant fordernd, ohne frustrierend zu werden. Insgesamt kommt man so auf 75-90 Stunden Spaß, je nachdem, wie schnell man die einzelnen Fälle lösen kann.