Rustler (PS5) REVIEW
Rustler ist einer dieser Titel, der trotz Veröffentlichung irgendwie im Schatten anderer Spiele sein Dasein fristet. Daher schaue ich mir das Spiel von Modus Games etwas genauer an und erspare mir zugleich die ständigen Vergleiche mit den älteren GTA-Titeln.
Vielleicht war das Mittelalter wirklich so…
Rustler verfrachtet euch in ein fiktives Mittelalter, das so völlig anders ist, als wir es aus den Geschichtsstunden und diversen Filmen kennen. Wir übernehmen die Rolle von Guy, einem Taugenichts, der scheinbar nicht viel Vernünftiges mit seinem Leben anfangen kann. Dies ist natürlich ein gefundenes Fressen für andere, die ihn mit seltsamen Aufträgen belegen. Für Guy aber alles gar kein Problem, denn der faule Trunkenbold lässt gerne seine Fäuste sprechen und freut sich über jede Tat, sie eigentlich sinnlos erscheint.
Aus der Vogelperspektive erkundet ihr zu Fuß oder samt Pferd (mit oder ohne Wagen) das mittelalterliche Setting, welches nur so vor Anekdoten strotzt. Ihr folgt einem Auftrag nach dem anderen, um eine gewisse Liquidität zu sammeln oder neue Fähigkeiten hinzuzugewinnen. Dabei bekommen die abgeschlossenen Aufgaben ferner noch die Gewichtung, schlussendlich als waschechter Ritter auftrumpfen zu können und die Prinzessin des Landes zur Frau zu nehmen.
Dabei durchquert ihr Areale, die den einen oder anderen Ort ebnet, der vielleicht mehr an das aktuelle Jahrhundert erinnert. Denn neben Hauswänden, die mit Graffiti besprüht sind, gibt es sogar kleine Läden, in denen euer Pferd einen neuen Anstrich bekommt, was euch zugleich wieder in die Anonymität zurückführt. Und ja, das ist oft vonnöten…
Es wird noch verrückter
Klingt bekloppt, erfährt aber noch eine Steigerung. Die Wachen, die nach jeder auffälligen Tat euch zum Gejagten machen, sind mit Blaulicht auf dem Pferd unterwegs. Und selten begegnen werdet ihr ihnen nicht, denn allein die diversen Aufträge sind oft sehr fragwürdig. So sollt ihr beispielsweise dafür sorgen, dass die Todesrate wieder steigt, um einen Friedhof zu füllen. Ebenso wird von euch verlangt, mittels Gewalt die Bewohner zum Gang in die Kirche zu bewegen. Da mutet es fast schon harmlos an, wenn ihr nur ein Pferd stehlen sollt.
Allgemein wird Guy oft dafür ausgenutzt, den Tod über die Leute zu bringen. Doch bedarf es nicht nur Missionen, um das Schwert grundlos zu zücken. In Rustler könnt ihr Gewalt zum guten Ton machen und ohne wirklichen Sinn meucheln. Dass das Spiel daher mit einer Altersfreigabe von mind. 16 Jahren bestückt ist, versteht sich von selbst. Aus meiner Sicht wäre die Festsetzung auf 18 Jahren sogar in Betracht gekommen.
Da sich viele Missionen im Aufbau ähneln, werdet ihr fast nie ohne Schwert, Axt, Sense, Armbrust oder Lanze auskommen. Wenn ihr nicht gerade die Bevölkerung angreift, tretet ihr in irgendein Fettnäpfen, was andere wiederum veranlasst, auf euch loszugehen. Um legaler die Fäuste fliegen zu lassen, steht zudem ein Fightclub zur Verfügung.
Ach ja, da gibt es noch etwas, das Adolph Knigge verzweifeln lassen würde. Wer Lust darauf verspürt, kann Guy rülpsen und furzen lassen. Das Gameplay wird davon zwar nicht beeinflusst, wer aber in die Rolle des Rüpels vollends eintauchen möchte, wird daran Gefallen finden.
Technik
Grafisch ist Rustler im Mittelfeld angesiedelt und besinnt sich auf das Wesentliche. Im Fokus steht eher die Übersicht, weswegen die Vogelperspektive gut gewählt ist. Das Spiel läuft durchweg flüssig auf meiner PlayStation 5. Selbst, wenn dutzende Wachen auf euch zukommen, bleibt die Performance stabil. Die Charaktere werden während ihrer Gespräche als Zeichnungen hervorgehoben, sodass ihr immer im Bilde seid, wer gerade einen Dialog führt.
Apropos Dialoge, gesprochen wird eher weniger. Stattdessen gibt es eine fiktive Sprachausgabe, die danach klingt, als hätten die Protagonisten zu viel gebechert. Störend empfinde ich dies aber nicht und passt zum eigentlichen, durchgeknallten Setting recht gut. Die Texte sind selbstverständlich aber in deutscher Sprache erfasst, sodass die Aufgaben unmissverständlich klar sind.
Eine musikalische Untermalung ist genau genommen eher Mangelware. Im Fokus stehen zumeist Natur- und Tiergeräusche. Heuert ihr aber einen Baden an, begleitet er euch mit seinen Klängen und schwingt je Situation mit dem Sound um. Rustler bedient sich bei der Akustik aber ebenfalls an moderneren Klängen. Die Barden sind also ihrer Zeit voraus.
Die Steuerung lässt mich hingegen nicht selten verzweifeln. Oft genug peilt Guy den gewünschten Gegner nicht an und muss dadurch mit seinem Leben bezahlen. Dass die Checkpoints nicht unbedingt großzügig verteilt sind, kann einige Spielminuten zunichte machen. Ähnlich ist es auch mit der Wahl der Waffe oder die Ausführung der gewünschten Aktion. Zu oft reagiert meine Spielfigur nicht richtig, was sich sogleich in einen Nachteil verwandelt.
Ein interessantes Feature in der Steuerung möchte ich dennoch benennen. Wenn die Ausdauer von Guy während der Kämpfe sinkt, wird auch die R2 Taste immer träger. Erst wenn die Skala wieder gefüllt ist, kann der Taugenichts wieder genüsslich zum Schlag oder Hieb ausholen.
Pro & Kontra
- Ein sehr spezielles Gameplay
- Interessantes Setting, das sich selbst nicht ernst nimmt
- Viele Freiheiten
- Fragwürdige Gewaltdarstellung
- Nervige Steuerung