Shadows on the Vatican – Akt II: Zorn REVIEW
Es hat fast anderthalb Jahre gedauert, ehe die italienischen Entwickler von 10th Art Studios endlich zu Potte kamen und die zweite Episode ihres in vier Akte unterteilten Vatikan-Krimis „Shadows on the Vatican“ veröffentlichten. Das PC-Adventure wurde am 26.10.2015 auf Steam veröffentlicht und hat darüber hinaus auch eine Ladenversion erhalten. Leider fungiert Shadows on the Vatican – Akt II: Zorn auch als Endstation für den Vierteiler, denn auf „Akt III“ wartet man bis heute vergeblich. Zwar haben die Entwickler bis zum September 2019 präsenz im Steam-Forum gezeigt und sogar mal einen Screenshot zu Akt III hochgeladen, aber seitdem herrscht funkstille, womit man das Projekt derzeit nur als tot bezeichnen kann. Dennoch werden die ersten beiden Akte immer noch auf Steam verkauft, weswegen nichts dagegen spricht auch mal einen genaueren Blick auf „Akt II: Zorn“ zu werfen. Den ersten Akt hatte ich seinerzeit ja auch schon getestet.
Die kriminellen Machenschaften und Verschwörungen der katholischen Kirche
Wir erinnern uns: Der US-Amerikanische Arzt und Ex-Priester James Murphy kehrte auf Wunsch seines besten Freunds Cristoforo Ardemagni nach Italien zurück. Cristoforo hat Informationen entdeckt, welche über den Mord an James‘ Mentor Dellerio aufklären sollten, jedoch hatte Ardemagni einen „Unfall“ kurz bevor es zum klärenden Gespräch mit James kommen konnte. Dies trieb den Arzt dazu eigenen Recherchen in die Wege zu leiten. Er entdeckte Indizien die darauf hindeuten, dass der Vatikan mit Kriminellen zusammenarbeitet, welche unter anderem Geld mit krummen Immobilien-Geschäften scheffeln. Selbstverständlich ist James mit seiner Schnüffelei den Verantwortlichen auf die Füße getreten. Also wurde die Auftragskillerin Silvia entsandt, um Murphy zu beseitigen.
Doch Gottes Wege sind unergründlich, denn Silvia hatte kurz vor ihrem „Zugriff“ einen Verkehrsunfall, woraufhin sie vom unwissenden und gutmütigen James aufgelesen und in dessen Bleibe getragen wurde. Silvias Auftraggeber interpretieren dieses Szenario dummerweise als Versagen von Seiten Silvias, also wird ein zweiter Killer losgeschickt, der sowohl James als auch Silvia beseitigen soll.
Akt II beginnt damit, dass Silvia den zweiten Killer tötet und Murphy ins Badezimmer einsperrt. Da sie von ihren eigenen Auftraggebern verraten wurde, sieht sie keinen Sinn mehr darin Murphy zu beseitigen. Stattdessen richtet sich ihr Zorn auf jene Kriminelle, denen James nachspürte und die so dumm waren Silvia in die Enge zu treiben. Und auch James hat keineswegs aufgegeben. Er will immer noch herausfinden, in was für illegale Machenschaften der Vatikan verwickelt ist. In Silvia sieht er eine potentielle Informationsquelle. Dummwerweise bedeutet das auch, dass er sich mit ihrem mörderischen Verhalten auseinandersetzen muss, was dem Ex-Priester freilich überhaupt nicht gefällt. Außerdem stellt sich heraus, dass es um weit mehr geht als nur ein paar krumme Geldgeschäfte. James und Silvia sind in eine waschechte Verschwörung gerutscht, welche den Beiden höchstwahrscheinlich das Leben kosten wird.
Mit dem zweiten Akt kommt die Handlung endlich in die Gänge und schafft es Neugier und Interesse an der Story zu wecken. Darüber hinaus ist die Implementation von Silvia als zweiter Hauptcharakter ein geschickter Zug, da sie einen starken Kontrast zum Saubermann James darstellt. Doch im Endeffekt nützt das nicht viel, denn schlussendlich bleibt die Handlung unvollständig. Und das bleibt sie auch solange, bis die Entwickler endlich mal zu Potte kommen und die Akte III und IV fertigstellen, was leider höchst unwahrscheinlich ist. Von daher sollte man sich gut überlegen, ob man Geld und Zeit in Shadows on the Vatikan investieren will.
Grundsolides, klassisches Adventure-Gameplay – diesmal mit zwei Spielfiguren
Gibt an dieser Stelle eigentlich nichts zu erzählen, was ich nicht schon im Test zu Akt I und vielen anderen Genrevertretern erzählt hätte. Shadows on the Vatican ist ein 08/15 Point & Click-Adventure durch und durch. Mit den beiden Maustasten klickt man sich durch die Renderscreens, um Gegenstände zu begutachten oder aufzusammeln und mit NPCs zu quatschen. Gegenstände können via Inventarleiste freilich untereinander kombiniert werden und wollen früher oder später ihre Funktion an diversen Hotspots erfüllen. Zur Unterstützung kann man von einer Hotspotanzeige Gebrauch machen. Ein Doppelklick auf Ein- und Ausgänge, um lästige Laufpassagen abzukürzen wird ebenfalls geboten. Wenn auch nichts besonderes geboten wird, so spielt sich der Titel immerhin angemessen komfortabel.
Der Schwierigkeitsgrad bleibt dabei immer relativ vernünftig, wobei man auch nie das Gefühl hat einen Spaziergang abzulatschen. Das Schlussrätsel war z.B. angenehm Clever ohne dabei jedoch mit wirrer Komplexität zu nerven. Es war einfach nur eine kleine geistreiche Code-Entschlüsselung. Weiterhin hat mir gefallen, dass viele Aufgaben auch tatsächlich auf detektivischer Infosuche und -auswertung aufbauen, und nicht ständig nur mit hohl kontruierten Inventarrätseln um sich geworfen wird. Eine nette Sache ist weiterhin, dass man an manchen Stellen zwischen James und Silvia hin und herschalten kann, um sich erst mal auf seinen Lieblingscharakter zu fokussieren. An zwei Stellen müssen die Beiden auch als Team zusammenarbeiten, um voranzukommen.
Die Spielzeit beträgt ca. 4 Stunden, womit Akt II ungefähr eine Stunde länger dauert, als Akt I. Selbstverständlich werden auch hier wieder Achievements geboten.
Der große Kritikpunkt ist hingegen der ungewöhnlich schwache Einstieg ins Spiel. Direkt zu Beginn muss man gleich mal eine peinlich-schwache Dialogsequenz überstehen. Silvia muss drei mal die richtige Antwort aus zwei Dialog-Optionen wählen, um James zu überrumpeln. Liegt man falsch, gibt es eine Weißblende und man muss es eben noch mal von Vorne versuchen. Es handelt sich also um eine reine Trial & Error-Angelegenheit, welche unangenehme Erinnerungen an das Auto-Verfolgungsjagd-Ratespielchen aus Akt I weckt. Damit hat Akt II gleich mal zum Start weg einen sehr schlechten Eindruck bei mir hinterlassen. Leider kommen wenig später dann noch weitere dieser Ratespielchen hinzu. Zumindest Silvias Abschnitte nerven immer wieder mal mit so etwas herum. Außerdem fühlt sich Akt II noch mal deutlich linearer an, und das obwohl man ab und zu zwischen zwei Charakteren wechseln darf.
Abgesehen davon wird aber wieder solides, wenn auch dezent unspektakuläres Adventure-Gameplay geboten.
Grafik und Sound
Noch vor dem Spielstart öffnet sich ein kleines Fenster, in dem man einige Grafik-Einstellungen vornehmen kann. So werden zwei Auflösungsstufen geboten, welche sich Full HD (1920×1080) und Legacy (1280×720) nennen. Darüber hinaus kann man noch Antialiasing in den Stufen 2, 4 und 8 aktivieren, um die Kanten der so oder so mäßig modellierten 3D-Charaktermodelle zu glätten. Was die Sprachausgabe anbelangt darf man Englisch oder Italienisch anwählen. Wirklich wichtig ist hier jedoch die Wahl der Auflösung, denn auch wenn „Full HD“ natürlich wesentlich besser aussieht als „Legacy“, so bezahlt man die hohe Auflösung mit unangenehm langen Ladezeiten, welche angesichts dessen, dass hier eigentlich nur Renderbilder und schlechte 3D-Modelle geladen werden, nicht wirklich nachvollziehbar sind.
Ärgerlich ist weiterhin, dass die Framerate des Spiels in einigen der neuen Locations einknickt und die Fortbewegung der Spielfigur somit abgehackt wirkt, was dann wirklich mies aussieht. In technischer Hinsicht kann „Akt II: Zorn“ also echt nicht mehr überzeugen. Die Tatsache, dass hier viele Ortschaften aus dem ersten Akt recycelt werden, hilft da freilich auch nicht weiter. Nur ca. die Hälfte der Ortschaften, die man zu Gesicht bekommt sind wirklich neu, was einen weiteren bitteren Nachgeschmack hinterlässt.
Positiv sind hingegen die detailliert gezeichneten Renderbilder, welche jedoch ohnehin zum Standard im Genre gehören, sowie das gefällige Comic-Artwork, welches an Franco-Belgische Comics wie XIII oder Largo Winch erinnert.
Der Soundtrack bietet nichts erinnerungswürdiges. Es sind hauptsächlich Tracks, welche eine bedrückende Stimmung erzeugen sollen, jedoch zu stark im Hintergrund vor sich hin dümpeln. Richtig ärgerlich ist hingegen, dass man beim Titelthema „The Shadows“ auf die Vocals verzichtet hat. Das hat mich anfangs auch ziemlich verwirrt, da ich den Titeltheme als sehr gut in Erinnerung hatte. Die englische Sprachausgabe ist gewohnt solide, auch wenn es im Nachhinein nicht geschadet hätte einen passenderen Sprecher für James zu engagieren.
Pro & Kontra
- vernünftiger Schwierigkeitsgrad, man kann das Spiel recht gut aus eigener Kraft bewältigen
- gute Comic-Zeichnungen für Zwischensequenzen und Charakter-Portraits
- zwei Spielfiguren zwischen denen man stellenweise hin- und herschalten kann
- die Story kommt endlich in die Gänge
- technische Macken wie lange Ladezeiten in der höheren Auflösung oder Probleme mit der Framerate
- sehr kurze Spielzeit von etwa 4 Stunden
- bemerkenswert minderwertige 3D-Charaktermodelle
- gibt auch hier wieder ein paar doofe Trial & Error-Ratespielchen