Dogurai REVIEW
Dogurai ist der erste kommerzielle Titel des brasilianischen Indie-Entwicklers Hungry Bear Games. Das Konzept des Spiels entstand bereits 2014 in einer Game Jam-Session zum Thema Game Boy. Bis sich die Brasilianer entschlossen das Spiel fertig zu stellen und kommerziell zu veröffentlichen, sollte es aber noch einige Jahre dauern. Die Erstveröffentlichung erfolgte letztendlich am 27.05.2019 auf Steam. Am 24. und 31. März 2020 wurden auch Nintendo Switch und Sonys PlayStation 4 bedient. Als Game Boy-Liebhaber bin ich natürlich auch auf den Titel aufmerksam geworden und habe mir die Steam-Version im Sale gegönnt (der dortige Standardpreis beträgt 3,99 €). Ob der Hunde-Samurai im Game Boy Classic-Kimono überzeugen kann oder nicht, erfahrt ihr im folgendem Review.
Dogurai vs. Robo-Armee
In einer dystopischen Zukunft einer Furry-Welt wurden Polizisten und Soldaten durch Roboter ersetzt. Auch der Hund Bones, seines Zeichens Samurai und Mitglied der Special Forces, wurde aufgrund dessen in die Frührente geschickt. Es sollte niemanden überraschen, dass der Schöpfer der Roboter ein falscher Fuffziger ist und seine Robos dazu benutzt die Weltherrschafft anzustreben. Das ist die Gelegenheit für Bones, um zu beweisen, dass die Welt immer noch Dogurais aus Fleisch und Blut benötigt.
Und mehr gibt es zur Story auch gar nicht zu sagen. Die Handlung spielt im eigentlichen Spiel keine Rolle und wird nur im Beschreibungstext auf der Steam-Verkaufsseite erzählt. Vergleichbares war zwar eine gängige Praxis zu seligen Game Boy Classic-Tagen, aber selbst damals nicht unbedingt die feine englische Art. Außerdem wurde seinerzeit ja auch immer ein Handbuch mitgeliefert, welches die Handlung und Charaktere näher beschrieben hat. Die Mühe ein virtuelles Handbuch mitzuliefern wurde sich bei Dogurai leider nicht gemacht. Stattdessen wurden im Spiel einige versteckte NPCs zwecks Achievement-Hunting eingebaut, welche jedoch nichts sinnvolles zu sagen haben. Bei so etwas frage ich mich jedoch, wieso man kein Intro mit Text eingefügt hat, wenn es schon für solch ein Gimmick gereicht hat?
Der tut nix, der will nur Robos aufschlitzen
Bones‘ Aufgabe ist es sich durch insgesamt 8 Level durchzukämpfen, welche allesamt mit einem mehr oder weniger kniffligen Bossgegner abschließen. Die Level 2-5 darf man in beliebiger Reihenfolge anwählen und beherbergen jeweils eine versteckte Diskette, welche man benötigt um das gute Ende freizuschalten. Unterm Strich sollte man für den ersten, gründlichen Spieldurchlauf um die 2 Stunden einplanen. Wiederspielwert wird durch zwei Schwierigkeitsgrade, Achievements und einen freispielbaren zweiten Charakter geboten. Besagter Charakter ist der Ninja-Hund Rider, der mit seinen Shuriken als Fernkämpfer wesentlich effektiver ist als Bones mit seinem Nahkampf-Samuraischwert.
Das Spiel bietet drei Speicherplätze, die automatisch speichern. Die beiden Schwierigkeitsgrade umfassen Normal und Hard. Normal gibt euch unbegrenzte Leben, während Hard die Anzahl der Leben auf 6 beschränkt, jedoch unbegrenzte Continues zur Verfügung stellt. Die Herausforderung bei Hard liegt also darin, dass man die durchaus umfangreichen Level mit begrenzten Leben knacken muss. Verliert man alle Leben und gebraucht ein Continue, erlöschen natürlich auch die Checkpoints und man muss den Level von vorne starten. Und das ist ein weitaus größeres Problem als ihr denkt. Dogurai beinhaltet nämlich einige Spielpassagen die auf knallhartes Trial & Error-Prinzip aufgebaut sind. Besonders verherrend sind hierbei der Motorrad-Abschnitt und die Passage mit den stampfenden Säulen. Es sind Passagen, die gut und gerne mal 10-20 Leben wegfressen, bevor man sie endlich knackt – oder entnervt das Handtuch wirft. Abgesehen von diesen beiden Passagen sowie dem harten finalen Bossgegner, fällt der Schwierigkeitsgrad jedoch relativ moderat aus. Daher wirken die Trial & Error-Segmente umso irritierender. Unterm Strich sollte man den ersten Spieldurchlauf also auf jeden Fall auf Normal tätigen, ansonsten ist Frust vorprogrammiert. Ihr wurdet gewarnt.
Um durchs Spiel zu kommen stehen Bones ein Doppelsprung, ein Slide-Move und sein Katana für Nahkampf-Hiebe zur Verfügung. Sein Heilbalken ist darüber hinaus recht großzügig ausgestattet und kann mithilfe von Kreuz- und Herz-Pick-Ups regeneriert werden. Das Kreuz gibt wenig Lebensenergie zurück und das Herz viel. Spielt man auf Hard, fungiert das Herz als Extraleben. Abgesehen davon und den oben erwähnten Disketten gibt es jedoch nichts einzusammeln. Alternative Waffen oder Power-Ups sollte man also nicht erwarten. Bei manchen Gegnertypen wie den Bossen kann Bones jedoch, durch einen Angriff im richtigen Moment, eine Quicktime-Schlagkombo triggern, welche beim Kontrahenten respektablen Schaden verursachen kann. Das Quicktime-Minigame wird mit den Steuerkreuz-Tasten gehandhabt und lässt sich gut meistern. Außerdem taucht es auch nicht zu häufig auf, so dass vermieden wird, dass es auf die Nerven geht.
Das Leveldesign von Dogurai ist recht gelungen und bietet in jedem Level versteckte Nischen, neue Ideen und Gimmicks, welche das Spiel von Anfang bis Ende frisch halten. Wie bereits gesagt, schlägt das Spiel hier und da jedoch etwas über die Stränge und nervt mit Trial & Error-Kapriolen. Darüber hinaus stört die oftmals völlig beliebige, um nicht zu sagen sinnlose Verteilung der Lebensenergie Pick-Ups. Hier merkt man dann doch, dass die brasilianischen Indies noch einiges zu lernen haben. Auch der Bug beim Bossgegner in Level 6 (er verkroch sich an der linken Wand, so dass ich ihn ungestört fertig machen konnte) oder das teilweise konfuse Angriffsmuster der ersten Form des finalen Bossgegners zeigen auf, dass der Amateur-Faktor noch nicht vollends abgelegt werden konnte.
Dank der weichen Steuerung und dem durchaus authentischen Game Boy Classic-Feeling kann man über solche Treppchen jedoch durchaus hinwegblicken und seinen Spaß mit Dogurai haben. Man sollte halt nicht zu viel erwarten und ein Herz für den GB-Stil mitbringen.
Grafik und Sound
Ein sehr wichtiger Faktor bei einem Spiel, welches auf die Nostalgie-Drüse drückt, ist natürlich, ob die Grafik authentisch wirkt, oder nicht. Grafisch wirkt Dogurai tatsächlich wie ein Spiel, das auf der Game Boy Classic-Hardware laufen könnte. In dieser Hinsicht haben die Brasilianer also gute Arbeit geleistet. Dummerweise hätte Dogurais Grafik aber schon damals, also Anfang bis Mitte der 90er, niemanden vom Hocker gerissen. Selbst für GB-Verhältnisse ist die Grafik ein wenig zu grobpixelig ausgefallen, wodurch das Artwork der Hunde und Robos innerhalb des Spiels kaum zur Geltung kommt. Man könnte höchstens Argumentieren, dass Dogurai versucht die ganz frühen GB-Spiele zu emulieren, was jedoch meiner Meinung nach eine eher schwache Argumentation wäre.
Positiv ist jedoch, dass die Locations recht abwechslungsreich ausgefallen sind und für jeden Level eine eigene Farbpalette eingefügt wurde, welche selige Erinnerungen an die Farboptionen des Super Game Boy wecken. An derartigen Spielereien merkt man wiederum, dass echte Liebhaber am Spiel gebastelt haben. Im Optionsmenü wird es nämlich auch ermöglicht die integrierten Farbpaletten manuell anzuwählen – sehr cool.
Ebenfalls cool ist der Soundtrack. Der ist nämlich angenehm schwungvoll und launig ausgefallen. Er trägt sehr viel zum Spielspaß bei und gibt sogar Motivation die frustigen Spielpassagen zu knacken. Obendrein klingt auch beim OST die GB-Authenzität durch. Selbiges gilt auch für die Soundeffekte.