Deadly Premonition 2: A Blessing in Disguise REVIEW

Es gibt Spiele, die beendet man und mit dem Ablegen des Controllers, geraten sie bereits in Vergessenheit. Es gibt immer wieder aber auch Titel, die einem selbst viele Jahre später nicht aus dem Gedächtnis verschwinden und an die man sich – ob mit positiven oder negativen Gefühlen behaftet – zurückerinnert. Deadly Premonition ist für mich ein solches Spiel, zu welchem ich erst im vergangenen Jahr in Rahmen der Neuveröffentlichung auf Nintendo Switch zurückgekehrt bin und mich noch einmal in das schrullige Spiel vom ebenso schrulligen Game-Designer SWERY verliebt habe. Nun steht mit Deadly Premonition 2: A Blessing in Disguise die Fortsetzung in den Startlöchern – und mit ihr viele Fragen. Ist das Spiel wieder so sympathisch wie der Vorgänger? Haben die Entwickler endlich die technischen Probleme des Erstlings hinter sich gelassen? Und schmeckt der Kaffee in den schwülen Südstaaten genauso gut, wie im Norden der USA?

Le Carré, wie das Karree


Deadly Premonition 2: A Blessing in Disguise spielt zum überwiegenden Teil vor den Ereignissen des ersten Teils. Francis York Morgan, seines Zeichens aufstrebender Profiling-Star in den Reihen des FBIs, unternimmt (gemeinsam mit Zack) einen kleinen Erholungstrip nach Le Carré im Herzen von Louisiana. Der Kaffee ist gut, Essen und Wetter ebenso. Zum Pech für die Bewohner des verschlafenen Ortes, aber zur gehabt seltsamen Freude von York, geschehen in Le Carré eine Reihe seltsamer Morde. Die örtliche Polizei ist mit den Vorfällen überfordert, weshalb sich York in den Fall einschaltet und das Ruder der Ermittlungen übernimmt. Das kommt natürlich nicht ganz von ungefähr, schließlich ist er nicht nur mit der Absicht nach Le Carré gekommen, um einen Erholungsurlaub zu machen, sondern folgt der Spur einer Droge namens Saint Rouge, die wohl ebenfalls mit den Morden zu tun hat…

Hat sich SWERY beim ersten Teil vor allem an Twin Peaks abgearbeitet, so steht für den zweiten Teil insbesondere wohl True Detective Pate, was man nicht zuletzt am stilsicheren Intro erkennt. Erneut wird die Vorlage aber nicht einfach kopiert, sondern als Anknüpfungspunkt für verschiedene Motive und Charakterisierungen von Figuren genommen, von denen aus Hidetaka Suehiro, so der bürgerliche Name des japanischen Entwicklers, seine eigene Vision implementiert. Das funktioniert auf narrativer Ebene wieder ganz wunderbar und genau hier entfaltet sich bereits in den ersten Minuten eben jene Magie, die mich bis heute mit wohligen Gefühlen an Deadly Premonition zurückdenken lässt. Insbesondere die für die Handlung wichtigen Figuren sind fantastisch geschrieben und ausgearbeitet und sind mir binnen kürzester Zeit ans Herz gewachsen.

Ebenso treffsicher ist A Blessing in Disguise in Hinblick auf die Erzählung. Ja, man erkennt einige Bausteine wieder, insbesondere, wenn man die Inspirationen kennt. Aber wie das alles zusammengefügt und mit einem eigenen Anstrich versehen wird, ist erneut grandios und höchst unterhaltend. Stets wollte ich wissen, wie es weiter geht, immer wieder haben mich Wendungen überraschen können. Wäre da doch bloß nicht das restliche Spiel.

Als Deadly Premonition nach langer und schwieriger Entwicklungsgeschichte 2010 zunächst für die Xbox 360, später für PC und PlayStation 3 und im vergangenen Jahr schließlich auch für die Nintendo Switch erschienen ist, war es zwar ein Werk, bei dem man auch abseits der Story Ambitionen erkennen konnte, diese aber dermaßen stümperhaft umgesetzt wurden, dass man schon große Willensstärke mitbringen musste, um am Controller zu bleiben. Das Gleiche setzt sich bedauerlicherweise mit dem zweiten Teil fort. Insbesondere der technische Eindruck ist derart katastrophal, dass ich mich doch sehr wundern muss, dass Nintendo das Spiel überhaupt frei gegeben hat.

Welches Jahrzehnt haben wir?


Es ist nicht nur die absurd antiquierte Grafik, die mich ratlos macht, sondern vor allem die technische Performance. Laut Digital Foundry sinkt die Framerate in den Außenarealen immer wieder in den einstelligen Bereich, was man zweifelsohne spürt. Sowohl im Handheld-Modus als auch auf dem Fernseher ruckelt das Spiel dermaßen, dass mir mitunter unwohl wurde und ich immer wieder eine Pause einlegen musste, bevor ich weiterspielen konnte.

Da sehnt man sich fast schon nach den Ladezeiten von knapp einer Minute, die jedes Mal entstehen, wenn man ein Gebäude betritt oder die Schnellreisefunktion nutzt. Zu verpassen gibt es in der offenen Welt ohnehin nichts, die wirkt, als wäre sich aus den billigsten Assets zusammengebaut worden, die man für wenig Geld finden konnte. Zwar gibt es allerhand Nebenmissionen, die man meist durch Zufall entdeckt und die hin und wieder auch ganz nette Nebengeschichten erzählen. Nach einigen Stunden habe ich es aber komplett aufgegeben, mich abseits der Haupthandlung mit dem verfügbaren Inhalt auseinanderzusetzen, nicht zuletzt auch, da es immer wieder zu Spielabstürzen und anderen gravierenden Bugs gekommen ist. Angesichts der Story und Figuren, stimmt es mich regelrecht traurig, dass der Rest mit so wenig Liebe von den Entwicklern bedacht wurde.

Das macht doch keinen Spaß!


Noch stärker, als beim Vorgänger, habe ich mir beim Spielen von Deadly Premonition 2: A Blessing in Disguise gedacht SWERY hätte seine Geschichte lieber in einem linearen Spiel, vielleicht sogar in einer Visual Novel, erzählen sollen. Nicht nur die Open World wirkt wie billigste Spielzeitstreckung, auch die Missionen sind teilweise derart in die Länge gezogen mit unsinnigen Aufgaben, dass ich vor Frust keine Lust mehr hatte.

Der frühe Gipfel war eine Mission, in der ich unter anderem eine Dosen Bohnen auftreiben musste. Natürlich ist es unmöglich, in ganz Le Carré das geforderte Essen aufzutreiben, lediglich in einem Restaurant wurde ich fündig, welches aber nur an Montagen ein Gericht mit Bohnen auf der Speisekarte führt. Nun musste ich geschlagene sechs Ingame-Tage warten, bis es wieder Montags wurde. Die effektivste Methode, um Zeit verstreichen zu lassen, ist es einfach bis zum besagten Tag durchzuschlafen. Nach einigen Tagen fängt Francis allerdings an zu stinken, was in einem Absinken der Energie resultiert. Außerdem erhält man jedes Mal eine Strafzahlung, wenn man im stinkenden Zustand mit anderen Personen spricht. Zum Glück kann man eine Dusche benutzen, welche jedoch kaputt ist, sofern man nicht eine entsprechende Nebenmission absolviert. Lange Rede, kurzer Sinn: bis ich mit dem ganzen Prozedere durch war, sind zwei reale Stunden vergangen. Spaß hatte ich dabei keinen.

Da helfen auch nicht die neuen Minispiel, wie Bowling und Steine-aufs-Wasser-werfen. Beiden Beschäftigungen macht die fummelige Steuerung einen Strich durch die Rechnung, die ihren großen Schreckensmoment in den Actionabschnitten erlebt. Immer wieder muss Francis nämlich eine „Anderswelt“ betreten, in der es vor Monstern lauert. Ach, und habe ich bereits erwähnt, dass diese Areale zu lang gezogen sind und keinerlei Spaß machen?

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Pro
  • spannende Geschichte
  • schrullige Figuren

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Kontra
  • konstante Framerateeinbrüche in den einstelligen Bereich
  • Bugs, Bugs, Bugs
  • Grafik von vorvorgestern
  • belanglose Open World
  • Spielzeitstreckung en masse

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Pro & Kontra

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Pro
  • spannende Geschichte
  • schrullige Figuren

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Kontra
  • konstante Framerateeinbrüche in den einstelligen Bereich
  • Bugs, Bugs, Bugs
  • Grafik von vorvorgestern
  • belanglose Open World
  • Spielzeitstreckung en masse

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Spiel Bewertung
Singleplayer
54
54
-
Multiplayer

FAZIT

Ich habe mich sehr auf Deadly Premonition 2: A Blessing in Disguise gefreut, vor allem nachdem ich im vergangenen Jahr noch einmal den Vorgänger gespielt habe und mich trotz dessen zahlreichen Macken erneut in die skurrile Geschichte um Francis York Morgan verliebt habe. Die Ernüchterung kam allerdings schnell. Die Fortsetzung ist in einem technisch und visuell derart desolaten Zustand, der mich fassungslos macht. Ein derart kaputtes Produkt zum Verkauf anzubieten, ist eine wirkliche Frechheit. Geringes Budget hin oder her, schließlich bekommen es auch andere Entwickler hin mit ihren Mitteln zu arbeiten. Warum SWERY seine Geschichte trotz besseren Wissens in einer belanglosen Open World erzählen muss, die vor allem durch Spielzeitstreckung, anstatt durch sinnhafte Designentscheidungen auffällt, ist mir schleierhaft. Denn die Geschichte und Figuren sind toll. So gut, dass ich mich doch irgendwie durch das Spiel gequält habe. Aber hier ist der springende Punkt: es macht keinen Spaß. Sollte man die technischen Probleme im Nachhinein via Patches korrigieren können, dann kann ich Deadly Premonition 2: A Blessing in Disguise zumindest Fans noch empfehlen. Im derzeitigen Zustand sollte man aber erst einmal einen großen Bogen um das Spiel machen.

- Von  Adrian

MS Windows
Nintendo Switch

Deadly Premonition 2: A Blessing in Disguise REVIEW

USK 16 PEGI 16

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